E-Book, Deutsch, 404 Seiten
Calmet / Wagner Gelehrte Verhandlung der Materie von den Erscheinungen der Geister, und der Vampire in Ungarn, Mähren, etc.
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7412-3154-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ungekürzte Gesamtausgabe
E-Book, Deutsch, 404 Seiten
ISBN: 978-3-7412-3154-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
"Seit ungefähr sechzig Jahren hat sich in Ungarn, Polen, Schlesien und Mähren ein neues Schauspiel hervorgetan, indem dort Leute, die schon mehrere Jahre oder Monate zuvor verstorben sind, wieder zurückkommen, reden, gehen, die Dörfer beunruhigen, Menschen und Tiere misshandeln, ihren Verwandten das Blut aussaugen, ihnen Krankheiten und schließlich gar den Tod verursachen, und sich auch von solchen überlästigen und schädlichen Besuchen nicht zurückhalten lassen, bis man ihre Leiber wieder ausgräbt, spießt, ihnen das Haupt abschlägt, das Herz ausreißt, oder sie verbrennt..." (Augustin Calmet)
Das vorliegende Buch des katholischen Gelehrten und Benediktiner-Abtes Augustin Calmet (1672-1757) ist ein Standardwerk über den Vampirglauben im 18. Jahrhundert. Außerdem werden darin Themen wie Hexerei, Bezauberungen, Besessenheit und Geistererscheinungen behandelt, die in der damaligen Zeit im Volksglauben aktuell waren. Die 'Gelehrte Verhandlung' liegt hier in einer ungekürzten und mit Fußnoten versehenen Neuausgabe der deutschen Erstauflage aus dem Jahre 1751 vor.
Autoren/Hrsg.
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Vorrede.
1. Die Menge derer, die über die Erscheinungen der Engel, der Teufel, und der vom Leib geschiedenen Seelen geschrieben haben, ist mir nicht ganz unbekannt. Ich maße mir auch kein solches Wissen an, daß ich mir einbilden sollte, ich werde in der Sache besser auslangen als sie; sondern sehe vielmehr voraus: Ich werde mich der Beschnarchung und Tadelung, oder wohl gar dem Gelächter und Gespött vieler Leser dieses Werkes aussetzen, weil sie das, was darin verhandelt wird, für etwas schon Abgedroschenes, und eine sowohl bei Naturkundlern, Gelehrten, als auch Theologen verschriene und verworfene Sache ansehen werden. Ich kann auch mit dem Beifall des gewöhnlichen Volkes nicht rechnen, weil jenes aus Mangel der Erkenntnis in solchen Sachen kein rechtmäßiger Richter sein kann. 2. Meine Absicht ist auch nicht, den Aberglauben, und eitlen Vorwitz jener Traumseher zu nähren, welche alles, was man ihnen erzählt, wenn es ihnen nur seltsam vorkommt, gleich für ein Wunder und übernatürlich ansehen; sondern ich schreibe nur für vernünftige und bescheidene Gemüter, welche sich von keiner argwöhnischen Meinung einnehmen lassen, alles reiflich und nicht hitzig untersuchen, überlegen, und der befundenen Wahrheit vernünftig beipflichten, über das Ungewisse hingegen vernünftig zweifeln, und ihr Urteil darüber zurückhalten, dem offenbar Falschen aber mutig widersprechen und es verwerfen. 3. Die eingebildeten Klugen, welche, um ihren vermeinten Witz zu spiegeln, und über den allgemeinen Verstand anderer Menschen hervorzuschimmern, alles verwerfen, lasse ich im Gewölk ihrer Hochmut - sie können über mein Werk nach ihrem Gefallen urteilen. Und gleichwie es nicht für sie geschrieben ist, so werden sie sich vielleicht nicht einmal die Mühe geben, jenes zu lesen. Ich habe es zu meinem eigenen Unterricht unternommen, um von all dem, was man von der Erscheinung der Engel, der Teufel und der abgeleibten Seelen sagt, selbst eine rechte Erkenntnis erlangen, und erkunden zu können, wie weit sich das Gewisse und Ungewisse, das Wahre und Falsche, das Bekannte und Verborgene, das Klare und Dunkle, in dieser Materie erstreckt. 