E-Book, Deutsch, Band 1, 340 Seiten
Reihe: Ein Fall für Mara Billinsky
Born Blinde Rache
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7325-4288-8
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Mara Billinsky Thriller
E-Book, Deutsch, Band 1, 340 Seiten
Reihe: Ein Fall für Mara Billinsky
ISBN: 978-3-7325-4288-8
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auf der Jagd nach einem Racheengel
Tattoos, schwarze Kleidung, raue Schale: Mara Billinsky eckt an. Auch bei ihren neuen Kollegen in der Frankfurter Mordkommission, von denen sie nur 'die Krähe' genannt wird. Niemand traut Mara den Job wirklich zu, schon gar nicht ihr Chef, der sie lieber auf Wohnungseinbrüche ansetzt. Aber dann erschüttert eine brutale Mordserie die Mainmetropole. Mara sieht ihre Chance gekommen. Sie will beweisen, was in ihr steckt. Auf eigene Faust beginnt sie zu ermitteln - und kommt dem Täter dabei tödlich nah ...
Abgründig, vielschichtig und unglaublich spannend. Die 'Krähe' Mara Billinsky in ihrem ersten Fall!
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
LESERSTIMMEN
'Der Beginn einer neuen Serie mit der eigenwilligen Ermittlerin Mara Billinsky. Ein sehr spannender, realistischer Thriller zu aktuellen Themen, den man nicht aus der Hand legen kann, bis die letzte Zeile gelesen ist.' (MAGICSUNSET, LESEJURY)
'Leo Born hat mit seinem Thriller 'Blinde Rache - Die Ermittlerin' einen super spannendes Buch mit außergewöhnlichen Darstellern geschrieben. Ein Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Seite.' (LESERATTE77, LESEJURY)
'Bereits im ersten Drittel des Buches wird man von dem flüssigen sowie fesselnden Schreibstil und den authentisch wirkenden Dialogen mitgenommen.' (WUSCHEL, LESEJURY)
'Blinde Rache ist ein hervorragender Thriller mit einer tollen Ermittlerin: Kommissarin Mara Billinsky, genannt die Krähe. Sie ist schlagfertig, unkonventionell, einfach sehr besonders.' (Lilia, LovelyBooks)
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
4
»Du musst cool bleiben«, versuchte Hanno Linsenmeyer sie zu beruhigen.
»Leicht gesagt«, gab Mara genervt zurück. »Seit drei Wochen bin ich jetzt hier – und was mache ich? Kleinkram. Dabei könnten meine Kollegen Unterstützung gut brauchen.«
Sie standen vor der Außenwand des in Regenbogenfarben gestrichenen Jugendzentrums. Über fünfzig war Hanno inzwischen, mit zu langen, strähnigen, mausgrauen Haaren und ausgewaschener, abgetragener Kleidung. Für Mara war er immer eine wichtige Stütze gewesen – die einzige. Ihr Halt in den harten Zeiten, als sie als Jugendliche beinahe auf die schiefe Bahn geraten wäre. Hanno war als Sozialarbeiter tätig und engagierte sich auch weit über seine Arbeitszeit hinaus, vor allem für Jugendliche, die straffällig geworden waren. Ein Mensch mit Idealen – und dem Mut, sich dafür einzusetzen.
»Ich habe mich darauf eingestellt«, sprach sie weiter, »dass es Spannungen geben, dass es auch mal krachen würde. Besonders zwischen Klimmt und mir. Aber dass der Typ mich einfach aufs Abstellgleis schiebt, also, damit hat er mich kalt erwischt.«
»Vielleicht siehst du zu schwarz.«
»Wohnungseinbrüche«, hielt sie ihm mit düsterem Zorn entgegen. »Mann, Hanno, das ist doch echt nicht zu fassen.«
»Und die anderen Kollegen?«
»Die schneiden mich.« Sie schüttelte den Kopf. »Einer von denen ist ein richtiger Milchbubi – aber kein Bulle.«
Hanno schmunzelte. »Na, den Blick kenne ich doch.« Er legte den Arm um ihre Schultern. Ihr wurde bewusst, dass er der einzige Mensch war, bei dem sie Berührungen zuließ. Wann hatte sie zuletzt einen Freund gehabt? Einen richtigen Freund? Es war Jahre her.
