Cutter | Die Erlöser | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Cutter Die Erlöser

Thriller
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-17442-2
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-641-17442-2
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Unsere Welt in naher Zukunft: Die westliche Hemisphäre wird von religiösem Fundamentalismus regiert. Das Mantra der Neuen Republik lautet: Die Kirche ist der Staat. Jonah Murtag ist ein treuer Staatsdiener. Er arbeitet für die Religionspolizei, die brutal gegen Andersgläubige vorgeht. Alle sogenannten Sünder werden »umerzogen « oder hingerichtet. Als die Republik von einer Serie grausamer Attentate heimgesucht wird, gerät Jonahs Weltbild ins Wanken. Er stellt sich gegen die Republik – und wird zum Gehetzten …

Nick Cutter ist das Pseudonym eines preisgekrönten Autors, der bereits mehrere Kurzgeschichten und Romane schrieb. Cutter lebt nicht auf einer Insel, sondern in Toronto, Kanada. Er hat einen gesunden Appetit.
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2RAZZIAROUTINE

Es handelte sich um ein zweistöckiges Gebäude mit Giebeldach, das auf einer Seite mit Efeu bewachsen war. Es befand sich unweit der MegaKirche, allerdings nicht in der exklusiven Gegend, die den Ministern und Würdenträgern vorbehalten war. Es war ein Haus, wie ein stellvertretender Minister es bewohnen würde, ein ehrgeiziger Karrierist mit seinen fotogenen dreieinhalb Kindern.

Aber dieser zweistöckige Giebelbau beherbergte lauter Homosexuelle. Wir wussten bereits seit Längerem von der Existenz dieser Gruppe. Es handelte sich um eine Schar harmloser Schwuchteln. Aber heute Abend waren nicht viele von ihnen da.

Angela Doe, Garvey und ich hockten in einem Lieferwagen am Straßenrand, auf dessen Außenseite ein knallbuntes Bild von Buckles, dem Geburtstagsclown prangte. BUCKLES IST EIN AMTLICH ZUGELASSENES UND STAATLICH GEPRÜFTES ENTERTAINMENT-UNTERNEHMEN stand in kleinen Buchstaben halbkreisförmig über den Kotflügeln.

Das Haus war verwanzt, und jeder von uns trug einen Kopfhörer, aus dem mehrere verrauschte Stimmen drangen:

Stimme 1: »Schau schon hin – los. Es geht darum, deine Triebe zu kontrollieren, okay? Schau es dir an, ohne es anzufassen. Und lass dir nicht anmerken, dass du es anfassen willst

Stimme 2: »Aber dann kontrolliert man seine Triebe gar nicht, oder? Man setzt nur eine Maske auf.«

[UNVERSTÄNDLICHER WORTWECHSEL]

Stimme 1: »… und schließlich läuft man ständig mit dieser Maske herum. Man verbirgt alle seine Triebe hinter dieser Maske, und irgendwann wird sie einem zur zweiten Natur.«

Garveys Gesicht lief rot an. Gegenüber Schwulen war er besonders intolerant.

»Gehen wir rein«, sagte er finster.

»Wärst du auch so aufgebracht«, fragte Doe, »wenn es sich um eine Gruppe Lesben handeln würde?«

Garvey starrte sie an. »Was glaubst du wohl? Erzähl mir bloß nichts davon – ich will es mir erst gar nicht vorstellen.«

Bewaffnet mit Schutzschilden und Gewehren stiegen wir aus dem Lieferwagen und schlichen hinauf zur Veranda. Die Tür war nicht abgeschlossen. Trotzdem trat Garvey sie ein. Wie ein waschechter Cowboy.

