E-Book, Deutsch, 133 Seiten
Cordes Frauen als Wegbereiter des Rechts: Die ersten deutschen Juristinnen und ihre Reformforderungen in der Weimarer Republik
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8366-4240-8
Verlag: Diplomica Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 133 Seiten
ISBN: 978-3-8366-4240-8
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Zu den ersten deutschen Frauen, die Rechtswissenschaften studieren und die juristischen Staatsexamina ablegen konnten, gehörten: Marie Munk, Margarete Berent und Margarete Meseritz. Gemeinsam mit Marie Raschke gründeten sie den Deutschen Juristinnen-Verein im Jahre 1914: den Vorläufer des heutigen Deutschen Juristinnen Bundes.
Als Verbandsmitglied im Bund Deutscher Frauenvereine beteiligte sich der Deutsche Juristinnen-Verein in der Weimarer Reform zum Familien-, Ehegüter-, Nichtehelichen- und Scheidungsrecht.
Das damals neue Postulat der Gleichberechtigung der Geschlechter in Art. 119 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung sollte den Frauen zu einem neuen Recht verhelfen. Ein neues Recht war erforderlich, weil die Haus- und Arbeitsgemeinschaft des 19. Jahrhunderts aufgelöst und die industrielle Revolution die Frau zur Erwerbsfrau gemacht hatte. Zudem hatten die Frauen mit der Weimarer Reichsverfassung das aktive und passive Wahlrecht erhalten. Zwischen dieser weiblichen Teilhabe im öffentlichen Leben und im Erwerbsleben klaffte eine Divergenz zur Stellung der Frau im Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900. Nach dem dort geregelten Rechtsverhältnis zwischen Frau und Mann hatte der Ehemann das Alleinentscheidungsrecht in allen Angelegenheiten der ehelichen Lebensgemeinschaft: Der Ehemann konnte die Arbeitsverträge seiner Ehefrau ohne ihr Mitspracherecht kündigen, ihm oblag die alleinige Verwaltung des ehelichen Vermögens und er besaß die elterliche Gewalt über die Kinder, selbst wenn er schuldig geschieden wurde. Allerdings war eine Scheidung vom Gesetzgeber nahezu unmöglich gemacht und sie barg für die Frau die Gefahr, dass sie das Sorgerecht verlor und ihr kein Unterhalt zustand. Noch schlechter erging es den ledigen Müttern, die nicht nur sozial geächtet, sondern auch rechtlich diskriminiert wurden. Für ihre nichtehelichen Kinder erhielten sie keinen Unterhalt und diese besaßen auch kein Erbrecht, da eine Verwandtschaft mit dem Vater aberkannt wurde. In diese veralteten Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches wollten Marie Munk und Margarete Berent eine Bresche für die Rechtsstellung der Frau schlagen. Auf dem 33.Deutschen Juristentag überzeugte Marie Munk führende Juristen von der Notwendigkeit einer Reform des Güterrechts im Interesse der Frau. Auf dem 36. Deutschen Juristentag plädierte Emmy Rebstein-Metzger, ein weiteres Mitglied des Deutschen Juristinnen-Vereins, für das Erfordernis einer familienrechtlichen Reform. Darüber hinaus beteiligte sich der Deutsche Juristinnen-Verein als Verbandsmitglied des Bundes der Deutschen Frauenbewegung auch in den Printmedien an der Reformdiskussion. Obgleich die parlamentarischen Bestrebungen im Reichstag und Reichsrat bis zur Machtergreifung Hitlers nicht erfolgreich waren, hatten die Reformforderungen der Mitglieder des Deutschen Juristinnen-Vereins großen rechtspolitischen Einfluss.
