Brähler | Selbstmitgefühl entwickeln | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 128 Seiten

Reihe: Achtsam leben

Brähler Selbstmitgefühl entwickeln

Liebevoller werden mit sich selbst
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-95803-209-5
Verlag: Scorpio Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Liebevoller werden mit sich selbst

E-Book, Deutsch, 128 Seiten

Reihe: Achtsam leben

ISBN: 978-3-95803-209-5
Verlag: Scorpio Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Entspannt und wach im Hier und Jetzt »Das größte aller Wunder ist es, lebendig zu sein. Achtsamkeit ermöglicht uns, dieses Wunder zu berühren.« Thich Nhat Hanh Widerfährt uns Leid, reagieren wir meist mit Widerstand: sind enttäuscht, schämen uns oder machen uns Vorwürfe. Wie wäre es, wenn wir uns stattdessen trösten und ermutigen würden? So wie wir es vielleicht für einen geliebten Menschen täten? Selbstmitgefühl ist eine mutige innere Haltung, die uns hilft, unseren Gefühlen und Bedürfnissen mit mehr Wohlwollen und Weisheit zu begegnen.

Dr. Christine Brähler ist Psychologische Psychotherapeutin in privater Praxis in München, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institute of Health and Wellbeing an der Universität Glasgow, Großbritannien, sowie Dozentin und Ausbilderin in mitgefühlsbasierten Ansätzen.
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Die Türen zum Selbstmitgefühl finden


Vielleicht erscheint es Ihnen nach dem bisher Gelesenen eine gute Idee, Selbstmitgefühl zu entwickeln. Bloß: Wie macht man das genau? Mitgefühl lässt sich wie ein Muskel aufbauen und trainieren, Schritt für Schritt. Der beste Boden dafür sind Gefühle von Vertrauen und Verbundenheit.

Der Boden: Vertrauen und Verbundenheit


Ralf fühlte sich völlig hilflos. Die Ärzte im Krankenhaus hatten ihn krankgeschrieben und empfahlen ihm dringend zu lernen, sich zu entspannen und abzuschalten. Und wie sollte er das so mal eben lernen? Gab es da keine Tablette dafür? Was sollte er nur auf der Arbeit sagen? Er war ja nicht wirklich krank, oder? Er war einfach nur ein Schwächling, ein Versager. In seiner Not kontaktierte er seinen guten Freund, Jan. Er war der Einzige, von dem er glaubte, dass er ihn nicht verurteilen würde. Er erinnerte sich, dass Jan selbst vor einigen Jahren einen »Burnout« hatte, der aber nie zur Sprache gekommen war. Jan holte ihn vom Krankenhaus ab. Bei Ralf zu Hause begannen die beiden, offen zu reden, und entdeckten, dass sie Ähnliches erlebt hatten. Ralf sprach das erste Mal über den massiven Druck, der seit der Beförderung auf ihm lastete. Er verlangte sich und seinem Körper täglich Extremleistungen ab, wollte ja alles richtig machen, produktiv sein und durch besondere Leistungen herausstechen, um bei der nächsten Bewertung bestmöglich abzuschneiden. Letztendlich tat er alles, um sich selbst und seinem Chef zu beweisen, dass er keine Niete war.

Trotz dieser Anstrengungen war er am Ende jeden Tages mit dem unbefriedigenden Gefühl nach Hause gegangen, doch nicht alles erreicht zu haben und doch nicht gut genug für den Job zu sein. Jedes Mal schwor er sich: »Morgen ziehst du an. Dann zeigst du’s allen!« Sich Jan so anvertrauen zu können, gab Ralf ein Gefühl von Sicherheit und Verbundenheit. Jan war kein Schwächling! Ganz im Gegenteil, der war tough. Vielleicht war er ja selbst auch kein Versager?

Dass Ralf und Jan dieses Gespräch geführt haben, mag sich vielleicht einfach anhören, doch bedarf es einer Menge Mut, dass sich Ralf in all seiner Verletzlichkeit und Scham Jan zeigt und anvertraut. Anstatt seine Not zu verstecken, hat er die Verbindung gesucht. Anstelle von Konkurrenz und Abwertung kam ihm Verständnis und Mitmenschlichkeit entgegen. Die Wahrnehmung von sich selbst hat sich positiv verändert. Ralf sah sich nicht mehr durch die Augen seines Chefs, sondern durch die Augen eines guten Freundes, der versteht, wie er sich fühlt, und ihn so nimmt, wie er ist.

Unseren Mitgefühlsmuskel trainieren


Mitgefühl basiert auf dem Fürsorgesystem, das wir mit den Säugetieren teilen. Das Fürsorgesystem benötigen wir, um belastende Gefühle aller Art – egal ob diffuser Stress, Angst, Scham, Traurigkeit, Verzweiflung oder Wut – beruhigen und regulieren zu können. Auch wenn das eine fest verdrahtete physiologische Notwendigkeit ist, die kein anderes Säugetier infrage stellen kann, so können wir Menschen das aufgrund unseres komplexen Gehirnes durchaus. Wie im ersten Kapitel beschrieben, verhaken sich unsere Erwartungen an uns selbst mit automatischen Reaktionen auf Bedrohung.

Ralf lebte vor seiner Panikattacke in einem andauernden Bedrohungszustand. Wein und Sport waren Versuche, sich zu beruhigen. Sie konnten aber nicht wirken, da ihnen etwas fehlte: nämlich die Erfahrung, Fürsorge zu geben oder zu empfangen. bekämpfen, .

