E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
Cree Ein Earl auf Brautschau
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7337-6986-4
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7337-6986-4
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als Claire auf dem Ball den Earl of Rotham wiedersieht, steigt ihr das Blut in die Wangen: Er ist so arrogant und gefährlich attraktiv wie damals! Sie ahnt nicht, dass Jack von ihr bald weit mehr einen Tanz verlangt: Der Earl sucht eine Braut - Liebe sucht er nicht ...
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PROLOG
John Alexander Grenville, genannt Jack, seines Zeichens sechster Earl of Rotham, warf die Karten auf den Tisch. „Dein Spiel.“ Mit kaum wahrnehmbarem Lächeln schob er seinen Einsatz seinem Großcousin Sir Frederick Brenton zu und lehnte sich im Stuhl zurück.
Frederick starrte die Chips an, als befürchte er, sie würden ihn beißen. „Verflixt, Jack. Du bist wohl betrunkener, als ich dachte. Sonst verlierst du nie!“
„Entweder das oder er ist verliebt“, sagte Harry Devlin scherzend. Er hob die Augenbrauen und musterte Jack amüsiert. „Ich habe dich noch nie so schlecht spielen sehen.“
„Von verliebt kann wohl keine Rede sein“, erwiderte Jack. Eine steile Falte bildete sich zwischen seine schwarzen Augenbrauen. Er winkte dem Kellner und bestellte eine weitere Flasche des hervorragenden Rotweins.
Die drei Männer befanden sich in einem Privatsalon des Weston’s – einem exklusiven Klub in London. Seit dem frühen Abend spielten sie bereits. Inzwischen war es drei Uhr morgens, und mehrere geleerte Flaschen standen auf dem Tisch, doch immer noch dachte keiner daran, den Abend zu beenden. Alle drei hatten mittlerweile ihre Gehröcke abgelegt, und Frederick machte einen reichlich zerzausten Eindruck. Harry hingegen hatte nichts von seiner blendenden Eleganz eingebüßt. Auch Jack wirkte, als hätte ihm der Alkoholgenuss nichts anhaben können. Lediglich der feurige Ausdruck in seinen gewöhnlich so kühl blickenden grauen Augen verriet, dass er nicht mehr ganz so nüchtern war, wie es den Anschein hatte.
„Nun, ich werde mein Glück nicht hinterfragen“, sagte Harry. Er war groß, breitschultrig, mit blondem Haar und verträumt blickenden blauen Augen. „Allerdings frage ich mich sehr wohl, ob es weise ist, eine vierte Flasche Wein zu genießen. Ihr habt morgen wohl nichts vor, nehme ich an.“
„Nein“, sagte Jack. Wenn man einmal davon absah, dass seine Stiefmutter und Lady Arundel, seine Großmutter mütterlicherseits, ihren Besuch angekündigt hatten, die sich gegenseitig nicht ausstehen konnten und daher natürlich nicht gemeinsam kamen. Der Gedanke an die bevorstehende doppelte Heimsuchung weckte in Jack den Wunsch, sich einen Rausch anzutrinken. Allerdings befürchtete er, die beiden Damen würden in diesem Fall seinen verkaterten Zustand zu ihren Gunsten ausnutzen.
Unvermittelt setzte er sich auf. Jegliche Gleichgültigkeit in seiner Miene war einem ungehaltenen Ausdruck gewichen. „Dieses verfluchte Testament. Es ist heute eröffnet worden.“
„Welches Testament?“, fragte Frederick.
„Das meines Großonkels“, antwortete Jack. Er sah zu, wie der Kellner die Flasche auf den Tisch stellte, dann griff er danach und schenkte sich ein.
„Vermutlich willst du dich aus Dankbarkeit ihm zu Ehren bis zur Besinnungslosigkeit betrinken“, sagte Harry.
