E-Book, Deutsch, 104 Seiten
Finanzgeschichte und Historische Wertpapiere Band 3
E-Book, Deutsch, 104 Seiten
Reihe: Finanzgeschichte und Historische Wertpapiere
ISBN: 978-3-7583-3575-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Peter Christen war tätig in verschiedensten Funktionen bei Schweizer Gross- und Privatbanken in der Schweiz und im Ausland, zuletzt als Chief Executive Officer einer Genfer Privatbank. Darüber hinaus besitzt er eine langjährige und profunde Erfahrung auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Finanzgeschichte und hat auf dem Gebiet «Historische Wertpapiere» zahlreiche wegweisende Schriften publiziert. Er ist Preisträger des internationalen Journalistenpreises Historische Wertpapiere und Finanzgeschichte. Als Präsident des Schweizer Sammlervereins Scripophila-Helvetica und Mitglied in verschiedenen internationalen Sammler- und Spezialisten-Vereinen sowie als Teilhaber des grössten Schweizer Auktions- und Handelshauses für Historische Wertpapiere berät er weltweit verschiedenste Sammler, Investoren und Museen im Bereich Historische Wertpapiere.
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Der Kredit zur Landesverteidigung von 1936
Mit der Besetzung des entmilitarisierten Rheinlandes durch deutsche Truppen und der Annexion Abessiniens durch Italien stieg im Frühling 1936 die Gefahr eines Krieges weiter. Die Forderungen nach einer besseren Vorbereitung der Schweizer Armee gewannen zusehends an Wichtigkeit. Bundesrat Minger kündigte schon am 1. März 1936 in Davos an, dass sich «einige grosse Projekte – neue Truppenordnung, Luftschutz, Grenzschutz und deren Bewaffnung – in Vorbereitung befänden und dass ihre Verwirklichung sehr viel Geld kosten» würde.31 Der Zentralvorstand der freisinnig-demokratischen Partei der Schweiz forderte am 14. März in Bern ein stark beschleunigtes Tempo für die im Gange befindliche Anpassung der militärischen Rüstung an die bedrohliche europäische Gesamtlage.32 Vor diesem Hintergrund ist die «Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Verstärkung der Landesverteidigung» vom 17. April 1936 zu sehen. Darin erläutert die Regierung Entwicklung und Stand der Abwehrbereitschaft, sowie die Verschlechterung der internationalen Lage und folgert: «Heute hat sich nun aber die internationale Lage derart zugespitzt, dass wir nicht zögern dürfen, trotz der Wirtschaftskrise, die auch auf unserem Land schwer lastet, weitere grosse Opfer für die Landesverteidigung zu verlangen.»33 Weiter legte er ausführlich für alle Waffengattungen die «neuen Bedürfnisse der Schweizerischen Landesverteidigung» dar. Der Bundesrat wies sodann darauf hin, dass «die Gefahr des strategischen Überfalles auf die Schweiz durch schnelle, schlagkräftige, zum grossen Teil motorisierte und gepanzerte Truppenkörper und durch Luftstreitkräfte, die mit wirksamen automatischen Waffen und Bomben ausgerüstet sind, in den letzten Jahren massiv angestiegen ist.»34 Er unterstrich, dass sich «die moderne Kriegsführung geändert hat und welche [wichtige] Rolle dabei neben der Artillerie besonders die Luftwaffe spielt.»35 Darum sah sich der Bundesrat gezwungen, «neue Massnahmen» zu ergreifen. Diese waren vorwiegend organisatorischer Natur, verlangen aber auch beträchtliche finanzielle Mittel. Es galt insbesondere einen ausreichenden Luftschutz und einen rasch bereiten, widerstandsfähigen Grenzschutz zu schaffen, die imstande waren, Mobilmachung und Aufmarsch der Armee zu sichern, strategisch bedeutsame Punkte und Operationslinien zu decken und auch im Landesinnern die Einwirkung aus der Luft gegen die militärisch, politisch oder wirtschaftlich lebenswichtigen Örtlichkeiten und Anlagen zu unterbinden oder wenigstens zu mildern.36 Diesen Bericht zur Verstärkung der Landesverteidigung verband der Bundesrat mit einem Kreditgesuch von 235 Millionen Franken zur Verstärkung der Landesverteidigung. Für die damalige Zeit handelte es sich dabei um einen ausserordentlich hohen Betrag, machte dieser doch fast die Hälfte der gesamten Bundesausgaben von insgesamt 540 Millionen im Jahr 1936 aus. Dieser Kredit beinhaltete gemäss Bericht «folgenden, für die dringendsten Bedürfnisse unserer Landesverteidigung erforderlichen runden Beträge»: Verwendung der 235 Millionen zur Verstärkung der Landesverteidigung 1. Luftschutz (Passiver Luftschutz, Erdabwehr und Luftwaffe) 155'800'000.- 49% 2. Grenzschutz (Neue Waffen und Munition, Befestigungsanlagen) 46'000'000.- 20% 3. Leichte Truppen 14'100'000.- 6% 4. Artillerie 26'000'000.- 11% 5. Genie (Übermittlung, Kriegsbrücken) 9'900'000.- 4% 6. Sanität 800'000.- 1% 7. Korps- und Reservematerial 8'000'000.- 3% 8. Bauten 13'500'000.