E-Book, Deutsch, Band 2, 400 Seiten
Reihe: Dunkelwelten
Corvus Dunkelwelten 2: Schwarze Frucht
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8453-5101-8
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 2, 400 Seiten
Reihe: Dunkelwelten
ISBN: 978-3-8453-5101-8
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein dicker Eispanzer, ein lichtloser Ozean von ungeahnten Ausmaßen: Die Dunkelwelt Styx gehört eigentlich dem Konzern des Multimilliardärs Viccor Bughassidow. Ihre Bewohner streben eine Vollmitgliedschaft in der Liga Freier Terraner an. Mit seinem Raumschiff KRUSENSTERN reist Bughassidow selbst nach Styx. Vordergründig will er bei den politischen Änderungen helfen. Er folgt aber auch einer Bitte von Perry Rhodan - in den Untiefen unter dem Eispanzer will er nach einem Raumschiff der Kerouten suchen, das dort seit Jahrtausenden verschollen ist. Dabei weckt Bughassidow eine Macht, die nicht nur die Aufnahme des Planeten in die Liga verhindern könnte, sondern die auch das Überleben der Kolonisten bedroht ...
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Kapitel 1 Lichtwasser Die Schatten hellten sich auf und dunkelten ab, während der endlos erscheinende Schwarm von Leuchtfischen am Panoramafenster vorbeizog. Man konnte sich im Anblick der Tiere verlieren. Das Gewimmel füllte den gesamten Sichtbereich aus. Ballungen bildeten sich, was zu hellen Kugeln führte, die mit etwas Vorstellungskraft Sonnen ähnelten. Sie lösten sich wieder auf, unterschiedlich schnell schwammen die meist schlanken Fische weiter. In der Dunkelheit des Wassers, 965 Meter unter dem Eispanzer des Planeten Styx, glichen sie damit Sternen. So uneinheitlich sich die einzelnen Tiere auch verhielten, so berechenbar war der Kurs des Schwarms. Er folgte den Schluchten der unterseeischen Gebirge, nutzte die äquatornahe Westströmung und umrundete Styx in 322 Terra-Standardtagen. In den fünfundvierzig Jahren, seit die sonnenlose Dunkelwelt besiedelt worden war, hatte es davon keine Abweichung von mehr als drei Standardtagen gegeben. Die meisten Konzerne gewährten ihren Arbeitern Freizeit, wenn der Schwarm vorüberzog, die großzügigeren wie Jester Optimatrix und Bughassidow Deep Exploits sogar bezahlt. Eljahr Bruhn arbeitete jedoch auf eigene Rechnung. Er züchtete Kristalle auf seiner Farm am Rande des Charon-Schelfs. Niemand schrieb ihm vor, wann er schuften oder ruhen sollte. Aber wenn er sich frei nahm, verdiente er kein Geld. Den Vorüberzug des Schwarms beobachtete er dennoch jedes Mal. Er war sogar ein Grund dafür gewesen, dass Jikita und er diesen Standort für die Kristallfarm gewählt hatten. Damals, vor dreißig Jahren, als alles möglich erschienen, als die Abgeschiedenheit des Ozeans von Styx ein Paradies für sie gewesen war, in dem sie ihren Palast errichtet hatten. Eine Burg mit blau schimmernden Mauern und Fenstern aus Transplast. Das Panoramafenster, das dem Druck in eintausend Metern Tiefe standhielt, hatte ein Vermögen gekostet. Und es war jeden Stellar wert. Ein Aufblitzen im Schwarm ließ Bruhn aufblicken. Ein Raubfisch, der einem schwarzen Schlauch ähnelte, versuchte, Beute zu machen. Verästelte Entladungen flimmerten auf. Ihr Ursprung waren sich rasch gruppierende Fische mit Elektrozyten auf der Haut. Zwischen ihnen blitzte ein grellblaues Gitter und vertrieb den Angreifer. Der Schwarm bestand aus vielen Arten, die in ihrer Symbiose unterschiedliche Rollen übernahmen. Die meisten gehörten zu den Luxiten, wie die Ökologen von Styx die leuchtenden Formen nannten. An anderer Stelle stießen