Carmichael | MEHR SCHATTEN ALS LICHT | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 263 Seiten

Carmichael MEHR SCHATTEN ALS LICHT

Der Krimi-Klassiker!
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7487-8204-9
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Der Krimi-Klassiker!

E-Book, Deutsch, 263 Seiten

ISBN: 978-3-7487-8204-9
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Charles Graham hat seine Umgebung satt, er will untertauchen, will frei sein. Dazu braucht Graham Geld, viel Geld sogar. Und Skrupel kennt er nicht: Das Kapital der Firma muss dafür herhalten. Aber nicht alles läuft nach Plan... Schon ein paar Tage später wird Charles Graham gefunden - in einem Kleiderschrank. Erstochen... Harry Carmichael, eigtl. Hartley Howard resp. Leopold Horace Ognall (* 20. Juni 1908 in Montreal, Québec; ? Großbritannien), war ein englischer Journalist und Schriftsteller. Neben Hartley Howard benutzte Ognall auch das Pseudonym Harry Carmichael, das sich aus dem Vornamen seiner Ehefrau und denen seiner Kinder zusammensetzte. Der Roman Mehr Schatten als Licht erschien erstmals im Jahr 1960; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1963. Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

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  Erstes Kapitel
    Der Tag, an dem Charles Graham seinen Plan ausführte und dann von der Bildfläche verschwand, ließ sich an wie jeder andere Wochentag. Kurz nach neun Uhr betrat er sein Büro im Londoner Stadtteil Knightsbridge, sah die Post durch, die Miss Davidson für ihn aussortiert hatte, und diktierte für sie einige Anweisungen in das Bandgerät. Danach unterhielt er sich telefonisch mit dem Lagerverwalter über ein Inventurproblem, das am Tag zuvor entstanden war. Um neun Uhr zwanzig hatte er eine Besprechung mit dem Leiter der Buchhaltung. Kurz vor neun Uhr dreißig klingelte er nach Miss Davidson. In seinem Verhalten deutete nichts auf das hin, was er sich für diesen Tag vorgenommen hatte. Später wurde den Beteiligten klar, dass er jedes Wort, jede Handlung sorgfältig einstudiert haben musste. Doch da war es bereits zu spät, den Ablauf der schicksalsschweren Handlung aufzuhalten; zu dieser Zeit berichtete die Presse bereits unter dicken Schlagzeilen über den Fall, der als der Mord von Knightsbridge die Öffentlichkeit beschäftigte. Miss Davidson war von großer und schlanker Statur. Sie hatte blendendweiße Zähne, gutfrisiertes blondes Haar und wohlgeformte Beine. Mit ihren fünfunddreißig Jahren galt sie unter den Angestellten der Radioelectric Company bereits als alte Jungfer. Sie ließ sich nie über ihr Privatleben aus, aber im Lauf der Jahre hatte man erfahren, dass sie allein in einem kleinen Apartment wohnte, gute Musik liebte und keine Herrenbekanntschaften hatte. Sie schloss die Tür fast lautlos, hielt ihre zarten Hände auf dem Rücken verschränkt und murmelte; »Ja, Mr. Graham?« Die gleichen Worte, die sie zur gleichen Zeit jeden Morgen während der vergangenen sieben Jahre benutzt hatte. Worte, die wie ein Ritual ihren Eintritt ins Chefzimmer begleiteten. Graham sah auf, nickte, lehnte sich wieder in seinem Schreibtischsessel zurück und fragte: »Mr. Street schon gekommen?« »Ja, Mr. Graham. Er ist gleich nach seiner Ankunft ins Lager gegangen, um die Bestände an Selbstbaugeräten nochmals überprüfen zu lassen. Sie wissen doch, dass sich bei der Inventur gestern irgendein Zählfehler eingeschlichen hatte?« »Ich weiß. Das Ergebnis war geradezu absurd. Ich dachte, unser neues Lagerkontrollsystem würde so etwas endlich ausmerzen.