E-Book, Deutsch, Band 3, 374 Seiten
Reihe: Ivy-Years-Reihe
Bowen The Ivy Years - Solange wir schweigen
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7363-0859-6
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 3, 374 Seiten
Reihe: Ivy-Years-Reihe
ISBN: 978-3-7363-0859-6
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wenn die Liebe dein größtes Geheimnis ist ...
Michael Graham ist geschockt, als er erfährt, dass das neueste Mitglied seines Eishockeyteams ausgerechnet John Rikker ist - der Einzige, der Michaels größtes Geheimnis kennt. Michael weiß augenblicklich, dass für ihn nun alles auf dem Spiel steht, was er sich am Harkness College aufgebaut hat. Aber sein Plan, John wenigstens abseits des Spielfelds aus dem Weg zu gehen, gestaltet sich schwieriger als gedacht. Denn auch nach all den Jahren kann John mit einem einzigen Lächeln seine Welt aus den Angeln heben ...
'Sarina Bowens THE IVY YEARS ist für mich die schönste New-Adult-Reihe aller Zeiten!' Elle Kennedy
Band 3 der IVY-YEARS-Reihe von USA-TODAY-Bestseller-Autorin Sarina Bowen
Sarina Bowen ist die USA-TODAY-Bestsellerautorin der von Lesern und Bloggern gefeierten IVY-YEARS-Reihe. Sie hat Wirtschaftswissenschaften in Yale studiert und lebt nun mit ihrer Familie in Hanover, New Hampshire.
Weitere Infos & Material
1
Bully (eng. Face-Off):
Graham
In meinen Lieblingsfilmen merkt der Held immer, wenn ihm etwas Schlimmes bevorsteht. Er erkennt die Zeichen oder spürt eine Erschütterung der Macht. Aber im richtigen Leben passiert so was nicht. Und da ich auch kein Actionheld bin, hatte ich wohl nie eine Chance, es kommen zu sehen.
In meinem ganzen Leben nicht. Jedenfalls nicht, wenn es drauf ankam.
An jenem Nachmittag fand das erste Eishockeytraining der Saison statt. Wir lärmten übermütig in der Umkleide herum. Unsere Mannschaftsaufstellung war der Hammer. Wir hatten zwei riesige kanadische Neuzugänge mit gewaltigen Bärten und noch gewaltigerem französischem Akzent dabei. Wir kannten die Jungs erst eine halbe Stunde, trotzdem hatte sich einer schon den Spitznamen »Pepé« eingehandelt – nach der Cartoon-Figur Pepé das Stinktier. Und den anderen würden wir wohl »Frenchie« nennen. Bei Spitznamen sind wir echt einfallsreich.
Ich war fast mit dem Umziehen fertig, als mein Trainingstrikot an einem Stück Klettverschluss des Schulterpolsters hängen blieb. Ich schwankte einen Moment, dann griff jemand von hinten zu und befreite mich.
»Jetzt siehst du ordentlich aus.« Die Stimme und die helfende Hand gehörten meiner Freundin Bella. Als ich mich zu ihr umdrehte, sah ich in ihr schönes Apfelbäckchen-Grinsen, das ihr Markenzeichen war.
»Danke, Mama«, zog ich sie auf und sah sie dabei lächelnd an.
Sie verpasste mir einen Tritt in den Hintern, den ich sogar durch die dicken Polster spüren konnte. »Graham, du solltest mich dieses Jahr doch ›Oh, Unvergleichliche‹ nennen«, sagte sie. »Also, warum übst du nicht schon mal? Sag: ›Danke, oh, Unvergleichliche‹.«
Bella war ein schräger Vogel, auf die beste Art, die man sich vorstellen konnte. Sie war ein reiches Mädchen aus der Upper East Side von Manhattan und der größte Eishockeyfan, der mir je begegnet war, obwohl ihre hochnäsigen Eltern (die ich schon kennengelernt hatte) noch nie ein Spiel gesehen hatten, ganz zu schweigen von einer Umkleidekabine von innen. Deshalb wusste niemand, von wem Bella ihre Begeisterung für unseren Sport hatte.