drei der schlauchartigen Raubfische zu. Diesmal kamen die Verteidiger zu spät. Ein halbes Dutzend Luxiten wurde verschlungen, bevor die elektrischen Entladungen gewitterten. Der Blutrausch der Angreifer war nun jedoch so groß, dass einfacher Schmerz nicht mehr ausreichte, um sie zu vertreiben. Sie stürzten sich auf einen der Abwehrfische. Die Blitze, die von seiner Haut ausgingen, waren so hell, dass Bruhn die Schädelknochen des Räubers, der sich am tiefsten verbissen hatte, wie in einer Durchleuchtung sah. Gegen das zitternde Licht war ein menschlicher Schattenriss zu erkennen. »Weg da!«, rief Bruhn erschrocken. Die süße Melancholie, die das Betrachten des Schwarms stets in ihm weckte, war fort. Dort draußen schwamm Rhekla, seine Tochter. Wäre er an ihrer Stelle gewesen, hätte er den Tauchgang nicht überlebt. Jedenfalls nicht in der leichten, sogar bauchfreien Unterwasserkombination, die sie selbst in einem Kilometer Tiefe trug. Bei Rhekla spülte die Pubertät ständig neue Optimierungen an die Oberfläche. Ihr Blut band den Sauerstoff auf eine andere Weise als bei gewöhnlichen Menschen, ihre Augen brauchten keine Visorverstärker, solange nur ein wenig Glut in der Nähe war. Obwohl die einzige Auffälligkeit, die man bei flüchtiger Betrachtung an Rhekla ausmachen konnte, die bläuliche Pigmentierung ihrer Haut war, widerstand ihr Körper dem Wasserdruck so gut, dass sie selbst in dieser Tiefe nicht mehr brauchte als ein einfaches Sauerstoffgerät. In einem Anzug mit einer Wärmedämmung, wie sie für diese Umgebung üblich war, überhitzte die junge Frau sogar. Doch diese erstaunliche Widerstandskraft würde an den Stromschlägen der Abwehrfische ihre Grenze finden. Rhekla mochte sowohl biologisch als auch von ihrer Mentalität her eine Tiefseebewohnerin sein, aber hätte der Schwarm sich nicht bereits seit Jahrmillionen erfolgreich gegen die Kreaturen durchgesetzt, die im Ozean lebten, hätte es ihn gar nicht mehr gegeben. Optimierungen hin oder her – den Elektrozyten hatte Rhekla auch nicht mehr entgegenzusetzen als die Raubfische. »Du musst da weg!«, rief Bruhn, obwohl er wusste, dass sie ihn nicht hören konnte. Rhekla tauchte am liebsten mit einfachsten Mitteln, so fühlte sie sich dem Ozean verbunden. Die leichte Kombination, eine Luftflasche, ein simples Mundstück, das keine Möglichkeit zur Verständigung bot ... noch nicht einmal ein Funkempfänger. Dennoch musste sie ahnen, dass sich ihr Vater um sie sorgte. Sie aktivierte die grüne Lampe an ihrem Unterarm und leuchtete damit zum Panoramafenster herüber, während sie sich durch das Gewimmel der Leuchtfische von der Stelle entfernte, wo die Verteidiger ihr Elektrogitter intensivierten. Die Angreifer ließen den Kameraden, der sich hoffnungslos verbissen hatte und noch immer von Stromstößen durchleuchtet wurde, im Stich und stürzten sich auf die Luxiten, die sich als leichte Beute erwiesen. Ein halbes Dutzend Räuber eilte hinzu. »Vorsicht!«, rief Bruhn, weil sich zwei davon aus der Richtung näherten, in die Rhekla schwamm. Aber sie schossen an dem Schattenriss vorbei, zu dem seine Tochter nun wieder wurde, ohne sie zu beachten. Das Wasser färbte sich mit Blut, das sich mit dem gelben Rauch der Schlote verband, die schwefelhaltige Verbindungen ausgasten. Bruhn atmete auf. Er winkte Rhekla zu, obwohl sie ihn unmöglich im Dunkeln auf dieser Seite des Panoramafensters ausmachen konnte. »Deine Mutter hätte dich nur noch in Begleitung bewaffneter Sonden rausgelassen«, murmelte er. Außerhalb der Gefahrenzone bewegte sich die Sechzehnjährige in Harmonie