- 6% Gesamtbetrag (in Schweizer Franken) 234'100'000.- 100% In der Botschaft gab das Eidgenössische Militärdepartement sehr detailliert den genauen Zweck der geplanten Ausgaben von rund 235 Millionen bekannt. Rund 3/4 dieser Ausgaben (176 Millionen) fielen im Inland an. Der grösste Posten waren Ausgaben von mehr als 55 Millionen für die Flugwaffe durch die signifikante Erhöhung und Erneuerung der Flugzeugbestände. Hier hatte sich wegen des rasanten technologischen Fortschrittes der Rückstand der Schweiz besonders gravierend bemerkbar gemacht. 48,2 Millionen gingen in die damals so bezeichnete Erdabwehr, d.h. für die Beschaffung von überschweren Maschinengewehren, von Kleinkalibergeschützen für die Abwehr tieffliegender Flugzeuge und für grössere Fliegerabwehrkanonenbatterien Flak. Weitere 12,3 Millionen betrafen den sogenannten passiven Luftschutz, d.h. den baulichen Luftschutz, den Schutz der Militäranstalten und Beiträge für örtliche Luftschutzorganisationen und Kosten für die Abgabe von Gasmasken. Für den Grenzschutz wurden gesamthaft 46 Million bereitgestellt für Waffen und Munition und den Bau von Befestigungsanlagen. Die restlichen Gelder gingen an Artillerie, leichte Truppen, Genietruppen, Sanität, Landsturm, Feldtruppen mit Gebirgsküchen und wurden für Reservematerial und neue Munitionsmagazine verwendet. Ein gesondertes Kapitel widmete der Bundesrat der «Vorlage unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsbeschaffung». Die Rüstungsinvestitionen sollten «der Beschaffung von Arbeit in Industrie und Gewerbe dienen und dadurch geeignet sein, die wirtschaftliche Krise zu mildern und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.»37 Der Bundesrat schätzte, dass mit diesen geplanten Aufträgen rund 10'000 Arbeiter während dreier Jahren Beschäftigung finden würden.38 Dadurch konnte, gemäss Bundesrat, das Rüstungsprogramm in der damaligen «Wirtschaftsnot eine willkommene Arbeitsbeschaffung bilden». Mit diesem zusätzlichen Aspekt erhielt die Vorlage auch verstärkt die Unterstützung durch das linke, armeekritische Lager, das von der Eidgenossenschaft seit Jahren erfolglos die Lancierung eines Arbeitsbeschaffungsprogramms gefordert hatte. In der Folge wurde der Bundesrat in der politischen Diskussion und während der Ausgabe der Wehranleihe nicht müde, diesen Aspekt als einen wichtigen Nutzen hervorzuheben. Die Schweizer Luftwaffe - Französische Flugzeuge als Rückgrat
Jagdflugzeug Dewoitine D.27 der Schweizer Luftwaffe (Fliegermuseum Dübendorf, Wikipedia). Der kleine Binnenmarkt und die begrenzten finanziellen Rüstungsmittel bewirkten, dass die Schweiz in den 1930er Jahren keine grössere Flugzeugindustrie besass. Damit war bei der Luftwaffe die Abhängigkeit vom Ausland besonders gross. Im Inland war die Herstellung neuer Flugzeuge höchstens in Lizenz möglich. Der wichtigste Schweizer Hersteller von Flugzeugen, die Eidgenössische Konstruktionswerkstätte (K+W), stellte für die Schweizer Flugwaffe den «K+W C-35» her, ein zweisitziger Doppeldecker. Dieser war konzipiert für die Aufklärung sowie den Bombenwurf aus dem Horizontalund Sturzflug. Insgesamt wurden 88 Exemplare dieses Typs gekauft. Leider erwiesen sich diese als wenig konkurrenzfähig39 und sollten möglichst schnell ersetzt werden. Im Jahr 1931 begann die Schweiz mit dem Ankauf von 66 Maschinen des französischen leichten Jägers «Dewoitine D-27». Dieser wurde von der Eidgenössischen Konstruktionswerkstätte (K+W) in Thun weiterentwickelt und danach in Lizenz hergestellt. Diese Bestände waren jedoch zu klein. Auch war während dieser Zeit der technologische Fortschritt in der Luftfahrt besonders ausgeprägt und die bestehenden Modelle veralteten rasch. Die «Dewoitine D-27» waren schon bald mehr auf dem notwendigen militärischen Stand. Lizenzfertigung in der Schweiz Ab 1936 begann die Schweizer Armee mit hoher Priorität mit der Beschaffung weiterer Flugzeugtypen. Der Bundesrat schätzte den Ankaufspreis eines modernen Kriegsflugzeuges auf durchschnittlich 200'000 Franken. Entsprechend der bundesrätlichen Botschaft versuchte das EMD zur Arbeitsbeschaffung auch hier Aufträge im Inland zu vergeben: «Es besteht nicht etwa die Absicht, alle neuen Flugzeuge sofort bauen zu lassen; vielmehr soll die Herstellung, wenn immer möglich, im Interesse der Arbeitsbeschaffung zeitlich gestaffelt werden. Lässt es die Lage zu, die Bauzeit auf 3-4 Jahre auszudehnen, so können jährlich so viele Flugzeuge in Auftrag gegeben werden, dass damit die Grundlage geschaffen ist für den Ausbau einer leistungsfähigen einheimischen Flugzeugindustrie, was für unsere Landesverteidigung von besonderer Bedeutung ist.»40 Dabei hilfreich waren die bereits bestehenden guten Verbindungen zur...