E-Book, Deutsch, Band 5, 156 Seiten
Reihe: Englischer Landhaus-Krimi
Costello / Richards Mydworth - Tödliche Fracht
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7325-7321-9
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein Fall für Lord und Lady Mortimer
E-Book, Deutsch, Band 5, 156 Seiten
Reihe: Englischer Landhaus-Krimi
ISBN: 978-3-7325-7321-9
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
England, 1929: Die Firma Excelsior Radios aus Mydworth hat sich auf die Herstellung moderner Rundfunkgeräte spezialisiert und steht kurz davor, damit den Weltmarkt zu erobern. Aber dann werden die Lieferungen gestohlen und die Fahrer der Lastwagen bedroht. Der Eigentümer fürchtet um seine Existenz und bittet Kat und Harry um Hilfe. Die beiden beginnen zu ermitteln, aber der Auftrag erweist sich als gefährlich und schon bald gerät Lord Mortimer selbst in tödliche Gefahr ... Ein glamouröses Ermittlerduo, ungewöhnliche Verbrechen, schnelle Autos, schicke Kleider und rauchende Revolver - das ist Mydworth, die neue Serie von Matthew Costello und Neil Richards, den Autoren der britischen Erfolgsserie Cherringham. Sir Harry Mortimer, der ehemalige Spion im Dienste Seiner Majestät, ermittelt zusammen mit seiner umwerfenden Ehefrau Kat, die es mit jedem Bösewicht aufnehmen kann! Mydworth ist eine spannende Zeitreise ins England der 20er Jahre - für Fans von Babylon Berlin, Downton Abbey und Miss Fishers mysteriösen Mordfällen. eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
Neil Richards und Matt Costello sind Roman- und Drehbuchautoren. Sie haben gemeinsam für die BBC und Disney gearbeitet, wurden mehrfach für den BAFTA Award (British Academy Film and Television Arts Award) nominiert und schreiben seit 2013 die erfolgreiche Krimiserie Cherringham. Mydworth - Ein Fall für Lord und Lady Mortimer ist ihr neues gemeinsames Projekt.
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1. Ein Hindernis auf der Straße
Barry Hobbs fuhr seinen Lastwagen sehr langsam und vorsichtig. Der Viertonner mit den sechs Zylindern kam gut voran, und die beiden Scheinwerfer vorn erhellten den Asphalt. Auf den Seiten prangte der Name der Firma, für die Barry arbeitete: Excelsior Radios. Und innen drin befand sich, sicher in Holzkisten verpackt, seine kostbare und empfindliche Fracht – acht Windsor-Radiogrammofone. Das Beste, was Excelsior zu bieten hatte. Walnussholz, eingebauter Lautsprecher, Röhrenradio. Allerfeinste britische Handwerkskunst. Und jedes einzelne war jeden Penny der fünfzig Pfund wert, die es kostete. Sofern man Geld im Überfluss hatte, was auf Barry nicht zutraf. Nicht bei seinem Lohn. Der Lastwagen könnte leicht schneller fahren, zumal auf einer Hauptstraße wie dieser, doch obwohl Barry seine Tour nach Manchester gern so schnell wie möglich erledigen würde, blieb er diesmal wachsam. Er hielt Ausschau nach Hinweisen, dass irgendwas nicht stimmte oder ihn beunruhigen sollte, während er das große Steuer mit beiden Händen umklammerte. Durch das Beifahrerfenster sah er, dass die Sonne im Westen untergegangen war, doch noch war ein wenig Licht am Himmel. Am wolkenlosen Himmel, der den Tag etwas verlängerte. Gut. Vielleicht schaffe ich noch ein paar Meilen, ehe es dunkel ist. Obwohl er seine Kumpel an der Ladebucht angebrüllt hatte, sie mögen sich bitte beeilen, hatten sie Stunden gebraucht, um die riesigen Radiogrammofone aus dem Lager zu holen und sicher für den Transport zu verpacken. Es durfte ja nirgends ein Kratzer oder eine