Damert | Ums Morgenroth gefahren | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Damert Ums Morgenroth gefahren

Parodien, Politisches und Satire zu Bürgers Lenore
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7504-7467-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Parodien, Politisches und Satire zu Bürgers Lenore

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-7504-7467-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Als 1773 die Ballade Lenore entstand, erkannte ihr selbstbewusster Autor: "Alle. die nach mir Balladen machen, werden meine ungezweiffelten Vasallen seyn und ihren Ton von mir zu Lehn tragen." Man "wusste sie auch auswendig von der Elbe bis zur Donau." Erst 1782 folgte Goethes Erlkönig. Noch 1856 stellt H. Pröhle fest: "Bürgers Lenore steht an Verbreitung keinem der deutschen Volkslieder nach, wohl aber den meisten voran." Bis jetzt wurde kontrovers diskutiert, ob Bürger eher der religiösen Auffassung Lenores oder ihrer Mutter nahesteht - diese Frage kann hier endgültig beantwortet werden. Wie kaum ein anderes Gedicht regte es zur Nachahmung oder zu anderweitigem Gebrauch an. 1796/97 gab es die ersten drei englischen erotischen Parodien der Lenore, bis 1892 folgten 30 englische Übersetzungen des Gedichtes. Es wurde üblich, mit Zitaten das Zeitgeschehen zu kommentieren, zu karikieren, politische Botschaften zu artikulieren, Werbung zu betreiben oder einfach nur Ulk zu produzieren.

Naturwissenschaftler, beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit der Rezeption Bürgerscher Werke.