»Hab einfach Geduld«, riet Hanno ihr. Nur um gleich anzufügen: »Ach, was sage ich da? Du und Geduld …«
Mara musste lachen.
»Schade, Mara, dass du immer so eisig dreinschaust. Du bist nämlich hübsch – wenn du mal lächelst.«
»Komm mir bloß nicht so.«
»Auch auf die Gefahr hin, dass du wieder sauer wirst: diese Einbrüche.«
»Ja?«
»Hast du nicht gesagt, dass du Erfolg hattest? Ihr habt jemanden festgenommen, richtig?«
Mara nickte. »Eine Jugendbande ist für mehrere Wohnungseinbrüche verantwortlich. Zwei der Mitglieder haben wir geschnappt. Und deshalb bin ich heute auch zu dir gekommen.«
»Ach?« Er sah sie an. »Wie kann ich dir helfen?«
»Es geht um einen Jungen. Soweit ich weiß, hast du ihn bei einem deiner Projekte unter die Fittiche genommen. Und ich habe auch gehört, dass er sich heute bei dir herumtreiben soll.«
»Sein Name?«
»Rafael Makiadi. Sechzehn Jahre alt.«
»Klar, den kenne ich.«
»Sein Name ist mehrmals gefallen. Ich möchte nur mal mit ihm reden.«
»Allerdings glaube ich nicht, dass er rückfällig geworden ist. Ich sehe ihn sogar auf einem recht guten Weg. Ein schwieriger Typ – aber ein besonderer.«
»Was macht ihn denn besonders?«, hakte Mara nach.
»Hm. Vielleicht einfach nur die Tatsache, dass er seine Mutter liebt.« Hannos Miene blieb bierernst.
Maras Augenbraue hob sich. »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.«
Ein verstohlenes Schmunzeln umspielte seinen Mund. »Du wirst mir nicht glauben, aber es war keineswegs zynisch gemeint.« Nachdenklich fügte er hinzu: »Weißt du, Mara, ich habe so oft mit Jungs zu tun, die schon als Dreizehnjährige völlig verroht sind. Die keine Skrupel kennen, die dir, ohne mit der Wimper zu zucken, eine Flasche über den Kopf ziehen. Jungs, die keine Bindungen haben, die nie so etwas wie Vertrauen oder ein Miteinander kennengelernt haben. Einsame kleine Wölfe, die zubeißen, wenn die Gelegenheit kommt, völlig egal, wie gut du vorher zu ihnen warst.«
Mara musterte ihn halb spöttisch, halb liebevoll. »Okay. Und unser Rafael gehört also nicht dazu. Er liebt ja seine Mutter.«
»Wenn du es sagst, klingt es anders.« Hanno blickte versonnen drein. »Rafael schämt sich für seine Mutter. Sie lebt in einer jämmerlichen kleinen Bude und trinkt zu viel und hat das Sorgerecht für ihn verloren. Er erwähnt sie nicht, nie, mit keiner Silbe. Er besucht sie kein einziges Mal. Aber dann, wenn er vergisst, dass er sie eigentlich totschweigen will, kommen derart liebevolle, verständnisvolle Worte von ihm, dass ich jedes Mal staunen muss. Er hat Angst davor, ihr Auge in Auge gegenüberzutreten, weil es ihn zu sehr schmerzt. Etwas Gutes steckt in Rafael, und ich will verhindern, dass das kaputtgemacht wird.«
»Seinen Vater liebt er nicht?«
»Er hat wohl keine Erinnerung an ihn, weil er sich irgendwann aus dem Staub gemacht hat. Aber Rafael wartet auf ihn.«
»Er wartet auf ihn?«
»Er ist fest überzeugt davon, dass sein Vater eines Tages aus dem Nichts auftauchen wird, um ihn in ein anderes Leben mitzunehmen. Das verkündet er immer wieder.«
»Was weißt du über den Vater?«
»Nichts. Außer dass er wohl aus Afrika stammt.«
»Kannst du mich jetzt zu Rafael bringen?«
Hanno ging voran. »Komm mit.«
Sie betraten das Gebäude. Es hatte sich nicht viel verändert, seit Mara vor Jahren zuletzt hier gewesen war. Farbenfrohe Wände, ein Aushang mit neuen Gemeinschaftsprojekten und einer Tauschbörse, dumpfer, deutsch gesungener Hip-Hop aus wuchtigen Boxen, ein großzügig geschnittener Aufenthaltsraum, den sie durchquerten. Hanno bedeutete Mara, kurz zu warten, und verschwand durch eine Tür. Mara sah sich um. Jugendliche beim Abhängen, Quatschen, Darts- und Billardspiel, manche in Sesseln, andere einfach im Schneidersitz auf dem Laminatboden, auf dem mehrere Teppiche lagen.
