Bréau | Fast perfekte Heldinnen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 380 Seiten

Reihe: Fast perfekt

Bréau Fast perfekte Heldinnen


17001. Auflage 2017
ISBN: 978-3-8437-1422-8
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 1, 380 Seiten

Reihe: Fast perfekt

ISBN: 978-3-8437-1422-8
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nach wilden Studienjahren, durchtanzten Nächten und unzähligen Flirts sind die Freundinnen Mathilde, Alice, Lucie und Éva vierzig und erwachsen geworden. Gerade haben sie bei Lavendelduft und kühlem Rosé herrliche gemeinsame Sommerferien in der Provence verbracht. Kaum in Paris, holt der Alltag sie jedoch schnell ein. Mathilde und Max sind zurück in ihrer Beziehungshölle. Alices Liebesleben liegt seit der Trennung von Adrien brach, sie startet als Chefköchin in einem Sternerestaurant durch. Éva trifft, als Vincent wieder einmal auf Geschäftsreise ist, auf den verführerischen Jacques. Allein die wohlhabende Lucie mit dem großen Herzen und ihrer gut sortierten Familie scheint auf einer ruhigen Welle zu reiten. Vorerst jedenfalls ...

Adèle Bréau ist Journalistin, erstellt Psycho-Tests für die Frauenpresse, hat die Website Terrafemina.com mitgegründet und unterhält einen Blog, auf dem sich Frauen untereinander austauschen (adeledebrief.wordpress.com).
Bréau Fast perfekte Heldinnen jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


4Mit tiefen Ringen unter den Augen und den Kenzo-Morgenmantel halb geöffnet über ihren vom Milcheinschuss grotesk angeschwollenen Brüsten, beugte sich Lucie über Lou, ihr jüngstes, vor einer Woche geborenes Kind. Obwohl sie bereits zwei Töchter hatte, sie waren vier und sechs Jahre alt, schien sie alles über die Rituale der Babyzeit vergessen zu haben und fühlte sich unsicher, was die Handhabung dieses kleinen roten Püppchens anging, das erst vor kurzem aus ihrem malträtierten Körper geschlüpft war und sich in der neuen Umgebung bei zwanzig Grad offenbar nicht besonders wohlfühlte. Lucie hatte das Baby gerade gebadet und vorher trocken eingeseift, wie die Hebamme im amerikanischen Krankenhaus es ihr gezeigt hatte – merkwürdige Idee, dachte sie, hatte aber nicht gewagt, den autoritären Matronen zu widersprechen, obwohl sie sonst nicht dafür bekannt war, ihre Zunge hüten zu können. Nach dem Einseifen hatte sie das Kind ängstlich in die Faltwanne im Kinderzimmer getaucht, dabei das weiche Köpfchen unterstützt und sich zu einem Lächeln gezwungen, als die Kleine mit unglücklich verzogenen Gesichtszügen und hochrotem Köpfchen einen Weinkrampf ankündigte. Schnell hüllte sie das Baby in ein wunderhübsches Kapuzenhandtuch mit Bärenöhrchen, das ihr weiß Gott wer geschenkt hatte. Immerhin gelang es ihr, das Kind nicht zu ertränken. Kaum war Winnie, die Haushälterin und gute Fee der Familie, einmal abwesend, lief alles aus dem Ruder. Winnie hatte schon die Erziehung der beiden älteren Töchter mehr oder weniger allein übernommen und sich dabei zugleich um den mondänen Haushalt der Zweihundertfünfzig-Quadratmeter-Wohnung gekümmert, dafür gesorgt, dass immer ein warmes Mahl auf den Tisch kam. Es war Lucie vollkommen schleierhaft, wie Winnie das alles schaffte. Schon wieder pinkelte die Kleine ausgiebig auf das frische und gebügelte Handtuch, seufzend wickelte Lucie sie. Erschöpft legte sie das schläfrige Neugeborene schließlich in den Tragekorb und griff nach ihrem Handy. Es war höchste Zeit, Marion anzurufen, um in Erfahrung zu bringen, wie es im Geschäft lief.

