E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Burrows Verführung auf dem Maskenball
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7337-2943-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-2943-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Lord Ledbury war der Held jedes Schlachtfeldes - doch das Chaos in den Ballsälen Londons entsetzt ihn. Eine kichernde Debütantin heiraten? Niemals! Er sucht eine Herausforderung ... und findet sie in Julie: Die 'Eiskönigin' wies bisher jeden Mann zurück. Kann er ihr kaltes Herz mit heißen Küssen zum Schmelzen bringen?
Annie Burrows wurde in Suffolk, England, geboren als Tochter von Eltern, die viel lasen und das Haus voller Bücher hatten. Schon als Mädchen dachte sie sich auf ihrem langen Schulweg oder wenn sie krank im Bett lag, Geschichten aus. Ihre Liebe zu Historischem entdeckte sie in den Herrenhäusern, die sie gemeinsam mit ihren Eltern und ihrer älteren Schwester besichtigte. Weil sie so gern las und sich Geschichten ausdachte, beschloss sie, Literatur zu studieren. An der Universität lernte sie ihren Mann, einen Mathematikstudenten, kennen. Sie heirateten, und Annie zog mit ihm nach Manchester. Sie bekamen zwei Kinder, und so musste sie zunächst ihren Traum von einer Karriere als Schriftstellerin vergessen. Doch ihr Wunsch zu schreiben blieb, und nach mehreren gescheiterten Versuchen wurde ihr Roman "His Cinderella Bride" angenommen und veröffentlicht. Inzwischen sind weitere Regency-Romane von ihr erschienen.
Autoren/Hrsg.
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1. KAPITEL
Richard schaute zu dem seidenen, mit üppigen Volants verzierten Baldachin des Betts hinauf, das er von seinem Bruder geerbt hatte. Jetzt war er hellwach, obwohl er sich vor einer knappen Stunde völlig erschöpft gefühlt und geglaubt hatte, er würde eine Woche lang schlafen.
Dieses Bett hasste er – die weiche Daunenmatratze, das Gebirge aus aufgetürmtem Bettzeug, das ihn zu ersticken drohte. Und er hasste den Kammerdiener … Nein, das ging zu weit. Natürlich durfte er Jenkins nicht hassen, der seine Pflichten so gut erfüllte, wie es seine begrenzten Fähigkeiten erlaubten. Aber er war eben nicht Fred.
Während seiner Abendtoilette hatte er sich gewünscht, er könnte mit Fred reden und über die absurden Aspekte der letzten Tage – gleichsam Vorstöße hinter feindliche Linien – sogar lachen. Wie sie es so oft in den vergangenen sechs Jahren seines aktiven militärischen Dienstes getan hatten, trotz der Entbehrungen, die sie wegen der idiotischen Befehle eines selbstgefälligen, unfähigen Kommandanten erlitten hatten …
Doch er hatte Fred bei seinem Einzug ins Lavenham House in seinem alten Quartier zurücklassen müssen. Und obwohl er nie zuvor von einem solchen Luxus und so vielen Dienstboten umgeben gewesen war, hatte er sich noch nie so einsam oder unbehaglich gefühlt. Seufzend warf er die Decke beiseite und starrte in die Flammen, die im reich verzierten Marmorkamin züngelten. So muss einem Spion zumute sein, dachte er verbittert. Ohne die Uniform, die seine Identität bezeugte. Getrennt von seinem Regiment, seinen Kameraden. Nicht mehr mit Aufgaben betraut, die nur er allein erfüllen konnte.
Verdammt, draußen auf einer Parkbank, in seinen alten Militärmantel gehüllt, würde er viel besser schlafen als hier, halb erstickt von all den Privilegien, die ein Viscount anscheinend brauchte. Wenn er bedachte, wie er manchmal im Freien geschlafen hatte und seine Decke frühmorgens am Boden festgefroren war …
Abrupt setzte er sich auf. Am Ende der Straße lag ein kleiner Park mit Bänken. Und im Schrank hing immer noch, zu Jenkins’ kaum verhohlenem Leidwesen, sein Armeemantel.
