Braun / Neumann | Icke, Evelyn Hamann und die Beatles | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 208 Seiten

Braun / Neumann Icke, Evelyn Hamann und die Beatles

Eine Art Biografie
2. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7528-9007-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Art Biografie

E-Book, Deutsch, 208 Seiten

ISBN: 978-3-7528-9007-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Hamburg, das war die Offenbarung für den jungen Icke Braun, im Jahr 1954, als frischgebackener Maschinenschlosser aus Cuxhaven. Hamburg, das war die Pigalle, wo man nach karibischer Musik tanzte, das war die Palette, Stammkneipe der Jazzfans und Existenzialisten und noch ein paar andere Treffpunkte. Aber so richtig los ging es erst Anfang der 60er, mit den Beatles, die das Top Ten und den Star-Club eroberten und in Ickes Schrebergarten Party machten. Danach, last but not least, kam Ickes wilde Zeit mit Evelyn. Praller konnte das Leben nicht sein. Aber was für ein krasser Gegensatz zu dem, was er vor Hamburg erlebt hatte: die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und das Elend der Nachkriegszeit! Den fetten Jahren waren die mageren vorausgegangen, die für den kleinen Jungen allerdings trotz oder auch wegen all ihrer Bedrohlichkeit nicht weniger aufregend gewesen waren.

