Brendebach | Der Zaun | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 290 Seiten

Brendebach Der Zaun


2. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7526-7865-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 290 Seiten

ISBN: 978-3-7526-7865-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In einer Kleinstadt im Westerwald geschieht ein Mord, und die Politische wird eingeschaltet. Kommissar Iltum ist nicht der einzige Besuch aus dem Osten. Auch die Lehrerin Mascha wird an diesem Wochenende von ihrem alten Schulfreund Jonas überrascht, der ihr auf den Zahn fühlt. Aber auch Einheimische geraten in Verdacht, vor allem die Familie des Toten, die Hofmanns, denen vor der Revolution die halbe Stadt gehört hat. Großspurig auftretende Sieger der Geschichte aus dem Osten treffen auf die Verlierer - die in der untergegangenen BRD vom großen Zaun zwischen Armen- und Reichenvierteln und dem Grauen hinter dem Südzaun profitiert haben. Nach einem Wochenende privater und polizeilicher Ermittlungen sind die Lebenslügen nicht länger haltbar. Ein Kammerspiel zwischenmenschlicher Beziehungen, in dem sich die große Politik buchstäblich spiegelt: seitenverkehrt. "Verführerisch prägnante Szenen. Je länger man in diesem Buch liest, desto größer wird beides: Der literarische Genuss und das innere Unbehagen." Stephan Thome

Martin Brendebach erlebte den Kalten Krieg am Nordrand des Westerwaldes und die roaring nineties in Berlin. Nach langen Aufenthalten in China arbeitete er als Lehrer. Heute lebt er in Potsdam und ist Referent für politische Bildung in einem Landesministerium.

