Christie | Das Geheimnis der Schnallenschuhe | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Christie Das Geheimnis der Schnallenschuhe

Ein Fall für Poirot
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-455-01086-2
Verlag: Atlantik Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Fall für Poirot

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-455-01086-2
Verlag: Atlantik Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wer geht schon gern zum Zahnarzt? Nicht mal ein Meisterdetektiv. Aber den Zahnarzt deshalb umbringen? Das kommt Hercule Poirot doch reichlich seltsam vor. Und der Fall wird immer rätselhafter: Eine Patientin verschwindet, ein anderer Patient stirbt, auf einen dritten wird ein Attentat verübt. Poirot muss seine kleinen grauen Zellen mächtig anstrengen, um an die Wurzel der üblen Ereignisse zu gelangen.

Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.
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Cover
Titelseite
Widmung
Eins, zwei, Schnalle herbei,
Eins, zwei, Schnalle herbei
Drei, vier, ins Schloss fällt die Tür
Fünf, sechs, Stöckchen verhext
Sieben, acht, gelegt mit Bedacht
Neun, zehn, dicke, fette Henn'
Elf, zwölf, graben wie die Wölf'
Dreizehn, vierzehn, Turteln ist schön
Fünfzehn, sechzehn, in der Küche steh'n
Siebzehn, achtzehn, geduldige Feen
Neunzehn, zwanzig, mein Teller bleibt glanzig
Über Agatha Christie
Impressum


Eins, zwei, Schnalle herbei


I

Mr Morley war beim Frühstück nicht gerade bester Laune. Er mäkelte am Schinkenspeck herum, wollte wissen, weshalb der Kaffee wie flüssiger Schlamm aussehen müsse, und merkte an, dass von den Flocken eine Sorte schlimmer schmecke als die andere.

Mr Morley war ein kleiner Mann mit einem entschlossenen Kiefer und einem kampflustigen Kinn. Seine Schwester, eine stattliche Frau, die ihm den Haushalt besorgte, glich eher einem weiblichen Grenadier. Nachdenklich betrachtete sie ihren Bruder und erkundigte sich, ob das Badewasser abermals kalt gewesen sei.

Einigermaßen unmutig verneinte Mr Morley.

Er warf einen Blick in die Zeitung und konstatierte, die Regierung scheine aus einem Zustand der Unfähigkeit in eine abgrundtiefe Idiotie zu verfallen!

»Eine Schande!«, gab Miss Morley mit tiefer Bassstimme zurück.

Als Frau hatte sie stets die Regierung, die gerade an der Macht war, für ausgesprochen nützlich gehalten. Eindringlich bat sie ihren Bruder zu erklären, weshalb denn die gegenwärtige Regierungspolitik in sich unschlüssig, schwachsinnig, idiotisch und, offen gesagt, selbstmörderisch sei!

Nachdem sich Mr Morley eingehend über diese Punkte ausgelassen hatte, trank er eine zweite Tasse von dem abscheulichen Kaffee und offenbarte seinen wahren Kummer.

»Diese Mädchen«, sagte er, »sind doch alle gleich! Unzuverlässig und egozentrisch – man kann schlechterdings nie auf sie zählen.«

»Gladys?«, fragte Miss Morley.

»Ich habe es gerade erfahren. Ihre Tante hatte einen Schlaganfall, und sie musste runter nach Somerset.«

»Ausgesprochen ärgerlich, lieber Bruder, aber das ist doch wohl kaum ihre Schuld.«

Trübsinnig schüttelte Mr Morley den Kopf.

»Woher soll ich denn wissen, ob die Tante wirklich einen Schlaganfall hatte? Woher soll ich wissen, ob das Mädchen und dieser völlig unmögliche junge Kerl, mit dem sie ihre Zeit verbringt, nicht nur ein abgekartetes Spiel treiben? Dieser Bursche ist ein falscher Hund, wie er im Buche steht! Wahrscheinlich haben die beiden für heute irgendeinen Ausflug geplant.«

»Aber nicht doch, mein Lieber, ich glaube nicht, dass Gladys so etwas tun würde. Du hast sie doch auch immer für äußerst pflichtbewusst gehalten.«

