E-Book, Deutsch, Band 368, 64 Seiten
Reihe: Alpengold
Burger Alpengold 368
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7517-2562-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mit List kuriert man jeden Mann
E-Book, Deutsch, Band 368, 64 Seiten
Reihe: Alpengold
ISBN: 978-3-7517-2562-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Ich weiß, dass meine Tage gezählt sind, und deshalb müssen wir unseren Verspruch rückgängig machen', sagte Sepp Frohnlechner zu seiner Braut.
Regina war wie vor den Kopf geschlagen.
'Aber ich bitt' dich, Sepp!', rief sie. 'Du bist doch gar net ernstlich krank!'
'Das muss ich wohl besser wissen', murmelte er und ging mit schleppenden Schritten hinaus.
Regina war ratlos. Wie konnte man Sepp nur von seiner fixen Idee, sterbenskrank zu sein, kurieren? Dem Doktor glaubte er ja nicht! Aber vielleicht hatte Sepps Schwester Fanni eine Idee?
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Mit List kuriert man jeden Mann
Wie ein reicher Bauer doch noch zu einem Erben kam
Von Marianne Burger
»Ich weiß, dass meine Tage gezählt sind, und deshalb müssen wir unseren Verspruch rückgängig machen«, sagte Sepp Frohnlechner zu seiner Braut.
Regina war wie vor den Kopf geschlagen.
»Aber ich bitt' dich, Sepp!«, rief sie. »Du bist doch gar net ernstlich krank!«
»Das muss ich wohl besser wissen«, murmelte er und ging mit schleppenden Schritten hinaus.
Regina war ratlos. Wie konnte man Sepp nur von seiner fixen Idee, sterbenskrank zu sein, kurieren? Dem Doktor glaubte er ja nicht! Aber vielleicht hatte Sepps Schwester Fanni eine Idee?
Eigentlich hätte der Frohnlechner-Bauer ganz zufrieden sein können mit seinem Leben, so, wie es jetzt war. Zwar starb seine Anna schon mit dreißig Jahren, aber sehr groß war seine Trauer darüber nicht gewesen. Denn die Anna hatte Haare auf den Zähnen gehabt und ihm so manche böse Stunde bereitet.
Nun aber waren Ruhe und Frieden im Haus, und Sepp Frohnlechner freute sich dessen.
Freude hatte Sepp auch an seinem Sohn Wolfgang. Das war ein aufgewecktes Bürschl. Bestimmt wird Wolfgang eines Tages ein guter Bauer werden, dachte Sepp Frohnlechner oft.
Aber als Wolfgang heranwuchs, begann sich Sepp Sorgen zu machen. Immer deutlicher wurde es nun, dass Wolfgang wenig Freude an der bäuerlichen Arbeit hatte.
In jeder freien Stunde streifte er durch den Wald, besuchte den Förster und ließ sich von ihm Jagdgeschichten erzählen.
Und eines Tages sagte Wolfgang zu seinem Vater: »Ich möcht' ein Jäger werden, wie der Förster Steinheber.«
»Schmarrn«, erwiderte Sepp kurz angebunden. »Du wirst einmal unseren Hof übernehmen!«
Immerhin ließ der Frohnlechner seinen Sohn die Jägerprüfung machen, als Wolfgang achtzehn war. Und Sepp war insgeheim stolz darauf, dass der Bub bei dieser Prüfung als Bester vom ganzen Kurs abschnitt.
Doch je älter Wolfgang wurde, umso mehr zeigte es sich, dass sein ganzes Sinnen und Trachten dem Weidwerk galt.
