Claire Mit dir in die Sonne
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8025-9625-4
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 02, 230 Seiten
Reihe: Milliardär
ISBN: 978-3-8025-9625-4
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
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1
Elliott Becker kletterte aus dem Hubschrauber und schlenderte über den Strand, ohne auch nur daran zu denken, sich für seine dramatische Ankunft zu entschuldigen, mit der er mitten in die Wiedersehensfeier einer Highschool platzte. Die vielen Gesichter in der Menge, die ihn anstarrten, waren leicht zu interpretieren. Die Männer kniffen misstrauisch die Augen zusammen, weil er einen Stetson trug und in einem Heli angekommen war. Und die Frauen bestaunten ihn unverhohlen, weil er … nun ja, einen Stetson trug und im Heli angekommen war. Er räusperte sich, schob sich den Hut aus der Stirn und beglückwünschte sich selbst, diese Wiedersehensfeier als Ausgangspunkt für seine Suche gewählt zu haben. Sein Ziel hatte nichts mit der Mimosa High zu tun, aber das hier war eine einfache Art, viele Bewohner der Insel mit einem Mal zu erreichen. Und einfach war nun mal seine Art, die Dinge anzugehen. »Ich suche einen Mann namens Frank Cardinale«, verkündete er der Menge, die sich versammelt hatte, als sein Hubschrauber am Strand gelandet war. Unter der Krempe seines Hutes ließ er den Blick über die Menge schweifen und bemerkte eine plötzliche Bewegung weit hinten. Langes, dunkles Haar wehte im Wind, als eine Frau sich mit gerade so viel Entschlossenheit abwandte, dass ihr Rückzug nicht zufällig sein konnte. Niemand beantwortete seine Frage, weshalb er sich auf die Frau konzentrierte, die gegangen war. Mit etwas Glück führte sie ihn ja direkt zu Mr Cardinale. Und wenn es etwas gab, wovon Elliott Becker mehr als genug besaß, dann war das Glück. Und Geld. Und Charme. Und ein verdammt gutes Aussehen. Er hatte vor, das alles zu seinem Vorteil einzusetzen. Er folgte seinem Instinkt und dem Wehen von welligem, hüftlangem Haar von der Farbe von Kaffeebohnen. In einem einfachen Baumwollrock, der sich an ihre Hüften schmiegte und um ihre Knöchel flatterte, war sie leicht auszumachen – und ein überaus hübscher Anblick. Entschlossen marschierte sie die Küste entlang, fort von dem Resort und der Party, und steuerte direkt auf den schaumig weißen Strand zu, wo das ablaufende Wasser des Golfs von Mexiko sich in Strudeln bewegte. Gerade als ihre bloßen Füße die Wasserlinie erreichten, blickte sie über die Schulter zurück – zu rasch, als dass er ihr Gesicht erkennen konnte. Doch es war nicht zu übersehen, dass ihre schmalen Schultern sich versteiften und ihre langen Beine schneller wurden. Interessant. Vielleicht wollte jemand nicht, dass er den Besitzer der acht Hektar Land an der Barefoot Bay fand, die er und seine Partner brauchten, um ihr Geschäft abzuschließen. Ihre Pläne, auf Mimosa Key ein kleines Baseballstadion zu errichten und ein Minor-League-Baseballteam zu gründen, sollten zwar eigentlich geheim sein, doch er und seine Partner hatten bereits mündliche Vereinbarungen über drei Grundstücke im Nordosten der Insel getroffen. Es konnte sich herumgesprochen haben, dass sie auf diese letzten acht Hektar aus waren, obschon die anderen Landbesitzer eine Verschwiegenheitserklärung abgegeben hatten. Auf einer Insel, die weniger als zehn Meilen lang und drei Meilen breit war? Da konnte man selbst mit einem Haufen Geld kein Schweigen kaufen. Er passte sich ihren rascheren Schritten an. Nein, sie war nicht auf einen Sonnenuntergangsspaziergang aus; sie rannte. Nicht wirklich. Jedenfalls noch nicht. Doch definitiv lief sie aus irgendeinem Grund vor Elliott davon. Und diesen Grund wollte er unbedingt herausfinden. Er brauchte nicht mehr als ein paar große Schritte, um zu ihr aufzuschließen, doch er blieb etwa einen halben Meter hinter ihr. »Ich wette, Sie können mir sagen, wo ich Frank Cardinale finden kann«, sagte er leise und alles andere als bedrohlich. Sie drehte sich nicht einmal um und tat so, als habe sie ihn nicht gehört. »Warum sonst sollten Sie es so eilig haben wie ein Tornado in einem Trailer Park?« Das ließ sie langsamer werden oder besser gesagt stehen bleiben. Elliott spürte, wie seine Mundwinkel sich zu einem süffisanten Grinsen nach oben zogen. Der texanische Akzent packte sie immer. Durch die ganzen Umzüge, die seine Soldatenfamilie gemacht hatte, hatte er bloß ein Jahr im Lone Star State gelebt, doch es hatte gereicht, um ein paar Redewendungen aufzuschnappen und an dem Tonfall zu arbeiten. Und mit Cowboyhut sah er verdammt gut aus. Wenn sie sich jetzt bloß noch umdrehen würde … »Ich wohne in einem Trailer.