4. Unter der Menge der Geschichten, die ich anführe, habe ich mich nur auserlesene zu sammeln beflissen; aus Furcht, wenn ich gar zu viele anführte; möchte ich damit gar nichts beweisen, und so könnten die zweifelhaften den wahrhaften nachteilig sein. Vielleicht werden auch sogar unter den angeführten solche sein, die bei vielen keinen Glauben finden; und von diesen mag ich wohl gestatten, daß man sie ansehe, als wenn sie gar nicht im Buch enthalten wären. Nur bitte ich den Leser, zwischen den Geschichten und den Beispielen einen Unterschied zu machen; später kann er jene entweder mit mir für wahrhaft halten, oder verwerfen, oder aber darüber in Zweifel bleiben. 5. Jedoch habe ich es in Erachtung des Respekts, den jedermann der Wahrheit schuldig ist, und der Ehrerbietigkeit, die jeder Christ und Priester gegen die Religion tragen soll, für etwas Wichtiges und Notwendiges gehalten, daß man das Volk über die Materie von den Erscheinungen unterrichten, und denen, die alles ohne Unterschied glauben, ihren Selbstbetrug aufdecken, denjenigen hingegen, die alles ohne Unterschied verwerfen, beweisen wolle, daß gar viele solcher Erscheinungen wahrhaft seien. Denn in Sachen, welche die Religion betreffen, ist es jederzeit gefährlich, wenn man entweder gar zu leichtgläubig ist, oder Sachen, die begründet sind, unangemessen widerspricht, oder wissentlich darüber in Zweifel bleibt, oder sich ohne Vernunft vom Aberglauben blenden läßt. Hingegen ist es schon für etwas Großes anzusehen, wenn man vernünftig zu zweifeln weiß, und gelernt hat, daß man sein Urteil nicht über seine Erkenntnis hinaus erstrecken solle. 6. Mein Vorhaben war niemals, ausführlich von den Erscheinungen zu handeln; sondern es ist bloß nebenher, und aus Anlaß der ungarischen Vampire geschehen, daß ich an diese Sache gekommen bin; und als ich Material dazu sammelte, fand sich vieles darunter, welches die Erscheinungen betraf, und die Geschichte der Vampire verworren machte. Darum dann habe ich einen großen Teil derselben ausgesondert, und diese Verhandlung von den Erscheinungen geschrieben; und es sind auch noch viele in jener begriffen, die ich ebenso hätte davon kürzen, auslassen, und dem Werk dadurch eine bessere Ordnung geben können. Jedoch haben viele Leute, welche die erste Auflage dieses Werkes gelesen haben, das Zugewandte von den Erscheinungen für das Hauptwerk gehalten, und mehr auf den ersten Teil gesehen, als auf den zweiten, wo doch dieser mein Hauptvorhaben war. Denn ich muß gestehen, daß die Erzählung von den Vampiren von Ungarn, Mähren, und Polen, von den Brucolaken in Griechenland, und den dortigen Exkommunizierten, welche nach dem Tode, der Sage nach, nicht verwesen sollen, mich in nicht geringe Verwunderung gezogen, und dahin bewegt hat, daß ich für notwendig erachtete, diese Sache etwas genauer zu untersuchen. Nachdem ich aber alles wohl erwogen hatte, fand ich daran wenig Begründetes und Gewisses. Und nachdem ich auch die Meinung einiger verständiger und angesehener Personen darüber vernommen hatte, gedachte ich gar von meinem Vorhaben Abstand zu nehmen, und nichts von einer Sache, die so vielen Widerspruch erleidet, zu schreiben. Als ich jene jedoch von einer anderen Seite betrachtete, ergriff ich die Feder wieder von neuem, und beschloß, zumindest der Welt insoweit damit zu dienen, um jener, wenn ich alles, was man davon angibt, gänzlich falsch fände, den Irrwahn darüber zu nehmen, und zu zeigen, daß alles ungewiß sei; und man daher in seinem Urteil über das, was vor einiger Zeit von den Vampiren gesagt worden ist, über welches die Meinungen sogar in Ungarn selbst nicht einig sind, sehr behutsam sein müsse, oder aber, um zu beweisen, daß das, was man davon berichtet, und so viel Gerede in der Welt veranlaßt hat, seine Wahrscheinlichkeit habe, und würdig sei, daß man die