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E-Book, Deutsch, 228 Seiten
Buck-Horstkotte / Gabriel Sicher durch Stürme und Flauten
Originalausgabe 2025
ISBN: 978-3-621-29110-1
Verlag: Beltz Verlagsgruppe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Hilfe und Orientierung für Mütter mit Borderline-Störung. Mein Selbsthilfebuch
E-Book, Deutsch, 228 Seiten
ISBN: 978-3-621-29110-1
Verlag: Beltz Verlagsgruppe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sigrid Buck-Horstkotte, Dipl.-Psych., ist Psychotherapeutin mit einer eigenen verhaltenstherapeutischen Praxis in Berlin. Sie ist DBT-Trainerin bei der AWP Berlin und arbeitet als Dozentin und Supervisorin.
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?2 Verbundenheit schaffen durch Achtsamkeit und Mitgefühl
Beispiel
Der Vormittag verläuft für Kati immer stressig. Wenn die Kinder in der Kita sind, könnte sie sich eigentlich mal hinsetzen und ausruhen. Doch das hält sie nur kurz aus. Kati denkt dann an all die Sachen, die noch zu machen sind. Auch wenn sie nichts zu tun hat und sich eigentlich entspannen könnte, ist sie unruhig und getrieben von dem Drang, sich abzulenken. Sie sucht dann nach Dingen, die noch zu erledigen sind oder verliert sich im Internet. Wenn sie Lea und Leon dann abholt, ist sie ziemlich erschöpft und gereizt. Sie kann sich dann schlecht auf ihre Kinder konzentrieren und möchte eigentlich nur ihre Ruhe haben.
2.1 Was bedeutet »Achtsamkeit«
Wahrscheinlich sind Sie schon mal über den Begriff »Achtsamkeit« gestolpert oder haben sich damit beschäftigt.
Der Begriff taucht in vielen Therapien, aber auch in der Alltagspsychologie von Zeitschriften und Ratgebern auf. Viele Menschen verstehen darunter so etwas wie »für sich selbst zu sorgen« oder »auf sich aufzupassen«.
Was verstehen Sie unter Achtsamkeit?
In der Lehre der Achtsamkeit versteckt sich eine ganze Philosophie, die komplex ist. Achtsamkeit ist keine moderne Wellnesstechnik, sondern entspringt uralten Traditionen. Dieses Konzept in seiner ganzen Breite und Tiefe zu verstehen, ist nicht Ziel dieses Kapitels. Vielmehr versuchen wir, das Konzept der Achtsamkeit für unser Thema »Leben mit Kind« nutzbar zu machen.
Wenn Sie schon Erfahrung mit Achtsamkeitsübungen haben, wie würden Sie beschreiben, was Sie dabei erlebt haben? Das können sowohl angenehme als auch unangenehme Erlebnisse sein.
Ob mehr Achtsamkeit für Sie hilfreich sein könnte, können Sie in der folgenden Übersicht erfahren. Kreuzen Sie an, was Sie öfter erleben.
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Sie sind so sehr in Ihre Gedanken und Gefühle verstrickt, dass Sie nicht merken, was im Moment passiert – zum Beispiel mit Ihnen oder mit Ihrem Kind.
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Sie lieben Ihr Kind – eigentlich. Aber Sie können es nicht fühlen.
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Sie wissen eigentlich gar nicht, wer Sie sind und was Sie wollen, weil Ihre Gefühle und Gedanken ständig wechseln.
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Sie kommen nicht zur Ruhe und können nicht abschalten, das zehrt an Ihren Kräften.
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Sie haben keinen Abstand mehr zu Ihren Gedanken und Gefühlen, sodass Sie alles, was Sie denken und fühlen, für wahr halten (zum Beispiel, dass Sie nichts wert sind oder dass Sie eine schlechte Mutter sind). Das macht Sie nur fertig und hilft auch nicht, irgendetwas besser zu machen.
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Wenn Sie mit Ihrem Kind zusammen sind, sind Sie oft mit den Gedanken ganz woanders.
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Sie haben oft den Eindruck, wie ferngesteuert zu handeln, als wenn Sie nicht dabei wären oder sich von außen beobachten würden.
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Starke Gefühle und Gedanken bestimmen Ihr Handeln, sodass Sie die Kontrolle verlieren – zum Beispiel, wenn Sie Ihr Kind anschreien oder auch wichtige Dinge vermeiden und aufschieben.
