Calonego | Nutze deine Feinde | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: Piper Spannungsvoll

Calonego Nutze deine Feinde


15001. Auflage 2015
ISBN: 978-3-492-98255-9
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: Piper Spannungsvoll

ISBN: 978-3-492-98255-9
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Josefa, Anfang dreißig, ist Eventmanagerin mit besten Aufstiegschancen. Bis man ihr Schulmann vor die Nase setzt, der sie vor Jahren sexuell belästigt hat. Josefa zieht die Konsequenzen und geht. Und dann geschehen kurz nacheinander zwei Morde und eine Reihe mysteriöser Unfälle: Die Opfer standen in engem Kontakt zu Josefas früherem Arbeitgeber ...

Bernadette Calonego wurde in Stans (Schweiz) geboren und arbeitet als freie Journalistin unter anderem für Brigitte, Vogue, GEO, Emma und die Süddeutsche Zeitung. Sie lebt an der Westküste Kanadas. »Unter dunklen Wassern« ist ihr zweiter Roman.

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– 1 – Das Festzelt hockte wie ein glänzendes Raumschiff auf einem schwarzen See. Der See bestand allerdings nicht aus Wasser, sondern aus einem ausgelegten Kunststoff-Teppich. Francis Bourdin hatte die Idee gehabt, die Wiese mit einem Bretterrost zu belegen und den Teppich darauf auszubreiten. Und wenn Bourdin, der Chef der Firma Loyn, eine Idee hatte, war es Josefa Rehmers Aufgabe, sie umzusetzen. Sie fand, dass es ihr wieder einmal hervorragend gelungen war. Das Zelt war gigantisch. Josefa hatte ein Dach aufgetrieben, unter dem zweihundert Personen an kleinen, kreisrunden Tischen Platz fanden. Die Gäste saßen fast alle schon unter den goldgefassten Kristallleuchtern an den weißen Tischen mit den schwarzen Tellern und goldenen Untertellern. Die Stühle waren ebenfalls schwarz und auf den Tischen prunkten goldene Vasen mit weißen Tulpen. Die Kombination Schwarz-Weiß-Gold war ebenfalls Bourdins Wille, oder vielmehr seine Vision, und Josefa tat alles, um seinen Vorstellungen gerecht zu werden. Sie stand unter Strom, das spürte sie deutlich. Sah man ihr an, wie stolz sie auf ihre Leistung war? Loyn hatte seine besten Kunden und andere Freunde des Hauses zu einer prächtigen Schau von achtzig der schönsten Araberhengste der Welt geladen. Es war eine der größten Veranstaltungen, die Josefa je für ihre Firma organisiert hatte. Bourdin hatte darauf bestanden, dass die Party Ende Juni in St. Moritz stattfand, trotz Josefas Befürchtung, das Wetter könnte nicht mitspielen. Aber nun stellte sie zufrieden fest, dass die Frühsommerwärme über den Bergtälern des Engadin den letzten Tropfen Feuchtigkeit von der Wiese gesogen hatte. Gerade ging die Sonne als Feuerschweif langsam hinter der trutzigen Alpenkette unter. Der gesponserte Anlass hatte vor einer Stunde mit der glanzvollen Pferde-Parade seinen Höhepunkt erreicht. Die VIPs warteten nun im Zelt auf die Vorspeise. Champagner und teure Weine flossen bereits reichlich. Die Damen zeigten viel nackte Haut, teuren Schmuck und perfekte Zähne. Josefa stand im lindgrünen Kostüm am Zelteingang und übersah den Innenraum. Ein Namensschild wies sie für alle erkenntlich als »Managerin Event Marketing« aus. Plötzlich hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie drehte sich so unauffällig wie möglich um. Ein gedrungener, breitschultriger Mann stand etwa zwanzig Schritte von ihr entfernt. Er rauchte eine Zigarre. Ihre Blicke trafen sich. Im Geiste ging Josefa schnell die Namen auf der Gästeliste durch. Natürlich: Thüring, Beat Thüring, einst hochgejubelter Konzernchef bei Swixan. Dann kam die Pleite