E-Book, Deutsch, Band 2, 228 Seiten
Reihe: Gilgamesch
Braem Gilgamesch: Reise zum Licht
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7521-2186-5
Verlag: Elvea
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, Band 2, 228 Seiten
Reihe: Gilgamesch
ISBN: 978-3-7521-2186-5
Verlag: Elvea
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Gilgamesch, der ruhmreiche Held und Liebling der Götter, erfährt einen Schicksalsschlag, der sein bisheriges Denken und Handeln von Grund auf verändert. Er lässt sein Amt als König von Uruk ruhen, vergisst alle Pläne und begibt sich, wie ein Bettler gekleidet, auf Wanderschaft. Verzweifelt bittet er unterwegs Menschen, Geister und Fabelwesen um Rat. Er muss gefährliche Abenteuer überstehen, bis er endlich zur Insel der Unsterblichen gelangt. Dort angekommen, erfährt er von Überlebenden der Sintflut erstaunliche Dinge. Ihm werden Aufgaben gestellt, die kein Mensch zu lösen vermag. Auch Gilgamesch scheitert, bekommt aber von der gnädig gestimmten Ahnfrau eine letzte Chance. Sie erzählt von einem geheimnisvollen Kräutlein, das auf dem Meeresboden wächst und ewiges Leben schenkt. Sofort macht er sich auf, um nach der richtigen Stelle zu suchen. Er findet sie auch, aber was ihm dann widerfährt, zerschlägt alle Hoffnung und stürzt ihn noch tiefer in einen Abgrund der Gefühle. Vom Menschen zum Halbgott geworden, fällt er zurück ins einfache Leben. Aber das gestaltet sich völlig anders als alles, was er bisher kannte. Auf seiner magischen Reise zum Licht hat er sehr viel erfahren und gelernt. Er versucht, das gesammelte Wissen auf bestmögliche Weise umzusetzen. Wird es ihm gelingen? Gilgamesch: Reise zum Licht, ist Band 2 des Gilgamesch - Epos von Harald Braem Band 1: Der Löwe von Uruk
Harald Braem, geboren 1944 in Berlin, war Professor für Kommunikation und Design an der Fachhochschule Wiesbaden und lebt heute in Nierstein am Rhein und auf der Kanareninsel La Palma. Jüngste Veröffentlichungen u.a.: ?Die abenteuerlichen Reisen des Juan G.?, ?Atlantis - Botschaft? im Elvea Verlag 2020.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Viertes Buch
Reise zum Licht
Östlich des Tigris und jenseits des Meerlands lag am Ufer des Kercha die prächtige Stadt Susa, die Hauptstadt des Reiches Elam. In ihr lebte ein Mann namens Schutruknahunda, der war klug und gebildet, hatte alle Schrifttafeln in den Bibliotheken von Anzan und Arvan studiert und war im Auftrag seines Königs Inschunaram durch die Welt gereist, um ihre Wunder zu sehen und ihm alles zu berichten, was berichtenswert erschien. So war er auch übers Meer gefahren, hatte Insel um Insel besucht, fremde Völker und Reiche erlebt, unterschiedliche Tempel und Götterbilder gesehen, und er sprach viele Sprachen. Nun, da er älter geworden war, drängte es ihn zu den Städten des westlichen Nachbarlandes Sumer, besonders nach Ur, Eridu, Nippur und nach jenem aufblühenden Uruk, das am fruchtbaren Ufer des Euphrat lag. Viel Erstaunliches hatte er von Uruk vernommen und von dem jungen König Gilgamesch dort, der einen riesenhaften Barbaren namens Enkidu zum Freunde besaß, mit dem zusammen er gefährliche Abenteuer bewältigt hatte, über die selbst die Leute von Susa sprachen. Gerne wollte er einmal Gilgamesch und Enkidu kennenlernen, mit eigenen Augen die gewaltige Mauer sehen, die um Uruk errichtet war und die der Stadt in so kurzer Zeit so erstaunlichen Wohlstand gebracht hatte. Er bat seinen König um die Erlaubnis zu der Reise, und Inschunaram trug ihm auf, den stolzen Gilgamesch von ihm zu grüßen. Geschenke gab ihm der König mit und rüstete eine kleine Karawane, die aus zwölf beladenen Maultieren bestand und unter dem Schutz von zehn mutigen Lanzenreitern eines Morgens in Susa aufbrach. Schutruknahunda zog zur Küste und an den Gestaden des Meerlands entlang, bis er den Tigris erreichte. Dort ließen sie