E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Busch / Stolzenberger Und überhaupt und sowieso
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-423-40360-3
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Reimweisheiten
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
ISBN: 978-3-423-40360-3
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Günter Stolzenberger, Jahrgang 1953, studierte Soziologie, Philosophie und Politik und lebt als freier Publizist in Frankfurt am Main. Er hat mehrere erfolgreiche Anthologien herausgegeben.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Interdisziplinäres Wissenschaften Wissenschaften: Allgemeines Nachschlagewerke: Zitate, geflügelte Worte
- Geisteswissenschaften Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft: Lyrik und Dichter
- Geisteswissenschaften Literaturwissenschaft Literatur: Sammlungen, Anthologien
- Sozialwissenschaften Sport | Tourismus | Freizeit Humor
Weitere Infos & Material
Mir scheint, der Vogel hat Humor
Es stand vor eines Hauses Tor
Ein Esel mit gespitztem Ohr,
Der käute sich ein Bündel Heu
Gedankenvoll und still entzwei.–
Nun kommen da und bleiben stehn
Der naseweisen Buben zween,
Die auch sogleich, indem sie lachen,
Verhaßte Redensarten machen,
Womit man denn bezwecken wollte,
Daß sich der Esel ärgern sollte.–
Doch dieser hocherfahrne Greis
Beschrieb nur einen halben Kreis,
Verhielt sich stumm und zeigte itzt
Die Seite, wo der Wedel sitzt.
Wankelmut
Was bin ich alter Bösewicht
So wankelig von Sinne.
Ein leeres Glas gefällt mir nicht,
Ich will, daß was darinne.
Das ist mir so ein dürr Geklirr;
He, Kellnerin, erscheine!
Laß dieses öde Trinkgeschirr
Befeuchtet sein von Weine!
Nun will mir aber dieses auch
Nur kurze Zeit gefallen;
Hinunter muß es durch den Schlauch
Zur dunklen Tiefe wallen.–
So schwank ich ohne Unterlaß
Hinwieder zwischen beiden.
Ein volles Glas, ein leeres Glas
Mag ich nicht lange leiden.
Ich bin gerade so als wie
Der Erzbischof von Köllen,
Er leert sein Gläslein wuppheidi
Und läßt es wieder völlen.
Gemartert
Ein gutes Tier
Ist das Klavier,
Still, friedlich und bescheiden,
Und muß dabei
Doch vielerlei
Erdulden und erleiden.
Der Virtuos
Stürzt darauf los
Mit hochgesträubter Mähne.
Er öffnet ihm
Voll Ungestüm
Den Leib, gleich der Hyäne.
Und rasend wild,
Das Herz erfüllt
Von mörderlicher Freude,
Durchwühlt er dann,
Soweit er kann,
Des Opfers Eingeweide.
Wie es da schrie,
Das arme Vieh,
Und unter Angstgewimmer
Bald hoch, bald tief
Um Hilfe rief,
Vergess’ ich nie und nimmer.
Kinder, lasset uns besingen,
Aber ohne allen Neid,
Onkel Kaspers rote Nase,
Die uns schon so oft erfreut.
Einst ward sie als zarte Pflanze
Ihm von der Natur geschenkt;
Fleißig hat er sie begossen,
Sie mit Wein und Schnaps getränkt.
Bald bemerkte er mit Freuden,
Daß die junge Knospe schwoll,
Bis es eine Rose wurde,
Dunkelrot und wundervoll.
Alle Rosen haben Dornen,
Diese Rose hat sie nicht,
Hat nur so ein Büschel Haare,
Welches keinen Menschen sticht.
Ihrem Kelch entströmen süße
Wohlgerüche, mit Verlaub:
Aus der wohlbekannten Dose
Schöpft sie ihren Blütenstaub.
Oft an einem frischen Morgen
Zeigt sie uns ein duftig Blau,
Und an ihrem Herzensblatte
Blinkt ein Tröpfchen Perlentau.
Wenn die andern Blumen welken,
Wenn’s im Winter rauh und kalt,
Dann hat diese Wunderrose
Erst die rechte Wohlgestalt.
Drum zu ihrem Preis und Ruhme
Singen wir dies schöne Lied.
