E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Cook Midnight Sun
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-641-22041-9
Verlag: cbt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Alles für Dich - Der Roman zum Film
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-641-22041-9
Verlag: cbt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auf den ersten Blick ist die 17-jährige Katie ein Mädchen wie jedes andere: Sie schreibt ihre eigenen Songs, hängt mit ihrer besten Freundin ab oder beobachtet ihren Schwarm Charlie aus der Ferne. Als der eines Abends Katies Auftritt als Straßenmusikerin sieht, verliebt er sich Hals über Kopf in sie. Katie schwebt im siebten Himmel – doch sie verschweigt Charlie etwas Lebenswichtiges: Katie leidet an einer seltenen Krankheit, die jegliches Sonnenlicht zur tödlichen Gefahr macht. Wie berauscht treibt sie mit Charlie durch die lauen Sommernächte und setzt alles auf eine Karte ...
Trish Cook ist Autorin zahlreicher Unterhaltungsromane und Jugendbücher. Wenn sie nicht gerade schreibt, läuft sie Marathon oder widmet sich ihrer anderen großen Passion: Musik. Trish Cook ist zudem selbst Singer-Songwriterin und spielt Gitarre in ihrer eigenen Band.
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KAPITEL 2
Ich quatsche einfach zu viel drauflos. Das ist eine Angewohnheit, die mir manchmal echt Schwierigkeiten einbrockt. Deshalb erst mal zurück auf Anfang und der Reihe nach.
Hi! Ich bin Katie, und ich schätze, von außen betrachtet – wenn ihr zu mir durchs Fenster hineinsehen könntet, was wegen der Rollos nicht geht, die jedes kleinste bisschen UV-Licht daran hindern, ins Haus zu dringen –, denkt ihr vielleicht, ich sei ein bedauernswertes krankes Mädchen, das ständig aus dem Fenster starrt und zusieht, wie das Leben vorbeitanzt. Falsch! In Wirklichkeit bin ich genau wie alle anderen, mit der einen Ausnahme, dass ich nicht in die Sonne gehen kann.
Ich spiele Gitarre und schreibe Lieder und Gedichte und finde, dass ich super klinge, wenn ich unter der Dusche singe. Ich liebe Astronomie und hoffe, eines Tages Astrophysikerin zu werden. Ich hasse Rosenkohl, liebe chinesisches Essen, finde, dass Möpse die niedlichsten Hunde der Welt sind, und habe tierische Angst vor Spinnen. Meine beste Freundin – na ja, genau genommen meine einzige Freundin und der einzige Mensch außer meinem Dad, zu dem ich nicht nur übers Internet Kontakt habe – heißt Morgan, und sie ist wirklich die coolste Braut der Welt. Wer was anderes behauptet, den macht sie garantiert fertig.
Ach ja, und außerdem bin ich rein zufällig bis über beide Ohren in einen Typen namens Charlie verknallt. Seit mich die XP-Diagnose seit der ersten Klasse tagsüber ins Haus verbannt hat, beobachte ich ihn, wenn er auf dem Weg zum Schwimmtraining an meinem Fenster vorbeigeht. Er ist praktisch vor meinen Augen erwachsen geworden und wurde von Jahr zu Jahr süßer. Er ist jetzt in der Abschlussklasse, groß und schlaksig, mit tollem verwuschelten Haar und Augen, die einen Eisberg schneller schmelzen lassen könnten als die globale Erwärmung. Das Einzige, was es an ihm auszusetzen gibt, soweit ich das beurteilen kann, ist, dass er keine Ahnung hat, dass es mich gibt.
Okay, das war jetzt vielleicht ein bisschen tränendrüsig, oder zumindest klingt es so. Egal. Ich habe nun mal eine seltene und nervige Krankheit, die mich einschränkt. Ich kann nicht einfach morgens rausgehen und versehentlich mit ihm zusammenstoßen, denn dann würde ich totgebraten werden. Also, habt Nachsicht.