« Ihre Worte gingen beinahe im Tosen der Wellen zu ihren Füßen unter. Mist. So vermasselte man den ersten Eindruck. »Das ist bloß eine Redewendung, Ma’am.« »Wohl vielmehr ein Ausdruck von Herablassung und Spott.« »Nein, bloß eine Art auszudrücken, dass Sie zu schnell gehen, keine Beleidigung Ihres Heims.« Er machte noch zwei Schritte und kam ihr nahe genug, dass ihm etwas Blumiges in die Nase stieg und er bemerkte, wie die Spätnachmittagssonne ihre Haut zum Glühen brachte. »Schließlich ist man dort zu Hause, wo das Herz ist«, sagte er. Nicht, dass er das aus eigener Erfahrung wüsste, doch er hatte diesen Spruch in seinem Leben schon oft genug gehört. »Es ist nicht zu verkaufen.« Sie wirbelte herum, sodass ihr Haar wehte wie ein Bühnenvorhang, der sich für ein Theaterstück öffnete. »Steigen Sie also wieder in Ihren schicken Heli, Cowboy, und lassen Sie mich in Ruhe!« Er blinzelte sie an. Ihre Aufforderung drang nicht in sein Bewusstsein vor, denn – Mannomann – sie war verdammt hübsch. Nein, sie übersprang »hübsch« und qualifizierte sich trotz des Feuers in ihren whiskeyfarbenen Augen und der trotzigen Haltung ihres zierlichen Kinns direkt für »umwerfend«. »Was starren Sie so?«, blaffte sie. »Sind Sie taub oder bloß begriffsstutzig?« »Geblendet. Von Ihrer Schönheit.« »Oh, bitte.« Sie verdrehte die Augen und seufzte. »Ersparen Sie mir das Gesülze.« »Das ist kein Gesülze.« Ihre Augen verwandelten sich in goldene Schlitze schieren Unglaubens. »Okay, es ist Gesülze«, gab er zu. »Aber in diesem Fall ist es auch die Wahrheit.« »Haben Sie mich gehört? Es ist nicht zu verkaufen.« Ja, er hatte sie gehört, und die Aussage fing an, einen Sinn zu ergeben, wenn man bedachte, dass er aus einem bestimmten Grund auf diese Insel gekommen war – und dieser bestand nicht darin, mit sexy Brünetten am Strand zu flirten. Nicht, dass er sich nicht ins Unvermeidliche fügen würde, aber sein Ziel war es, Land zu kaufen, und diese Worte waren ganz und gar nicht das, was er hören wollte, egal, wie verführerisch der Mund auch war, der sie äußerte. »Kennen Sie Frank Cardinale?«, fragte er. Sie verschränkte die Arme, was ausgesprochen unfair war, wenn man bedachte, welche Wirkung das auf ihren Ausschnitt hatte. »Ich bin Frank Cardinale.« Er schnaubte leise und unterdrückte nicht länger das Verlangen, ihre Brüste näher in Augenschein zu nehmen. Denn jetzt hatte er ja eine Entschuldigung dafür. »Wenn man bedenkt, dass der alte Frank in seinen Achtzigern und ein Mann ist, würde ich sagen, Sie hatten einen verdammt guten Schönheitschirurgen, Mr C.« »Miss«, korrigierte sie ihn. »Miss Francesca Cardinale.« Sie umklammerte ihre Oberarme, als forderten die Natur und ihre guten Manieren sie auf, ihm die Hand zu geben, doch sie weigerte sich, dieser Aufforderung nachzukommen. »Frank war mein Großvater. Er ist tot.« Die Dame war unverheiratet und der Besitzer des Landes tot. Was bedeutete, dass sein kleiner Ausflug auf diese abgelegene Insel kurz, unkompliziert und wahrscheinlich ganz vergnüglich werden würde. Er unterdrückte ein Lächeln bei diesem Gedanken, nahm mit der einen Hand den Hut vom Kopf und streckte ihr die andere entgegen. »Mein aufrichtiges Beileid. Ich bin Elliott Becker.« Sie verweigerte ihm den Handschlag, erwiderte jedoch seinen Blick. »Ich weiß, warum Sie hier sind. Sie sind nicht der Erste, der herkommt, um an dem Land herumzuschnüffeln, auch wenn Sie als Erster hier erscheinen, als würde es Ihnen gehören.« »Was es nicht tut.« Aber er hatte es fest vor. Das Knattern der Hubschrauberrotoren lenkte ihn kurzfristig ab. Da flog Zeke und nahm die Frau mit, in die er sich vor Kurzem bis über beide Ohren verliebt hatte. Zeke hatte sich den Heli für den Rest des Tages ausgeliehen und Elliott mit der Aufgabe zurückgelassen, Frank beziehungsweise Francesca Cardinale zu finden und den Landkauf unter Dach und Fach zu bringen. »Aber Sie bekommen mein Land nicht, Mr Becker. Beschaffen Sie sich also besser eine andere Mitfahrgelegenheit fort von der Barefoot Bay.« Sie lächelte angespannt, was in ihm den Wunsch weckte, dieses schöne Gesicht vor echter Freude aufleuchten zu sehen. »Vielleicht könnten Sie mich ja mitnehmen.« »Ich? Wohl kaum.« Sie wandte sich ab und machte sich nicht einmal die Mühe, ihre Unterhaltung zu beenden. »Dann kann ich vielleicht mit Ihnen laufen.« »Nein.« Nichtsdestotrotz ging er neben ihr her. »Darf ich Francesca zu Ihnen sagen?« »Nein!« Sie weigerte sich ihn anzusehen. Er blieb neben ihr. »Wie viel verlangen Sie?« Das brachte ihm einen kurzen Blick und fast – fast – ein bewunderndes Lächeln ein. Natürlich. Frauen liebten hartnäckige Männer. Mit Cowboyhüten. Und texanischem Akzent. »Zu viel für Sie.« Und Geld. Frauen liebten Geld, und davon hatte er sogar noch mehr als Charme und Sex-Appeal. »Ich will nicht unbescheiden klingen, aber Geld ist...