Oda Cordes entwickelte bereits während ihres Studiums der Rechtswissenschaften ein besonderes Interesse für die Rechtsgeschichte. Bereits vor dem erfolgreichen Abschluss ihres Studiums veröffentlichte sie rechtshistorische Aufsätze und legte den Grundstein für ihre ersten wissenschaftlichen Forschungen im Ehe-, Ehegüter-, Familien- und Scheidungsrecht des 20. Jahrhunderts. Hierbei rückte sie die Stellung der Frau in den besonderen Fokus ihrer Arbeit.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Frauen als Wegbereiter des Rechts: Die ersten deutschen Juristinnen und ihre Reformforderungen in der Weimarer Republik;1
1.1;Inhaltsverzeichnis;3
1.2;Vorwort;7
1.3;A. Der Verein;8
1.3.1;I. Definition des Vereins und seine Konstitution;8
1.3.2;II. Der Verein aus rechtssoziologischer und rechtspolitischer Sicht der Weimarer Zeit;8
1.3.2.1;1. Das Interesse als gesellschaftliches Phänomen zur Weimarer Zeit;8
1.3.2.2;2. Gruppeninteressen als Gegenstand des Pluralismus;9
1.3.3;III. Die Vereins- bzw. Verbandsarten in der Frauenbewegung am Beispiel der Berufsorganisationen in der Weimarer Zeit;11
1.3.3.1;1. Historischer Rückblick und rechtliche Grundlagen des Vereinsrechts;12
1.3.3.2;2. Politische Bedeutung und wirtschaftliche Absicherung des Vereins;13
1.4;B. JuristInnen;17
1.4.1;I. Das Bildungsziel JuristIn;17
1.4.1.1;1. Die Erste und Zweite Staatsprüfung und die Promotion;20
1.4.1.2;2. Die Habilitation;21
1.4.2;II. Der Berufseinsatz der JuristIn in der Weimarer Republik;22
1.4.2.1;1. Die Auswirkungen der Depression 1929;24
1.4.2.2;2. Die Sozialleistungen in der Weimarer Republik;26
1.5;C. Der Deutsche Juristinnenverein;28
1.5.1;I. Gründung, Ziele und Entwicklung;28
1.5.2;II. Stellung des Deutschen Juristinnenvereins in der bürgerlichen Frauenbewegung seiner Zeit;31
1.5.3;III. Seine Mitbegründerinnen und einzelne Mitglieder;33
1.5.3.1;III.1. Die Mitwirkung der Mitglieder des Deutschen Juristinnenvereins im Bund Deutscher Frauenvereine;34
1.5.3.2;III.2. Lebensläufe einzelner Mitglieder;35
1.6;D. Forderungen der Mitglieder des Deutschen Juristinnenvereins zum Ehe- und Familienrecht nach den Bestimmungen des BGB vom 18. August 1896;46
1.6.1;I. Rechtslage im Eherecht nach den Bestimmungen des BGB vom 18. August 1896;46
1.6.1.1;1. Die Stellung der Frau in der Ehe;46
1.6.1.2;2. Die Stellung der Frau im Ehegüterrecht;47
1.6.1.3;3. Die Stellung der Frau im Ehescheidungsrecht;53
1.6.1.4;4. Die Stellung der Frau im Unterhaltsrecht nach einer Scheidung;54
1.6.2;II. Reformprojekte des Eherechts in der Weimarer Republik und die Forderun-gen der Mitglieder des Deutschen Juristinnenvereins hierzu;54
1.6.2.1;1. Ehe und Ehegüterrecht;54
1.6.2.2;2. Ehescheidungsrecht;64
1.6.3;III. Die Rechtslage im Familienrecht nach den Bestimmungen des BGB vom 18. August von 1896;73
1.6.3.1;1. Rechtliche Begründung der Vaterschaft;73
1.6.3.2;2. Namensgebung;74
1.6.3.3;3. Das Verwandtschaftsverhältnis des ehelichen und des nichtehelichen Kindes zu seiner Mutter und zu seinem Vater;74
1.6.3.4;4. Das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern;74
1.6.3.5;5. Der Unterhaltsanspruch des ehelichen und des nichtehelichen Kindes;74
1.6.3.6;6. Der Anspruch der Mutter gegen den Erzeuger des Kindes;75
1.6.3.7;7. Anfechtung der Ehelichkeit;75
1.6.3.8;8. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Unterhaltspflichtigen;75
1.6.3.9;9. Elterliche Gewalt bei ehelichen Kindern nach geschiedener Ehe der Eltern;75
1.6.3.10;10. Elterliche Gewalt bei Tod eines Ehegatten;76
1.6.4;IV. Reformprojekte des Familienrechts in der Weimarer Republik;76
1.6.4.1;1. Erste Initiativen bis zum Reichstagsentwurf des Jahres 1925;76
1.6.4.2;2. Der Reichsratsentwurf des Jahres 1925;78
1.6.4.3;3. Kritik vom Vorsitzenden des Archivs der Berufsvormünder, Herrn Prof. Klumker, Frankfurt a.M.;82
1.6.4.4;4. Stellungnahme Munk;83
1.6.4.5;5. Gegenentwurf des Archivs Deutscher Berufsvormünder und des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge sowie die weitere legislative Entwicklung bis zu den Krisenjahren 1930;86
1.6.4.6;6. Der Gesetzesänderungsentwurf der IV. Wahlperiode 1928/30 zur elterlichen Gewalt bei ehelichen Kindern;87
1.6.4.7;7. Die Verhandlungen des 36. Deutschen Juristentag;89
1.6.4.8;8. Weitere legislative Entwicklung bis zum Beginn des 3. Reiches;91
1.6.5;V. Fazit zu Ziffer II und IV dieses Abschnitts;91
1.6.6;VI. Einblicke auf die Einflussnahme der Mitglieder des Deutschen Juristinnenvereins auf die weitere Rechtsentwicklung;91