»Charlotte et Marguerite, was kann ich für Sie tun?«

»Hallo, Marion, ich bin’s, Lucie!«

»Hallo, Lucie. Wie geht es dir? Bist du schon wieder zu Hause? Und der Kleinen, geht es ihr gut?«

»Ja, ja, alles in bester Ordnung! Na ja, bis auf … Winnie hat mich heute im Stich gelassen! Ihre Schwester ist krank, oder ihre Tante, das habe ich nicht so ganz verstanden. Jedenfalls ist sie heute nicht da, und die Wohnung sieht aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, ein einziges Chaos! Davon abgesehen hat die Kleine die ganze Nacht gebrüllt wie am Spieß … Ich frage mich immer, wie andere Leute das hinkriegen. Und du, bei dir alles in Ordnung? Ist im Laden viel zu tun?«

»Ich habe eben erst geöffnet. Aber die Leute kommen ja auch alle gerade erst aus dem Urlaub zurück, da rennen sie uns bestimmt nicht gleich die Tür ein.«

»Schön. Heute kann ich nicht, aber morgen komme ich mal vorbei. Sind die neuen Schnullerbänder schon eingetroffen?«

»Ja, das Paket ist vor ein paar Minuten geliefert worden.«

»Perfekt. Leg ein Dutzend davon in einen Weidenkorb, neben die kleinen Windelhöschen-Taschen von Olympia. Was nehmen wir jetzt dafür?«

»Fünfzehn Euro.«

»Weißt du was, stell sie doch an die Kasse neben die Stirnbänder von Liberty und biete sie für neunzehn an, die werden weggehen wie warme Semmeln.«

»Mach ich, Lucie! Ist praktisch schon erledigt.«

»Danke, Marion. Wie geht es denn eigentlich deiner Schwester?«

»Sehr gut! Der Kleine ist einfach nur süß, er schläft schon durch, kaum zu glauben, oder? Dabei sind sie gerade erst aus dem Krankenhaus gekommen!«

»Das ist ja toll … Also, ich mach jetzt mal Schluss, ich habe noch eine Menge zu erledigen und bin zum Essen verabredet. Wenn es irgendein Problem gibt, ruf mich bitte an, ja?«

»Mach ich. Danke, Lucie, bis morgen dann. Und gönn dir ein bisschen Ruhe.«

Bevor Marion auflegte, hörte Lucie noch das melodische Klingeln der Ladentür. Eine Kundin, dachte sie erleichtert und entspannte sich ein wenig.

Charlotte et Marguerite gehörte zu jenen kleinen Boutiquen, die im IX. Arrondissement wie Pilze aus dem Boden schossen, besonders in der »South Pigalle«, wie die jungen Alternativen die Gegend nannten, die nach und nach der Gentrifizierung zum Opfer gefallen war. In den Läden wurden Babysachen aus Filz oder recycelter Baumwolle angeboten, natürlich teuer wie Gold, und dazu haufenweise Kleinkram und Spielsachen für wohlhabende Familien, die lieber 100 Euro für ein Laufrad aus Holz ausgaben als 25 Euro für ein herkömmliches Rad, das vielleicht etwas uneleganter wirkte. In Lucies Laden fand man Rucksäcke für Vierjährige zu 49 Euro, pastellfarbene Brummkreisel mit Sternenmotiv zu 185 Euro das Stück, bemalte Holzmöbel zu 1000 Euro und natürlich Vintage-Spielzeug, für das diese Eltern in Chinohosen und Stiefeln von Isabel Marant irrsinnige Summen hinzublättern bereit waren.

Morgens versammelten sich im Viertel immer einige Mütter, die irgendwie berufstätig waren, wobei Lucie unklar blieb, womit sie ihr Geld verdienten. Meistens trafen sie sich, nachdem sie ihre Kinder in die Kita gebracht hatten, erst mal auf ein Tässchen in einem der umliegenden Cafés, um sich über den Karateunterricht des Großen, den Sportlehrer des Kleinen, die Koliken des Babys oder ihren letzten Urlaub auf Formentera zu unterhalten. Danach stöberten sie gern ein wenig in der Boutique von Lucie, die ein besonderes Talent besaß, interessiert zuzuhören, und jede Form von gepflegtem Tratsch liebte. Ein Besuch bei Lucie, und man war wieder auf dem Laufenden, wusste, wer mit wem schlief, wer gerade ein Baby bekommen hatte oder erwartete, wer neu hinzugezogen war. Lucie führte ihre Boutique mit Hingabe – und mit glücklicher Hand. Und dass sie das tun konnte, verdankte sie Christophe, seinem Einfühlungsvermögen und seinen finanziellen Mitteln. Er hatte ihr damals, ein Jahr nach der Geburt von Marguerite, als ihr Babyblues nicht aufhören wollte und sie in eine ernsthafte Anorexie hineinzurutschen drohte, vorgeschlagen, ein Geschäft zu eröffnen. Nach und nach war es ihr dank dieses Projekts gelungen, ihr Tief zu überwinden und ihr verlorenes Selbstbewusstsein wiederzugewinnen. Drei Jahre nach der Eröffnung, als sie voller Stolz feststellte, dass der Laden umsatzmäßig weit über den Erwartungen lag, fühlte sie sich für eine erneute Schwangerschaft bereit, von der sie sich insgeheim den Sohn erhoffte, den sie ihrem Ehemann so gern geschenkt hätte.

