Brüntrup | Philosophie des Geistes | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 205 Seiten

Brüntrup Philosophie des Geistes

Eine Einführung in das Leib-Seele-Problem
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-17-034038-1
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Einführung in das Leib-Seele-Problem

E-Book, Deutsch, 205 Seiten

ISBN: 978-3-17-034038-1
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Advances in the empirical sciences are today giving us greater insights into the relationship between body and mind than ever before. Despite this, the mind-body problem is resisting rapid solution through empirical research. One soon encounters deep and intractable philosophical questions: To what extent is the mind independent of the body? Are the brain and the mind identical? Can the mind have effects in the world? Philosophy is able to make a genuine contribution to the answering of questions such as these. This fully revised new edition of the volume The Mind-Body Problem provides an overview of current debates in the philosophy of mind. A "map" of the most important positions and arguments is systematically outlined, making orientation much easier. The final chapter questions the Cartesian premises of the current debate and attempts to indicate an alternative approach.

Brüntrup Philosophie des Geistes jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


2  Körper-Geist-Dualismus –
Die Kritik der Identitätsthese
Eine mögliche und intuitiv naheliegende Interpretation der beschriebenen Dualität der Erfahrung ist der ontologische Dualismus. Dem Unterschied in der Erfahrung entsprechen unterschiedliche Bereiche in der Wirklichkeit. In einem weiten Sinne ist jede Auffassung dualistisch, die gleichzeitig die Existenz von Körper und Geist sowie ihre Verschiedenheit (Nichtidentität) behauptet. Wenn man den Dualismus aber so allgemein definiert, fallen viele so unterschiedliche Theorien unter diesen Begriff, dass der Nutzen dieser Klassifikation fraglich wird. Das Schema, das durch die Negation jeweils eines der drei Prinzipien des Trilemmas gegeben wird, wäre kaum noch geeignet, um den Dualismus von anderen Positionen abzugrenzen. Unter jedem der drei Äste ließen sich Formen eines derart weit verstandenen Dualismus auffinden. Dies sei im Folgenden kurz verdeutlicht: • Die Annahme der kausalen Wirkungslosigkeit des Mentalen (Negation von Prinzip [III]) steht nicht im Widerspruch zu dualistischen Thesen. Zwei Beispiele: Der Epiphänomenalismus, wie er von Thomas Huxley und anderen Autoren vertreten wurde, erkennt die volle Realität des Mentalen an, billigt ihm aber keine kausale Wirkmächtigkeit zu. Physische Ursachen bringen demnach mentale Phänomene hervor, diese wirken aber nicht in die physischen Kausalketten zurück. Der von Leibniz entwickelte Parallelismus bestreitet ebenfalls die kausale Bestimmung der Materie durch den Geist. Hier gibt es aber überhaupt keine Wechselwirkung zwischen den beiden Bereichen. Auch der physische Bereich hat keinen Einfluss auf den mentalen Bereich. Die beiden Domänen sind lediglich perfekt parallelisiert wie zwei synchron laufende Uhren. • Positionen, welche die Geschlossenheit des physischen Bereichs zusammen mit der kausalen Wirkmächtigkeit des Mentalen behaupten (Negation von Prinzip [II]) sind hauptsächlich Theorien, welche die Identität von Körper und Geist annehmen. Diese können nicht dualistisch sein, da Dualität Verschiedenheit voraussetzt. Identitätsthesen können aber eingegrenzt werden. Wenn die Identität beispielsweise nur in Bezug auf Ereignisse behauptet wird, so bleibt immer noch Raum für einen Dualismus in Bezug auf Eigenschaften. Manche Positionen, die Prinzip [II] negieren, stellen überhaupt keine Identitätsthese auf. Sie halten daher zumindest auf den ersten Blick an einer – schwierig zu interpretierenden – Dualität von Mentalem und Physischem fest. Bestimmte später noch darzustellende Theorien der psychophysischen Supervenienz und Emergenz fallen unter diese Kategorie. • Wenn die kausale Geschlossenheit des physischen Bereichs verneint wird (Negation von Prinzip [I]), ist eine dualistische Position kaum mehr vermeidbar. Wenn nämlich etwas von außerhalb in den physischen Bereich hineinwirkt, dann gibt es nichtphysische kausale Kräfte. Die Verneinung der kausalen Geschlossenheit des physischen Bereichs ist also ohne Zweifel die beste Grundlage für den Dualismus. Einen solchen Dualismus, der eine kausale Wechselwirkung vom Mentalen zum Physischen und umgekehrt annimmt, nennt man einen »interaktionistischen Dualismus«. Der interaktionistische Dualismus
Um mit einem engeren und schärfer definierten Begriff des Dualismus arbeiten zu können, soll im Folgenden allein der interaktionistische Dualismus betrachtet werden. Die Negation von Prinzip [I] wird also ein integrativer Bestandteil der dargelegten Positionen sein. Diese Eingrenzung genügt aber immer noch nicht, um die dualistische Position hinreichend präzise zu bestimmen. Ein Blick auf die zweite Gliederung hilft, einen noch konturenreicheren Begriff des Dualismus zu entwickeln. Dualisten vertreten die These [A]. Sie behaupten, dass mentale Entitäten von ganz anderer Art sind als physische Entitäten und nicht aus physischen Bestandteilen zusammengesetzt sind. Damit kann der psychophysische Dualismus exakt abgegrenzt werden von nichtreduktiven physikalistischen Positionen. Letztere behaupten, dass alles, was es gibt, aus physischen Bausteinen zusammengesetzt ist. Einige höherstufige Eigenschaften in