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Die Stadt am Watt
In Diez kannte ich mich noch von früher ganz gut aus. Die Straßen waren im Wesentlichen unverändert geblieben, seitdem ich vor fünf Jahren in Richtung Ostzone aufgebrochen war. Verändert hatten sich allerdings die Freunde von damals. In der Straße vor dem Haus meiner Oma fand ich gar keinen mehr, auch wenn sie teilweise noch da wohnten. Mit vierzehn, fünfzehn, sechzehn spielt man eben nicht mehr mit anderen Kindern auf der Straße Murmeln. Da bandelt man schon lieber mit einem Mädchen an und verschwindet mit ihr in der Landschaft. Ich hatte mir auch schon eine ausgeguckt. Nur, sie anzusprechen, hatte ich noch keine Gelegenheit gehabt. Immer wieder, wenn ich kurz davor war, kam irgendwas dazwischen. Entweder traf sie eine Freundin, oder mir war ein Schnürsenkel aufgegangen, oder sie bog in eine Straße ein, die nicht auf meinem Weg lag. Das Hauptproblem war wohl meine Schüchternheit. Mein Vater hatte sich währenddessen vom Lahntal aus um eine Lehrerstelle in Niedersachsen beworben und erhielt die Nachricht, er könne vorübergehend an einem Mädchengymnasium in Cuxhaven unterrichten, bis man eine unbefristete Stelle für ihn gefunden habe. Es war immer dasselbe Lied. Schon wieder brachen wir die Zelte ab und zogen weiter, diesmal in die Stadt am Watt. Hier gefiel es mir richtig gut. Ich hatte das Gefühl, dass die ganze Welt offen vor mir lag . Stundenlang konnte ich am Strand entlang schlendern, die Wellen und die Brandung beobachten. Ich fand es fantastisch, dass bei Ebbe der Meeresgrund wieder auftauchte, diese endlose Landschaft, die sich erst am Horizont auflöste und in den Himmel überging. Meine Lieblingsstelle war am Ende einer bestimmten Buhne. Wenn ich da draußen stand und die auflaufende Flut um meine Beine spielte, hätte ich schreien können vor Glück. Von da aus beobachtete ich die riesigen Pötte, wie sie sich in die Elbe schoben, oder wie sie, aus Hamburg kommend, in See stachen, bis sie auf ihrem Weg nach Amerika oder sonstwohin nicht mehr zu sehen waren. Und ich beschloss, ich wollte auch solche Riesenschiffe bauen. Jetzt war ich in einem Alter, in dem ich solche Entscheidungen auch schon umsetzen konnte. Für meinen Vater völlig unerwartet, schmiss ich die Schule und bewarb mich um eine Lehrstelle auf der Mützelfeld Werft. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen und malte mir in düsteren Farben meine Zukunft aus. Die Mützelfeld Werft „Hier im Westen gilt der einfache Arbeiter gar nichts,“ sagte er. „Du wirst ausgebeutet bis ans Grab.“ Aber mein Entschluss stand fest. Auch als er einen Tag nach unserem Streit erfuhr, dass er sofort eine Stelle als Schulleiter in Holzminden antreten konnte, blieb ich dabei. Die ganze Familie, einschließlich meiner beiden Brüder, bekniete mich, nach Holzminden mitzukommen. Aber ich bestand darauf, in Cuxhaven zu bleiben. Auf eigene Faust besorgte ich mir einen Platz in einem Lehrlingsheim, und auf der Werft trat ich eine Stelle als Maschinenschlosserlehrling an. Meine Familie zog inzwischen weiter nach Holzminden. Die Arbeit auf der Werft machte mir Spaß, und mit den anderen Lehrlingen im Heim freundete ich mich schnell an. Mit meinem Berliner Dialekt war ich eine Art Paradiesvogel für sie. Deshalb verpassten sie mir den Spitznamen Icke, den ich mein Leben lang nicht mehr loswerden sollte. Im Krämerladen hörte ich ein Gespräch, in dem eine Kundin von einem Faltboot erzählte, das sie verkaufen wollte. Sie fragte die Krämersfrau, ob ihr Sohn daran interessiert sein könnte, aber die winkte ab. Das war die Chance für mich. Also fragte ich die Kundin, wie viel sie denn für das Boot haben wollte. 25 Mark, sagte sie. Ich bot ihr 20, und schon hatte ich ein Boot. Außerdem drückte sie mir noch einen Flicken in die Hand und sagte: Da ist ein kleines Loch drin, das kannst du damit zumachen. Dann habe ich das Boot geflickt und einen Freund gefragt, ob er Lust hätte, mit mir nach Neuwerk zu paddeln. Der Freund hieß Ede Griesmayer, eigentlich Eduard und ursprünglich sogar Adolf Eduard Griesmayer, aber den „Adolf“ hatte er ganz offiziell aus seinem Personalausweis streichen dürfen. Deshalb hatte er jetzt denselben Namen wie sein Onkel. Ich übertreibe ein bisschen, wenn ich Ede als meinen Freund bezeichne, dafür kannte ich ihn einfach nicht gut genug. Außerdem war er zwei Jahre älter als ich. Aber auch er war nicht von hier und lebte, genau wie ich, ohne Eltern in Cuxhaven. Mit ihm traf ich mich öfter mal in der Freizeit. In der Werft hatte es einen Vorfall gegeben, bei dem wir uns