1.7;E. Das Engagement der Mitglieder des Deutschen Juristinnenvereins im rechtssoziologischen und rechtspolitischen Kontext;96
1.7.1;I. Einige rechtspolitische Überlegungen;96
1.7.1.1;1. Historisch gewachsene gesellschaftliche Handlungsbereiche;96
1.7.1.2;2. Die Existenz von gesellschaftlichen Handlungsbereichen im sozialen und wirtschaftlichen Wandel;98
1.7.1.3;3. Fazit zu Punkt 1. und 2.;105
1.7.2;II. Die Gleichheit der Geschlechter als Programm oder als Verfassungsauftrag - kritisch betrachtet;105
1.7.3;III. Macht und Ohnmacht der Individuen als Grundprinzip E I G E N - Macht;107
1.7.3.1;1. Das Grundprinzip der E I G E N -Macht und das Geschlechterverhältnis;109
1.7.3.2;2. Grundprinzip der E I G E N - Macht versus Pluralismustheorien;110
1.7.4;IV. Einige Anregungen für das Feld der Geschlechterforschung;111
1.8;Literaturverzeichnis;115
1.9;Die Autorin;132
Textprobe: Abschnitt D, II, 1, a), aa) Forderungen von Frau Dr. jur. Marie Munk Frau Dr. Marie Munk sah in dem gesetzlichen Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft einen Widerspruch in der Anerkennung der Frau als selbständige Rechtspersönlichkeit und plädierte für die Einführung eines gesetzlichen Güterstandes der 'Gütertrennung in Verbindung mit einer Beteiligung am Ehegewinn', verbunden mit der Möglichkeit der Frau, ihr Vermögen zur Verwaltung dem Ehemann zu überlassen. Hierbei setzte sie die Aufrechterhaltung des Güterstandes der Verwaltungsgemeinschaft und die Güterstände der Fahrnis-, Errungenschafts- und allgemeinen Gütergemeinschaft als vertragliche Güterstände voraus. Das von den Ehegatten eingebrachte Vermögen (Sondergut) sollte in einem beim Standesamt oder Vormundschaftsgericht geführten Inventarverzeichnis festgehalten und von dem nach Auflösung oder Scheidung der Ehe vorhandenen Gesamtvermögen ausgesondert werden (Ehegewinn). Zwischen den Ehegatten sollte es bei Auflösung der Ehe oder Beendigung des Güterstandes zu einer hälftigen Teilung des Ehegewinns in Geld kommen. Abweichende Regelungen durch Ehevertrag sollten möglich sein. Im Falle des Todes sollte den Erben des Ehegatten eine Abfindung zufließen. Die Lasten und Verbindlichkeiten des Sondergutes sollten ausschließlich von dem betreffenden Ehegatten; in Ermangelung der erforderlichen Mittel sollten diese Lasten und Verbindlichkeiten durch den Mann ohne Festlegung eines Erstattungsanspruches gegen die Frau, entsprechend Billigkeit getragen werden. Fernerhin sah der Vorschlag von Frau Dr. Marie Munk unter bestimmten engen wirtschaftlichen Voraussetzungen (Verschwendung, Verminderung unter der Absicht der Benachteiligung) die Klage auf Aufhebung der Gewinnbeteiligung während der Ehe, aber auch bei dauerndem Getrenntleben der Ehegatten, vor. Eine Abänderung der in § 1362 S. 1 zugunsten der Gläubiger des Ehemannes gesetzlich fixierten Eigentumsvermutung sollte nur noch bei der im Besitz des Mannes oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen eintreten. Eigentum im Verhältnis der Ehegatten zueinander sollte nur bei der Nichtnachweislichkeit des Eigentums eines Ehegatten eintreten. Würde einer der Ehegatten schuldig geschieden, so hätte der andere Ehegatten durch Erklärung im Scheidungsprozeß die Gewinnbeteiligung für ihn ausschließen können. Haushaltsgegenstände wären nach den Gesichtspunkten der Entbehrlichkeit und Unentbehrlichkeit, im Falle Nichteinigung der getrennt lebenden Partner, durch das Vormundschaftsgericht, zu regeln. Diese Vorschläge mussten nach Auffassung von Frau Dr. Marie Munk auch grundsätzliche Wirkungen auf das Rechtsverhältnis der Partner während der Ehe zeitigen. Die Bestimmungen des § 1356 BGB über die Leitung des gemeinschaftlichen Hauswesens sollten dahingehend erweitert werden, dass jeder der Ehegatten verpflichtet sein sollte durch Zuschuss in Geld zu den Lasten des gemeinsamen Lebens beizutragen. Auch der Mann sollte gesetzlich zu einem Beitrag in Form der Tätigkeit im Hauswesen und zur Leistung eines geldlichen Zuschusses, der sich auch auf die persönlichen Bedürfnisses der Frau erstrecken sollte, rechtlich verpflichtet werden. Konsequent musste ihm zukünftig die Beschränkung der Schlüsselgewalt gegenüber der Frau nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts und die Kündigung von Arbeitsverträgen der Frau gegenüber Dritten untersagt sein. Für Verpflichtungen aus der gemeinschaftlichen Haushaltsführung sah ihr Vorschlag eine gesamtschuldnerische Haftung, jedoch die Vollstreckung in das Vermögen der Frau lediglich bei Zahlungsunfähigkeit des Mannes vor.