Jack hob sein Glas. „Ja, Großonkel Hughs Letzter Wille gibt mir reichlich Anlass dazu, aber nicht aus Dankbarkeit.“
„Hat er dir Blydon Castle etwa nicht vermacht?“, erkundigte sich Harry.
Jack lachte bitter auf. „Oh, doch. Es gehört mir. Vorausgesetzt, ich erfülle die Bedingungen.“ Es überraschte ihn, dass seine Stimme trotz des vielen Weines so klar wie immer klang.
Harry beugte sich vor. „Und die wären?“
„Ich muss mich innerhalb der nächsten sechs Wochen vermählen und mit meiner Gemahlin die darauffolgenden sechs Monate in Blydon Castle verbringen.“
Frederick stand vor Erstaunen der Mund offen. „Donnerwetter!“
„Du sagst es!“ Jack lächelte freudlos.
Auch Harry sah ihn verblüfft an. „Faszinierend. Also hat dein Großonkel Hugh doch noch einen Weg gefunden, dir seinen Willen aufzuzwingen. Liegt dir denn so viel an dem Anwesen?“
Jack senkte den Blick. „Ja.“ Er hatte sich als kleiner Junge auf den ersten Blick in Blydon Castle verliebt. Es war das Inbild seiner Kindheitsträume von Rittern und Drachen und schönen Maiden. Grau und vom Wind umtost, lag die Burg in der Grafschaft Kent in der Nähe des Meeres. Zwar mangelte es dem Anwesen an vielen der modernen Annehmlichkeiten, aber das war Jack einerlei. In Blydon Castle fühlte er sich zu Hause. Er betrachtete es weit mehr als sein Heim als Grenville Hall, den biederen, gediegenen Landsitz seiner Familie.
„Du willst dir die Fesseln der Ehe anlegen lassen?!“, rief Frederick. „Lieber Himmel, doch nicht du!“
„Und wer wird die Glückliche sein? Sylvia?“, fragte Harry.
„Unmöglich. Sie ist die Witwe eines Bürgerlichen“, warf Frederick ein.
Jack betrachtete ihn verärgert. „Das wäre mir gleich. Allerdings wird sie unsere Freundschaft gewiss nicht durch eine Ehe ruinieren wollen.“ Seine ehemalige Mätresse war klug und liebreizend, doch sie verspürte nicht den geringsten Wunsch, ihre Unabhängigkeit aufzugeben. Außerdem trauerte sie immer noch um ihren verstorbenen Gatten, der die Liebe ihres Lebens gewesen war.
„Gewiss wird es keinen Mangel an Bewerberinnen geben, wenn erst bekannt wird, dass du eine dauerhaftere Verbindung anstrebst“, meinte Harry.
„Ja, sicher wird jede Dame entzückt darüber sein, ein halbes Jahr in einer zugigen Burg verbringen zu müssen“, erwiderte Jack spöttisch. Ebenso wenig entzückte ihn die Aussicht, sechs Monate mit einer Gemahlin zu leben.
„Der Titel und dein beträchtliches Vermögen werden den Verzicht auf Komfort sicherlich mehr als wettmachen.“
Jack lachte sarkastisch. „Du hast solch eine charmante Art und Weise, dich auszudrücken.“
„Lady Arundel wird dir vermutlich keine Ruhe lassen, bis du dir eine Braut gewählt hast.“ Schaudernd trank Frederick einen Schluck aus Jacks Glas.
Jack nahm ihm das Glas aus der Hand. „Zweifellos.“
„Dir bleibt nicht viel Zeit.“ Harry amüsierte sich ganz eindeutig über seine missliche Lage. Am liebsten wäre Jack aufgesprungen, hätte ihn am Kragen gepackt und geschüttelt, bis Harry das unverschämte Grinsen vergangen wäre.