Geschichten, welche davon offenbar gemacht worden sind, mit Ernst untersuche, und die Ursachen, Umstände und Mittel derselben zu ergründen trachte. Demnach werde ich dann jene als ein Geschichtsschreiber, als ein Naturkundler, und als ein Theologe verhandeln. Als ein Geschichtsschreiber werde ich die Wahrheit dessen, was davon berichtet worden ist, ergründen, als ein Naturkundler dessen Ursachen und Umstände erkundigen, sodann aus den Regeln der Theologen zeigen, was man in Ansehung der Religion daraus zu schließen habe. Ich schreibe daher nicht in der Absicht oder Hoffnung, jene eingebildeten Klugen, welche glauben, ihr Witz übersteige den Verstand aller übrigen Menschen, noch auch die heutigen Pyrrhonisten, welche an allen Sachen zweifeln, und daher gar nicht glauben, daß es jemals Vampire, welche sich nach dem Tode wieder gezeigt, oder andere Erscheinungen der Engel, der Teufel, und abgeleibten Seelen gegeben habe, von der Wahrheit der Sache zu überzeugen, noch auch die Einfältigen und Leichtgläubigen durch die Erzählung außerordentlicher Erscheinungen zu erschrecken. Noch weniger hoffe ich, den Abergläubischen ihren Irrtum zu nehmen, und die angewöhnten Meinungen des gewöhnlichen Volkes damit zu vernichten, oder auch nur den Mißbräuchen entgegenzusteuern, die teils aus der Leichtgläubigkeit, teils aus der allzu übertriebenen Zweifelhaftigkeit entspringen. Ferner gedenke ich gar nicht, mich zum Richter oder Beschnarcher derer, die schon von solchen Dingen geschrieben haben, aufzuwerfen, oder mir einen Namen oder Vorzug über andere zu erwerben. Noch weniger gedenke ich, nur zur Lust oder Kurzweil über solche Zweifel zu antworten, welche die Religion betreffen, und woraus man schädliche Schlußfolgerungen wider die Wahrheit der göttlichen Schrift, und unbeweglicher Artikel unseres Glaubens ziehen könnte; sondern ich werde alles seiner Wichtigkeit nach gründlich, und mit Ernst behandeln, und bitte Gott nur um das notwendige Licht, daß ich es mit Nutzen leisten möge. 7. Vor allem bitte ich den Leser, einen Unterschied zu machen zwischen den Geschichten an sich selbst, die in diesem Werk erzählt werden, und zwischen der Art und Weise, wie sie geschehen sind. Denn eine Geschichte kann gewiß sein, obschon die Art und Weise, mit welcher sie geschieht, sehr zweifelhaft ist. Die göttliche Schrift nämlich berichtet uns von Erscheinungen der Engel, der Teufel, und der abgeleibten Seelen; und diese Beispiele sind gewiß, weil sie auf die Offenbarung der heiligen Bücher der Bibel gegründet sind; doch ist die Art und Weise, mit welcher Gott solche Auferstehungen bewirkt, und dergleichen Erscheinungen hat geschehen lassen, etwas Verborgenes und Unbekanntes. Es ist uns erlaubt, die Umstände derselben zu untersuchen, und unsere Mutmaßung darüber zu erklären. Einen förmlichen Spruch aber über etwas zu geben, das Gott geheim hat haben wollen, wäre eine Vermessenheit. Ein Gleiches sage ich auch von den Geschichten, welche von verständigen Schreibern berichtet worden sind, welche zur Zeit gelebt haben, und bloß allein die Geschichte darlegen, die Umstände derselben aber, die sie vielleicht selbst nicht gewußt haben, nicht untersuchen. 8. Man hat mir wirklich vorgeworfen, um die Erscheinungen der Geister zu beweisen, berufe ich mich auf die alten Poeten, und andere Autoren, die schlechten Glauben verdienen, und so dergleichen Erscheinungen eher zweifelhaft machen als sie zu bestätigen. Aber man muß wissen, daß ich solche Autoren bloß zum Beweis des allgemeinen Wahns der Völker anführe; denn bei so großer Frechheit der heutigen Christen selbst, welche sich über alles eigenmächtig zu urteilen oder zu zweifeln anmaßen, scheint es mir etwas nicht geringes zu sein, wenn man zeigt, daß auch schon die alten...