Gelungene Stressregulation

Wie unsere Stressregulation optimal funktioniert, kann man an folgendem Beispiel erkennen. Stellen Sie sich ein Kleinkind vor, das seine Mutter im Einkaufszentrum verloren hat. Es erschrickt, bekommt Angst und sucht verzweifelt nach der Mutter (Bedrohungsmodus ist aktiv). Dann sieht es die Mutter, läuft zu ihr hin und fällt ihr in die Arme. Beide freuen sich und sind erleichtert. Das Kind wird von der Mutter gehalten und kann alle Anspannung im Körper abfließen lassen, da es jetzt sicher und geborgen ist. Völlige Entspannung! Das Kind weint vielleicht und wird von der Mutter getröstet und beruhigt, um zu bestätigen, dass es jetzt geborgen ist und dass die Mutter für das Kind da ist, es lieb hat.

Das Weinen erleichtert und hilft, die Anspannung abzubauen. Das Ausruhen bei der Mutter kombiniert mit der Geborgenheit, körperlichen und emotionalen Zuwendung und Verbundenheit hilft, Kraft zu tanken (Fürsorgesystem ist aktiv). Die Stresshormone Adrenalin und Cortisol werden von den Hormonen und Neurotransmittern der Fürsorge, Oxytocin und Endorphinen, (vereinfacht gesagt) gegenreguliert. Wenn das Kind sich wieder erholt hat, wird es von alleine wieder beginnen, etwas unternehmen zu wollen.

Als Erwachsene übergehen wir oft den Schritt der Fürsorge und damit der eigentlichen Emotionsregulation und Erholung. Das bedeutet also:

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Uns selbst vertrauen lernen

Sicherheit und Vertrauen sind die Voraussetzungen dafür, dass ich von jemandem Fürsorge annehmen kann. Wenn das Kleinkind die Mutter als unhilfreich erlebt hätte (sie schimpft, ist selbst aufgelöst vor lauter Angst oder ignoriert das Kind), dann weiß das Kind, dass es sich nicht auf die Mutter verlassen kann, ihr nicht vertrauen kann, um es zu beruhigen. Wenn ich nicht vertrauen kann, dass jemand für mich in meiner Not da ist, dann bleibe ich allein und überwältigt vom Stress oder lerne, ihn zu verdrängen. Als Erwachsener müssen wir uns, wie Ralf, fragen: Auf wen kann ich mich verlassen und stützen? Wem kann ich sicher vertrauen oder zumindest das Risiko eingehen?

Sicherheit und Vertrauen gilt es auch in Bezug auf uns selbst zu entwickeln.

Sabine hatte ihren Körper und ihre Ernährung schon lange vernachlässigt. Sie zweifelte daran, ob sie es schaffen könnte, ihre Essgewohnheiten nachhaltig zu verändern – geschweige denn abzunehmen. »Mein Körper macht ja eh, was er will. Ich schaff das nicht.« Nun begann sie, regelmäßig ihre Körperempfindungen achtsam und freundlich wahrzunehmen. Mit derselben Wärme und Liebe, die sie dem Körper ihrer kleinen Nichte entgegenbringen würde, erforschte sie ganz langsam alle Empfindungen von den Füßen bis zum Kopf. Wenn sie harte Bewertungen wahrnahm, dann umsorgte sie sich liebevoll für den Schmerz, den diese Bewertungen ihr verursachten. Sie ließ sich die Lebendigkeit ihres Körpers ganz spüren, das Kribbeln und Pulsieren. Das Leben, wie es unentwegt durch sie hindurchfloss. Sie wurde sich auch all der Organe und Körperteile bewusst, wie sie unentwegt für sie arbeiteten, um sie am Leben zu halten. Eine leise Freude und Dankbarkeit stiegen in ihr auf. Mit der Zeit und regelmäßiger Übung fühlte sie sich immer stärker geerdet, lebendig und mit ihrem Körper verbunden. Sie hatte das Gefühl, ihren Körper ganz mit ihrem Herzen zu bewohnen. Beim Essen spürte sie bewusster, wie sich ihr Körper anfühlte und welche Gefühle da waren. Stress umsorgte sie jetzt mit Selbstmitgefühl anstatt mit Süßigkeiten, indem sie sich fragte: »Was brauche ich jetzt wirklich?«, und sich das schenkte.

BODYSCAN MIT MITGEFÜHL

Die Übung, die Sabine ausführte, ist der sogenannte Bodyscan, wie er aus der achtsamkeitsbasierten Stressreduktion bekannt ist. Ergänzt mit einer mitfühlenden inneren Haltung eignet er sich besonders gut, um (wieder) Freundschaft mit dem eigenen Körper zu schließen. Am leichtesten lässt er sich mit einer CD üben (siehe CD-Hinweis im Anhang).

Finden, was schon da ist


Jeder Mensch hat die Veranlagung, Fürsorge zu geben und zu empfangen. Sie ist evolutionär in uns angelegt. Wir dürfen darauf vertrauen. Es kann jedoch sein, dass sie nicht besonders stark entwickelt ist und wir das Gefühl haben, dass wir diese Fähigkeit nicht in uns tragen. Wie ein Muskel, den man nie wirklich benutzt hat, muss man sie manchmal zuerst trainieren. Unsere Gesellschaft fördert das Wachstum dieses Muskels kaum, sodass wir meist selbst unseren eigenen Zugang zu dieser Ressource finden müssen.

Alles beginnt mit Sicherheit und Vertrauen in uns und in die anderen. Darauf aufbauend können wir Eigenschaften des Mitgefühls in unserem Leben kultivieren: indem wir sie über unsere Sinne erfahrbar...


Dr. Christine Brähler ist Psychologische Psychotherapeutin in privater Praxis in München, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institute of Health and Wellbeing an der Universität Glasgow, Großbritannien, sowie Dozentin und Ausbilderin in mitgefühlsbasierten Ansätzen.



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