„Und welche Prioritäten willst du bei der Wahl deiner Braut setzen? Schönheit? Verstand? Vermögen? Figur?“
„Woher zum Teufel soll ich das wissen? Vielleicht sollte mir jede Bewerberin schriftlich ihre Qualitäten darlegen. Genauso gut könnte ich mir meine Braut bei einer von Großmutters Fächerlotterien auslosen lassen.“
Lady Arundel liebte es, bei Bällen eine sogenannte Fächerlotterie zu veranstalten. Dabei wurden die Damen eingeladen, ihre Fächer auf einen Tisch zu legen. Anschließend wurden die Herren gebeten, einen Fächer auszuwählen, um so ihre Partnerin für den nächsten Tanz zu bestimmen. Beim letzten Ball hatte Jack von mehreren Damen Hinweise erhalten, welchen Fächer er wählen solle.
Ein kühles Lächeln umspielte seine Lippen. Warum eigentlich nicht? Letztendlich würde es kaum einen Unterschied machen, welche Dame er zur Braut wählte. Die Ehen seines Vaters – zuerst eine Vernunftehe, mit Jacks Mutter, mit der ihn kaum gemeinsame Interessen verbunden hatten, und danach eine Liebesheirat mit einer hübschen, aber selbstsüchtigen Frau, die halb so alt war wie er – hatten Jack dies gelehrt.
Er bemerkte, dass Harry und Frederick ihn fragend anblickten, lehnte sich zurück und streckte die Beine aus. „Ich habe beschlossen, mir meine Braut mithilfe einer Fächerlotterie zu wählen. Meine Großmutter wird eine bei ihrem Ball in der nächsten Woche abhalten. Die Dame, deren Fächer ich ziehe, werde ich ehelichen.“
Frederick schnappte nach Luft. „Das kannst du doch nicht machen! Keine Dame heiratet einen Mann, der sie mithilfe einer Lotterie ausgewählt hat.“
„Das muss sie ja nicht unbedingt erfahren.“
Auch Harry blickte skeptisch. „Wie willst du sicherstellen, nicht an eine ältliche Matrone zu geraten? Ich nehme doch an, du möchtest einen Erben.“
Jack zog die Stirne kraus. Einen Erben? Daran hatte er bislang keinen Gedanken verschwendet. „Ich werde meine Großmutter bitten, nur ledige Damen zwischen achtzehn und dreißig Jahren an der Lotterie teilnehmen zu lassen.“
Harry lachte. „Das lässt immer noch viel zu viele Möglichkeiten offen. Was ist, wenn du den Fächer einer mageren Bohnenstange mit unzähligen Sommersprossen und einem nervenaufreibenden Lachen ziehst? Oder den einer Witwe mit wenig schmeichelhaftem Ruf? Würdest du dich dennoch mit der betreffenden Dame vermählen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: „Fünftausend Pfund, wenn du tatsächlich die Dame heiratest, deren Fächer du wählst. Und dazu das Fohlen, das du mir neulich abkaufen wolltest.“
„Und wenn ich mich nicht mit ihr vermähle?“
„Dann schuldest du mir fünftausend Pfund und deinen schwarzen Hengst.“
Satan? Einen Augenblick lang zögerte Jack. Er besaß das Pferd, seit es ein Fohlen war. Doch seine Spielernatur gewann schließlich die Oberhand. Es gab zahlreiche Damen und ehestiftende Mütter, die ihm zu verstehen gegeben hatten, dass ein Heiratsantrag von ihm sehr willkommen wäre. Und bisher hatte er die Frauen, an denen er interessiert war, noch immer mühelos erobern können. „Abgemacht.“
Doch als er das Weston’s im frühen Morgenrot verließ, wurde ihm plötzlich bewusst, wie sehr er sich getäuscht hatte. Denn es gab durchaus eine Dame, die seinen Antrag entschlossen abgelehnt hatte. Unerwartet stieg Verbitterung in ihm auf. Sie hatte ihn zurückgewiesen, obwohl sie damit riskierte, ihren guten Ruf zu...