Als er einundzwanzig war, bat er seinen Vater: »Ich möcht' beim Förster Steinheber als Jagdgehilfe in den Dienst gehen. Allein schafft er's nimmer. Jetzt hat er ja nicht nur das Gemeinderevier zu betreuen, sondern auch das Bergrevier im Klosterholz, droben unterm Hahnenkogl. Dieses Revier hat der Bürgermeister ja vor acht Jahren an den Fabrikanten Nussbaumer verpachtet; aber nun ist der Nussbaumer gestorben, und seine Söhne haben kein Interesse an der Jagerei. Ich bitt' dich, Vater, sieh's ein, dass ich net zum Bauern taug'! Lieber will ich ein guter Jäger werden als ein schlechter Landwirt.«
»Ja, spinnst denn du?«, fuhr Sepp seinen Sohn unwirsch an. »Du bist mein einziger Sohn und wirst später einmal der Erbe sein. Meinetwegen magst du in deiner freien Zeit zur Jagd gehen; aber es kommt gar net infrage, dass du mich und unseren Hof im Stich lässt wegen deiner Jagerei! Das schreib dir hinter die Ohren!«
»Vater, sei doch net so hart! Es kann nie was Gescheites draus werden, wenn man einen Menschen zu etwas zwingt, das ihm gegen den Strich geht. Schau, du bist doch ein Mann in den besten Jahren, kerngesund und vital. Du könntest wieder heiraten und Kinder haben. Oder«, Wolfgang schmunzelte, »du heiratest die Tante Regina, die wär' pfeilgrad die richtige Frau für dich! Dann hättest du auch gleich einen Sohn. Der Schorsch ist ein patentes Bürschl. So klein er ist, weiß er doch schon ganz genau, was er will: nämlich Bauer werden. Hast du denn noch nie dran gedacht, der Tante Regina einen Heiratsantrag zu machen, Vater? Ich möcht' wetten, sie würd' dir keinen Korb geben.«
Sepp Frohnlechner bekam einen roten Kopf und schnauzte: »Soweit käm's noch, dass ich mir von dir vorschreiben lass, was ich zu tun hab, du – Rotzbub, du grüner!«
Damit stapfte der Vater hinaus und ließ Wolfgang stehen.
***
Schnurstracks marschierte Sepp zum Nachbarhof hinüber und erzählte Regina von seinem Disput mit Wolfgang.
Regina Schöberl war verwitwet, genau wie Sepp. Mit ihren achtunddreißig Jahren war sie noch eine ansehnliche Frau, dunkelhaarig und ein wenig mollig, was ihr sehr gut stand.
Seit dem Tod ihres Mannes hatte Sepp Frohnlechner Regina in freundschaftlich-nachbarlicher Weise mit Rat und Tat zur Seite gestanden, und sie war ihm dankbar dafür.
Dass Regina den Sepp liebte, ließ sie sich nicht anmerken. Aber es freute sie, dass Sepp einen guten Kontakt mit ihrem Buben hatte. Für den achtjährigen Schorschl war der Onkel Sepp so etwas wie ein Ersatzvater und ein Vorbild.
Als Sepp Frohnlechner Regina nun erzählte, was Wolfgang gesagt hatte, wurde sie sehr verlegen.
Ob Wolfgang gemerkt hat, wie gut ich seinem Vater bin?, fragte sie sich im Stillen. Und ob er auch bemerkt hat, dass ...
Hier stockte Reginas Gedankengang. Nein, sie verbot es sich, weiterzudenken.
»Wie kann ich den störrischen Burschen bloß zur Räson bringen? Weißt du mir einen Rat, Regina?«, fragte Sepp Frohnlechner.
»Lass ihn doch gewähren, Sepp!«, erwiderte sie. »Immerhin ist er längst großjährig, und du kannst ihn net zwingen, den Hof zu übernehmen, wenn er partout net will.«
»Wenn er nur net so stur wär'«, brummte Sepp. »Ich hab ihm angeboten, dass ich für ihn das Jagdrevier im Klosterholz pachte, sodass er eine eigene Jagd hätt', wenn er zur Vernunft kommt und auf dem Hof bleibt. Aber es war in den Wind geredet.«
»Du wolltest ihn also bestechen, sozusagen«, erwiderte Regina. »Ich kann's verstehen, dass der Wolfgang net darauf eingegangen ist. Wenn sein ganzes Sinnen und Trachten auf die Jagerei gerichtet ist, kann ihn nichts davon abbringen. Ich mein', du würdest net viel Freude an ihm haben, wenn du ihn quasi zwingen würdest, seine Jagdpassion aufzugeben und auf dem Hof zu bleiben. Lass ihn lieber gewähren!«
»Und ich hab gedacht, du würdest auf meiner Seite stehen und ein ernstes Wort mit dem Burschen reden, das ihn zur Vernunft bringt«, erwiderte Sepp grollend. »Auf seine Tante Regina hat er doch allweil gehört, mehr als auf seinen Vater!«
Regina lachte ein wenig, und jetzt sah sie so jung aus, dass Sepp Herzklopfen bekam.