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5. Bornholm Also was wissen wir. Ein weißes Blatt Papier, in die Mitte, mit dem Lineal, ein Quadrat. Bornholm hat recherchiert. Mit Bleistift in das Feld: Franz Hofmann. Dahinter ein Kreuz. Der singende – ja was, da fängt es an, was war er, von Beruf. Kurz nach der Revolution in der Kreisverwaltung untergekommen, Lebensmittelkontrolle. Klar, das war Iltum. Ein Anruf bei der Behörde, und es besteht kein Zweifel: Gänzlich ungeeignet sei er gewesen, aber was wollte man machen, kam ’ne Weisung von oben. Habe aber auch keinen Schaden angerichtet, sei eh so gut wie nie da gewesen, nur wenn er Besuch empfing und sich mit seinem Schreibtisch wichtigmachen wollte. Und vor der Revolution? Abgebrochene Ausbildungen (KfZ-Mechaniker, Zahntechniker) und gescheitertes Kleinunternehmertum, eine schwer durchschaubare Vielzahl von Eintragungen ins Handelsregister, in der Regel ein bis zwei Jahre später wieder gelöscht. Passt zu dem, was Hannes brachte aus seinen zwei Gesprächen, eines mit einem Mitglied des Kirchenchors, den Hannes über seinen Schwager kannte, eines mit einer Frau, die Franz Hofmann vor Jahren bei einer seiner windigen Unternehmungen als Sekretärin eingestellt hat. Zwei Gespräche sind nicht viel für einen ganzen Vormittag, findet Bornholm, aber immerhin. Charme habe er gehabt, der Franz Hofmann, aber das sei manch einem auch auf die Nerven gegangen. Männern wie Frauen. Wusste sich in Szene zu setzen, so dass man ihm sogar jedes Mal ein wenig Vertrauen entgegen brachte, wenn er von einer neuen Geschäftsidee anfing – obwohl allen klar war, dass erstens das Geld seines Bruders dahinter steckte, und kein seriöser Bankkredit, und dass es zweitens noch mit jeder seiner Ideen ein frühes und teures Ende genommen hatte – dennoch, er war gewinnend und selbstbewusst, so sehr, dass er überzeugte, so lange er im Raum war. Soweit übereinstimmend beide Befragten. Zu seinen Frauengeschichten leicht Abweichendes. Die Sekretärin: Korrekt habe er sie behandelt, immer ein Gentleman – so sagte sie tatsächlich, hob Hannes hervor – aber natürlich habe der in jedem Hafen eine Braut gehabt, da sei sie sich sicher, warum auch nicht, schöner, ungebundener Mann, der er war. Ob ihm daraus Feindschaften erwachsen seien? Möglich, aber sie wisse von keiner. Dann aber sei es ja auch lange her, dass sie für ihn tätig war, und es habe ja auch nicht lange gedauert, er habe ja manchmal nicht so ein glückliches Händchen gehabt, leider. Der Kamerad aus dem Chor: Ja, die Weiber. Natürlich sei der Franz ein Filou gewesen, aber man müsse da schon auch was abziehen; war eben ein Aufschneider, auf jedem Gebiet, und dass nun keine vor ihm sicher gewesen wäre – na ja! Gab Gerüchte, und das sorgte dann gerade im Kirchenchor, wie man sich denken kann, für Unmut, Gerüchte aber eben nur, er sei zudringlich geworden bei einer. Ist aber auch schon fünf Jahre her, warum sollte da jetzt noch einer kommen ... was das Finanzielle betrifft, weiß keiner der beiden Genaues. Die ehemalige Sekretärin: Seinerzeit seien Schulden aufgelaufen, wie auch anders, aber das habe „Der Hofmann“ – Martin Hofmann – bereinigt. Und der Herr vom Kirchenchor: Kann er nichts zu sagen, der Franz kam immer schnieke und adrett daher, ob er nun neues Geld hatte oder wieder mal frisch vor der Pleite stand. Bornholm hätte gern ein Foto, eines zu Lebzeiten. Im Toten war keine Person mehr zu erkennen gewesen, nur eine stämmige Gestalt. Es bleibt beim Namen und dem Kreuz im zentralen Quadrat. Geld, Frauen, kann wichtig sein, aber nicht die Ordnung verlieren, die Struktur. Erst die Familie. Das ist es fast immer. Links und rechts davon, etwas abgesetzt, je ein weiteres Quadrat. Links der mittlere der drei Brüder: Martin Hofmann, der tief gesunkene. Vor zwei Jahren noch der heimliche Herr des Städtchens, kontrollierte die Bank und den Stadtrat. Wie Franz im Krieg geboren, hier im Ort, und so gut wie nie weg gewesen, nur für ein paar Jahre zum Studium, in Bonn. Irgendwas mit Wirtschaft. Jetzt: Alkoholismus, leichte Geistesgestörtheit (behauptet, überprüfen!). Ins Quadrat rechts von Franz: Der älteste Bruder, Heinz. Hat sein ganzes Leben im gleichen Haus verbracht: Geboren und heute noch wohnhaft Siegstraße 1. Bäcker gelernt vom eigenen Vater, dessen Betrieb er übernommen hat vor 15 Jahren. Keine sonstigen Einträge (Befragen!). Ein neues Quadrat über die drei: Der Vater, Georg. Der alte Bäckermeister. Wohnt noch in seinem Haus, das er gebaut hat 1927. Siegstraße 1, sie wohnen alle drei da, der alte Bäcker und der junge