E-Book, Deutsch, 368 Seiten
Reihe: dtv- extra
Brooks Being
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-423-41045-8
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 368 Seiten
Reihe: dtv- extra
ISBN: 978-3-423-41045-8
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kevin Brooks, geboren 1959, wuchs in einem kleinen Ort namens Pinhoe in Südengland auf. Nach seinem Studium verdiente er sein Geld mit Gelegenheitsjobs. Seit dem überwältigenden Erfolg seines Debütromans >Martyn Pig< widmet er sich ganz dem Schreiben. Für seine Arbeiten wurde er mit renommierten Preisen ausgezeichnet, u.a. mehrfach mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis sowie der Carnegie Medal für >Bunker Diary<. Er schreibt auch Thriller für Erwachsene.
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Zwei
Stimmen.
Ein Gefühl wie Gummi und Gas. Schläuche.
Stimmen.
Sauberes Gummi. Weißes Gas. Der Geschmack von Plastikschläuchen tief in meiner Kehle. Kratzend und steif. Der Geschmack von Medikamenten. Was ist das? Das hier sollte nicht passieren. Sollte nicht sein. Ich liege mit geschlossenen Augen auf dem Rücken. Ein weißes Laken bedeckt meinen Körper. Unter dem Laken bin ich nackt.
Kribbeln…
Nadeln im Handrücken.
Schläuche, Schläuche… dünne Drähte festgeklebt auf der Brust. Ich atme durch einen Schlauch… Gummi und Gas. Zischender Atem. Atme. Eine Art Maske.
Meine Augen lassen sich nicht öffnen.
Warte einen Augenblick, warte…
Und jetzt bewegen.
Finger, Zehen, Arme, Beine, Hände, Kopf – nichts. Ich kann mich nicht bewegen. Ich bin unfähig, mich zu rühren.
Gelähmt.
Das ist nicht in Ordnung. Überhaupt nicht in Ordnung. Das ist ganz schlecht. Warte einen Augenblick, warte, warte…
Was ist das?
Wo bin ich?
Stimmen.
Wer sind diese Leute?
Was das?
Eine Tür geht auf. Jemand betritt den Raum.
Ich hör wieder Stimmen.
Die Stimmen kommen näher. Ich spüre jetzt Menschen, die neben mir stehen. Ich kann sie nicht sehen. Meine Augen sind geschlossen. Ich bin nichts – ein erstarrter Behälter. Das Einzige, was ich tun kann, ist still daliegen und zuhören.
Ein Mann hustet, räuspert sich.
Kurze Pause.
Schweigen. Nicht normal?
Ein Schalter klickt, irgendwas summt.
Hmmm…
Klick.
Schweigen.
Hmm…
Klick. Surr. Klick.
Schweigen.
Klick.
Klick.
Schweigen.
Klick.
Das Summen hört auf.
Wieder langes Schweigen.
Wieder Schweigen.
Nach einer Weile merke ich, wie jemand sich über mich beugt. Mich betrachtet. Ein Mann. Ich spüre seinen Atem in meinem Gesicht. Den finsteren Geruch eines Mannes. Er atmet tief ein, hält einen Moment die Luft an, dann atmet er wieder aus. Als er spricht, spüre ich sein Flüstern heiß auf meiner Haut.
Gar nichts, will ich ihm sagen. Ich bin gar nichts. Ich bin einfach ein Junge mit einem kranken Magen. Ich bin Robert Smith. Was ihr auch denkt über mich, wer ihr auch seid – ihr liegt falsch. Hört zu, da ist was schiefgelaufen. Hört mal her, schaut mich an. Ich bin wach. Ich bin bei Bewusstsein…
Ich möchte schreien.
Aber ich kann den Mund nicht öffnen.
Ich kann mich nicht rühren.
Ich habe viel geträumt. Als ich noch klein war, habe ich oft von einem Wirbelsturm geträumt, der mich tief in mir drin um die eigene Achse wirbelte und hinab zu schrecklichen Orten sog. Ich habe nie begriffen, was die schrecklichen Orte waren, aber ich wusste, sie würden mich töten. Und ich wollte nicht sterben. Ich wollte nicht zu den schrecklichen Orten. Ich wollte einfach nur aufwachen. Ich wusste, wenn ich mich selbst wecken könnte, wäre ich okay. Ich es. Und ich wusste auch, was ich tun musste, um mich zu wecken. Ich musste mich rühren. Irgendetwas bewegen. Einen Finger, eine Hand, ein Bein. Irgendwas. Einfach nur bewegen. Bewegen. Bewegen. Bewegen.
Mich zu bewegen war unmöglich damals, aber es gelang mir immer, den Traum zu zerstören.
Doch das hier war kein Traum. Das hier war alles andere als ein Traum. Das hier war das Schlimmste, was man sich vorstellen konnte. Noch schlimmer: Es war real. Ich lag auf einer Krankenhausliege, gelähmt und stumm, und Unbekannte redeten unbekannte Dinge über mich.
Silbrige Fäden?
Irgendwas Kunststoffartiges?
Es konnte nicht wahr sein.
War es aber.
Ich höre die Stimmen noch immer.
Die Tür öffnet sich leise, dann geht sie wieder zu.
Jemand schließt ab.
Der Mann, der Ryan heißt, redet weiter.