des Konzerns und Thürings tiefer Fall – ein gut gepolsterter Fall, wie sich Josefa noch erinnern konnte. Thüring hatte zuvor ausreichend Geld – man sprach von vielen, vielen Millionen – auf die Seite geschafft. Das hatte sie in den Zeitungen gelesen. Danach wurde er für das Zürcher Wirtschaftsestablishment eine Persona non grata – wenigstens eine Zeit lang. Warum Thüring wieder auf der VIP-Liste von Loyn stand, war Josefa ein Rätsel. Aber das ging sie auch nichts an. Als Organisatorin hatte sie keine andere Wahl, als freundlich auf ihn zuzugehen, Zigarrenrauch hin oder her. »Sie haben Ihren Sitzplatz im Zelt schon gefunden, nicht wahr, Herr Thüring?«, fragte sie beflissen. Beat Thüring drehte den Arm mit der Zigarre von ihr weg. Er hatte etwas Mediterranes an sich, wirkte mehr wie ein Lebemann als ein Finanzhai. Josefa konnte sich gut vorstellen, wie er mit seinem Charme all jene verführt hatte, die er dann später hineinlegte. Thüring verzog die Mundwinkel zu einem ironischen Lächeln. »Heute kann ich alle schönen Dinge gleichzeitig genießen – die Engadiner Berge, eine gute Zigarre und eine wundervolle Gastgeberin.« »Und jetzt noch ein vorzügliches Essen«, erwiderte Josefa, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wir möchten, dass sich unsere Gäste gern an diesen Tag erinnern werden.« »Ich dachte, ich vertrete mir noch ein wenig die Füße, bis die Ehrengäste eintreffen.« Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Josefa hörte nicht auf zu lächeln. Sie wusste, was sie der Firma schuldig war. »Für mich gehören auch Sie zu den Ehrengästen, Herr Thüring.« Dann entfloh sie der qualmenden Zigarre. Thüring hatte einen wunden Punkt getroffen. Der Tisch mit den Ehrengästen in der Mitte des Zelts war noch nicht besetzt. Josefa schaute sich suchend um. Vor dem kleinen Küchen-Mobil gab ihre Assistentin Claire Fendi dem Chef de Service gerade letzte Anweisungen. Josefa eilte hinüber. »Wo ist Joan Caroll? Wo sind Bourdin und die anderen?« Claire blickte erstaunt drein. »Sind die noch nicht drin? Die wollten vor zwanzig Minuten vom Hotel losfahren. Sie müssten schon längst hier sein.« Dass Bourdin nicht rechtzeitig am Ort des Geschehens eintraf, war an sich nichts Ungewöhnliches. Obwohl er Firmenchef von Loyn war, führte er sich auf wie ein exzentrischer Künstler, ein Bohemien der Wirtschaftswelt – ein Image, das er medienwirksam kultivierte. Für einen geregelten Ablauf der Dinge sorgten andere. Vor allem Josefa. Was sie mehr beunruhigte, war das Ausbleiben von Joan Caroll. Sie war der Star der VIP-Gala von Loyn. Alle Gäste waren neugierig auf die Frau, die als sechzehnjähriges Mädchenwunder den US-Schachmeistertitel gewann, dann als internationales Photomodell Furore machte und schließlich Filmschauspielerin wurde (ihre Filme überzeugten Josefa nicht besonders, aber das behielt sie für sich). Loyn hatte Joan Caroll als Imageträgerin eingekauft. Gegen viel Geld ließ sie sich mit den luxuriösen Taschen und Koffern von Loyn photographieren und nahm an Werbeveranstaltungen der Firma teil. Ein gelungener Coup für das fünfundachtzigjährige Schweizer Familienunternehmen, fand Josefa. Es gehörte zu ihren Aufgaben, Joan Caroll rechtzeitig von A nach B zu bringen. Sie griff zu ihrem Handy. Bourdin meldete sich nicht. Sie fürchtete das Schlimmste. »Übernehmen Sie hier«, sagte sie zu Claire. »Ich fahr rüber zum Hotel. Bourdin spielt mal wieder verrückt.« Ihre Assistentin verdrehte die Augen. Sie wusste Bescheid. Die beiden Frauen waren so gut aufeinander eingespielt, dass Worte oft überflüssig waren. »Wann sollen wir beginnen?