Christie | Bertram's Hotel | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Christie Bertram's Hotel

Ein Fall für Miss Marple
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-455-17060-3
Verlag: Atlantik Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Fall für Miss Marple

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-455-17060-3
Verlag: Atlantik Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Bertram's Hotel im Herzen Londons - hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Genau das Richtige für Miss Marple, die sich in viktorianischem Ambiente und bei bestem Service den verdienten Urlaub gönnt. Schon bald ist es mit der Ruhe jedoch vorbei. Als einer der vornehmen Gäste spurlos verschwindet, will niemand etwas gesehen haben. Das aber ist erst der Beginn einer ganzen Reihe von Verbrechen ...

Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.
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Titelseite
Für Harry Smith, weil [...]
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Über Agatha Christie
Impressum
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Im Herzen des West End gibt es viele stille Winkel, fast nur Taxifahrern bekannt, die sie dank ihrer Ortskenntnis souverän durchqueren und auf diese Weise zielsicher zur Park Lane, zum Berkeley Square oder zur South Audley Street gelangen.

Biegt man, vom Hyde Park kommend, an einer unscheinbaren Straße ab und wendet sich dann ein-, zweimal nach links und nach rechts, findet man sich auf einer ruhigen Straße wieder und sieht rechter Hand Bertram’s Hotel. Bertram’s Hotel gibt es schon lange. Im Krieg wurden die Häuser zu seiner Rechten zerstört, weiter unten einige zu seiner Linken, doch das Hotel selbst blieb verschont. Natürlich war es etwas in Mitleidenschaft gezogen worden, wie Immobilienmakler es ausdrücken würden, doch mit nur geringem finanziellen Aufwand wurde der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt. Im Jahr 1955 sah es wieder genauso aus wie 1939 – würdevoll, unaufdringlich und auf diskrete Weise teuer.

Das war das Bertram’s, zu dessen Stammkunden seit vielen Jahren hochrangige Mitglieder des geistlichen Standes gehörten, verwitwete adlige Damen vom Land, höhere Töchter, die aus teuren Pensionaten nach Hause in die Ferien fuhren. (»Es gibt nicht viele Orte in London, wo man ein Mädchen allein lassen kann, aber im Bertram’s ist das natürlich völlig in Ordnung. Wir steigen dort seit Jahren ab.«)

Selbstverständlich hatte es viele andere Hotels im Stil des Bertram’s gegeben. Manche existierten noch immer, doch alle hatten der neuen Zeit Tribut zollen müssen. Um sich den Bedürfnissen einer neuen Kundschaft anzupassen, hatte man sie modernisiert. Auch das Bertram’s hatte sich verändern müssen, doch das war so geschickt geschehen, dass es auf den ersten Blick gar nicht auffiel.

Vor den Stufen, die zu der großen Schwingtür führten, stand ein Mann, der zunächst mindestens wie ein Feldmarschall aussah. Goldene Tressen und Ordensbänder zierten eine breite, männliche Brust. Sein Auftreten war untadelig. Er empfing den Gast mit liebevoller Fürsorge, wenn dieser, steif vom Rheuma, einem Taxi oder einem Auto entstieg, lotste ihn behutsam die Stufen empor und führte ihn durch die lautlos hin- und herschwingende Tür.

Wenn man zum ersten Mal das Bertram’s besuchte, hatte man fast erschrocken den Eindruck, in eine verschwundene Welt einzutreten. Als wäre die Zeit stehengeblieben. Man befand sich wieder im England König Edwards VII.