Ihre Lust auf Hockey wurde nur von ihrer Lust auf die Spieler übertroffen. Es gab keine exakten Zahlen, aber ich war mir sicher, dass sie mit fünfundsiebzig Prozent der Mannschaft geschlafen hatte. Anwesende eingeschlossen.
In der kommenden Saison würde Bella uns zum ersten Mal auch in offizieller Funktion als Student Manager beistehen. Und ihre neue Macht war ihr offensichtlich zu Kopf gestiegen. Das wollte ich ihr gerade sagen, kam aber nicht mehr dazu. Denn in dem Moment stieß Coach James die Tür zum Gang auf, sodass wir uns ihm mit ungeteilter Aufmerksamkeit zuwandten.
»Nun schau sich mal einer diesen Haufen Hooligans an! Wer zum Henker seid ihr Jungs eigentlich? Verdammte Faulenzer, das seid ihr! Ich habe euch etwas mitzuteilen. Also, haltet mal lange genug die Klappe, damit euch nichts entgeht!« Sein runzliges Gesicht wurde ernst. »Die schlechte Nachricht zuerst. Bridger McCaulley ist im Sommer aus der Mannschaft ausgeschieden. Familiäre Probleme. Ich habe ihn eine Stunde lang angebrüllt, aber das hat auch nichts geholfen. Also steckt er wohl wirklich in der Klemme.«
Ein bekümmertes Murmeln ging durch den Raum. Das war echt nicht gut. McCaulley war ein guter Außenspieler, außerdem hatte ich den Kerl immer gemocht.
»Die gute Nachricht ist, dass wir einen neuen Spieler haben, der von der Saint B zu uns gekommen ist. Er ist Stürmer und studiert im zweiten Jahr. Ihr seht, der Herr hat’s genommen, der Herr hat’s gegeben.«
Da erschien noch jemand im Türrahmen, eine Hockeytasche über der Schulter. Und als ich das bekannte Gesicht sah – die unter dunklen Haaren hervorblitzenden großen dunklen Augen –, fühlte ich mich so überrumpelt wie noch niemals zuvor. Sogar mein Blickfeld wurde an den Rändern ein wenig trüb. Die Stimme des Trainers klang plötzlich, als würde ich sie unter Wasser hören.
Ein Poltern beförderte mich an die Oberfläche meines Bewusstseins zurück. Im nächsten Moment gab Bella mir mit verdutzter Miene meinen Helm zurück, der mir vor Schreck aus der Hand gefallen war.
Dann übernahmen die Reflexe, die ich jahrelang trainiert hatte, um unwillkürliche Reaktionen zu verbergen. Ich nahm Bella den Helm ab und klappte das Visier hoch, als hätte ich noch nie etwas Faszinierenderes getan, als die Verschlüsse zu öffnen.
Vorn stellte der Trainer weitschweifig den Neuzugang vor »… sehr laufstark und eine unglaubliche Statistik nach seiner Spielzeit an der Saint B. Eine fantastische Ergänzung. Also, heißt Johnny Rikker in der Mannschaft willkommen!«
Der Klang seines Namens wirkte auf mich wie ein Schlag in den Magen. Ich ließ mich auf die Bank hinter mir fallen und krümmte mich wie einer, der gerade mit Karacho gegen die Bande geknallt war. Um mit gutem Grund den Kopf zwischen den Knien verstecken zu können, fasste ich nach unten und löste die Kufenschoner. Die Gummidinger von den Kufen abzukriegen fiel mir schwerer, als es hätte sein sollen, weil meine Hände tatsächlich zu zittern begonnen hatten.
Verdammt, Graham, rief ich mich zur Ordnung. Nun reiß dich mal zusammen!
»Hartley!« sprach der Trainer unseren Mannschaftskapitän an. »Was dagegen, wenn Rikker McCaulleys Spind nimmt?«
»Meinetwegen«, antwortete Hartley mit rauer Stimme. Er und McCaulley waren seit Langem beste Freunde. Daher hörte er sich nicht allzu begeistert an. »Dann komm mal her«, rief er dem Neuen unverdrossen zu. Dessen Blick ich von nun an bis zu meinem Abschluss ausweichen würde.
Um etwas zu tun zu haben, band ich mir die Schlittschuhe noch mal zu.
