E-Book, Deutsch, Band 3, 512 Seiten
Brooks Die Shannara-Chroniken: Der Magier von Shannara 3 - Die Verschwörung der Druiden
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-18124-6
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 3, 512 Seiten
Reihe: Die Shannara-Chroniken: Der Magier von Shannara
ISBN: 978-3-641-18124-6
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Im Jahr 1977 veränderte sich das Leben des Rechtsanwalts Terry Brooks, geboren 1944 in Illinois, USA, grundlegend: Gleich der erste Roman des begeisterten Tolkien-Fans eroberte die Bestsellerlisten und hielt sich dort monatelang. Doch 'Das Schwert von Shannara' war nur der Beginn einer atemberaubenden Karriere, denn bislang sind mehr als zwanzig Bände seiner Shannara-Saga erschienen.
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Eins
Pen Ohmsford!«, rief die schwarz gekleidete Gestalt ihm über den Abgrund hinweg zu, der die Insel des Tanequils vom Rest der Welt trennte. »Wir haben schon auf dich gewartet!«
Ein Druide. Er trat ein paar Schritte vor, zog die Kapuze vom Kopf und enthüllte die kräftigen dunklen Gesichtszüge. Pen hatte ihn nie zuvor gesehen.
»Komm über die Brücke, damit wir uns unterhalten können«, sagte der Druide.
Im Schein des Feuers ragte sein Schatten dunkel über die Steinbrücke bis in die Spalte hinein und verhieß nichts Gutes. Pen wünschte nur, er wäre nicht so voreilig und unachtsam ins Licht getreten. Aber er hatte geglaubt, das Schlimmste hinter sich zu haben. Die Begegnung mit dem Tanequil hatte er überlebt, dazu hatte er den Dunkelstab geschenkt bekommen, den Talisman, der ihm Zugang zur Verfemung gewähren würde. Zwei Finger hatte er eingebüßt, doch betrachtete er dies inzwischen als einen kleinen Preis. Viel teurer dagegen war für ihn der Verlust von Cinnaminson. Doch hatte er akzeptiert, dass er daran zunächst nichts ändern konnte, nicht bevor er seine Tante befreit hatte, und so hoffte er, später hierher zurückkehren zu können. Zum Schluss war er auch dem Ungeheuer entkommen, das ihn seit Anatcherae verfolgt hatte. Jetzt war es tot, lag zerschmettert auf dem Boden des Abgrunds.
Und nun dies.
Er schloss die Finger um den Dunkelstab und suchte die Gesichter der gefangenen Trolle ab. Alle waren dort, stellte er fest. Keiner fehlte. Niemand schien verletzt zu sein. Offensichtlich waren sie überrascht worden und hatten gar keine Gelegenheit zur Gegenwehr gehabt. Er fragte sich, wie das hatte passieren können, wie die Druiden sie überhaupt aufgespürt hatten, doch es war sinnlos, nach den Antworten auf diese Fragen zu suchen.
Einige der Trolle schauten nun auf, unter ihnen Kermadec. Unmissverständlich zeigten sich Zorn und Enttäuschung auf seinem Gesicht. Er hatte Pen gegenüber versagt. Wie sie alle. Der Junge entdeckte Tagwen hinter den großen Gefährten.
Nur von Khyber war keine Spur zu sehen.
»Komm über die Brücke, Pen«, wiederholte der Druide gar nicht unfreundlich. »Mach es nicht noch schlimmer für dich.«
»Ich glaube, ich bleibe lieber, wo ich bin«, antwortete Pen.
Der Druide nickte, als würde er ihn verstehen. »Gut, das kannst du tun, wenn du willst. Ich habe die Warnung auf dem Stein vor der Brücke gelesen, und ich werde mich hüten, zu dir hinüberzugehen.« Er hielt kurz inne. »Sag mal. Wenn diese Gefahr tatsächlich besteht, wie hast du es geschafft, unverletzt nach drüben zu gelangen?«
Pen erwiderte nichts.
»Was machst du eigentlich hier? Willst du deiner Tante helfen? Hast du gedacht, du könntest sie hier finden?«
Schweigend starrte Pen ihn an.