Natürlich gab es Zentralheizung, aber das fiel gar nicht auf. Wie eh und je brannten in der großen Eingangshalle zwei prächtige kohlebeheizte Kaminfeuer. Die Kohlekästen aus Messing glänzten genau wie zu Edwards Zeiten, als Hausmädchen sie blank poliert hatten, und waren mit Kohlestücken gefüllt, die genau die richtige Größe hatten. Üppiger roter Samt und Plüsch sorgten für eine gemütliche Atmosphäre. Die Sessel stammten nicht aus dieser Zeit und dieser Epoche. Sie waren hoch genug, damit rheumatische alte Damen sich nicht auf unwürdige Weise daraus hochhieven mussten. Ihre Sitzflächen boten ausreichend Platz für Schenkel und Knie, anders als so viele teure moderne Sessel, die an Arthritis und Ischias leidenden Menschen Höllenqualen bereiten, außerdem waren nicht alle gleich. Manche hatten senkrechte, andere schräge Lehnen, und sie waren verschieden breit, sodass Dicke wie Dünne darauf Platz fanden. Menschen beinahe jeder Statur konnten bei Bertram’s einen bequemen Sessel finden.

Jetzt zur Teestunde war die Halle gut besucht. Nicht dass sie der einzige Ort war, wo man den Tee einnehmen konnte. Es gab einen Salon (Chintz), ein Rauchzimmer (aus unerfindlichen Gründen Herren vorbehalten) mit ausladenden Ledersesseln, zwei Schreibzimmer, wohin man sich mit einem guten Freund zu einem gemütlichen Gespräch in eine stille Ecke zurückziehen oder auch einen Brief schreiben konnte, wenn einem danach war. Neben diesen Annehmlichkeiten aus der edwardianischen Ära gab es noch andere Rückzugsmöglichkeiten, auf die zwar nicht hingewiesen wurde, von denen aber jene, die sie aufsuchen wollten, wussten. Da war zum einen die Bar mit zwei Tresen und zwei Barkeepern, einem Amerikaner, damit sich die Amerikaner wie zu Hause fühlten und Bourbon, Rye und sämtliche Sorten Cocktails bestellen konnten, und einem Engländer, der sich mit den verschiedenen Sherrys und Pimm’s Nr. 1 auskannte und mit den Männern mittleren Alters, die während der wichtigeren Rennen im Bertram’s logierten, fachkundig über die Rennpferde in Ascot und Newbury reden konnte. Auch gab es, versteckt am Ende eines Gangs, einen Fernsehraum für die, die danach fragten.

Doch der beliebteste Ort für den Nachmittagstee war die große Eingangshalle. Die älteren Damen beobachteten gern, wer kam und wer ging, erkannten alte Freunde wieder und kommentierten kritisch, wie sehr diese gealtert waren. Amerikanische Gäste schauten fasziniert zu, wie sich blaublütige Engländer zum Nachmittagstee niederließen. Der Nachmittagstee war nämlich etwas ganz Besonderes im Bertram’s.

Er war in jeder Hinsicht großartig. Über das Ritual präsidierte Henry, eine massige, stattliche Erscheinung, gut über fünfzig, großväterlich, einfühlsam und mit den höflichen Manieren dieser längst ausgestorbenen Spezies: des perfekten Butlers. Unter Henrys strenger Aufsicht verrichteten schlanke junge Männer die eigentliche Arbeit. Sie trugen große, wappengeschmückte Silbertabletts und georgianische Teekannen aus Silber hin und her. Das Porzellan war zwar nicht echtes Rockingham und Davenport, sah aber doch so aus. Besonders beliebt war das Blind-Earl-Geschirr. Nur der beste Tee wurde serviert, sei es indischer, ceylonesischer, Darjeeling oder Lapsang et cetera. Und was das Essen betraf, so konnte man bestellen, was das Herz begehrte – und bekam es!

An diesem speziellen Tag, dem 17. November, verspeiste Lady Selina Hazy, fünfundsechzig, die zu Besuch aus Leicestershire hergekommen war, köstliche, mit reichlich Butter bestrichene Muffins und gab sich ganz dem Genuss hin, wie ältere Damen es zu tun pflegen.

Allerdings konzentrierte sie sich nicht so ausschließlich auf die Muffins, dass sie versäumt hätte, jedes Mal aufmerksam hochzublicken, wenn ein neuer Gast durch die innere Schwingtür trat.

So konnte sie lächelnd Colonel Luscombe zunicken, der kerzengerade in soldatischer Haltung und mit einem Feldstecher um den Hals hereinkam. Alte Despotin, die sie war, winkte sie ihm gebieterisch, und kurz darauf kam Luscombe zu ihr herüber.