»Religionspolizei! Auf die Knie!«

Die Homosexuellen – ich zählte insgesamt acht – saßen alle im Wohnzimmer. Sie waren konservativ gekleidet, mit Button-down-Hemden und hellbraunen Hosen, im langweiligen Stil von Ehemännern und Vätern, was einige von ihnen wahrscheinlich auch waren. Aus irgendeinem Grund hatte ich mit einer dekadenten, ausschweifenden Szenerie gerechnet: Typen, die in Federboas herumstolzierten, während ein nackter Zwerg auf einem Konzertflügel herumklimperte.

»Gesicht nach unten«, sagte ich. »Ihr verstoßt gegen die Gesetze der Republik.«

Der Anführer der Gruppe hielt ein paar mottenzerfressene Broschüren von Exodus International in die Höhe.

»Wir versuchen, uns zu ändern«, erklärte er. »Wir wollen uns selber heilen.«

Doe und Garvey warfen die Männer zu Boden und legten ihnen Plastikfesseln an, während ich aus der Verfügung der Republik zitierte: »Jeder Gläubige, der gottlose Gedanken hegt, muss der nächstgelegenen Konditionierungseinrichtung gemeldet werden, damit er sich dort einer Glaubenstherapie unterzieht …«

»Und was dann?«, kreischte der Leiter der Gruppe. »Da bohren sie dir den Schädel auf, um deine sündigen Gedanken zu entfernen! Die verwandeln dich in Gemüse!«

Ich ging ins Esszimmer, dessen Parkettboden vollständig mit Matratzen ausgelegt war. Drauf lagen mehrere Kissen. Und Pornohefte … Bei genauerem Hinschauen stellte sich jedoch heraus, dass es sich lediglich um die vergilbten Reklamebeilagen einer Kaufhauskette handelte. Die Sommer-Ausgabe, voller muskelbepackter Männer in Badeklamotten und Unterhosen. Ein Bild zeigte einen Typen mit nacktem Oberkörper, der in Unterwäsche angelte. Garvey trat zu mir. Er nahm einen der Prospekte, betrachtete eingehend den halb nackten Angler und warf den Prospekt wieder auf den Boden.

»Pervers, diese Typen.«

Während ich ihn die Prospekte einsammeln ließ, ging ich hinaus zum Lieferwagen und forderte über Funk einen Krankenwagen an. Als er schließlich eintraf, verfrachteten wir die Straftäter in sein Inneres. Sie würden die nächste Woche untätig im nächstgelegenen Konditionierungszentrum herumlungern. Oder zu Gott finden.

Nacht.

Wir befanden uns jetzt im Westen der Stadt, am Fluss, zwischen Lagerhallen und billigen Absteigen, deren Umrisse sich deutlich abzeichneten. Die Gebäude sahen aus, als wären sie aus schwarzer Pappe ausgeschnitten worden. Der Wind fegte durch die rostigen Hafenanlagen und erfüllte meine Nase mit dem Geruch von Stahl.

»Ich wette zehn zu eins, dass wir sie nicht brauchen werden«, sagte Garvey, während er sich seine kugelsicheren Beinschützer umschnallte.

Doe legte sich eine kugelsichere Weste an. »Was, wenn du während der Razzia bei den Mormonen keine Schutzkleidung getragen hättest?«

Vor einem Monat hatten wir eine Gruppe Mormonen hochgenommen, die in einer verlassenen Lagerhalle ihre Gottesdienste abhielten. Ihr Wachposten hatte aus kürzester Entfernung eine Ladung Schrot Kaliber 20 auf Garvey abgefeuert.

»Mormonen sind Spinner.« Garvey drückte mehrere Patronen in das Magazin eines Mossberg-Gewehrs. »Diese Religion wurde von einem Typen gegründet, der einen leuchtenden Kieselstein in seinen Hut gestopft hat und sich von ihm zu mehreren unter einem Baum vergrabenen goldenen Platten führen ließ. Das sind polygame Psychos.«

Ich ließ meinen Blick über ein erleuchtetes Fenster in nordöstlicher Richtung wandern. »Die Typen da sind ebenfalls Spinner.«

»Sie werden keinen Widerstand leisten«, sagte Garvey und klappte den Gesichtsschutz seines Helms herunter. »Das sind harmlose Spinner.«

Sobald wir unsere Montur umgeschnallt hatten, ging ich in der Gasse in die Knie und sprach ein Gebet.