Der Trainer brüllte: »Also, alle raus hier! In einer Minute seid ihr auf dem Eis, Leute!«
»Und wie hast du es geschafft zu wechseln?«, erkundigte sich Hartley bei Rikker. Er war offenbar nicht der Einzige, der sich das fragte, denn in der Umkleide war es jetzt mucksmäuschenstill. Es gab ungefähr hundert Regeln der American Collegiate Athletic Association, die dagegensprachen. Eigentlich musste man, wenn man die Schule wechseln wollte, um in der Division One Hockey zu spielen, erst mal ein Jahr aussetzen.
Ich hörte sein bekanntes Lachen, bei dem sich mir die Nackenhaare sträubten. »Ich glaube, für die Geschichte haben wir jetzt keine Zeit.«
Shit! Seine Stimme zu hören wirbelte alles in mir durcheinander. Der raue Klang seiner Stimme brachte längst verdrängte Erinnerungen an die Oberfläche. Gute wie schlechte.
»… erzähl ich später«, sagte er gerade. »Bei ’nem Bier. So eine Geschichte geht nur mit Alkohol.«
Hartley lachte schnaubend. »Okay, bei der Einleitung muss deine Geschichte aber wirklich gut sein.«
»Das kannst du mir glauben«, brummte Rikker.
Ich hielt es nicht aus, noch eine Sekunde länger stillzusitzen. Am liebsten wäre ich aus der Haut gefahren. Ich sprang auf und stürmte zum Ausgang. Als ich die Tür aufriss, schlug mir die Kälte der Eishalle ins Gesicht. Ich holte tief Luft und eilte den Gang hinunter, die Gumminoppen federten unter den Stahlkufen. Ohne abzubremsen, sauste ich über die Schwelle auf die spiegelglatte Eisfläche.
Mein Herz hämmerte in meiner Brust. Ich beugte die Knie, schoss kraftvoll nach vorn und flitzte übers Eis, dass die Bandenwerbung vor meinen Augen verschwamm. Nur Eislaufen würde mich wieder beruhigen.
Das musste es einfach.
Rikker
Anders als bei anderen Sportarten gibt es im Eishockey nicht viele Auszeiten. Was ein Jammer ist. Denn nachdem ich die Kabine betreten und einen ersten Blick auf Michael Grahams Gesicht erhascht hatte, hätte ich gut eine Auszeit gebrauchen können.
Dabei hatte ich gewusst, dass er dort sein würde. Ich hatte vor dem Wechsel die Spielerliste studiert. Daher hatte ich mich für gut vorbereitet gehalten. Immerhin hatte ich fünf Jahre Zeit, um meinen Zorn hinter mir zu lassen. Die Schrammen in meinem Gesicht waren vernarbt, die gebrochenen Rippen nur mehr eine ferne Erinnerung. Ich hatte so vieles hinter mir gelassen.
Auf dem Weg durch die überfüllte Kabine hatte ich ihn nur kurz gesehen. Aber dieser eine Blick hatte genügt, um mir darüber klar zu werden, was mir hier bevorstand. Weil man die erste Liebe nie wirklich vergisst, nicht wahr?
Jedenfalls behaupten das die Texte der Popsongs.
Dabei sah er nicht mal mehr so aus wie damals. Ich hatte mir immer nur den mageren verängstigten Teenager vorgestellt, der mich blutend auf dem Asphalt liegen ließ, dabei war die Version 2.0 von Graham, die sich da in der Ecke ausrüstete, ein Kracher von einem Verteidiger. Ich brauchte keinen Röntgenblick, um zu erkennen, dass unter den Schulterpolstern eine höllische Menge Muskeln steckte. Doch über dem neuen Monsterbody sah ich dieselben von den dichtesten blonden Wimpern umrahmten eisblauen Augen, die ich je bei einem Typen gesehen hatte.
Und ich hatte viele gesehen.
Sein Anblick reichte aus, um meinem Herzen einen Mordstritt zu verpassen. Aber leider verriet mir sein Gesichtsausdruck, dass mir harte Zeiten bevorstanden. Der Typ sah nicht so aus, als würde der sich freuen, mich zu sehen.
Natürlich nicht. Das kam nicht gerade unerwartet. Hätte er sich an mich erinnern wollen, hätte er in den letzten...