Vivat Onkel Kaspers Nase,
Die zu allen Zeiten blüht!
Die Eier
Das weiß ein jeder, wer’s auch sei,
Gesund und stärkend ist das Ei.–
Nicht nur in allerlei Gebäck,
Wo es bescheiden im Versteck;
Nicht nur in Soßen ist’s beliebt,
Weil es denselben Rundung gibt;
Nicht eben dieserhalben nur –
Nein, auch in leiblicher Statur,
Gerechtermaßen abgesotten,
Zu Pellkartoffeln, Butterbroten,
Erregt dasselbe fast bei allen
Ein ungeteiltes Wohlgefallen;
Schreckliche Folgen eines Bleistifts
Ballade
1.O Madrid, ich muß dich hassen,
Denn du hast ihn schnöd verkannt,
Den Murillo seinen besten
Schüler stets mit Stolz genannt.
Keiner hatte wie Pedrillo
Dieses lange Lockenspiel,
Keiner trug Hispaniens Mantel
Mit so vielem Kunstgefühl.
Keiner wiegte auf dem Haupte
Solchen hohen, spitzen Hut,
Und das edle Bleistiftspitzen
Konnt’ er aus dem Grunde gut.
Meistens nahm er Nro. 7
Und mit kunstgeübter Hand
Spitzt’ er ihn an beiden Enden,
Weil er dieses praktisch fand.
Einstmals merkte dies Murillo
Und er sprach mit ernstem Ton:
»Was ich eben da bemerke,
Das gefällt mir nicht, mein Sohn;
Denn ich glaube, daß du hierin
Sehr auf falschem Wege bist,
Weil es erstens sehr gefährlich,
Zweitens auch nicht nötig ist.«
Doch Pedrillo (wie gewöhnlich
Diese jungen Leute sind)
Schlug Murillos weise Lehre –
Lirum, larum! in den Wind.
2.Übrigens (das muß man sagen)
Was die edle Kunst betraf,
Überhaupt in seinem Fache,
War Pedrillo wirklich brav.
So z.B. die Madonna;
Ja, wer hätte das gedacht?
Selbst der große Don Murillo
Hätte Beßres nicht gemacht.
Aber so was kostet Mühe
Und es kostet auch noch Geld,
Denn Pedrillo hatte häufig
Sich dazu Modell bestellt.
Sie war eine Schneiderstochter
Aus der Vorstadt von Madrid,
Schwarze Augen, blonde Flechten
Brachte dieses Mädchen mit.
Als Pedrillo nun gemalet
Dieses Mädchen als Porträt,
War der große Don Murillo
Auch nicht ungern in der Näh’.
Früh vom Morgen bis zum Abend
Unterweist der Meister ihn
Und Pedrillo folgte willig
Stets mit eifrigem Bemühn.
Aber abends, wo ein jeder
Gerne seine Ruhe hat,
Führt’ Pedrillo jenes Mädchen
Oft spazieren vor die Stadt.
Einstmals merkte dies Murillo
Und er sprach mit ernstem Ton:
»Was ich eben da bemerke,
Das gefällt mir nicht, mein Sohn;
Denn ich glaube, daß du hierin
Sehr auf falschem Wege bist,
Weil es erstens sehr gefährlich,
Zweitens auch nicht nötig ist.«
Doch Pedrillo (wie gewöhnlich
Diese jungen Leute sind)
Schlug Murillos weise Lehre –
Lirum, larum! in den Wind.
3.Schon am nächsten Donnerstage,
Als ein schöner Abend war,
Sah man draußen vor dem Tore
Dieses pflichtvergess’ne Paar.
Zu dem dort’gen Myrtenhaine
Gingen sie im Mondeslicht,
Aber keiner sah sie wieder,
Wenigstens lebendig nicht.
Denn es sprach zu ihr Pedrillo:
»Sprich, Geliebte, liebst du mich?«
Und sie preßt ihn an den Busen,
Sprechend: »Ja, ich liebe dich!«
»Au!« schrie plötzlich da Pedrillo,
Und das Mädchen schrie es auch;
Tödlich fielen beide nieder
Unter einem Myrtenstrauch.
Keiner wußte, was geschehen,
Bis des Morgens in...