Chaussy / Ueberschär | „Es lebe die Freiheit!“ | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 544 Seiten

Chaussy / Ueberschär „Es lebe die Freiheit!“

Die Geschichte der Weißen Rose und ihrer Mitglieder in Dokumenten und Berichten
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-10-402257-4
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Geschichte der Weißen Rose und ihrer Mitglieder in Dokumenten und Berichten

E-Book, Deutsch, 544 Seiten

ISBN: 978-3-10-402257-4
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zum 70. Jahrestag der Verurteilung und Hinrichtung der Mitglieder der Weißen Rose - Mit wichtigen historischen Dokumenten u. a. die Vernehmnungsprotokolle Die Weiße Rose ist neben dem Widerstandskreis um Graf Stauffenberg heute eine der bekanntesten Widerstandsgruppen im Dritten Reich. Kern der Münchner Hitlergegner waren Hans Scholl, Alexander Schmorell, Sophie Scholl, Christoph Probst, Willi Graf und Professor Kurt Huber. Zwischen 1942 und 1943 verbreitete die Gruppe sechs Flugblätter, in denen sie zum Widerstand gegen das NS-Regime aufrief. Ihren Mut und ihre Entschlossenheit, sich gegen die Nazi-Diktatur zur Wehr zu setzen, bezahlten die sechs und ein weiterer Unterstützer, der Student Hans Leipelt, mit dem Leben. In diesem Band werden zum ersten Mal die zentralen Dokumente zur »Weißen Rose« kommentiert und historisch eingeordnet wiedergegeben. Die Geschichte des Münchner Widerstandskreises wird vor dem historischen Hintergrund des Krieges dargestellt und die wichtigsten Akteure werden biographisch porträtiert. Eindrucksvoll werden die dramatische letzte Aktion der Hitlergegner im Lichthof der Münchner Universität, die Verhöre der Gestapo und die Verhandlungen vor dem »Volksgerichtshof« sowie die Verbreitung des »Manifests der Münchner Studenten« auch noch nach deren Tod durch die Alliierten geschildert. Dieser Band enthält: - Die Flugblätter der Weißen Rose und - die Geschichte der Weißen Rose mit Biografien und Fotos ihrer Mitglieder, - die zentralen Dokumente zur Weißen Rose, u. a. die Vernehmungsprotokolle, - sowie eine kommentierte Auswahlbibliographie. 'Ich würde es genauso wieder machen.' Sophie Scholl

Ulrich Chaussy, geb. 1952, Publizist, produziert Kulturprogramme und historische Features im Radio, Filme sowie zahlreiche Veröffentlichungen, u. a. »Nachbar Hitler. Führerkult und Heimatzerstörung am Obersalzberg«. Mitarbeit an der von Otl Aicher für die »Weiße Rose Stiftung« konzipierten Ausstellung die »Weiße Rose«, Veröffentlichung der CD-ROM »Die Weiße Rose. Eine multimediale Dokumentation des deutschen Widerstandes«, Dokumentarfilm »Allen Gewalten zum Trotz« (mit Marieke Schröder).
Chaussy / Ueberschär „Es lebe die Freiheit!“ jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Die beiden Schriftgutachten für die Gestapo
von Prof. Richard Harder vom 17./1821943
über die Flugblätter der


17. und 18. Februar 1943 dem Münchner Altphilologen Professor Dr. Richard Harder den Auftrag, ein sprachlich-wissenschaftliches Gutachten zu den Inhalten der Flugblätter, zuerst über die zwei Flugblätter Nr. 5 und 6, später auch noch über die ersten vier Flugblätter, zu verfassen. Richard Harder (18961957) hatte sich 1927 an der Heidelberger Universität in Klassischer Altertumswissenschaft habilitiert. Danach lehrte er an den Universitäten Königsberg und Kiel sowie seit 1941 an der Universität München. Er galt in Fachkreisen als anerkannter Altphilologe. In München war er den NS-Stellen bekannt, da er ein neues, besonders arisch ausgerichtetes »Institut für Geistesgeschichte« aufbauen sollte[15] NS-Staates orientiertes Gutachten erwarten.

.

Professor Harder

München 22, den 1721943

Ludwigstr. 14, I. Aufg.

Tel. 23 0 31.

Geheim

Vor einigen Stunden wurden mir zwei Flugblätter übergeben. Im Interesse der Beschleunigung der Untersuchung stelle ich sofort zusammen, was eine geisteswissenschaftliche Überprüfung in der Kürze der Zeit ergeben konnte. Sollten sich mir weitere wichtige Gesichtspunkte ergeben, werde ich einen Nachbericht machen.

Ich zitiere die beiden Flugblätter folgendermassen

  • a =

    »Flugblätter der Widerstandsbewegung in Deutschland« (beginnt: »Der Krieg geht …«; schliesst: »… verbreitet die Flugblätter«.)