»Wir haben deine Freunde in unserer Gewalt. Alle. Du siehst es ja mit eigenen Augen. Wir haben auch deine Eltern; die sind in Paranor eingesperrt.« Seine Stimme klang ruhig und geduldig. »Es bringt dir nichts ein, dort drüben zu bleiben, wenn alle, an denen dir etwas liegt, auf dieser Seite sind. Durch die Weigerung, dich deiner Verantwortung zu stellen, hilfst du ihnen nicht.«
Meine Verantwortung, wiederholte Pen im Stillen. Was wusste dieser Kerl schon über seine Verantwortung? Und was scherte er sich darum, einmal abgesehen davon, dass er glaubte, Pen daran hindern zu können, sie wahrzunehmen?
Ein zweiter Druide gesellte sich zu dem ersten, tauchte aus der Dunkelheit auf und trat ins Licht. Er war klein und schlank, hatte das frettchenartige Gesicht eines Gnomen und erweckte einen besonders hinterhältigen Eindruck. Sein Blick fuhr rasch zwischen dem ersten Druiden und Pen hin und her. Er murmelte etwas, und der erste Druide sah ihn verärgert an.
»Woher soll ich wissen, dass das, was Ihr mir über meine Eltern erzählt, keine Lüge ist?«, fragte Pen plötzlich; schließlich hatte er diese Behauptung schon mehrmals gehört. Glauben wollte er sie nicht.
Der erste Druide wandte sich ihm wieder zu. »Nun, woher, ja. Ich kann dir nur sagen, dass sie mit einem Schiff namens Schnell und Sicher flogen, als sie in den Keep kamen. Sie haben uns geholfen, dich zu finden. Dein Vater hat sich Sorgen wegen des Verschwindens seiner Schwester gemacht, aber natürlich noch mehr wegen dir. Auf diese Weise haben wir dich gefunden, Pen.«
Pen starrte ihn an, und Kälte kroch ihm bis in die Knochen. Die Erklärung ergab Sinn. Sein Vater hatte ihnen vermutlich geholfen, ohne es zu wissen, in dem guten Glauben, das Richtige zu tun, weil auch die Druiden sich wegen Pens Tante Sorgen machten. Der König vom Silberfluss hatte seine Eltern vor den Druiden warnen sollen, aber das war ihm wohl nicht gelungen. Demnach hatte sein Vater nichts von dem Verrat gewusst. Woher auch?
Pen strich sich das wirre rote Haar aus dem Gesicht und überlegte, was er nun tun sollte.
»Ich will es mal so ausdrücken«, fuhr der größere Druide fort und schob sich ein wenig vor den anderen. »Mein Ordensbruder ist nicht so geduldig wie ich, hat allerdings auch wenig Lust, die Brücke freiwillig zu überqueren. Aber sobald es Morgen ist, nehmen wir die Luftschiffe, und dann fangen wir dich, auf die eine oder andere Weise. Es gibt nur eine endliche Anzahl von Stellen, an denen du dich verstecken kannst. In Anbetracht des Ausgangs, den die Sache schließlich nehmen wird, ist das alles nur Zeitverschwendung.«
Vermutlich stimmte das. Trotzdem war seine Freiheit gleichzeitig sein letzter Trumpf. »Lasst Ihr meine Freunde frei, wenn ich hinüberkomme?«
Der Druide nickte. »Mein Wort drauf. Wir lassen alle frei. Für sie haben wir keine Verwendung, außer dich zu überreden, uns zu begleiten. Sobald du hier bist, sind sie frei.«
»Und meine Eltern?«
Der Druide nickte. »Wenn wir in Paranor sind, können auch sie gehen. Und nachdem du uns gesagt hast, was wir wissen wollen und welchen Zweck es hatte, hierher zu reisen, bist du ebenfalls frei.«
Er log. Zwar ließ er es glaubhaft klingen und erweckte durch die Wahl seiner Worte und seines Tonfalls den Anschein von Offenheit und Vernunft, dennoch durchschaute Pen ihn sofort. Der Druide hätte ihm besser etwas weniger Besänftigendes erzählen sollen, doch sah der Mann vermutlich noch ein Kind in ihm und dachte, Pen würde auf eine Lüge eher wie gewünscht reagieren als auf die Wahrheit.