»Hallo, Selina, was führt dich in die Stadt?«

»Zahnarzt«, mümmelte Lady Selina mit vollem Mund. »Und ich dachte, wenn ich schon hier bin, könnte ich auch gleich zu dem Mann in der Harley Street wegen meiner Arthritis. Du weißt, wen ich meine.«

Obwohl es in der Harley Street ein paar Hundert Ärzte für sämtliche Leiden gab, wusste Luscombe, wen sie meinte.

»Und geht es dir jetzt besser?«, fragte er.

»Ich glaube schon, ja«, sagte Lady Selina unwirsch. »Ein merkwürdiger Mensch. Hat mich völlig unvorbereitet am Hals gepackt und ihn verdreht, als wäre ich ein Huhn.« Vorsichtig bewegte sie den Kopf.

»Hat es wehgetan?«

»Es muss wehgetan haben, so wie er ihn verdreht hat, aber ich kam gar nicht dazu, es zu merken.« Immer noch bewegte sie vorsichtig den Kopf. »Ist wohl in Ordnung. Zum ersten Mal seit Jahren kann ich über meine rechte Schulter schauen.«

Sie probierte es aus und rief: »Ich glaube wahrhaftig, das ist die alte Jane Marple. Hab gedacht, sie sei schon vor Jahren gestorben. Sieht aus wie hundert.«

Colonel Luscombe warf einen Blick in Richtung der wiederauferstandenen Jane Marple, aber ohne großes Interesse zu zeigen: Im Bertram’s traf man immer ein paar komischer alter Schachteln an, wie er sie nannte.

Lady Selina fuhr fort: »Der einzige Ort in London, wo man noch Muffins bekommt. Echte Muffins. Weißt du, als ich letztes Jahr in Amerika war, stand etwas auf der Frühstückskarte, was sie Muffins nannten. Keine echten Muffins natürlich. Eine Art Teekuchen mit Rosinen drin. Warum nennen sie das dann überhaupt Muffins?«

Sie stopfte sich das letzte buttrige Stück in den Mund und sah sich gedankenverloren um. Auf der Stelle tauchte Henry auf, nicht schnell oder hastig. Als wäre er aus dem Nichts aufgetaucht.

»Kann ich Ihnen noch etwas bringen, Mylady? Ein Stück Kuchen?«

»Kuchen?« Lady Selina wirkte unschlüssig.

»Wir haben sehr guten Mohnkuchen, Mylady. Kann ich sehr empfehlen.«

»Mohnkuchen? Ich habe seit Jahren keinen Mohnkuchen mehr gegessen. Ist es echter Mohnkuchen?«

»O ja, Mylady. Die Köchin macht ihn nach einem alten Rezept. Er wird Ihnen ganz bestimmt schmecken.«

Henry warf einem Mitglied seines Gefolges einen Blick zu, und der Junge zog los, um das Gewünschte zu holen.

»Du bist wohl in Newbury gewesen, Derek?«

»Ja. Verdammt kalt heute, die beiden letzten Rennen hab ich gar nicht mehr abgewartet. Katastrophaler Tag. Diese Stute von Harry taugt nichts.«

»Hab ich mir gleich gedacht. Und was war mit Swanhilda?«

»Ist vierte geworden.« Luscombe erhob sich. »Muss mich um mein Zimmer kümmern.«

Als er durch die Lobby zum Empfang ging, ließ er den Blick über die Tische und die Gäste schweifen. Erstaunlich viele Leute nahmen ihren Tee ein. Ganz wie in den alten Tagen. Seit dem Krieg war der Nachmittagstee als Mahlzeit aus der Mode geraten, aber offensichtlich galt das im Bertram’s nicht. Wer waren bloß all diese Leute? Zwei Domherren und der Dekan von Chislehampton. Ach ja, und da drüben in der Ecke noch ein weiteres Paar Beine in Gamaschen, sogar ein Bischof. Schlichte...


Christie, Agatha
Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.

Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.



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