  • b =

    »Kommilitoninnen und Kommilitonen!!«

    (beginnt: »Erschüttert steht …«; schliesst:

    von Freiheit und Ehre«.)

Ich zähle in beiden Flugblättern die Zeilen durch.

Die beiden Machwerke zeigen ein aussergewöhnlich hohes Niveau. Es spricht ein Mensch, der die deutsche Sprache vollendet meistert, der seinen Gegenstand bis zur letzten Klarheit durchdacht hat. Der Mann weiss genau was er will; er verfügt über detaillierte Kenntnisse. Er ist Deutscher. Und zwar nicht Emigrant, sondern ein Deutscher, der seit Jahren bis heute die politischen Ereignisse hier im Lande miterlebt. Er ist genauestens über die politischen und personalen Verhältnisse orientiert, insbesondere in München. Und zwar kennt er die Personalverhältnisse in der Partei: Er weiss z.B. dass Gauleiter Giesler, der gemeinhin in München einfach als Gauleiter gilt, offiziell nur mit der Gauleitung betraut ist, infolgedessen zielt er auf ihn mit dem Ausdruck b 24 »Gauleiter«. Ferner kennt er genau die Personalverhältnisse an der Universität. Denn mit dem Ausdruck b 34 »den Hörsälen der SS-Unter- und Oberführer« ist ohne Frage auf den Rektor der Universität SS-Oberführer Wüst geziehlt, dessen genauen SS-Rang zweifellos nicht jeder kennt. Übrigens ist die verdeckte Art der Anspielung in beiden Fällen gleichzeitig ein Beispiel für die stilistische Raffiniertheit des Mannes.

Ich stelle im folgenden über die Tatbestände einige Thesen auf:

  • 1.

    a und b stammen von dem gleichen Verfasser. Trotz der Abweichung im Ton geht die Identität des Verfassers aus einigen Einzelheiten ziemlich deutlich hervor. Das Stichwort von b lautet »Freiheit und Ehre«: das Stichwort »Freiheit« kehrt a 53 wieder und zwar fällt der Blick bei diesem Freiheitswillen typisch auf »jeden «. (a 51; b 37: dementsprechend heisst es b 12 » Freiheit«). Die politisch-geschichtliche Konzeption des Verfassers sieht einen neuen. »Befreiungskrieg« beginnen (a 24); es ist sehr charakteristisch für den Verfasser, dass dies keine blosse Augenblicksphrase ist, sondern eine durchdachte geschichtliche These. In b zieht der Verfasser die Parallele zum Ende der Befreiungskriege vom 1813 bis in die Einzelheiten (b 50); er vergleicht die Niederlage Napoleons an der Beresina mit dem Ereignis von Stalingrad (b 53); er zitiert Theodor Körner (a 55) und spricht von der »Verknechtung Europas« (a 56) wie es zu Zeiten Napoleons üblich war. Die zugrundeliegende Parallele Hitler-Napoleon hört man in reaktionären Kreisen öfter; hier ist sie mit genauen geschichtlichen Kenntnissen ausgeschlachtet.

  • 2.

    a und b sind zu verschiedener Zeit verfasst, und zwar a etwa im Dezember 42 oder Januar 43: Hier ist die Kriegslage lediglich allgemein ungünstig gesehen: zurückströmende Armeen im Osten. Invasionserwartung im Westen, riesige Rüstung Amerikas. Nur damals konnte in höhnischer Weise vom »Bolschewistenschreck« (29) gesprochen werden. b ist dagegen verfasst nach dem Fall von Stalingrad (siehe den Anfang) und nach der Münchner Universitätswoche; ferner nach der Ankündigung der neuen Schliessungsmassnahmen (36); das heisst also im Laufe der letzten 23 Wochen.

  • 3.

    Der Verfasser schreibt einen hervorragenden deutschen Stil, wie ihn nur ein Mensch schreiben kann, der in längerem Umgang mit deutscher Literatur steht, also vermutlich entweder ein Geisteswissenschaftlicher oder ein Theologe.

  • 4.

    Der Verfasser erweist sich stilistisch als ein Mensch, dem die lutherische Bibelübersetzung als vertrauter Besitz im Ohr liegt. a 34 »… gerechtes Gericht über die, «: dieses archaische Relativpronomen ist in Deutschland nur noch im Nachklang Luthers gebräuchlich. b 4 steht der Ausdruck »vor die Säue werfen«. Dies innere Vertrautsein mit der Sprache der Bibel deutet entweder auf einen Theologen oder doch wenigstens auf einen im Kampf der Kirche stehenden Menschen; und zwar, da die katholische Kirche meistens andere Bibelübersetzungen verwendet, eher auf einen Protestanten als auf einen Katholiken (vgl. auch a 53 »Freiheit des Bekenntnisses«). Theologisch ist auch der Ausdruck b 51 » Durchbruch«. Der Ausdruck a 26 »den Mantel der Gleichgültigkeit, den ihr um eure Herzen gelegt« ist typischer Predigtstil. Auf kirchliche Herkunft führt auch die Bemerkung b 20 über die Ordensburgen; die Ordensburgen sind gegenwärtig ohne innenpolitische Aktualität, da sie seit Kriegsbeginn geschlossen sind: sie haben überhaupt eine verhältnismässig geringe Rolle in der innenpolitischen Diskussion gespielt, mit einer einzigen Ausnahme: die Diskussion über die »Kulträume«, gegen die von kirchlicher Seite Sturm gelaufen wurde; in diese Richtung führt der Vorwurf b 21 der Gottlosigkeit.

