Brasch / Hanf | Tage- und Nächtebuch | Buch | 978-3-948107-15-4 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 18, 99 Seiten, Format (B × H): 130 mm x 186 mm, Gewicht: 206 g

Reihe: reihe staben

Brasch / Hanf

Tage- und Nächtebuch


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-948107-15-4
Verlag: gutleut verlag

Buch, Deutsch, Band 18, 99 Seiten, Format (B × H): 130 mm x 186 mm, Gewicht: 206 g

Reihe: reihe staben

ISBN: 978-3-948107-15-4
Verlag: gutleut verlag


ICH HABE HEUTE NACHT GETRÄUMT: / ICH HÄTTE ZWEI ELTERN, ZWEI BRÜDER / UND EINE SCHWESTER. SO EINGEZÄUMT / FIEL LEICHT DER SCHLAF AUF MICH NIEDER. // ICH HABE HEUTE NACHT GETRÄUMT: / IHR HABT MICH NICHT VERLASSEN. / MEIN ZIMMER IST NICHT LEERGERÄUMT. / ICH LIEBE, MUSS NICHT HASSEN. // ACH, NICHTS HAB ICH GETRÄUMT DIE NACHT. / IHR TOTEN, REDET NICHT. / ICH BIN NUR EINFACH AUFGEWACHT / UND WEINE EIN GEDICHT.

Unter dem Titel Tage- und Nächtebuch, herausgegeben von Martina Hanf, erscheint ein Band, in dem sich unterschiedliche kreative Energien und unterschiedliche ästhetische Verfahren treffen. Mit Arbeiten von Thomas Brasch und Natascha Ungeheuer richtet band 18 in der Reihe staben den Blick auf bemerkenswert poetische Traumdarstellungen – im weitesten Sinne. Hier sind zum einen Texte des Autors, zum anderen Federzeichnungen der Malerin versammelt, deren Intensität sich nicht zuletzt aus dem autobiografischen Charakter der Aufzeichnungen speist. Sie spiegeln nicht nur innere wie äußere Lebensproblematik, sondern bekunden zugleich eine äußerst geschärfte Beobachtungsgabe.

Als Reflex auf die Wiedersprüche der Zeit treibt Thomas Brasch sich selbst, die eigene künstlerische Produktion von Anfang an ins Offene. Zugespitzt heißt es bei ihm: »mein privat room ist auch mein public place.« Arbeits-/Tagebücher füllt der Autor mit Reflexionen zu Politik und Gesellschaft, mit zahlreichen literarischen Entwürfen und gelegentlichen Notaten zu Träumen – wie ein Gefäß, aus dem er nicht selten nach Jahren noch schöpft. Briefe und Manuskripte im Thomas-Brasch-Archiv der Akademie der Künste Berlin belegen die Absicht, Traumtexte in geplante Publikationen einzubeziehen.

»11. DEZEMBER 1983 // HAMBURG. WOHNE IN RADDATZ‘ KLEINER KELLERWOHNUNG + ERWARTE DIE HIESIGE MERCEDES-PREMIERE. WAS ICH GESTERN IN DER PROBE SAH, WAR NICHT ERMUTIGEND, ABER IM GRUND IST MIR GLEICH, WAS GESCHIEHT MIT DEM STÜCK. / HEUTE NACHT EIN TRAUM: ICH STEHE ALS KADETT AUF DEM EXERZIERPLATZ UND VERWEIGERE JEDEN WEITEREN BEFEHL. ALLE DROHEN, REDEN AUF MICH EIN, MICH ZUR VERNUNFT ZU BRINGEN, ABER ICH WEISS: WENN ICH JETZT DARAUF WARTE, DASS ANDERE MEINE ARBEIT ERLEDIGEN + DIE SCHULE SCHLIESSEN, WIRD MIR MEINE ENTSCHEIDUNG ABGENOMMEN + ICH WERDE LANGE DAFÜR ZU BÜSSEN HABEN. ALS ÜBERLEGUNG, NICHT ALS BILD, FÄLLT MIR IM GLEICHEN MOMENT DIE SITUATION 1968 AUG. EIN, ALS ICH IN S.‘S TÜR, BEVOR WIR LOSGINGEN DIE FLUGBLÄTTER ZU VERTEILEN, BEGRIFF, WIE LÄCHERLICH DIE AKTION IST + DASS ICH SIE NUR AUS FURCHT, NICHT ALS MUTIG ZU GELTEN, WEITERBETRIEBEN HABE. DIE 2 X FURCHT, DIE MEIN LEBEN GEPRÄGT HAT, SONST, DENKE ICH, HÄTTE ICH FRÜHER EHRLICHER GESCHRIEBEN. DANN EINE STRASSENECKE: K., DIE MIR SAGT, DASS ICH ›SEXUELL HALBSEITIG GELÄHMT BIN‹, DANN GEHEN WIR IN EINE GONDEL + FAHREN AUF DAS DACH DER WELT, EIN BERG. NACHTS GEWITTER. BLITZE, DIE UM DAS HOTEL AUF DEM GIPFEL HERUMFAHREN, KUGELBLITZE.«