« Das klang durchaus nicht so gereizt, wie die Worte es andeuteten. Dann fragte er: Gibt es irgendwelche wichtigen Termine heute für mich?« »Nein... aber die Herren von der Bank würden es gern sehen, wenn Sie und Mr. Street heute Nachmittag gegen vier einmal vorbeikämen.« Charles Graham senkte den Blick auf den Terminkalender vor sich und fuhr mit der Hand über sein angegrautes Haar, dann sah er wieder zu ihr auf und sagte: »Ach, die würden es gern sehen, wie? Wann haben die angerufen?« »Kurz bevor Sie kamen. Sie wollten gar nicht mit Ihnen persönlich sprechen, sondern trugen mir auf, Ihnen mitzuteilen, dass man sowohl Sie als auch Mr. Street heute Nachmittag dringend erwarte.« »Hm... Haben Sie eine Ahnung, worum es sich handelt?« »Mr. White, der stellvertretende Vorstand, sprach mit mir am Telefon. Er meinte, sein Chef mache sich Sorgen wegen unseres Schecks für die Lohnzahlungen am nächsten Freitag. Unsere Zahlung an Gillian und diese nachdatierten Schecks an Talbot & Rice und an zwei andere Firmen hätten unser Konto überzogen – höher, als vereinbart worden sei. Außerdem möchte man die privaten Abhebungen von Ihnen und Mr. Street besprechen.« Mit schiefem Lächeln sagte Graham: »Das klingt ja geradeso, als rege sich bei der Bank jemand mächtig auf. Haben Sie den Leuten wenigstens mitgeteilt, dass wir bis Freitag einen größeren Geldeingang erwarten?« »Ja, Mr. Graham.« »Da haben Sie’s mit der Wahrheit aber nicht sehr genau genommen, stimmt’s, Miss( Davidson?« Sie brachte ihre Hände hinter dem Rücken hervor und rieb sich nervös die Finger. Dann sagte sie ausdruckslos: »Ich musste irgendetwas sagen für den Fall, dass weitere Schecks eingelöst werden sollen und die Bank sie, wie angedroht, nicht einlöst.« »So weit wird die Bank natürlich nicht gehen«, meinte Graham. Er sah sie prüfend an und lächelte wieder. Diesmal galt das Lächeln ihr. »Wir haben schon des Öfteren in einer Geldklemme gesteckt, aber wir haben uns immer durchgebissen. Machen Sie sich etwa Sorgen?« »Keineswegs, Mr. Graham. Wie ich schon der Bank sagte – im Januar ist die Finanzlage überall nicht rosig. Die meisten unserer Kunden machen jetzt Inventur, und wir können frühestens in der zweiten Monatshälfte wieder größere Bestellungen erwarten.« »Ganz recht, Miss Davidson, ganz recht!« Er zündete sich eine Zigarette an, steckte die Schachtel wieder weg und fuhr dann fort: »Ich frage mich oft, was wir ohne Sie anfangen würden, Miss Davidson.« Das war eine natürliche, nichtssagende Bemerkung, die noch nicht einmal von einem Lächeln begleitet wurde; ein Außenstehender hätte das lediglich als ein kleines Kompliment gewertet. Sie fragte sich oft, wie es möglich sein konnte, dass sie diesen Ton untereinander anschlugen. Sie redete ihn mit Mr. Graham an, und für ihn war sie nie jemand anders als Miss Davidson – im Büro. Während des Tages war ihr Verhältnis nüchtern, geschäftsmäßig. Er war Teilhaber der Firma – sie seine Sekretärin.    Nie erwähnte auch nur einer von ihnen jene Abende, an denen er sie nach Hause begleitete. Jene Nächte, in denen sie sich, umfangen von der Dunkelheit und dem Schweigen in ihrer kleinen Wohnung, zu zwei völlig anderen Menschen wandelten. Während er dasaß und sie still musterte, versuchte sie sich daran zu erinnern, wie alles angefangen hatte. Sie musste verrückt gewesen sein, damals, beim ersten Mal. Wenn er einigermaßen zu dem Typ von Männern gehörte, die sie bewunderte – dann hätte es wenigstens einen Grund gegeben. Doch er verkörperte alles, was sie bei einem Menschen verachtete: Für sie war er ein Mann ohne