Während sie die Ankunft des Babysitters der Agentur Mary Poppins erwartete, rief sie Mathilde an, mit der sie zum Essen verabredet war.

»Ja?«, wisperte Mathilde.

»Warum flüsterst du?«

»Ich bin im Büro«, erwiderte die Freundin in einem Ton, der bedeutete, dass dies nicht der Moment für ein Plauderstündchen war.

»Schön, dann antworte mir einfach nur mit Ja oder Nein.«

»Ja.«

»Hast du Zeit, heute Mittag mit mir essen zu gehen?«

»Oooooh ja, unbedingt!«

»Ist es schon wieder so weit? Du hattest doch gerade erst Urlaub … Also, schaffst du es bis zu Alice, oder sollen wir uns in diesem finsteren Laden bei euch im Keller drei Wochen Depressionen einfangen?«

»Hmmm … Ich habe später sowieso einen Termin in der Innenstadt … nachmittags … Ja!«

»Sehr gut, dann rufe ich Alice an! Dreizehn Uhr?«

»Ja. Bis später!«

»Bis später.«

Lucie beendete das Gespräch und schickte eine SMS an Alice. Es war sinnlos, sie anzurufen, da sie niemals ans Handy ging. Anschließend rief sie in dem Restaurant an, um offiziell einen Tisch zu reservieren. Normalerweise klappte es nie so kurzfristig, doch die Angestellte wusste, dass sie der besten Freundin von Alice nichts abschlagen konnte, zumal Lucie eine treue und äußerst großzügige Kundin war.

»Ist notiert, Madame. Dreizehn Uhr, ein Tisch für zwei.«

»Geben Sie uns bitte den kleinen Tisch in der Mitte, Sophie?«

Ein Seufzen. »Ich werde es versuchen … Aber wir haben bereits eine Gesellschaft von TF1 da, ich kann Ihnen nichts versprechen.«

»Tun Sie Ihr Bestes«, schloss Lucie energisch, womit sie zu verstehen gab, dass es im Grunde keine Alternative gab.

»Bis nachher, Madame Chevreux. Übrigens hat Ihr Gatte ebenfalls für dreizehn Uhr einen Tisch reserviert, soll ich Sie bei ihm platzieren?«

»Nein, nicht nötig … Vielen Dank, Sophie. Bis nachher.«

Sie hoffte, dass es ihr gelungen war, ihre Überraschung zu verbergen. Die Erkenntnis, dass sie im Grunde keine Ahnung hatte, wie ihr Ehemann seine Zeit verbrachte, verunsicherte sie mit einem Mal. Mit wem er wohl essen ging? Mit einem Kunden? Einer Frau?

Sie spürte, wie der Dämon der Eifersucht nach langer Ruhe wieder in ihr erwachte. Jahrelang hatte er ihr das Leben zur Hölle gemacht und damit auch Christophe, der sich absolut nichts vorzuwerfen hatte. Sie dachte, sie sei geheilt, doch der finstere Wahn hatte sich durch die Hintertür offenbar wieder hereingeschlichen. Dennoch beschloss sie, Christophe nicht anzurufen. Im Zweifelsfall konnte sie ihn in flagranti im Restaurant erwischen – was vollkommen irrational war, denn wenn er sich mit irgendeiner Geliebten ein nettes Mittagessen gönnen wollte, wäre er gewiss nicht so idiotisch gewesen, ausgerechnet das Restaurant...


Bréau, Adèle
Adèle Bréau ist Journalistin, erstellt Psycho-Tests für die Frauenpresse, hat die Website Terrafemina.com mitgegründet und unterhält einen Blog, auf dem sich Frauen untereinander austauschen (adeledebrief.wordpress.com).

Adèle Bréau ist Journalistin, erstellt Psycho-Tests für die Frauenpresse, hat die Website Terrafemina.com mitgegründet und unterhält einen Blog, auf dem sich Frauen untereinander austauschen (adeledebrief.wordpress.com).



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.