E-Book, Deutsch, Band 5, 280 Seiten
Reihe: Reisen
Teil II: 15.000 Kilometer durch den Südwesten Europas
E-Book, Deutsch, Band 5, 280 Seiten
Reihe: Reisen
ISBN: 978-3-7583-7755-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Bernhard Conrad, Jg. 1961, ist seit 1993 schriftstellerisch tätig. Über mehr als drei Jahre lebte er in Französisch-Guayana und Suriname sowie weitere drei Jahre in der Ukraine. Neben seinen vielfältigen Veröffentlichungen nahm er auch als Autor und Fotograf an Ausstellungen in Museen sowie Galerien im In- und Ausland teil. Er lebt heute mit seiner Familie im südlichen Odenwald.
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Tag 2: Buchen
(Trier - Luxemburg - Brüssel - Buchen - 769 km -
zurückgelegte Strecke: 1.040 km) Es gibt inzwischen wahrhaftig die umwerfende Möglichkeit in Deutschland, einen Reisepass innerhalb weniger Tage neu anfertigen zu lassen - kostet natürlich Geld, aber immerhin, selbst im Land von Projekten wie dem Berliner Flughafen scheint man erkannt zu haben, dass es gut sein kann, manchmal Dinge etwas beschleunigen zu können! Also zwei Telefonate um herauszufinden, wo genau ich diesen beschleunigten Reisepass beantragen muss - natürlich an meinem Wohnort, man soll es ja nicht übertreiben mit der Einfachheit! Ich muss also zurück nach Buchen - ist das nicht toll! Wegen dieser Sache muss ich natürlich alle Reservierungen umbuchen oder stornieren, je nachdem. Das bedeutet erstmal, dass ich den ganzen Vormittag nicht nur mit Telefonaten sondern auch mit den Stornierungen aller Unterkünfte auf den britischen Inseln sowie den Umbuchungen der Fähren und der Unterkunft in den Niederlanden zubringen muss. Aber es klappt schließlich alles so, wie ich es vorhabe, super! Nach der herzlichen Verabschiedung und einer späten Abfahrt in Trier geht es auf nach Luxemburg, wo ich in einem zentralen Parkhaus meine Prinzessin für sage und schreiben sechzehn Euro je Stunde unterbringe, das wird die teuerste Parkmöglichkeit auf der gesamten Reise bleiben, auch das ein Erlebnis. Die Stadt empfängt mich mit ihrer kleinen Fußgängerzone und den schönen, teilweise recht alten Gebäuden, die hier zu finden sind. Die Wolkenkratzer, die Modernität also, kann ich dann aber später auch noch betrachten. Überhaupt liegen hier Tradition und Moderne recht nah beieinander, alles dabei schön sauber und adrett. Witzig ist allerdings das Sprachengewirr, dem ich hier auf Schritt und Tritt begegne: In nur kurzer Zeit höre ich folgende Sprachen, in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit des Gebrauchs - Portugiesisch, Holländisch, Französisch, Englisch, Lëtzebuergesch und schließlich Deutsch - und diese letzte Sprache, die ja in Luxemburg zu den drei offiziellen Sprachen gehört, wird von einer Deutschen afrikanischen Ursprungs gesprochen, einer Touristin also. Aber gerade an dieser sprachlichen Vielfalt erkennt man sofort, dass Luxemburg nicht nur ein Gründungsland der Europäischen Union sondern eben auch eines der weltoffensten Länder der Erde sein dürfte. Am frühen Nachmittag fahre ich dann nach Brüssel, tanke natürlich vorher nochmal in Luxemburg, der Preisunterschied lohnt sich allemal! Auch diesmal fährt meine Freundin ohne Probleme die relativ überschaubare Strecke, die sich allerdings ein wenig verlängert: Mein Navi zeigt mir einen kilometerlangen Stau auf der Autobahn in Belgien an und empfiehlt mir eine Umleitung, die ich als braver Navi-Nutzer natürlich nehme ... hätte ich besser nicht gemacht! Der Stau befindet sich durch diesen blöden Vorschlag, den natürlich fast alle Autofahrer annehmen, natürlich nicht mehr auf der Autobahn sondern auf der Landstraße! Grund dafür ist eine Baustelle in einem kleinen Ort, die das Navi natürlich nicht kennt ... Der Rest der Fahrt geht nach dieser Verzögerung aber ohne Schwierigkeiten vonstatten, erst in Brüssel wird’s wieder etwas chaotischer, denn erneut führt mich mein Navi - erinnern Sie sich? - das war schon bei meiner Nordkapptour so! - in die Irre, denn es kennt einen Luxemburg: Bourbon-Platte Passage du Palais Tunnel zu dem von mir gewählten Parkhaus in der Innenstadt nicht und will mich immer wieder in eine andere Richtung schicken bis ich die Faxen dick habe und einfach diesen tollen Tunnel nehme, der mich direkt ins Parkhaus führt, so einfach ist das, liebes Navi! Brüssel: Maison du Roi (1536), heute das Brüsseler Stadtmuseum Brüssel selbst ist zu Beginn eher eine ziemliche Enttäuschung, denn es ist dreckig und stinkt! Erst der wunderschöne und wirklich sehr sehenswerte Rathausplatz entschädigt mich. Ich bestaune die alten, teils mit Gold verzierten Häuser, die vom vergangenen Reichtum der Stadt zeugen. Dann erreiche ich, vorbei an diesen vielen Frittengeschäften in der Stadt, die den Touristen diese Nationalspeise feilbieten (die