der Welt lassen sich aber nicht auf die grundlegenden von der Physik beschriebenen Eigenschaften reduzieren. Mentale Eigenschaften sind solche irreduziblen höherstufigen Eigenschaften. Obwohl mentale und physische Entitäten also unterschieden werden können, liegt im vorgeschlagenen Sinne kein Dualismus vor, da eine substantielle Eigenständigkeit des Mentalen geleugnet wird. Der Dualismus behauptet hingegen, dass mentale und physische Entitäten von ganz verschiedener Art sind. Das Mentale ist nicht bloß eine Eigenschaft komplexer physischer Systeme. In seiner ontologisch stärksten Form behauptet der Dualismus eine substantielle Verschiedenheit von Körper und Geist in folgendem Sinn: Das Mentale und das Physische bedürfen einander nicht für ihre Existenz. Eine menschliche Person ist aus dualistischer Sicht eine Kombination von Körper und Geist. Ein starker Substanzdualismus impliziert daher auch die These, dass unser mentales Leben auch ohne jeden Körper weiterbestehen könnte. Es gibt jedoch auch schwächere Formen des Dualismus, welche die Möglichkeit einer absolut körperlosen Existenz des (menschlichen) Geistes ablehnen. In der aristotelisch-thomistischen Tradition der christlichen Philosophie ging man meist davon aus, dass die menschliche Seele irgendeiner materiellen Grundlage bedürfe. Eine dualistische Position im hier eingeführten Sinne muss also nicht unbedingt eine prinzipielle Unabhängigkeit des Mentalen von jeder materiellen Grundlage behaupten. Sie muss aber zumindest daran festhalten, dass mentale Phänomene nicht nur Eigenschaften eines ausschließlich aus physischen Teilen bestehenden Systems sind. Der Dualismus bestreitet die These, dass alle konkreten Individuen in der Welt rein physischer Natur sind. Die These des Dualisten, dass geistige und körperliche Entitäten von ganz verschiedener Art sind, ist interessanterweise nicht schon in der Negation von Prinzip [I] des Trilemmas enthalten. Die Negation der kausalen Geschlossenheit der physischen Welt allein wäre ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium für eine dualistische Position im hier vorgeschlagenen starken interaktionistischen Sinne. So hat beispielsweise F. von Kutschera eine Position vorgeschlagen, die sowohl die These von der kausalen Geschlossenheit der physischen Welt wie auch den Dualismus ablehnt. Die Welt zerfällt danach nicht in eine Dualität, sondern ist ein bipolares Kontinuum. Ähnlich wie es keine Dualität von hell und dunkel gibt, sondern ein Kontinuum zwischen diesen Polen, so ist auch unsere Welt ein Kontinuum zwischen dem physischen und dem psychischen Pol. Diese Polarität lässt sich weder in eine Richtung auflösen (Monismus) noch auseinanderdividieren (Dualismus). Dieser nicht ganz leicht verständliche Ansatz, der schon Vorgänger im Deutschen Idealismus hat, wurde in der gegenwärtigen Debatte allerdings bisher kaum weiterentwickelt (von Kutschera 1981, 394f.). Um den Dualismus zu charakterisieren, bedarf es also mehr als nur des Hinweises auf die Negation von Prinzip [I]. Der Dualist behauptet, dass Mentales und Physisches so verschieden sind, dass sich eine klare Grenze zwischen ihnen ziehen lässt. Geist und Körper sind von ganz anderer Art. Abschließend kann man also sagen, dass der Dualist (im hier vorgeschlagenen Sinne) folgende Thesen für wahr hält: Alles Reale ist physischer oder mentaler Natur. Das Mentale und das Physische sind völlig verschieden. Zwischen Mentalem und Physischem gibt es eine bidirektionale kausale Interaktion. Auch wenn man den Begriff des Dualismus so präzisiert, deckt er philosophiegeschichtlich gesehen noch immer eine Reihe sehr verschiedener Entwürfe ab. Selbst in der Gegenwart präsentiert der Dualismus sich keineswegs uniform. Ein entscheidender Unterschied liegt darin, dass manche Autoren unabhängig von der Erfahrung einen rein begrifflichen Beweis (a priori) für den Dualismus, bzw. einige seiner Kernthesen, vorlegen wollen. Andere Autoren hingegen versuchen, Ergebnisse der empirischen Wissenschaften (a posteriori) als Begründung für den Dualismus heranzuziehen. Oft umfasst ein dualistisches System beide Elemente: Für ein wesentliches Kernstück – die Widerlegung der psychophysischen Identitätstheorie – wird eine Begründung a priori geliefert. Für ein anderes wesentliches Kernstück – die Erläuterung des genauen Ablaufs der psychophysischen Wechselwirkung – wird eine empirische These vorgelegt. Im Folgenden soll auf beide Strategien exemplarisch eingegangen werden. Den Ausgangspunkt bildet die Darstellung und Analyse von A-Priori-Argumenten gegen die Identitätsthese, die sich in der kartesischen Tradition herausgebildet haben. Kartesische A-Priori-Argumente für den Dualismus
Der Dualist muss zunächst zeigen, dass das Mentale und das Physische nicht identisch sind. Dazu zieht man gewöhnlich ein Prinzip heran, dessen heute gebräuchliche Standardformulierung auf Leibniz zurückgeht: das Prinzip der Ununterscheidbarkeit von Identischem. Es lautet: Wenn A identisch ist mit B, dann hat A jede Eigenschaft, die B hat, und umgekehrt hat B jede Eigenschaft, die A hat. Daraus ergibt sich folgende wichtige Konsequenz: Wenn A eine andere Eigenschaft hätte als B, dann könnte A nicht mit B identisch sein. Im...


Prof. Godehard Brüntrup SJ holds the Erich Lejeune Foundation Chair at the Munich School of Philosophy. He has also taught at leading universities in the United States for several decades. His research focuses on the philosophy of mind and theory of action.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.