sich von einer Fähre übersetzen und durchquerten das sumpfige Mündungsgebiet bis hin zum Euphrat, an dessen östlichem Ufer sie dann beständig nach Norden reisten. Ur ließen sie am jenseitigen Ufer liegen und beschlossen, der Stadt auf dem Rückweg einen Besuch abzustatten. Zuvor aber wollten sie nach Uruk, und sie waren von seinem Anblick nicht enttäuscht, als sie, aus der Ebene kommend, sich den Mauern und vor allem dem Eanna näherten, dem heiligen Berg mit seinen weißen Tempeln, und die weithin sichtbare, nach oben geschraubte Himmelsspirale erblickten. Staunend machte Schutruknahunda Halt, um die gewaltigen Ausmaße der Stadtmauer abzuschätzen, die er in solcher Bauart und Vollendung noch nirgends gesehen hatte. Aber da ihm das von seiner Warte aus nur schwer gelang, trieb er die Reiter an, sich zu beeilen, damit sie noch vor Einbruch der Dunkelheit die Stadt erreichten. Sie gelangten im Verlauf des frühen Abends zum südlichen Tor und wurden von der Wache in der üblichen Weise befragt. Da Schutruknahunda sich erst selber einen Eindruck von Uruk verschaffen wollte, bevor er Gilgamesch aufsuchte, gab er sich als elamischer Händler aus und wurde von den Torwächtern in eine Herberge in der Nähe des Marktplatzes gewiesen. Dort angekommen, luden sie ihre Waren und Geschenke in einen verschließbaren Raum und versorgten die Tiere. Während die Lanzenreiter in der Herberge blieben, um sich nach längerer Zeit wieder einmal dem Bier und dem Würfelspiel zu ergeben, schlenderte Schutruknahunda durch die Straßen der Stadt. Das tat er stets, wenn er irgendwo ankam. Er liebte es, sich unter das einheimische Volk zu mischen, unbemerkt ihre Sitten und Gebräuche zu studieren und so Dinge zu erfahren, die immer zu kurz kamen, wenn er später offiziell von seinen Gastgebern durch die Stadt geführt wurde. Er sah viel, was ihm neu war, betrachtete alles genau, ging zum Hafen hinunter und sah zu, wie emsig die Schiffe beladen und die Waren von dort in die Lagerhäuser am Ufer gebracht wurden. Er studierte die Konstruktion des Vorwerks, sah, dass die Bastionen erneuert und noch höher ausgebaut wurden und nahm eine rege Bautätigkeit auch in den südlichen und westlichen Vororten wahr. Als es zu dunkeln begann, ging er zurück zum Markt, wo mittlerweile an vielen Stellen Feuer loderten und Leute zusammensaßen, die im Freien miteinander aßen und sich unterhielten. Zum überwiegenden Teil waren es Fremde wie er, Händler und reisende Kaufleute, Nomaden mit ihren Familien und Leute, die aus anderen Städten Sumers nach Uruk gekommen waren, um hier einzukaufen oder eine Arbeit zu besorgen. Aber es saßen auch Einheimische dabei, Köche und Bierschenke, Soldaten und Spieler, die sich gern die Zeit damit vertrieben, dass sie anderen zuhörten oder selber Geschichten zum Besten gaben. Zu einer solchen Gruppe gesellte sich Schutruknahunda und wurde so Zeuge eines Gesprächs. »Der Barbar war größer als Gilgamesch, einen ganzen Kopf größer war er, ein Riese, der mit der Hand, ohne sich sonderlich anstrengen zu müssen, auf das Dach eines Hauses greifen konnte.« »Nein, sie waren gleich groß«, widersprach ein anderer heftig, »ich habe sie des öfteren aus der Nähe nebeneinander gesehen und kann sie daher vergleichen. Vielleicht war Gilgamesch sogar noch ein bisschen größer.« »Auf jeden Fall war er größer«, sagte ein Dritter, »er war sogar ein ganzes Stück größer als der Barbar. Ich war an jenem Tag dabei, als Enkidu ankam – es war kurz nach Neujahr, zum Fest der Heiligen Hochzeit –, und ich weiß noch genau, was geschah: Vor dem Marktplatz stellte sich der Barbar Gilgamesch in den Weg und versperrte ihm den Durchgang durchs Tor. Er forderte ihn mit unerhört frechen Worten heraus, und danach rangen sie vor mir im Sand. Ich sage euch: Niemals zuvor und danach habe ich einen solchen Ringkampf gesehen! Und Gilgamesch war eindeutig der größere und kräftigere von beiden. Er hob den Barbaren auf wie ein Spielzeug und schleppte ihn ein ganzes Stück bis zur Mauer hin.