Pen überlegte fieberhaft, was er tun sollte. Die wichtigen Fragen hatte er dem Druiden gestellt und darauf Antworten erhalten, die er erwartet hatte. Sie bestätigten seinen Verdacht, was mit ihm geschehen würde, wenn er hinüberginge und sich ergäbe. Andererseits würden sie ihn, falls er hier bliebe, früher oder später erwischen, sogar, wenn er wieder in den Abgrund hinunterstiege, wobei er allerdings bezweifelte, ob er das konnte. Wollte er seine Verantwortung jedoch tatsächlich in dem Maße wahrnehmen, wie er es sich vorstellte, genügte es nicht, sich lediglich zu verstecken.
Die Entscheidung war leichter getroffen, als er gedacht hätte. Er musste sowieso nach Paranor, denn nur dort konnte er den Dunkelstab einsetzen und zu seiner Tante gelangen. Die Ard Rhys zu retten war schließlich der Grund, warum er überhaupt aufgebrochen war, und um dies zu tun, musste er unbedingt in den Druidenkeep. Er hätte es zwar vorgezogen, auf andere Weise nach Paranor zu kommen, doch am Ende spielte das keine Rolle. Wichtig war allein, dass der Dunkelstab in seinem Besitz blieb, bis er das Zimmer der Ard Rhys erreicht hatte.
Er hatte keine Ahnung, wie er das anstellen sollte.
»Ich möchte mit Tagwen sprechen«, rief er. »Schickt ihn zur Brücke und tretet zurück, damit ich sie sicher überqueren kann.«
Die Druiden sahen sich fragend an. »Wenn du dich ergibst, lassen wir dich mit Tagwen reden«, sagte der Größere.
Pen schüttelte den Kopf. »Ich ergebe mich erst, nachdem ich mit Tagwen gesprochen habe. Ich möchte von ihm wissen, wie er über Eure Versprechungen denkt und für wie verlässlich er Euer Wort hält. Solange Ihr mich nicht mit ihm reden lasst, bleibe ich hier.«
Er beobachtete ihre Gesichter genau und schaute zu, wie sie sich im Flüsterton berieten. Die Forderung gefiel ihnen nicht, und sie suchten nach einer Möglichkeit, sie ihm zu verweigern.
»Wenn Ihr denkt, es sei so leicht, herüberzukommen, dann wartet doch einfach bis zum Morgen«, sagte er plötzlich. »Vielleicht ist es gar nicht so einfach, wie Ihr meint. Dieses Spinnenwesen habt Ihr doch geschickt, damit es mich einfangen soll? Oder sollte es mich einfach nur umbringen? Ihr habt es doch geschickt, nicht wahr?«
Diese Frage entsprang einer plötzlichen Eingebung, und obwohl er nicht wusste, wie sie reagieren würden, hatte er doch eine Vermutung. Er wurde nicht enttäuscht. Beide Druiden starrten ihn überrascht an. Derjenige, der bisher geredet hatte, verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir haben ihn nicht geschickt. Aber wir wissen, wer ihm den Auftrag gab. Allerdings glaubten wir, er sei schon in den Schlacken ums Leben gekommen.«
Pen schüttelte den Kopf und blickte zu Tagwen, der ihn nun wachsam anschaute, weil er ahnte, dass etwas im Gange war, und herausfinden wollte, was. »Er? Nicht es?«
»Aphasia Wye. Ein Mann, allerdings hast du Recht, er sieht eher wie ein Insekt aus als wie ein Mensch. Willst du sagen, er sei nicht tot? Wo ist er?«
»Doch, inzwischen ist er tot. Aber gestorben ist er nicht in den Schlacken. Er hat uns bis hierher verfolgt. Gestern Abend hat er die Brücke überquert. Genau, wie Ihr es vorhabt. Immerhin hat er einen Weg gefunden. Und mich hat er auch entdeckt, doch gleichzeitig...