Delle reinkommen. Die Kunden zahlten viel Geld für diese Geräte. Und dafür verlangten sie Perfektion. Und die Mannschaft an der Laderampe war langsam gewesen, weil Montag war und so viele Lastwagen rausgeschickt wurden. Und Barry konnte nichts tun, um früh genug loszukommen. Früh, na ja – wenigstens vor Einbruch der Dunkelheit. Und jetzt, ob es ihm gefiel oder nicht, hatte er noch mehrere Stunden Nachtfahrt vor sich. Dagegen kann ich nun nichts tun. Natürlich gab es Abkürzungen, die er nehmen konnte – über die schmalen Cotswoldsstraßen, die nach Cherringham hinaufführten. Sie würden ihm einige Minuten ersparen, ehe er zurück auf die Hauptstraßen kam. Doch nach dem, was vor rund einem Monat geschehen war … Für mich also nur noch die Hauptstraßen. Diese Abkürzungen waren so kurvig und eng, dass die Hecken an den Lastwagenseiten kratzen würden. Da kam man ja kaum mit einem Automobil heil durch. Doch eigentlich hatte es nichts mit der Enge zu tun, dass er solche Strecken mied. Er holte tief Luft und versuchte, nicht daran zu denken. Stattdessen konzentrierte er sich darauf, nach Manchester zu kommen, auszuladen und danach im Bricklayer’s Arms einzukehren, hoffentlich noch rechtzeitig für eine von den fetttriefenden Fleischpasteten und ein Pint. Nicht unbedingt ein Leben in Saus und Braus, dachte Barry. Doch so war seines nun einmal. Die Hauptstraße wurde beständig leerer, je weiter er sich gen Norden bewegte. Hin und wieder begegnete er einem Automobil oder einem anderen Lastwagen, doch nun waren seine Lichter die einzigen in der Finsternis. Ihm kam der Gedanke, dass bei diesen langen Fahrten, bei denen er teure Radioapparate auslieferte, ein drahtloses Radio in dem vermaledeiten Lastwagen eine schöne Sache wäre. Dann wäre es nicht mehr so langweilig. Barry gingen immer wieder dieselben Dinge durch den Kopf. Und wie immer lauerte im Hintergrund ein bisschen Furcht. Wenn ihn diese Sorgen umtrieben, sagte er sich: Mann, wie wahrscheinlich ist es? Gar nicht. Der Blitz schlägt nicht zweimal an derselben Stelle ein. Auch wenn es kein Blitz im eigentlichen Sinne gewesen war. Er dachte an seine Frau Molly und die beiden Kleinen, Sam und Ellie, die er über alles liebte. An sie zu denken, gab ihm stets Auftrieb, wenn er auf einer Fahrt war. Die Hälfte war geschafft. Manchmal sprach Barry Hobbs laut mit sich selbst und sagte Sätze wie: »Fast geschafft! Ich bekomme das hin, jawohl!« Auch wenn er kleine Abbiegungen passierte, von denen er wusste, dass sie Abkürzungen wären … er nahm keine. Weitere dreißig Minuten waren vergangen, da sah er vor sich etwas, das nur knapp von den Scheinwerfern eingefangen wurde. Es befand sich auf der Straße, und als Barry langsamer wurde (während sein Herz schneller schlug), erkannte er, dass es sich um einen Baumstamm handelte, der die Fahrbahn beinahe vollständig blockierte. Auf der anderen Seite war ein Wagen mit eingeschalteten Scheinwerfern zu sehen. Und jemand stand neben dem Baumstamm. Ein schwarzes Automobil und ein Mann mit einem Hut. Einem Filzhut. Harry wurde noch langsamer und brachte seinen Lastwagen schließlich wenige Meter vor dem Stamm zum Stehen. Jetzt konnte er sehen, dass der Mann, der nach wie vor nur schattenhaft zu erkennen war, in die andere Richtung ging. Für einen Moment überlegte Barry, aus seiner Fahrerkabine zu steigen, nach unten zu springen und kurz mit dem anderen Fahrer zu sprechen, wie man es in solchen Situationen zu tun pflegte. Aber er zögerte. Angesichts der Umstände. Kopfschüttelnd