«, fragte sie. »In einer Viertelstunde. Bis dahin sollten wir hier sein. Wenn nicht, fang einfach mit dem Essen an. Gib dem Team Bescheid.« Josefa rannte über den schwarzen Teppich zum bereit stehenden Firmenwagen. Es waren etwa sieben Minuten bis zum Hotel. In der Empfangshalle traf sie Bourdin mit der Pressedame der Pferdeschau und der Bürgermeisterin von St. Moritz. Josefa entdeckte auch ein paar Journalisten in der Halle. Für die Medien posierte Bourdin stets als leicht gelangweilter Einzelgänger mit entrücktem Blick, das lange schwarze Haar (Josefa hielt es für gefärbt) zu einem Mozartzopf zusammengebunden. Fast immer trat er im Kostüm eines pakistanischen Edelmannes auf, gekleidet in feinste italienische Stoffe. Bourdin drehte sich verärgert um. »Was machen Sie denn hier?«, bellte er. »Sie sollten im Zelt sein.« »Ich bin hier, weil alle im Zelt auf die Ehrengäste warten«, sagte Josefa so ruhig wie möglich. Sie ärgerte sich über sich selbst. Weshalb rechtfertigte sie sich für etwas, das schließlich sonnenklar war? Aber Josefa hatte längst aufgehört, von Bourdin ein rationales Verhalten zu erwarten. Seine Stimme wurde plötzlich sehr nachsichtig – so verpackte er immer seine größten Unverschämtheiten. »Dann machen Sie ihnen das Warten möglichst angenehm. Wir haben unsere Pläne geändert. Alphonse Yvon hat uns in sein Chalet eingeladen. Zu einem Fleischfondue.« Alphonse Yvon. Der Ölmagnat. Und Besitzer der exklusiven Primadonna-Läden. Sie hörte Bourdins Stimme wie durch einen Nebel. »Sie verstehen, Joan muss dabei sein. Das wird sicher ein großartiges Geschäft für uns.« Josefa starrte ihn ein paar Sekunden lang sprachlos an. Doch dann konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. »Da drüben warten zweihundert Gäste auf Sie und vor allem auf Joan. Sie ist in der Einladung groß angekündigt worden. Und Sie wollen diese Gäste einfach sitzen lassen? Links liegen lassen? Das ist unsere Einladung und das sind unsere Gäste. Das können Sie nicht machen. Das ist ein absoluter Affront!« Bourdin hatte sich schon halb abgewandt. »Erzählen Sie ihnen was. Sagen Sie ihnen, Joan hat die Grippe oder irgendetwas. Ich kann’s nicht ändern, Yvon ist nun mal wichtiger.« Damit drehte er ihr vollends den Rücken zu. Josefa wusste, jedes weitere Argumentieren war zwecklos. Sie nahm den Aufzug ins oberste Hotelgeschoss. In der Präsidentensuite standen überall herrliche Blumensträuße. Joan Caroll saß in geheizten Lockenwicklern am Schminktisch; ihr Hairstylist fingerte an den Dingern herum. »Josephine!«, begrüßte Joan sie herzlich, wobei sie den Namen als »Tschousefiin« aussprach. Die beiden Frauen waren sich in den drei Jahren ihrer Zusammenarbeit vertraut geworden – so vertraut man eben mit Joan Caroll werden konnte. Joan sah wie immer blendend aus. Sie trug einen tief dekolletierten schwarzen Blazer und eine silbern funkelnde enge Hose. »Sie sind besorgt wegen des Fondues, nicht?«, fragte sie liebenswürdig. »Wollen Sie da wirklich hingehen, oder ist das Bourdins Wunsch?«, fragte Josefa zurück. »Sein Wunsch ist mir Befehl«, sagte Joan und lächelte freundlich. »Er ist die Firma, und die Firma entscheidet.« Josefa wusste, Joan würde sich niemals in ein internes Hickhack...


Calonego, Bernadette
Bernadette Calonego wurde in Stans (Schweiz) geboren und arbeitet als freie Journalistin unter anderem für Brigitte, Vogue, GEO, Emma und die Süddeutsche Zeitung. Sie lebt an der Westküste Kanadas. »Unter dunklen Wassern« ist ihr zweiter Roman.



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