Damert Ums Morgenroth gefahren jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Das Original, Entstehung und Wirkung
Entstehung
Gottfried August Bürger war 26 Jahre alt, als er dieses Meisterwerk erschuf. Am 31.12.1747 in Molmerswende in eine Pfarrersfamilie geboren, erhielt er Unterricht beim Vater, dann im benachbarten Pansfelde. Es folgte die Schule in Aschersleben und schließlich die Aufnahme in die Eliteschule Pädagogium der Frankeschen Stiftungen in Halle/Saale. Es schloss sich ein Theologiestudium in Halle an, danach ein Jurastudium an der Göttinger Universität, das er erfolgreich absolvierte und 1772 eine Amtmannsstelle bei der Familie von Uslar annahm. Über seine Jugendzeit äußert sich Ludwig Christoph Althof, sein Arzt, vertrauter Freund und sein erster Biograph: „Bis in sein zehntes Jahr lernte er durchaus weiter nichts, als lesen und schreiben; behielt aber mit grosser Leichtigkeit im Gedächtnisse, was er so wohl in der Bibel, als im Gesangbuche las. Er liebte vorzüglich die historischen Bücher, die Psalmen und Propheten, am allermeisten aber die Offenbarung Johannis. Auch aus dem Gesangbuche behielt er viele Lieder, die er einige Mahle gelesen hatte, auswendig. Seine Lieblingslieder waren: Eine feste Burg ist unser Gott u.s.w.; O Ewigkeit, du Donner wort u.s.w.; Es ist gewisslich an der Zeit u.s.w.; und eins, das sich anfing: Du, o schönes Weltgebäude u.s.w. Er erinnerte sich noch kurz vor seinem Tode der Begeisterung, zu welcher ihn das erste jener Lieder oft erhoben hatte, und bei einigen Strophen des Liedes: Es ist gewisslich an der Zeit u.s.w., tönten, wie er sagte, schon damahls ganz dumpf die Saiten seiner Seele, welche nachher ausgeklungen haben“.7 Der erste zitierte Satz kann leicht zu Missverständnissen führen. Denn als Bürger am 8. September 1760 seine Schulzeit am Pädagogium begann, wurde er nach Prüfungen sofort höheren Klassen zugeordnet – er muss also schon ein beträchtliches Wissen gehabt haben. Der letzte Satz erklärt zu einem großen Teil den Erfolg der Lenore beim einfachen Volk. Am 19. April 1773 begann die Geschichte der Lenore. Sie ist im Briefwechsel zwischen Bürger und dem Göttinger Hain dokumentiert. Nur die wesentlichsten Aspekte sollen hier zitiert werden. Der Leser bekommt so auch einen Einblick in Bürgers direkte und unbekümmerte Arbeits- und Ausdrucksweise. Er wohnt in Gelliehausen im Hause des Hofrats Ernst Ferdinand Listn, dessen Ehefrau Anne Juliane Elisabeth eine gebildete, geistvolle Poetin ist. An seinen Freund und Förderer Heinrich Christian Boie schreibt Bürger: „Ich habe eine herrliche RomanzenGeschichte aus einer uralten Ballade aufgestöhrt. Schade nur! Daß ich an den Text der Ballade selbst nicht gelangen kann“.8 Doch wie kam Bürger auf diese Idee? Althof hat dies wohl glaubwürdig und endgültig geklärt: „Einst, wie er mehr als Ein Mahl erzählt hat, hörte er im Mondscheine ein Bauernmädchen singen: 'Der Mond, der scheint so helle, Die Todten reiten so schnelle: Feins Liebchen, graut dir nicht?'“9 Trotzdem behauptete ein gewisser B. 1796 in einer Notiz an die Herausgeber, dass die Lenore eindeutig auf das „The Suffolk Miracle, or a relation [...] and was never seen after but in his grave“10 von 1723 Bezug nimmt. Dem widerspricht besonders pointiert Johann Gottfried von Herder: „aus seiner Kindheit aber erinnert er sich, daß er in einer Weltecke, wohin kein suffolk-Miracle jemahls drang, in Ostpreußen ein Zaubermährchen oft erzählen gehört hat, in dem der Refrein (und zwar mit einer Antwort vermehrt) gerade die Strophe war, die Bürger singen hörte. Der Geliebte nämlich reitet mit der Geliebten in einer kalten mondhellen Winternacht und spricht, je weiter sie kommen, wiederhohlt sie an: ´Der Mond scheint hell, Der Tod reit't schnell, Feinsliebchen, grauet's dir?´“11 Am 22.April wird Boie informiert: „Nun hab' ich eine rührende Romanze in der Mache, darüber soll sich Hölty aufhängen“.12 Gemeint ist natürlich Lenore und damit will er Ludwig Hölty, den er in Sachen Ballade als Konkurrent betrachtet, übertreffen. Konkreter wird es am 6. Mai, als Bürger gegenüber Boie zwei seiner Werke als „süßer als Honig und Honigseim“ bezeichnet und jeweils die erste Strophe liefert: „Lenore weinte bitterlich. Ihr Leid war unermesslich. Denn Wilhelms Bildniß prägte sich Ins Herz, ihr unvergeßlich. Er war mit König Friedrichs Macht Gezogen in die Pragerschlacht, Und hatte nicht geschrieben, Ob er gesund geblieben Minnelied In dem Himmel ist die Fülle Hochgelobter Seeligkeit“.13 Im gleichen Brief staunt er sich selbst an: „Herr, das ist eüch eine Ballade! Das ist ein Minnelied,! die sich gewaschen haben! Und ganz original! Ganz von eigner Erfindung wahrlich! Es sind Kind[er] welche von Herzen kommen und zu Herzen gehen. Wenn bei der Ballade nicht jedem es kalt über die Haut laufen muß, so will ich mein lebelang Hans Casper heißen.“ Am 8. Mai zeigt Boie seine Ungeduld bezüglich Lenore und kündigt Neues an: „Herrliche fliegende Blätter sind in Hamburg herausgekommen über Deutsche Art und Kunst. So bald als ich sie habe, und gelesen habe, sollen Sie sie auch bekommen“.14 Gemeint ist die von Herder angeregte Aufsatzsammlung ´Von deutscher Art und Kunst´. Einige fliegende Blätter von 1773 enthielten u. a. neben einem Auszug aus einem Briefwechsel über Ossian und die Lieder alter Völker auch Goethes Schrift Von deutscher Baukunst. Zwei Tage später bekommt Boie die Strophen 2 bis 4 der Lenore; die erste ist noch unverändert, die zweite lautet: „Der König und die Kaiserinn, Des langen Haders müde, Erweichten ihren harten Sinn, Und machten endlich Friede. Und jedes Heer mit Sing und Sang Mit Paukenschlag und Kling und Klang, Geschmückt mit grünen Reisern, Zog heim zu seinen Haüsern“.15 Sehr wichtig sind die folgenden Sätze im gleichen Brief: „Der Stoff ist aus einem alten Spinnstubenliede genommen. […] Noch eins! Ich gebe mir Mühe, das Stück zur Composition zu dichten. Es sollte meine gröste Belohnung seyn, wenn es recht balladenmäßig und simpel componirt und dann wieder in den Spinnstuben gesungen werden könnte. Ich wollte ich könnte die Melodie, die ich in der Seele habe, dem Componisten mit der Stimme angeben!“ Doch zurück zur Entstehung der Lenore. Hier gibt es wegen des „paradiesischen Lenzes“16 erst einmal eine Pause. Am 27. Mai scheint es größere Fortschritte gegeben zu haben, denn: „Lenore nimmt täglich zu an Alter, Gnade und Weisheit bei Gott und den Menschen. Sie thut solche Wirkung, daß die Frau Hofräthin des Nachts davon im Bette auffährt. Ich darf sie gar nicht daran erinnern“.17 Inzwischen hat Boie die Blätter Von deutscher Art und Kunst besorgt und Bürger schreibt am 18. Juni begeistert: „O Boie, Boie welche Wonne! als ich fand, daß ein Mann wie Herder, eben das von der Lyric des Volks und mithin der Natur deütlicher und bestimmter lehrte, was ich dunkel davon schon längst gedacht und empfunden hatte. Ich denke Lenore soll Herders Lehre einigermaaßen entsprechen“.18 Später wird sich zeigen, dass Bürger in diesem Punkte irrte. Am 8. Juli bekommt Bürger ein Exemplar von Goethes Götz von Berlichingen. Dieses Werk erschien anonym, doch war Bürger restlos begeistert: „Ich weiß mich vor Enthusiasmus kaum zu laßen. […] Den kann man doch noch den deütschen Shakespear nennen“.19 Im gleichen Brief freut sich Bürger, dass dieser Götz ihn „zu 3 neüen Strophen zur Lenore“ begeistert hat. Der Kontakt zwischen beiden Dichtern kam erst 1774 auf Initiative Goethes zustande: „Wenn Sie was arbeiten schicken Sie mirs. Ich wills auch thun. Das giebt Muth. Sie zeigens nur den Freunden ihres Herzens, das will ich auch thun. Und verspreche nie was abzuschreiben“.20 Am 12. August ist die Lenore angeblich fertig, wie der Brief an Boie vorgibt: „Gottlob! nun bin ich mit meiner unsterblichen Lenora fertig! ruf’ auch ich in dem Taumel meiner noch wallenden Begeistrung Ihnen zu. Das ist dir ein Stück, Brüderle! – Keiner, der mir nicht erst seinen Batzen giebt, solls hören. Ists möglich, daß Menschen Sinne so was...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.