Anders verhält es sich bei Natascha Ungeheuer, gibt sie doch ihre tagebuchartig angelegten Skizzenbüchlein bestenfalls eng vertrauten Menschen preis. Um so schöner, dass sie von der Herausgeberin Martina Hanf für das Buchprojekt gewonnen werden konnte und jetzt erstmals eine Auswahl ihrer Federzeichnungen an die Öffentlichkeit gelangt. Diese Skizzen sind von vieler Art Träumen inspiriert, kommen immer aus dem Handgelenk – spontan und schnell, voller Welt- und Hintersinn. Sie bekunden über die Ölbilder hinaus, zwar in anderer Technik und im kleinen Format (A6!), eine erstaunliche Meisterschaft.
Thomas Brasch und Natascha Ungeheuer sind sich in der Inselstadt Westberlin mehr als einmal freundschaftlich begegnet. Das vorgelegte Buch lässt Leser und Betrachter in gewisser Weise an der Fortsetzung eines Dialoges auf Augenhöhe zwischen zwei außergewöhnlichen Künstlern, zwischen Wort- und Bildkunst teilhaben.

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Weitere Infos & Material


Ungeheuer, Natascha
Natascha Ungeheuer, 1937 unter dem Namen Ursula Rosa Ungeheuer im südbadischen Blumfeld geboren, ist Malerin und Buchillustratorin. Als junge Frau reiste sie allein quer durch Europa und bestritt unterwegs den Lebensunterhalt mit selbstgefertigtem Schmuck. Nach dem Lehrerexamen an der Pädagogischen Hochschule Lüneburg studierte sie 1960 Tanz bei Harald Kreuzberg in Bern. 1962 kam Natascha Ungeheuer in die Inselstadt West-Berlin, wo sie zwei Jahre später bewusst als Autodidaktin zu malen begann. Im Zentrum ihrer künstlerischen Arbeit steht die Ölmalerei, zudem entstanden aber auch Lithografien, zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen. Von 1969 bis 1975 spielte sie im Kreuzberger Straßentheater und gestaltete die Masken zu den jeweiligen Inszenierungen. Ihre Werke wurden ab 1966 auf vielen Ausstellungen im In- und Ausland vorgestellt, zuletzt 2020 in der Berliner Galerie Brockstedt. Natascha Ungeheuer, die durch ihren Lebensgefährten, den Dichter Johannes Schenk, auch eine enge Beziehung zu Worpswede hatte, lebt und arbeitet seit dessen plötzlichem Tod im Jahre 2006 ausschließlich in Berlin.

Hanf, Martina
Martina Hanf, geboren 1953 in Berlin, ist Philosophin und Literaturwissenschaftlerin. Sie arbeitete von 1980-2016 an der Akademie der Künste Berlin und ist freiberuflich Herausgeberin, u. a. der Werke von Thomas Brasch: Liebe Macht Tod. Stücke und Materialien (Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002), Das Blanke Wesen. Arbeitsbuch (Theater der Zeit, Berlin 2004), Ich merke mich nur im Chaos. Interviews 1976-2001 (Suhrkamp, Frankfurt am Main 2009), Filme, DVD-Werkausgabe mit Booklet (Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2010), Die nennen das Schrei. Gesammelte Gedichte (Suhrkamp, Frankfurt am Main 2013). Martina Hanf lebt in Berlin.

Brasch, Thomas
Thomas Brasch, Dichter, Dramatiker, Filmemacher und Übersetzer, kam 1945 als Sohn jüdisch kommunistischer Emigranten in Westow/Yorkshire (England) zur Welt. Aufgewachsen in der DDR, studierte er 1967/68 an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg bis zu seiner Exmatrikulation aus politischen Gründen. Es folgten Haft wegen des Verteilens von Flugblättern gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die CSSR, Zwangsarbeit als Fräser in der Produktion und Publikationsverbote. Nach seinem ›Landwechsel‹ von Ost- nach WestBerlin gelang ihm mit dem Prosaband Vor den Vätern sterben die Söhne (1977) auf Anhieb der literarische Durchbruch. Furore machte auch die Lyriksammlung Der schöne 27. September (1980). Die Kinofilme Engel aus Eisen (1981), Domino (1982) und Der Passagier (1988), für die Thomas Brasch die Drehbücher schrieb und Regie führte, liefen auf internationalen Filmfesten und erhielten dort Preise.
Auszeichnungen wie der Bayerische Filmpreis (1981) oder der Kleist-Preis (1987) sprechen für die öffentliche Anerkennung des Künstlers. 2001 starb Thomas Brasch im Alter von 56 Jahren in Berlin.



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