übrigens als belgische Fritten tatsächlich wesentlich besser schmecken als das, was man hierzulande kennt, lustig ist es nur, wenn man diese Fritten traditionell isst, denn dann sind sie in dieser Papierdreieckstüte, und auf dieser Portion thront dann natürlich die leckere fettige Mayonnaise, durch die man Bitteschön mit den Fingern durch muss, denn in Belgien isst man die Fritten mit denselben ...), endlich eines der Wahrzeichen der Stadt: Manniken Piss, diese schon fast lächerlich kleine Figur an einer unscheinbaren Häuserecke, aus deren Kinderpimmel der Wasserstrahl seit vielen Jahren in einen winzigen Brunnen rauscht. Davor Massen an filmenden und fotografierenden Touristen. Nun ja, abgehakt. Die Suche nach dem Pendant, der weniger berühmten und insbesonderen jüngeren Janneke Piss, gestaltet sich dann schon schwieriger, denn auch hier zeigt das Navi nicht den richtigen Ort, die Adresse stimmt zwar, aber der Zugang ist wirklich reichlich hinter diversen Bierkneipen versteckt, an denen sich die Touristen auf langen Holzbrettern diverse Biersorten munden lassen. Dann, wirklich gut versteckt und von festen Gittern mit Vorhängeschloss geschützt, an einer Häuserwand das kleine pinkelnde Mädchen, allerdings ganz ohne Wasserstrahl, der ist ausgeschaltet. Mir gefällt diese Figur besser, denn durch die wenigen Touristen kann man hier viel näher rangehen und sich das Kunstwerk auch wirklich mal ansehen - auf jeden Fall sehenswert! Der kleine Pinkler und die kleine Strullerin machen mich aber auf ein körperliches Bedürfnis aufmerksam, das zu befriedigen in der Öffentlichkeit der viel besuchten Stadt so einfach nicht möglich ist. Will man nämlich nicht in ein Restaurant sondern sucht eine öffentliche Toilette, so sieht es in Brüssel, das sich ja gerne als europäische Hauptstadt bezeichnet, nicht so gut aus ... Nach langem suchen, in dem der innerliche Druck wahrhaftig an seine Grenzen gerät, eile ich in einen bekannten amerikanischen Schnellimbiss, der keine schottischen Wurzeln hat, und entleere mich auf einem leidlich sauberen WC, nachdem ich mich zuvor durch den überfüllten und nach - Pisse! - stinkenden Gastraum durch gequält habe. Aber geschafft, das ist die Hauptsache! Na ja, es hätte auch schlimmer kommen können, was mich an den Besuch der Toiletten im großen Zirkusgebäude der ukrainischen Stadt L’viv erinnert, wo ich wahrhaftig durch einen zentimeterhohen See von gelblich stinkendem Urinat der dortigen Männerwelt hätte waten müssen, wollte ich meinem „Geschäft“ nachgehen - ich verzichtete gerne und unterdrückte erfolgreich den Wunsch meiner Blase. Also, nach dem Motto: Es kann alles nur noch schlimmer kommen. Zurück bei meiner Ami mache ich mich entleert und zufrieden auf zum Atomium, was ausnahmsweise sogar leicht zu finden ist. Ein zwar nicht sehr großes aber trotzdem beeindruckendes Gebäude, der Blick auf die Nachbildung eines Atoms, welches glänzend im Sonnenlicht funkelt, ist den Besuch auf jeden Fall wert. Und hier kann ich endlich auch mal ein paar Fotos mit meiner Ami in einer Stadt machen, Brüssel sei Dank. Noch im Hellen, obwohl es schon 21 Uhr ist, fahre ich erneut los, diesmal jedoch nicht, wie ursprünglich geplant, Richtung Holland sondern zurück nach Buchen. Da ich schon reichlich müde bin, muss ich gelegentlich stoppen, esse auch mal ein Eis, um mich wach zu halten. Das Benzin ist in den Niederlanden, durch die ich ein kleines Stück fahre, deutlich teurer als in Belgien oder Luxemburg, also stottere ich mich bis Aachen durch, um dort den Durst meiner Begleiterin zu stillen. Bis kurz vor Amorbach, also nicht weiter von meinem Wohnort entfernt, geht alles gut, doch dann, um 3.30 Uhr, hält mich unvermittelt die Polizei an. Das folgende Gespräch hat in etwa so stattgefunden: Polizist: „Guten Abend, die Fahrzeugpapiere bitte.“ Der Polizist begutachtet die Papiere. Polizist: „Warum sind sie um diese Uhrzeit noch unterwegs?“ Ich: „Ich fahre nach Hause. Komme gerade aus Brüssel. Ist es etwa verboten, um diese Zeit mit einem Oldtimer durch Deutschland zu fahren?“ Polizist: „Nein, das nicht. Aber es ist ungewöhnlich.“ Ich soll aussteigen, man möchte den Wagen kontrollieren. Polizistin: „Eigentlich wollten wir uns nur ihren Wagen mal ansehen. Sowas haben wir noch nie gesehen. Was ist das eigentlich für ein Auto?“ Wir kommen also ins Gespräch, sehr nett und insbesondere aufweckend um diese Zeit und mit meiner Müdigkeit. Irgendwie suchen die Beiden noch nach etwas, was sie beanstanden könnten, staunen aber schließlich wohlwollend nicht nur über den neuen TÜV sondern auch die neuen Reifen. Ich: „Ach ja, wenn wir schonmal dabei sind. Schauen sie sich doch mal meinen CO2-Ausstoß in den Papieren an, könnte sie interessieren.“ Polizist, nachdem er zweimal hinsehen muss: „Was? Das ist tatsächlich der Wert für den...