Außerdem ist heute vielleicht der Tag, an dem ich etwas Großes und bis dahin Unvorstellbares tun werde. Vielleicht, keine Ahnung, werde ich ans Fenster klopfen, wenn ich ihn sehe. Ihn irgendwie ins Haus locken (wenn Dad nicht hinschaut, vermutlich). Ihn nach oben einladen. (Wohin mein Dad uns nicht folgen wird? Ha! Ein Mädchen darf ja wohl noch träumen.) Ihm mit den Fingern durch diese Wahnsinnshaare fahren. Ihn küssen.
Ja, ja, schon gut! Wird nicht passieren. Ich weiß.
Aber ich kann ihn beobachten, wie ich es immer getan habe – zumindest, bis dieser blöde Baum mir endgültig die Sicht versperrt –, und ihm heute Abend, wenn die Sterne aufgehen, alles Gute wünschen. Wünschen, dass er superglücklich ist, heute seinen Highschoolabschluss zu bekommen und sich auf den Weg in ein aufregendes Leben voller Abenteuer zu machen. Dass er alles bekommt, was er sich erträumt. Er verdient es. Wir alle verdienen es. Mein größter Wunsch, ein normales Leben zu führen – nein, echt keine Verbitterungsgefahr! –, wird natürlich nie Wirklichkeit werden. Aber Charlies Wünsche, die sollen ALLE in Erfüllung gehen.
Ich klappe den Computer auf, um mir die Live-Übertragung der Abschlussfeier anzusehen, die auch meine gewesen wäre, wenn ich nicht all die Jahre Privatunterricht bekommen hätte. Eigentlich habe ich bei den Onlinetests schon lange genug Punkte gesammelt, um das erste Collegejahr besuchen zu können. Ich lerne gern. Und hab viiiiieeeel mehr Zeit als andere Schüler.
Trotzdem, die Abschlussfeier. Ein entscheidendes Ereignis im Leben der meisten, das letzte Hurra vor dem, was als Nächstes kommt. Ich bin mir nicht sicher, ob es etwas anderes bedeutet, als dass alles beim Alten bleibt, wie in meinem Fall. Im Herbst werde ich genau hier in meinem Zimmer hocken, Onlinekurse belegen und die Sonne meiden, anstatt auf eine tolle Uni zu gehen, wie ich es eigentlich tun sollte. Seufz. Irgendwie ist mir trotzdem sentimental zumute.
Namen werden aufgerufen, und Schüler betreten die Bühne, um dem Direktor die Hand zu schütteln. Wenn sie die Treppe wieder hinuntergehen, halten sie in der anderen Hand ein Abschlusszeugnis. Als Morgan ihres bekommt, geht sie nicht gleich weiter, sondern tritt vor die Kamera, wirft sich in Pose und formt mit den Lippen die Worte: »Wie geil ist das denn?« Sie wird schnell zurück in die Schlange geführt, doch ich lache so heftig, dass ich pruste.
Ungeduldig warte ich darauf, dass R an die Reihe kommt. R-E. R-E-E. R-E-E-D. Endlich wird Charlies Name verlesen. Ich kann es gar nicht erwarten, ihn in seinem Talar zu sehen. Er wirkt total würdevoll und attraktiv, und seine Augen unter der Kappe sind zum Dahinschmelzen schön – als mein Dad ins Zimmer gestürmt kommt.
»Katie Price!«, donnert er.
Er steht da mit einem dämlichen Grinsen auf dem Gesicht und einem zusammengerollten Blatt Papier in der Hand. Die meisten Jugendlichen würden jetzt wahrscheinlich etwas brüllen wie: »Oh Mann! Würdest du BITTE rausgehen?« Aber ich weiß, dass er nur versucht, mich glücklich zu machen und mir das Gefühl zu geben, dazuzugehören, also lache ich stattdessen. Er hat sich wie immer so viel Mühe gemacht; warum sollte ich ihm die Freude daran nehmen? Es ist nicht seine Schuld, dass ich in diesem Moment auf dem Bett sitze, anstatt mit dem Rest meiner Klasse auf der Bühne zu stehen.
Moment, das nehme ich zurück. In gewisser Weise ist es doch seine Schuld. Genau genommen ist es zur Hälfte seine Schuld und zur Hälfte die meiner Mom. Beide mussten ein mutiertes rezessives Gen beisteuern, damit ich XP bekomme. Er hat es natürlich nicht mit Absicht getan.