stieg der Mann in seinen Wagen und begann umständlich zu wenden, wofür er mehrfach vor- und zurücksetzen musste, bevor schließlich seine Rücklichter, glühenden Augen gleich, in der Ferne verschwanden. Barry blickte zu dem Sitz neben sich. The Motorist’s Road Atlas of Great Britain. Die neueste Ausgabe und rundum verlässlich, wie Hobbs wusste. Dieser Baum würde sich heute Nacht nicht von der Stelle rühren, also musste er eine andere Strecke finden. Er erinnerte sich, ungefähr vor einer halben Meile eine Abzweigung gesehen zu haben. Fest stand, dass er nun doch eine der Seitenstraßen nehmen musste. Barry schlug den Straßenatlas auf der Seite mit diesem Teil der Midlands auf. Er holte seine Taschenlampe aus dem kleinen Fach links und leuchtete auf die Karte. Ja, dachte er. Ein paar kleine Straßen – die sollten gehen. Und mit dem Finger fuhr er die Strecke auf der Karte nach. Eine Straße, nicht allzu weit weg, sah gut aus und war über weite Teile gerade. Gewiss war es eine alte römische Route. Die Römer haben gute Arbeit geleistet, als sie hier eingefallen sind! Dann jedoch erkannte er, dass die Strecke sehr kurvig wurde, bevor sie anscheinend in eine andere Hauptstraße mündete, von der Barry wusste, dass sie ihn nach Birmingham und anschließend nach Manchester bringen würde. Er überprüfte die Seitenspiegel, benetzte sich die Lippen und legte den Rückwärtsgang ein. Hinter ihm war niemand. Was aus einer Vielzahl von Gründen auch gut war. Er musste zahlreiche Male vor- und zurückfahren, um mit knirschenden Gängen den großen Lastwagen zu wenden. Hier habe ich wertvolle Zeit verloren, ging es ihm durch den Kopf, als er endlich weiterfahren konnte. Und diese römische Straße war ein großer Umweg. Er sah seine Aussichten auf eine Pastete und ein Pint bereits dahinschwinden. Und das ist nicht meine einzige Sorge. Der gerade Abschnitt der alten Römerstraße war fest und gut ausgebaut, endete aber leider in der üblichen Aneinanderreihung von Biegungen und Kurven, wie sie die meisten Straßen Englands aufwiesen. Barry musste immer wieder runterschalten und langsam fahren. Der Lastwagen war nicht für solch ein Geschlängel um Felder, Bäche und Wälder gemacht. Und die ganze Zeit kam ihm kein einziger Wagen entgegen. Was ein Segen war. Allerdings auch … verwunderlich? War sonst keiner genötigt gewesen, diese Strecke zu fahren? Überhaupt keiner? »Himmeldonnerwetter«, murmelte er, beide Hände am Lenkrad. Das Getriebe ächzte unter den vielen Gangwechseln. »Komm schon, alter Junge, du schaffst das.« Weit konnte es bis zur Hauptstraße nicht mehr sein. Ja, zurück auf eine richtige Straße, und dann geht es los. Vielleicht gebe ich dann ein bisschen mehr Gas, um etwas verlorene Zeit wettzumachen. Doch als er um die letzte Kurve bog, schabten die Hecken an beiden Seiten des Wagens, und direkt vor sich machte er einen dunklen Schatten aus. Rasch wechselte Barry mit dem Fuß auf die Bremse, die er behutsam trat. Bei einer Vollbremsung in einer Kurve wie dieser würde sich der Lastwagen überschlagen. Lichter blendeten auf, und er erkannte einen anderen Lastwagen. Draußen standen Männer, und der Laderaum hinten war eindeutig offen. Barry schluckte. Er begann zu schwitzen, ehe er richtig stand. Oh Gott, nicht noch einmal … Barry blieb auf seinem Fahrersitz, als zwei Männer auf ihn zukamen. Sie hatten ihre Schirmmützen tief in die Stirn gezogen, und ihre Gesichter sahen aus, als wären sie mit etwas Dunklem, Öligem beschmiert worden. Unmöglich zu erkennen … oder zu...