»Herr, wir bitten dich um deinen Segen für diesen Einsatz, den wir in deinem Namen durchführen. Für die Sicherheit deiner Vertreter und dafür, dass wir den Mut aufbringen, dein gutes Werk zu vollenden. Darum bitten wir dich, o Herr.«

»Herr, erhöre unser Gebet.«

»Für die göttlichen Väter in Kingdom City und ihre ergebenen Abgesandten hier in New Bethlehem und für die Kraft, der Herrlichkeit und Reinheit des einzig wahren Glaubens Geltung zu verschaffen. Darum bitten wir dich, o Herr.«

»Herr, erhöre unser Gebet.«

»Amen.«

Doe klappte meinen Gesichtsschutz herunter und klopfte gegen den durchsichtigen Kunststoff. »Möge der Herr mit dir sein, Gefolgsmann Murtag.«

»Und mit dir, Gefolgsfrau Doe.«

»Und ich, bin ich etwa ungläubiger Abschaum?«

Doe seufzte. »Und auch mit dir, Gefolgsmann Garvey.«

Wir standen jetzt im Flur vor der Wohnung im zweiten Stock. Durch die Tür aus billigem Pressspan drangen mehrere Stimmen:

»Nehmen wir ein anderes Erlebnis, dem Sie sich ohne Angst stellen können … Okay, das Gerät zeigt einen Ausschlag. Versetzen wir uns in jenen Moment zurück.«

Garvey formte mit den Lippen das Wort Auditing-Sitzung. Durch meine Adern pulsierte das Adrenalin, und an der Unterseite meines Halses spürte ich ein nervöses Pochen.

Ich formte mit den Lippen das Wort Los.

Garvey richtete sein Gewehr auf den Türknauf. Das Metall warf Blasen, und das Holz splitterte. Ich trat gegen die Tür, sodass die Sicherheitskette riss, und wir stürmten ins Innere.

»Religionspolizei! Auf die Knie!«

Das Zimmer war hell erleuchtet. Darin standen vier Klapptische und acht Klappstühle. Im Zimmer befanden sich insgesamt acht gesuchte Personen: sechs Männer und zwei Frauen. An der Wand hing ein Schwarz-Weiß-Porträt ihres Messias.

Bleich und krötengesichtig, mit wässrigen Augen. Um den Hals eine Seidenkrawatte.

L. Ron Hubbard.

Garvey trat einen der Tische um, und das Elektrometer darauf sauste durch die Luft. Ein gertenschlanker Scientologe erhob sich von seinem Platz, worauf Garvey ihm mit seinem Gewehrkolben einen Stoß versetzte. Die Brille des Mannes rutschte von seinem Nasenrücken, und er fiel hin.

»Alle auf den Boden!«, blaffte Garvey. »Mit dem Gesicht nach unten!«

Die Scientologen waren vom Knall des Schusses halb taub und von ihrer Auditing-Sitzung noch leicht benommen. Doe trat auf eines der Elektrometer, das unter ihrem Fuß wie ein billiger Taschenrechner zersplitterte.

»Wisst ihr, was das ist?«, sagte sie zu den winselnden Fanatikern. »Ein Apparat, der auf den Schweiß in euren Handflächen reagiert. Das ist nichts weiter als ein Haufen Plastik und ein paar Kabel; das Ding kostet in der Herstellung...


Cutter, Nick
Nick Cutter ist das Pseudonym eines preisgekrönten Autors, der bereits mehrere Kurzgeschichten und Romane schrieb. Cutter lebt nicht auf einer Insel, sondern in Toronto, Kanada. Er hat einen gesunden Appetit.



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