»Was hast du da an?«
»Die Lehrer und das Personal tragen immer eine Kappe und einen Talar«, antwortet er und hält mir die Kopfbedeckung hin.
Ich nehme ihm den Hut ab und setze ihn auf. Er reicht mir das ausgedruckte Zeugnis, das besagt, dass ich jetzt offiziell eine privat unterrichtete Highschool-Absolventin bin. Eine kleine Fußnote verrät, dass ich bereits vierundzwanzig Leistungspunkte mein eigen nennen darf. Ich lächele Dad an und schüttele ihm die Hand. Meistens, und vor allem in Augenblicken wie diesem, finde ich es schön, wie gut er mich kennt. Er versteht, wie wichtig mir meine akademischen Leistungen sind, da der Erwerb von Wissen eins der wenigen Dinge im Leben ist, die mir die Sonne nicht verderben kann. Dad versteht, dass ich mich lieber durch meinen Verstand definieren will als durch eine Erbkrankheit, von der nur jeder millionste Mensch betroffen ist.
»Also, ich vermute, dass du als Jahrgangsbeste eine Rede vorbereitet hast?«, fragt er.
Ich rücke meinen Hut zurecht und überlege, was ich zur Feier dieses wirklich nicht-besonderen Tages sagen könnte. »Ich schätze, ich möchte einfach meinem Direktor ein großes Dankeschön aussprechen«, beginne ich.
»Ah, nun, gern geschehen«, erwidert mein Dad mit belustigtem Blick.
»Und meinem Spanischlehrer …«, füge ich hinzu.
»De nada.« Er tippt sich an einen imaginären Hut.
»Und meinem Englischlehrer …«
An dieser Stelle macht mein Dad eine kleine Verbeugung. »Es war mir ein Vergnügen!«
»Und ich möchte noch einmal offiziell festhalten, dass mein Sportlehrer keine Ahnung hatte, was er tat.«
Dad schlug sich die Hand auf die Brust. »Oh, das ist eine schwere Anschuldigung«, ruft er. »Ich wollte dir eigentlich diese Karte geben, aber jetzt …«
Er lässt sie vor meiner Nase baumeln, und als ich danach schnappe, reißt er sie zurück. Ich zucke die Achseln, als sei es mir egal. Er räumt seine Niederlage ein und legt mir die Karte sanft auf den Schoß, dann lässt er sich auf die Bettkante fallen.
Ich ziehe eine übergroße Karte aus dem Umschlag. Sie zeigt eine lustige Comicfigur, einen lächelnden Stern mit Doktorhut, über der in alberner Comicschrift steht: Du hast es geschafft! AB In die Zukunft, Superstar!
Ich verdrehe die Augen. »Das ist die bekloppteste Karte, die ich je gesehen habe.«
»Ja«, stimmt er mit einem ernsten Nicken zu. »Ich musste in drei Geschäfte gehen, um ein so dämliches Ding zu finden. Also, bist du bereit für dein Geschenk?«
Ich schlage mir die Hand vor den Mund. Damit habe ich nicht gerechnet. »Welches Geschenk?«, frage ich durch die Finger.
Dad springt auf und eilt hinaus in den Flur. Eine Sekunde später kommt er mit einem Gitarrenkoffer zurück, der schon bessere Tage gesehen hat. Eine rote Schleife klebt darauf.
In dem Koffer liegt das schönste Instrument, das ich je gesehen habe. Es hat ein cooles Schlagbrett aus rotem Schildpatt und Griffbretteinlagen aus Perlmutt. Vorsichtig nehme ich die Gitarre heraus und fahre mit der Hand über die glatte Oberfläche, bis kleine Rillen mich innehalten lassen. Ich schaue auf die Stelle, an der meine Finger innegehalten haben. Die Rillen sind in Wirklichkeit Initialen. T.J.P. Ich reiße die Augen auf.
»Die hat Mom gehört?«
Dad nickt. »Du bist deiner Kindergitarre entwachsen«, sagt er und deutet auf das Instrument in der Ecke, auf dem ich schon als kleines Mädchen gespielt habe. »Aber mir ist klar, dass die hier alt ist, wenn du also eine neuere haben möchtest...