Wenn Sie eine oder mehrere Aussagen angekreuzt haben, dann können Sie sicher von den folgenden Achtsamkeitsübungen profitieren.
Im Autopiloten. Bei vielen Menschen besteht der Alltag aus Routinehandlungen, für die man nicht viel Aufmerksamkeit braucht. Wir haben dann sozusagen unseren inneren »Autopiloten« eingeschaltet. Das ist sehr praktisch, denn dabei ist es möglich, im Alltag weiter zu funktionieren, ohne richtig da zu sein. Man kann sich auch gleichzeitig mit anderen Dingen beschäftigen. Im Autopiloten reagieren wir oft schneller, eben automatisch, ohne viel nachzudenken (z.?B. an der roten Ampel bremsen).
In welchen Situationen hat Ihnen Ihr Autopilot schon geholfen?
Es gibt allerdings auch ein paar Nachteile:
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Im Autopiloten sind wir nicht richtig da mit unserer Aufmerksamkeit. Wir bekommen dann vieles nicht mit, was vielleicht wichtig, interessant oder schön sein könnte (z.?B. wenn das Kind gerade das erste Mal alleine schaukelt).
Finden Sie ein eigenes Beispiel:
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Wir erleben immer das gleiche – und wenn etwas anders ist, merken wir es oft nicht (keine Aufmerksamkeit für die kleinen Freuden des Lebens).
Beispiel:
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Auch die automatischen Reaktionen sind meistens die gleichen – es ist damit oft nicht möglich, flexibel auf Veränderungen zu reagieren (dem Kind gleich »nein« sagen, statt mal zuzuhören, was los ist).
Was kennen Sie?
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Wir können im Autopiloten nicht angemessen auf die emotionalen Bedürfnisse von Kindern reagieren, weil die liebevollen Gefühle ausgeschaltet sind.
Und wie ist es damit?
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Wir können auch keine Freude und Zufriedenheit erleben.
Kommt Ihnen das bekannt vor?
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Wir nehmen eigene Bedürfnisse und Grenzen nicht wahr (Sie spielen z.?B. am Computer immer weiter, obwohl Sie eigentlich müde oder hungrig sind).
Und sicher haben Sie dafür auch ein Bespiel …
Auch wenn der Autopilot vieles vereinfachen kann, sollte er aber nicht in jeder Lebenslage die Kontrolle übernehmen. Sie sind und bleiben die Chefin und entscheiden.
2.2 Mal raus aus dem Autopiloten und rein ins Leben
Gewahrsein und innehalten. Im Gegensatz zum Autopiloten lässt sich eine achtsame Herangehensweise verdeutlichen, wenn man sich einen Marsmenschen vorstellt, der zum ersten Mal eine Currywurst isst. Er will seinen Marsmitbewohnern später beschreiben, was genau das ist. Daher untersucht er sie ganz genau: eine unvoreingenommene Neugier, mit allen Sinnen ganz auf den Moment konzentriert.
Auch wenn wir unsere gewohnte Umwelt auf diese Weise betrachten, können wir viel Neues und Überraschendes entdecken.
Zum Ausprobieren
Wählen Sie eine Situation mit Ihrem Kind, die Sie jeden Tag erleben (z.?B. gemeinsames Frühstück, der Weg zur Kita, Ihr Kind beim Spielen). Halten Sie einen Moment inne in dem, was Sie gerade beschäftigt. Atmen Sie ein paarmal bewusst ein und aus. Betrachten Sie Ihr Kind so, als würden Sie es zum ersten Mal sehen. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Es reicht für den Anfang, wenn Sie nur für einige Momente mit Ihrer Aufmerksamkeit ganz bei dem bleiben, was gerade passiert.
Halten Sie immer wieder inne, auch wenn es nur für einen Atemzug ist. Sie können sich daran erinnern, indem Sie sich zum Beispiel einen regelmäßig wiederkehrenden Erinnerungston einstellen oder einen Sticker auf Ihr Handy kleben.
Wiederholen Sie die Übung zum Gewahrsein und Innehalten. Sehr wahrscheinlich werden Sie irgendwann abschweifen. Das gehört dazu! Vielleicht bemerken Sie, welche Art von Gedanken Ihnen durch den Kopf gehen – angenehme Gedanken, unangenehme Gedanken oder Gedanken, die eher belanglos...