»Jaja.«

»Ein intelligentes Mädchen und ganz versessen auf ihre Arbeit, hast du gesagt.«

»Jaja, Georgina, aber das war, bevor dieser unliebsame junge Mann auftauchte. Sie hat sich in letzter Zeit ziemlich stark, wirklich stark verändert: Sie ist geistesabwesend, verstimmt, nervös.«

Die Grenadierin stieß einen tiefen Seufzer aus und sagte: »Mädchen haben nun einmal die Eigenschaft, sich zu verlieben, Henry. Da kann man nichts machen.«

»Sie sollte aber darauf achten«, blaffte Mr Morley, »dass es nicht ihre Arbeitsleistung als meine Sekretärin beeinträchtigt. Ausgerechnet heute, wo ich ausnehmend viel zu tun habe! Mehrere ungemein wichtige Patienten. Wirklich höchst ärgerlich!«

»Das ist sicher überaus irritierend, Henry. Wie lässt sich eigentlich der neue Junge an?«

Düster erwiderte Henry Morley: »Das ist der schlimmste, der mir je untergekommen ist! Kann sich keinen einzigen Namen richtig merken und hat die ungehobeltsten Manieren. Wenn er sich nicht bessert, setze ich ihn vor die Tür und versuche es mit einem anderen. Ich weiß wirklich nicht, wozu unser Bildungswesen heutzutage noch gut ist. Es scheint eine Ansammlung von Schwachköpfen zu produzieren, die von dem, was man ihnen sagt, nicht das Geringste verstehen, geschweige denn behalten.«

Er sah auf die Uhr.

»Ich muss jetzt nach unten. Ein voller Vormittag, und diese Sainsbury Seale mit ihren akuten Schmerzen darf ich auch noch irgendwie dazwischenschieben. Ich habe ihr vorgeschlagen, sich von Reilly behandeln zu lassen, aber davon wollte sie nichts wissen.«

»Natürlich nicht«, sagte Georgina loyal.

»Reilly ist äußerst kompetent, wirklich äußerst kompetent. Erstklassige Diplome. Hochmoderne Arbeitsmethoden.«

»Seine Hand zittert«, gab Miss Morley zurück. »Meiner Ansicht nach trinkt er.«

Ihr Bruder lachte, seine gute Laune war zurückgekehrt.

»Um halb zwei komme ich wie immer auf ein Sandwich hoch«, sagte er.

II

Im Savoy Hotel stocherte Mr Amberiotis in den Zähnen und schmunzelte in sich hinein.

Alles lief wie geschmiert.

Sein Glück war ihm treu geblieben. Wer hätte gedacht, dass die wenigen freundlichen Worte, die er mit dieser dämlichen Pute gesprochen hatte, so reich belohnt würden. Nun gut, Er war ja schon immer gutherzig gewesen. Und großzügig! In Zukunft würde er sogar noch großzügiger sein können. Im Geiste sah er sich bereits als noblen Wohltäter. Der kleine Dimitri … Und der gute Constantopopolus, der sich mit seinem winzigen Lokal herumplagte … Was für angenehme Überraschungen die beiden erwarteten …

Der Zahnstocher rutschte ab, und Mr Amberiotis zuckte zusammen. Die rosigen Zukunftsvisionen verblassten und machten den Sorgen der unmittelbaren Gegenwart Platz. Vorsichtig tastete er mit der Zunge. Er holte sein Notizbuch hervor. Zwölf Uhr. Achtundfünfzig Queen Charlotte Street.

Er versuchte, seine glänzende Stimmung zurückzugewinnen. Doch vergeblich. Sein Horizont hatte sich auf sechs nackte Wörter verengt:

»Achtundfünfzig Queen Charlotte Street. Zwölf Uhr.«

III

Das Frühstück im Glengowrie Court Hotel in South Kensington war vorüber. Miss Sainsbury Seale saß im Foyer und unterhielt sich mit Mrs Bolitho. Im Speisesaal waren ihnen benachbarte Tische zugewiesen worden, und so hatten sie sich am Tag nach Miss Sainsbury Seales Ankunft vor einer Woche angefreundet.