mit den Leuchtfischen, die an ihr vorüberzogen. Einige umkreisten sie sogar, als wollten sie mit ihr in Kontakt treten. Natürlich hielten sie wahrscheinlich nur Ausschau nach proteinreichen Schwebeteilchen. Bruhn sah hinüber zum breiten Sofa, dessen muschelartige Formen im wechselnden Licht nur zu erahnen waren. Jikita hatte es entworfen, und er hatte drei Monate nach dem besten Möbelmacher gesucht, den er hatte auftreiben können, um ihr diese Sitzgelegenheit zu ihrem Geburtstag zu schenken. Gemeinsam hatten sie den Standort am Panoramafenster bestimmt. Oft hatte Jikita dort gelesen, wobei sie Bruhns Schoß gern als Kissen benutzt hatte. Und beim Vorüberzug hatten sie dort stundenlang den Schwarm betrachtet. Vierzehnmal. Das Licht der Luxiten lockte nicht nur Kleinstlebewesen an, es gab auch Orientierung, steuerte das Paarungsverhalten und regte während des Vorüberzugs das Pflanzenwachstum an, sodass der Schwarm bei seinem nächsten Besuch Nahrung vorfand. Letztere Eigenschaft erregte den Unmut vieler Kristallfarmer. Organische Wucherungen dämpften das Wachstum der Minerale, Wurzeln und Ausscheidungen trübten die Reinheit. Andererseits reinigten die Schwarmfische die Kristalle, da sie den Befall abfraßen. Wahrscheinlich hatten die Kritiker unter ökonomischen Gesichtspunkten die besseren Argumente, weswegen sich Schutznetze gut verkauften. Doch für Bruhn wog die Ästhetik des Vorüberzugs alle Einbußen auf. Zumal das X-Grow seine Verluste mehr als kompensierte. Man durfte nicht zu gierig werden ... Aber die Verspätung bei der Lieferung ärgerte Bruhn. Lag die Verzögerung am Schwarm? Aus den Siedlungen abseits des Äquators kamen manchmal U-Boote mit Schaulustigen, die das Spektakel bestaunen wollten. Jesters Lieferanten legten Wert auf Diskretion; es mochte sein, dass das Boot, das Bruhn erwartete, eine Gelegenheit abwartete, unbeobachtet zur Farm durchzuschlüpfen oder einen Umweg fuhr. Bruhn schnaubte. »Aber eine Nachricht ist doch wohl nicht zu viel verlangt.« Der Räuber, der sich in den Verteidiger verbissen hatte, sank tot zu Boden. Die übrigen zogen ab. Sie hatten sich die Mägen vollgeschlagen, aber angesichts der Abermillionen Fische des Schwarms hatten sie ihm nur einen unbedeutenden Verlust beigebracht. Er hatte Styx umrundet, bevor die Kolonisten hierhergekommen waren, und würde das auch noch ewig tun. Bruhn schmunzelte, aber der Ärger ließ sich nicht lange ruhigstellen. Er sah auf seinen Armbandkommunikator. Noch immer keine Nachricht vom Transportboot. Rhekla war nicht mehr zu entdecken. Sie schwamm nun wohl weiter im Innern des Schwarms. Bruhn spürte der Leere in seiner Brust nach, während er das Sofa ansah. Er fühlte keinen Schmerz mehr. Mit der Zeit war er verdorrt. Manchmal tastete er danach, als wäre es ein Verrat an seiner Liebe, dass er den Verlust nicht mehr spürte. Aber so weit, sich noch einmal auf dieses Sofa zu setzen, ging er nicht mehr. Auch Rhekla respektierte diese Unberührbarkeit, sie kannte es nicht anders. Nur die Hausroboter wuselten darauf herum, wenn sie den Bezug reinigten. Da er nicht wusste, aus welcher Richtung sich der Lieferant nähern würde, hätte Bruhn einen breit gestreuten Funkruf absetzen müssen, um ihn zu kontaktieren. Das wäre das Gegenteil dessen gewesen, was sich Jester an Diskretion vorstellte. Verärgerte Geschäftspartner waren schlecht für zukünftige Preisverhandlungen. Zumal in diesem Fall, war Jester doch ein Monopolist, der sich die Kunden für das X-Grow aussuchen konnte. Erfreut sah Bruhn, dass sein Armbandkommunikator eine Meldung der...