  • 5.

    Der Verfasser spricht in b in einem Ton im Namen eines geistigen Deutschlands, der eigentlich nur möglich ist, wenn er nicht nur Akademiker ist, sondern zu der Universität in näherer Beziehung steht; ich schliesse auf einen Menschen, dessen Studium etwa um 1933 begann und der in irgendeiner Weise noch mit der Universität verbunden ist, also entweder als Assistent oder dgl. in der Wissenschaft oder in der Universitätspolitik tätig ist.

  • 6.

    Der Verfasser ist mit dem Nationalsozialismus und seiner Entwicklung so genau vertraut, wie es nur aus eigenem Erleben sich erklärt. Das beweist besonders der Abschnitt b 1519, wo mit dem Angriff gegen die »weltanschauliche Schulung« in der Tat ein wunder Punkt getroffen wird; ich habe schon in anderem Zusammenhang an massgebender Stelle darüber berichtet, wie abschreckend diese Schulung auf Menschen von geistiger Begabung zu wirken pflegt. Wenn a 19 mit besonderer Erbitterung von der Führerauslese gesprochen wird, so möchte ich vermuten, dass der...


Ueberschär, Gerd R.
Gerd. R. Ueberschär, geb. 1943, Historiker. Promotion 1976. Bis 1996 wiss. Mitarbeiter
am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg/Potsdam, seit 1986
Lehrbeauftragter an der Freiburger Universität. 1996–2008 Historiker und Archivar
im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg. Zahlreiche Veröffentlichungen, im
Fischer Taschenbuch Verlag u. a. 'Für ein anderes Deutschland. Der deutsche Widerstand
gegen den NS-Staat 1933–1945', 'Das Nationalkomitee ›Freies Deutschland‹
und der Bund Deutscher Offiziere', 'Der Nationalsozialismus vor Gericht',
'Dienen und Verdienen. Hitlers Geschenke an seine Eliten' (zus. mit W.Vogel) sowie
'Stauffenberg und das Attentat vom 20. Juli 1944. Darstellung, Biographien
und Dokumente'.

Chaussy, Ulrich
Ulrich Chaussy, geb. 1952, Publizist, produziert Kulturprogramme und historische
Features im Radio, Filme sowie zahlreiche Veröffentlichungen, u. a. 'Nachbar Hitler.
Führerkult und Heimatzerstörung am Obersalzberg'. Mitarbeit an der von Otl
Aicher für die 'Weiße Rose Stiftung' konzipierten Ausstellung die 'Weiße Rose',
Veröffentlichung der CD-ROM 'Die Weiße Rose. Eine multimediale Dokumentation
des deutschen Widerstandes', Dokumentarfilm 'Allen Gewalten zum Trotz'
(mit Marieke Schröder).

Ulrich ChaussyUlrich Chaussy, geb. 1952, Publizist, produziert Kulturprogramme und historische
Features im Radio, Filme sowie zahlreiche Veröffentlichungen, u. a. 'Nachbar Hitler.
Führerkult und Heimatzerstörung am Obersalzberg'. Mitarbeit an der von Otl
Aicher für die 'Weiße Rose Stiftung' konzipierten Ausstellung die 'Weiße Rose',
Veröffentlichung der CD-ROM 'Die Weiße Rose. Eine multimediale Dokumentation
des deutschen Widerstandes', Dokumentarfilm 'Allen Gewalten zum Trotz'
(mit Marieke Schröder).
Gerd R. UeberschärGerd. R. Ueberschär, geb. 1943, Historiker. Promotion 1976. Bis 1996 wiss. Mitarbeiter
am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg/Potsdam, seit 1986
Lehrbeauftragter an der Freiburger Universität. 1996–2008 Historiker und Archivar
im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg. Zahlreiche Veröffentlichungen, im
Fischer Taschenbuch Verlag u. a. 'Für ein anderes Deutschland. Der deutsche Widerstand
gegen den NS-Staat 1933–1945', 'Das Nationalkomitee ›Freies Deutschland‹
und der Bund Deutscher Offiziere', 'Der Nationalsozialismus vor Gericht',
'Dienen und Verdienen. Hitlers Geschenke an seine Eliten' (zus. mit W.Vogel) sowie
'Stauffenberg und das Attentat vom 20. Juli 1944. Darstellung, Biographien
und Dokumente'.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.