Wenigstens für eine kleine Weile musste er diesem Haus und den Dienstboten entfliehen, selbst wenn er den Pflichten, die ihm der plötzliche, unerwartete Tod seines Bruders Mortimer auferlegte, nicht entrinnen konnte. Fluchend stieg er aus dem Bett und zog im flackernden Feuerschein irgendetwas an, das er zufällig fand. Nur den Militärmantel wählte er bewusst, schlüpfte hinein, und das fühlte sich so an, als würde er in die Arme eines alten Freundes sinken. Als wäre er immer noch Major Richard Cathcart, obwohl ihn plötzlich alle mit „Lord Ledbury“ ansprachen.
Er strich über sein vom unruhigen Schlaf zerzaustes Haar und wünschte, seine innere Zerrissenheit würde sich ebenso leicht glätten lassen. Dann hinkte er hinaus und ging, die Lippen grimmig zusammengepresst, die Treppe hinab.
Von seinem Gespräch mit seinem Großvater, dem Earl of Lavenham, hatte er sich noch immer nicht erholt. Natürlich hatte er mit Unannehmlichkeiten gerechnet. Denn nichts anderes als ein gravierender Notfall würde den alten Mann veranlassen, ihn nach Courtlands zu beordern. Und was er dort über seinen jüngeren Bruder erfahren hatte, war gewiss schockierend. Aber was ihm noch immer einen schlechten Geschmack in seinem Mund verursachte, war die Gewissheit, dass es niemanden auch nur einen Deut gekümmert hätte, wäre er im Krieg getötet oder verstümmelt worden, wenn Charlie seine Vorliebe für Männer verborgen hätte.
Erleichtert atmete Richard auf, als er ins Freie trat. Er hatte all die Opfer auf sich genommen, die sein Großvater verlangte, seinen Dienst bei der Armee quittiert, die erforderliche Garderobe gekauft und begonnen, seine Rolle im Lavenham House zu spielen. Aber …
Auf dem Weg zum Park sog er die Nachtluft tief in seine Lungen. Sie roch nach … Ruß. Und feucht. Mit einem Hauch von etwas undefinierbarem Grünem. Unverwechselbar das englische Frühlingsaroma.
Trotz seines verletzten Beins dauerte es nicht lange, bis er sein Ziel erreichte. Vielleicht würde er ein bisschen inneren Frieden finden, wenn er sich auf einer Parkbank ausstreckte und zwischen grünen Zweigen zum Nachthimmel aufschaute.
Nach Mortimers würdelosem Tod trug Richard nun den Titel Viscount Ledbury. Und um die inständige Hoffnung seiner Familie zu erfüllen, musste er eine Braut finden. Natürlich sollte sie allen hohen Ansprüchen genügen, die an die nächste Countess of Lavenham gestellt wurden. Zu diesem Zweck hatte er an diesem Abend seinen ersten Ball als Lord Ledbury besucht.
Angewidert erschauerte er bei der Erinnerung an das Gedränge in dem überhitzten Ballsaal, das eifrige Gehabe kupplerischer Mamas, die ihn umzingelt hatten, das beklemmende Gefühl, belagert zu werden …
Und – verdammt, das passte zu diesem grauenhaften Abend – die Bank, auf der er sich erholen wollte, war bereits besetzt. Von einem jungen Soldaten in roter Uniform und einer widerstrebenden weiblichen Person, nach den Fäusten zu schließen, die sie auf seine breiten Schultern hämmerte, weil er sie zu küssen versuchte.
Ohne zu überlegen, ergriff Richard die Initiative. „Lassen Sie die Dame los!“ Seine Stimme, vom jahrelang praktizierten Befehlston auf Paradeplätzen geschärft, ließ die beiden zusammenzucken.
Die Stirn gefurcht, musterte der Soldat ihn über seine Schulter hinweg. „Das geht Sie nichts an“, knurrte er.
„Oh doch, denn ich finde Ihr Benehmen völlig inakzeptabel und …“ Erstaunt verstummte Richard, als er die junge Dame erkannte, die sich immer noch gegen den energischen Griff des Soldaten wehrte. Lady Julie Chilcott.
Sobald er sie im Ballsaal gesehen hatte, war er sofort zu seinem Gastgeber gegangen, um sich nach ihr zu erkundigen. Denn er hatte noch nie ein schöneres Geschöpf gesehen.