»Wissen Sie, meine Liebe«, sagte Miss Sainsbury Seale, »der Schmerz hat tatsächlich aufgehört! Nicht mehr das geringste Zwicken! Ich glaube, ich rufe …«

Mrs Bolitho unterbrach sie: »Jetzt seien Sie doch nicht albern, meine Gute. Sie gehen zum Zahnarzt und bringen es hinter sich!«

Mrs Bolitho war eine große imposante Person mit einer tiefen Stimme. Miss Sainsbury Seale, eine Frau von gut vierzig Jahren, trug halbherzig gebleichtes Haar, das zu unordentlichen Locken gewickelt war. Ihre Kleider waren unförmig und eher ausgefallen, der Kneifer rutschte ihr ständig von der Nase. Sie war eine regelrechte Quasselstrippe.

Jetzt sagte sie versonnen:

»Aber wissen Sie, ich habe wirklich überhaupt keine Schmerzen mehr.«

»Unsinn, Sie haben mir doch noch vorhin erzählt, Sie hätten letzte Nacht kaum ein Auge zugetan.«

»Ja, ganz recht, das habe ich auch nicht, aber vielleicht ist der Nerv inzwischen einfach abgestorben.«

»Noch ein Grund mehr, zum Zahnarzt zu gehen«, erklärte Mrs Bolitho. »Wir schieben es ja alle gern auf die lange Bank, aber letztlich sind wir nur feige. Besser, man gibt sich einen Ruck und bringt es hinter sich!«

Miss Sainsbury Seale lag eine aufmüpfige Antwort auf den Lippen, vielleicht ein »Sicher, aber Zahn ist es ja auch nicht!«.

Doch dann sagte sie nur: »Wahrscheinlich haben Sie recht. Und Mr Morley ist ausgesprochen vorsichtig und tut einem ohnehin nie weh.«

IV

Die Sitzung des Verwaltungsrats war beendet. Alles war reibungslos verlaufen. Der Geschäftsbericht war gut. Jeglicher Misston wäre fehl am Platz gewesen. Und doch hatte der feinfühlige Mr Samuel Rotherstein etwas registriert, eine Nuance im Verhalten des Vorsitzenden.

In dessen Ton hatte ein- oder zweimal eine Schroffheit gelegen, eine Schärfe, die angesichts des Sitzungsverlaufs vollkommen deplatziert gewesen war.

Vielleicht eine heimliche Sorge? Doch irgendwie passten für Rotherstein eine heimliche Sorge und Alistair Blunt nicht zusammen. Er war solch ein nüchterner Mensch, so absolut normal. So urbritisch.

Natürlich konnte es immer die Leber sein … Mr Rotherstein machte seine Leber gelegentlich etwas zu schaffen. Alistair hatte er allerdings noch nie über seine Leber klagen gehört. Alistairs Körper war genauso gesund wie sein Geist und sein Sinn für Finanzen. Er war nicht irritierend fit, sondern schlicht und einfach wohlauf.

Und trotzdem, trotzdem war da etwas: Ein- oder zweimal war die Hand des Vorsitzenden zum Gesicht gewandert. Er hatte dagesessen und das Kinn aufgestützt. Keinesfalls seine normale Haltung. Und ein-, zweimal wirkte er tatsächlich, ja zerstreut.

Sie traten aus dem Sitzungssaal und gingen die Treppe hinunter.

»Kann ich Sie vielleicht irgendwohin mitnehmen?«, fragte Rotherstein.

Lächelnd schüttelte Alistair Blunt den Kopf.

»Mein Wagen wartet bereits.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ich fahre nicht in die City zurück.« Er hielt inne. »Die Sache ist nämlich die: Ich habe einen Zahnarzttermin.«

Das Rätsel war gelöst.

V

Hercule Poirot stieg aus dem Taxi, bezahlte den Fahrer und klingelte in der Queen Charlotte Street Nummer achtundfünfzig.

Nach einer kurzen Wartezeit wurde ihm von einem sommersprossigen rothaarigen Liftboy in Pagenuniform mit ernster Miene geöffnet.

»Mr Morley?«, sagte Hercule Poirot.

Tief in seinem Inneren schlummerte die lächerliche Hoffnung, Mr Morley sei eventuell zu einem Patienten gerufen worden, fühle sich unpässlich oder habe an diesem Tag keine Sprechstunde … Doch alles vergebens. Der Liftboy machte einen Schritt zurück, Hercule Poirot...


Christie, Agatha
Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.

Mundhenk, Michael
Michael Mundhenk studierte englische und französische Literatur in Berlin und Vancouver. Während seiner anschließenden Lehrtätigkeit an kanadischen Universitäten begann er die Arbeit als freier Lektor und Üersetzer.

Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.



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