schon immer, und Martin Hofmann seit der Revolution. Ist enteignet worden. Rechts von Heinzt: Die einzige Schwester, Gertrud. Auch im Ort, aber unter anderer Adresse. (Auch hier: befragen!). Gut, Schwester, wie sieht’s sonst mit Frauen aus, wenn’s die Familie nicht ist, das ist es dann meistens. Oder in Kombination. Um das Feld mit Franz Hofmann hat Bornholm Platz dafür gelassen, aber er füllt sich kaum. Ehe geschieden schon vor fast zehn Jahren, die Frau lebt jetzt in Süddeutschland, hat wieder geheiratet, ziemlich bald danach. Wohl kein Zufall. Seitdem: Nichts amtliches, aber Gerede, Andeutungen von Nachbarn und Angestellten, nicht sicher einzuschätzen. Interessant wäre: ein Verhältnis mit vergebenen Frauen, aber dafür gibt es wie gehört noch keinen Anhaltspunkt. Noch. Weiter recherchieren! Eine interessante Bemerkung des Chorsängers: Franz Hofmann habe sich zuweilen – aber das sei jetzt wirklich nur ein Gerücht! – bei Professionellen versorgt. Das entsprechende Etablissement befindet sich an der Ausfallstraße nach Bonn. Wird man nicht umhin kommen, vielleicht ist da was vorgefallen. Dienst ist Dienst. Aber erst morgen, anderes ist dringlicher. Er kann auch Hannes schicken. Andererseits: Nein, besser er geht selber dahin. Also ein B für seinen Namen in die Ecke des Feldes, in das er nach kurzer Überlegung „Bordell“ geschrieben hat. Es bleibt leer um Franz Hofmann. Die Frau ist weg, Kinder gab es nicht. Freunde, Feinde, Konkurrenten? Um was denn? Er sang im Kirchenchor und im Gesangsverein, gibt es Konkurrenz bei so was? Kann man sich kaum vorstellen, andererseits: weiß man’s? Hannes hat da nichts rausgekriegt, aber wer sagt, dass der Kumpel seines Schwagers gerade der richtige Mann ist. Und ob Hannes alles raushört. Also: weiter erkundigen, wer ist Anlaufstelle, erst mal der Pfarrer, und dann einen vom Verein, als Kontakt ist der Vorsitzende angegeben, also gut, er selbst zum Pfarrer („B“), Hannes zum Vorsitzenden („H“). Was sonst noch? Wieder der Blick auf die Flügel, die äußeren Felder, die Familie. Die Mutter ist gestorben, vor Jahren. Die Schwägerinnen: Heinz seit über 25 Jahren verheiratet, Verhältnis seiner Frau zu Franz Hofmann nicht bekannt. Und die Frau von Martin Hofmann ist auch weggelaufen, ganz kurz vor der Revolution (Verhältnis zu Franz Hofmann erfragen!). Sonstige Verwandtschaft: Neffen und Nichten. Die meisten leben nicht mehr im Ort, aber man sollte zumindest überprüfen, wo sie gerade stecken. Heinz hat drei Töchter, alle aus dem Haus, eine studiert in Sachsen, eine in der Lehre in Norddeutschland (warum auch immer, nachfragen.), eine verheiratet ins Ausland. Die Schwester hat einen Sohn, der fährt zur See. Bleiben nur die beiden Söhne von Martin Hofmann, dem Unternehmer. Der ältere, David, schon über 33, war lange weg, Studium und Rumtreiberei, leitet seit ein paar Monaten das Kino hier im Ort. Und ein Nachzügler, Tim, 19, arbeitet in der Altenpflege auch hier im Ort. Obwohl er Abitur hat, kein schlechtes. Ungewöhnlich. Nicht viel. Iltum hat ganz andere Mittel, die Kontoauszüge, Konsumverzeichnisse, gezielt ausgesuchte Informanten, nicht zuletzt die Laborberichte. Als ob er die ihnen nächste Woche wirklich vorlegen würde. Quatsch, sie kriegen da was Frisiertes, Iltum ist nicht sehr intelligent, aber schlau. Der hält seinen Vorteil fest, wo er ihn hat. Und natürlich ist da noch was im Busch. Für den Franz Hofmann, selbst wenn er für sie gearbeitet hat, schicken die keinen von der Politischen. Die wissen was. Wahrscheinlich irgendwas mit der Bordellszene, irgendwas das weiter reicht, über das Dorf hinaus. Und dennoch: Sie werden viel übersehen, gerade Iltum, und vielleicht wird es das Wesentliche sein: Die kleinen, entscheidenden Dinge, das Private, den ganz gewöhnlichen Hass. Den Martin Hofmann, den muss man sich daraufhin mal ansehen. Und vielleicht auch seine Söhne. Jeden, der was verloren hat. „Gut Hannes, dann wollen wir mal.“ „Ich hab doch den Dienst, ich bleib noch.“ „Vom nach Hause gehen war auch nicht die Rede. Wir legen los.“ „Und die Bereitschaft?“ „Macht der Junge. Dienstverpflichtung, kann er sich gleich mal dran gewöhnen.“ „Aber dat kann der doch noch nicht, wenn da wat passiert, und der Jung ... “ „Herr Heiner, das lassen sie mal meine Sorge und Verantwortung sein, ja? Hier ist zwei Jahre lang nichts passiert. Bis gestern. Und wenn irgendwo ein Bengel eine Scheibe einwirft, kommt der junge Mann damit schon klar, denken Sie nicht? Also. Ich brauche Sie bei der Ermittlung.“ „Na dann. Wenn dat so...



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