ein bisschen näher gekommen waren. Ein Geselle namens Juskoviak, der sich gerne als Ausbilder und als Aufpasser gegenüber den Lehrlingen aufspielte, hatte einen von uns geohrfeigt, den Jüngsten, der erst vor zwei Monaten angefangen hatte. Seiner Meinung nach saß der Neue zu viel auf dem Klo und drückte sich vor der Arbeit. Juskoviak war berüchtigt wegen seiner Ausfälle. Und er galt als Säufer. Alkohol und Maschinen waren eine gefährliche Kombination. Ede und ich und zwei weitere Lehrlinge waren zufällig in der Nähe. Ich sagte zu dem Gesellen, der Kollege kann nichts dafür, dass er so oft aufs Klo muss, der hat Dünnschiss. Die anderen lachten. Der Geselle drehte sich zu mir um, wobei er leicht ins Taumeln geriet, und schrie, ich könne auch gleich meine Sachen packen. Da mischte sich Ede ein. Er sagte, nicht laut aber hörbar: „Sie sind kein Ausbilder, Sie sind ein Arschloch.“ Juskoviak rastete aus. Er ging mit geballten Fäusten auf Ede zu, als wollte er ihn schlagen, aber bevor es dazu kam, ging Ede blitzschnell in die Knie und zog dem anderen die Beine weg, der dadurch unsanft auf dem Hosenboden landete. Juskoviak war ein großer, bulliger Typ, dem sowas wahrscheinlich noch nie passiert war. Verblüfft saß er da und glotzte mit offenem Mund zu Ede hoch. Dann rappelte er sich fluchend wieder hoch, um sich seinen Gegner gründlich vorzuknöpfen, aber kaum dass er auf den Beinen stand, wurden sie ihm wieder auf dieselbe Weise weggerissen. So wie er das Gesicht verzog, schien ihm sein Hintern diesmal richtig weh zu tun. Es sah aus wie in einem Slapstick von Charlie Chaplin, auch wenn keiner von uns lachte. Juskoviak war für uns ja trotz allem irgendwie ein Vorgesetzter und wir wussten nicht, wie das Ganze ausgehen sollte. Völlig gebannt beobachteten wir, wie der Geselle den nächsten Versuch machte, auf die Beine zu kommen, und prompt zum dritten Mal auf dem Hintern landete. Jetzt gab es kein Halten mehr. Wir Lehrlinge bogen uns vor Lachen, alle außer Ede, der sich voller Konzentration auf den nächsten Angriff vorbereitete. Aus dem Hintergrund kam plötzlich die Stimme eines Meisters, was da los sei und ob wir nichts zu tun hätten. Sofort liefen wir auseinander, jeder zu seinem Arbeitsplatz. Ich hörte noch, wie Juskoviak zu Ede sagte: „Das wird dir noch leidtun!“ Nach der Arbeit trafen wir fünf Lehrlinge uns in der Betriebskantine und redeten darüber, ob wir rausgeschmissen würden. Wir waren uns einig, dass Ede mit Sicherheit am meisten zu befürchten hätte. Der neue Lehrling, der seinen Dünnschiss immer noch nicht ganz los war, sagte zu ihm: „Wenn du gehen musst, gehe ich auch.“ Käse, sagte Ede. Damit sei keinem geholfen, und wir müssten jetzt einfach abwarten, was kommt. Er sah das ganz gelassen. Vielleicht tat er auch nur so, denn er sah ziemlich blass aus. Am nächsten Tag wurden Ede und ich zum Personalchef zitiert. Während Ede sofort ins Büro geholt wurde, sollte ich auf dem Flur warten. Mindestens eine halbe Stunde stand ich da rum. Ich wurde immer nervöser, obwohl ich eigentlich nichts Schlimmes gemacht hatte. Dann ging die Tür auf, und eine Sekretärin winkte mich rein. Ede und der Geselle saßen vor dem Schreibtisch des Personalchefs. Juskoviak sah aus, als ob er die ganze Nacht durchgemacht hätte. Unrasiert, mit blutunterlaufenen Augen und einer Bierfahne, die ich noch aus zwei Metern Entfernung riechen konnte. Als ich den Streit vom Vortag schildern sollte, hielt ich mich an das, was ich gesehen und gehört hatte. Auch meine eigene Bemerkung erwähnte ich, und wie der Geselle darauf reagiert hatte. Juskoviak starrte die ganze Zeit vor sich hin und schüttelte den Kopf. Ich war mit meiner Geschichte noch nicht fertig, da stand er plötzlich auf und stürzte aus dem Büro. Auf der Werft habe ich ihn danach nie wieder gesehen. Ede und ich dagegen kriegten vom Personalchef einen kleinen Rüffel, konnten mit unserer Ausbildung aber ganz normal weitermachen. Seitdem waren wir gute Kumpel. Meinen Vorschlag, nach Neuwerk zu paddeln, fand er gut. Allerdings wollte er nur mitkommen, wenn wir von Neuwerk aus einen Abstecher nach Scharhörn machten. Und zwar wegen der Vögel. So richtig konnte ich das zwar nicht verstehen, aber ich war einverstanden. Bei abfließendem Wasser machten wir uns auf den Weg. Es war wunderschönes Wetter. Die Strömung war viel stärker als ich gedacht hatte, so dass gar nicht so lange dauerte, bis wir bei Neuwerk anlegten. Auf dem Watt gab es ein Pferderennen, das Duhner Wattrennen. Das ist der Höhepunkt des Jahres in Cuxhaven, mit...



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