« »Wie auch immer«, sagte der Erste wieder, »der Barbar war ein Held, wie es selten einen zweiten geben wird, und zudem noch ein freundlicher, hilfsbereiter Kerl. Schade, dass er nicht mehr unter uns weilt.« Jetzt hielt es Schutruknahunda, der die ganze Zeit zugehört und jedes Wort verstanden hatte, weil das Elamische und das Sumerische sehr verwandte Sprachen waren, nicht länger aus. Er mischte sich ins Gespräch: »Ich höre euch ständig über den Barbaren reden, mit dem ihr sicher Enkidu meint, und ihr sprecht von ihm in der Vergangenheitsform, so als wäre er auf und davon. Ist er nicht mehr in Uruk?« Die angesprochenen Männer wandten die Köpfe, blickten in Richtung des Fragers und nahmen ihn wohl erst jetzt als einen Neuankömmling wahr. »So ist es«, sagte der eine, »er ist auf und davon. Aber er hat nicht nur Uruk verlassen, sondern die ganze lebende Welt.« »Du meinst damit – er ist tot?«, fragte Schutruknahunda überrascht. »Und wegen ihm bin ich von weither gereist und nach Uruk gekommen.« »Dann kommst du zu spät«, antwortete der Mann, »er wurde vor etwas mehr als zwei Wochen begraben.« »Woran ist er gestorben?«, wollte Schutruknahunda wissen, »fiel er im Kampf, raffte ihn eine Krankheit dahin?« »Das weiß niemand so genau. Die einen halten es für eine unbekannte, heimtückische Krankheit, die anderen sagen, ein Fluch hätte ihn getroffen und in der Blüte seiner Jahre dahingerafft.« »Dann muss dieser Verlust König Gilgamesch wohl furchtbar getroffen haben – es hieß, sie seien unzertrennliche Freunde, Brüder und eingeschworene Weggenossen.« Die Männer nickten. Einer von ihnen bestätigte: »Beim Begräbnis sah Gilgamesch aus, als wäre die Grube nicht für Enkidu, sondern für ihn bestimmt gewesen. So bleich war er, so elend und hinfällig. Tag für Tag, Woche für Woche hat er am Lager des Freundes gewacht und eine weitere Woche gewartet, als schon kein Leben mehr in Enkidu war, bevor er das Begräbnis zuließ. Zehn Tage und Nächte lang währte die Trauer in Uruk. Übermenschliches hat unser König geleistet, und übermenschlich ist wohl auch seine Trauer.« »Wir alle befürchten, dass er sich nicht mehr davon erholt«, ergänzte der andere. »Dann bin ich vielleicht gerade noch zur rechten Zeit gekommen«, rief Schutruknahunda aus, »obgleich mir die Begleitumstände meines Besuchs wenig glückverheißend erscheinen. Schlimme Nachrichten sind es, die ihr mir da berichtet.« »Willst du Gilgamesch sehen? Ich weiß nicht, ob dich der König überhaupt empfangen wird. Der Sinn steht ihm wenig nach Unterhaltung«, sagte einer der Männer nachdenklich. »Die Boten der Stadtfürsten lässt er nicht mehr vor, sie werden allesamt zu Erenda, Urnigingar und Sinnunni geschickt, die seine Vertreter sind.« »Dann werde ich mich besonders anstrengen, um es dennoch zu schaffen«, sagte Schutruknahunda, »ich muss Gilgamesch unbedingt treffen. Sollte ich den weiten Weg von Elam etwa umsonst gemacht haben?« »Von Elam kommst du?«, fragte einer der Männer, und Schutruknahunda wurde nun seinerseits mit Fragen bedrängt und musste über seine Heimat Rede und Antwort stehen. Er tat es, lenkte nach einer Weile das Gespräch aber geschickt erneut auf Uruk zurück. Da er ein ebenso guter Erzähler wie Zuhörer war und es verstand, stets im rechten Augenblick neue Fragen zu stellen, erfuhr er schon viel von dem, was er wissen wollte. Bis spät in die Nacht hinein saßen sie schwatzend beisammen, und als Schutruknahunda sich erhob, um zurück zur Herberge zu gehen, trennten sie sich als Freunde. Am nächsten Morgen machte sich Schutruknahunda zum Palast des Königs auf. Er ritt in Begleitung der Lanzenreiter mit den Maultieren den Weg hinauf zum Eanna, um Gilgamesch die Geschenke Inschunarams zu bringen. Auf dem großen Platz...