Doch dann wurde sie wieder ernst und sagte leise: »Im Übrigen ist's doch gar keine schlechte Idee, wenn du wieder heiraten würdest. Bist ein stattliches Mannsbild und stellst was dar. Ich wüsst' auf Anhieb etliche Madln, die sich hochgeehrt fühlen würden, wenn der Großbauer Josef Frohnlechner ihnen einen Heiratsantrag machen tät'.«
»Schmarrn«, kam es brummig zurück. »Ich bin heuer achtundvierzig geworden, wie du weißt. Ich werd' mich doch net lächerlich machen und ein junges Dirndl heiraten, das meine Tochter sein könnt'!«
»Dann heirat halt die Kathi Hafenecker, die ist acht Jahre älter als du, aber immer noch eine stattliche Person!«
»Willst du mich auf den Arm nehmen? Wenn ich wirklich noch einmal heiraten sollt', dann müsst's ein Weiberl sein wie du.«
»Soll das etwa ein Antrag sein?«
Sepp gab sich einen Ruck, ein gewisser Trotz überkam ihn. Ja, warum sollte er nicht wirklich die Regina heiraten?
»Vielleicht wirst du Nein dazu sagen, weil du deinen Alfons net vergessen kannst«, murmelte er unsicher. »Aber ... ach was, was soll das lange Drumherumreden! Reginerl, jetzt frag' ich dich: Willst du die Meine werden?«
Das sagt er so daher, als wolle er irgendeinen Handel abschließen, dachte Regina traurig. Ein liebes Wort hatte sie sich erhofft, aber er sagte es nicht. Trotzdem brachte sie es nicht über sich, Nein zu sagen. Eben darum, weil sie ihn so arg lieb hatte.
»Wenn du das jetzt wirklich ernst meinst, Sepp, dann lautet meine Antwort: Ja«, erwiderte Regina.
»Alsdann ,lass uns bald Verlobung feiern und net gar zu lang warten mit der Hochzeit!«, gab Sepp zurück. »Ich will mir Mühe geben, dir ein guter Ehemann zu sein und deinem Schorschl ein rechter Vater.«
Regina überwand ihre Scheu. Sie legte ihm die Arme um den Hals und gab ihm ein Busserl.
Da küsste er sie herzhaft wieder und spürte, dass er noch lange kein alter Mann war. Vielleicht musste er ja seinem Sohn sogar dankbar dafür sein, dass er ihn mit Regina zusammengebracht hatte ...
***
Wolfgangs Augen leuchteten auf, als der Vater ihm verkündete: »Ich werd' die Regina heiraten. Meinetwegen kannst du deiner Wege gehen und beim Förster Steinheber als Jagdgehilfe eintreten.«
»Vater, ich freu' mich!«, rief der junge Mann. »Eine bessere Frau als die Tante Regina könntest du weit und breit net finden! Und mit dem Buben, dem Schorschl, wirst du keine Schwierigkeiten haben. Der Bub hängt ja wie eine Klette an dir. Was sein Onkel Sepp sagt, ist für den Schorschl das Evangelium. Und eines Tages wird er der Bauer auf dem Frohnlechner-Hof sein – ein besserer Bauer, als ich es jemals sein könnt'.«
***
Sepp und Regina feierten ihre Verlobung, und im Dorf gab es keinen, der den beiden ihr Glück...