Gewissen, ohne Halt und ohne Anstand. Alles wäre noch nicht einmal so furchtbar, wenn er mich wenigstens gern hätte, sei’s auch auf diese oder jene Art, dachte sie. Aber das ist ja nicht der Fall. Er findet einfach Vergnügen daran, wie ich mich erniedrige. Er weiß genau, wie hart ich dagegen ankämpfe und wie verzweifelt ich mich jedes Mal geschlagen gebe. Hinter der tadellos gepflegten Erscheinung, hinter seinem guten Aussehen verbirgt sich dieser Mann, verrottet bis ins Innerste – aber kaum dass er mich berührt, vergesse ich alles andere. Ein Tier macht er nach und nach aus mir – und das macht ihm obendrein noch Spaß... Als könne er ihre Gedanken lesen, sagte Graham nun: »Möglicherweise müssen wir heute Abend etwas länger hierbleiben, Miss Davidson, um noch verschiedenes aufzuarbeiten. Wäre Ihnen das recht?« Ihr Verstand sagte ihr, dass er mit ihr Schluss gemacht hatte, doch sie sehnte sich immer noch nach ihm. Würde sie sich aber eingestehen, dass alles vorbei war, dass er sie nur noch zu quälen trachtete, dann bliebe ihr kaum noch etwas, wofür es sich zu leben lohnte. »Doch, selbstverständlich, Mr. Graham«, antwortete sie. Und jedes Mal fürchtete sie, etwas Falsches zu sagen – oder das Richtige auf die falsche Art. Hatte es zu sehnsüchtig geklungen? Was aber, wenn sie seiner Meinung nach nicht eifrig genug zugesagt hatte? Graham sagte: »Schön. Das wäre also erledigt.« Er fuhr sich mit dem Zeigefinger über seinen schmalen Schnurrbart und fuhr nach einer Weile gespielten Nachdenkens fort: »Würden Sie bitte meine Frau anrufen und ihr mitteilen, dass die Arbeit mich heute Abend hier etwas länger festhält?« »Ja, Mr. Graham. Ich werde es nachher gleich erledigen.« »Rufen Sie lieber sofort an. Ich erinnere mich, dass sie sagte, sie wolle heuten Morgen in die Stadt gehen.« Unbewegt wiederholte Miss Davidson: »Ja, Mr. Graham.« Früher einmal, das war schon lange her, hatte sie ihn dafür gehasst, dass er ihr die Benachrichtigung seiner Frau aufbürdete. Einmal hatte sie sich sogar aufgerafft, ihn zu bitten, das selbst zu erledigen. Doch er hatte bloß mit den Schultern gezuckt und geantwortet, er hätte es sich ohnehin anders überlegt. Er fühle sich nicht ganz wohl, eine aufkommende Erkältung vielleicht, und da ginge er besser zeitig nach Hause. Sie hatte für ihn Lüge und Betrug auf sich genommen. Ihr blieb keine Wahl. Wenn sie das Verhältnis fortsetzen wollte, musste sie seine Bedingungen akzeptieren. Sie liebte ihn und verachtete ihn gleichzeitig... Nur ein einziger Mann hatte je Macht über Joan Davidson besessen. Für sie gab es keinen anderen. Sie sagte: »Ich rufe also sofort an, Mr. Graham. Soll ich Sie später noch an Ihre Verabredung mit der Bank erinnern?« »Nein, das ist nicht nötig«, erwiderte Graham. »Das werde ich nicht vergessen. Danke, Miss Davidson...« Die letzten Worte hatten jenen Tonfall, den sie so gut kannte, dem sie entnahm, sie solle ihn nun allein lassen. Während sie die Tür öffnete, fragte sie sich, ob er auch nur eine Ahnung hatte, wie tief sie ihn hasste. Er wartete, bis sie fast aus dem Zimmer war, dann rief er ihr nach: »Ach, Miss Davidson! Sagen Sie doch Mr. Street, dass ich nicht mit ihm essen werde – falls ich vergesse, ihm Bescheid zu geben. Ich habe eine andere Verabredung.« Vielleicht sollte sie glauben, er führe eine andere Frau aus. Vielleicht hoffte er, er könne sie damit eifersüchtig machen. Ihr war das alles gleichgültig geworden. Sie wusste, dass er seine Frau nicht nur mit ihr betrog. Es hatte andere gegeben, ehe sie in...



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