Berry, ein ehemaliger Schulfreund, dessen Schwester Lucy ihren Debütball feierte, hatte eine Grimasse geschnitten und in ätzendem Ton verkündet: „Das ist Lady Julie Chilcott, auch unter dem Namen ‚Frostbeule‘ bekannt. Weil sie uns heute Abend beehrt, ist Lucy ganz aus dem Häuschen. Normalerweise besucht die Dame nur die exklusivsten gesellschaftlichen Ereignisse. Ihr Großvater, der Earl of Caxton, ist genauso kühl und arrogant. Wenn du sie eine halbe Stunde beobachtet hast, wirst du verstehen, warum sie ihren Spitznamen verdient.“
Daraufhin hatte Richard seine ursprüngliche Absicht aufgegeben, seinen Freund zu bitten, er möge ihn der jungen Dame vorstellen. Stattdessen hatte er sich auf einen Stuhl am Rand des Ballsaals gesetzt, Berrys Rat befolgt und sie beobachtet. Und er hatte keine halbe Stunde gebraucht, um sein Urteil zu fällen: Ja, sie erweckte tatsächlich den Eindruck, sie würde ihre Anwesenheit in einem Haus bereuen, wo sich so viele Menschen aufhielten, die gesellschaftlich tief unter ihr standen.
Zumindest hatte er das auf dem Ball vermutet. Jetzt prüfte er das Rangabzeichen des liebeshungrigen Soldaten, das ihn als Lieutenant auswies, und korrigierte seine Schlussfolgerung. Da Lady Julie Chilcott sich geweigert hatte, auch nur mit einem einzigen ihrer zahlreichen unterwürfigen Bewunderer zu tanzen, war er geneigt gewesen, Berry recht zu geben und sie für eiskalt und stolz zu halten.
Nun wirkte sie eher wie ein verängstigtes junges Mädchen, zutiefst verlegen wegen der kompromittierenden Situation, in der sie ertappt worden war. Welch ein krasser Kontrast zu dem Zorn, der in den Augen ihres Möchtegernverführers funkelte …
„Ich wiederhole“, fügte Richard mit schneidender Stimme hinzu, „lassen Sie Lady Julie unverzüglich los.“
Nicht nur seine Ritterlichkeit bewog ihn, die junge Dame zu retten. Obwohl Berry ihn so verächtlich vor ihr gewarnt hatte, war sein anfängliches Interesse an Lady Julie nicht erloschen, sondern im Verlauf des grässlichen Abends im Gegenteil noch gewachsen. Schließlich hatte er sogar eine Leidensgenossin in ihr gesehen.
Als sie alle Avancen kühl zurückwies, hatte ihn die Erkenntnis getröstet, dass nicht nur er belagert wurde. Bald fand er es sogar amüsant, Lady Julies enttäuschte Verehrer zu beobachten, während er am anderen Ende des Ballsaals saß und die aufdringlichen Mütter heiratsfähiger Töchter genauso abblitzen ließ. Allerdings hatten die Männer, die das Mädchen umringten und anhimmelten, wenigstes nachvollziehbare Beweggründe. Die Kupplerinnen hingegen interessierten sich nicht für ihn persönlich, sondern nur für seinen neu erworbenen Reichtum und den Adelstitel.
„Dein Gesicht spielt keine Rolle, Richard“, hatte sein Großvater betont und die Narbe betrachtet, die seine linke Braue teilte, von einem Streifschuss verursacht, als er noch ein unbedeutender Lieutenant gewesen war. „Nicht mehr, seit du eine so fabelhafte Partie bist. Steinreich und der Erbe einer Grafschaft. Du musst einfach nur im Hintergrund der Festivitäten warten, und man wird auf dich zukommen.“
Aufgrund dieser Prophezeiung hatte Richard den Ballsaal nur widerwillig betreten. Hätte Mortimers Tod ihn nicht in erlauchte aristokratische Höhen katapultiert, hätte ihm niemand in diesem Raum einen zweiten Blick gegönnt. Das wusste er. Ja, gewiss, er war hier, um auf Brautschau zu gehen. Aber mussten diese gierigen Mamas so offensichtlich erkennen lassen, dass sie ihn nur wegen seiner Position umschwärmen?
Nicht seinetwegen?
Aber die bildschöne Lady Julie würde genauso viele Bewunderer anlocken, wenn sie ein mittelloser Niemand wäre. Noch nie hatte er ein so perfektes Gesicht gesehen, mit makellosem Teint und einem verführerischen...