»Na, Schwarze Witwe«, rief ihr einer der Billardspieler in frechem, doppeldeutigem Ton zu. »Lust auf ein Spielchen?«
Die Unterhaltungen verebbten, überall feixende Gesichter.
»Heute nicht.« Mara warf ihm aus ihren dunklen Augen einen kalten Blick zu.
»Wann dann?« Der Typ wollte die Sache nicht auf sich beruhen lassen.
»Wenn du irgendwann mal groß genug bist und dich rasieren musst.«
Gelächter und Gejohle brandeten auf.
Hanno stand wieder neben ihr. »Rafael ist im Nebenzimmer. Er bleibt gern für sich.« Ein kurzes Heben der Schultern. »Hab Geduld mit ihm.«
Mara grinste. »Da haben wir’s wieder: ich und Geduld.«
Sie glitt durch die noch offene Tür in den direkt anschließenden Raum, der wesentlich kleiner war. Poster von Rappern, ein kniehoher Tisch, darauf leere Colaflaschen. Ein großes, selbst gemaltes »Nazis raus«-Plakat. Zwei weitere Sessel. In einem davon saß Rafael Makiadi. Irokesenhaarschnitt, Nike-T-Shirt, Hosen mit Tarnmuster und eine Motorradlederjacke wie die von Mara – nur in auffällig strahlendem Weiß. Er war nicht sonderlich groß, schmal die Schultern, zart die Hände, die in seinem Schoß lagen.
Doch was sie vor allem wahrnahm, waren seine Augen, die sie aus einem fast mädchenhaft hübschen Gesicht mit dunklem Mischlingsteint musterten, traurige, misstrauische, ablehnende Augen, die eher zu einem Erwachsenen als zu einem Sechzehnjährigen passten – auf jeden Fall zu jemandem, der schon zu viel im Leben mit angesehen hatte. Irgendetwas an seiner Art, sie zu betrachten, kam ihr bekannt vor, dabei war sie ihm nie zuvor begegnet.
»Ich bin Mara Billinsky. Kriminalpolizei.«
Keine Antwort.
»Ich ermittle wegen der Wohnungseinbrüche.«
Unverändert lag Rafaels Blick auf ihr, sein Mund ein dünner, abweisender Strich.
»Ich muss dich zu einigen Daten befragen. Also. Der letzte Samstag, besser gesagt, die Nacht auf Sonntag. Wo warst du da?«
Ein knappes Achselzucken. »Hab ich vergessen.«
In den zurückliegenden drei Wochen hatte sie solche Fragen zu Hunderten gestellt – und solche Antworten zu Hunderten erhalten. Zuletzt hatte sie mit zunehmender Gelassenheit darauf reagiert. Doch bei ihm erwachte Wut in ihr, wie sie irritiert feststellte. Sie taxierte Rafael noch eine Weile, bevor sie sich in den zweiten Sessel setzte.
»Hör zu, Rafael, ich will dir nicht auf den Keks gehen.«
Kein Wort. Und keinerlei Reaktion in seiner Miene.
»Aber ich werde mich auch nicht abspeisen lassen.«
Wiederum – kein Ton von ihm.
Ihre Stimme wurde schärfer: »Rafael, bei uns in der Zelle sitzen einige deiner Kumpel – und die haben Sehnsucht nach dir.«
»Ich habe keine Kumpel.« Die Art, wie er das aussprach, entging Mara nicht – eine Ernsthaftigkeit und Düsternis, die sie nicht kaltließ. Und dennoch wurde ihre Wut auf ihn nur noch größer. Es war dieses Aufreizende, das ihr auf die Nerven ging. Warum kannst du nicht gelassener bleiben?, fragte sie sich, verwundert über sich selbst.
Nach einer weiteren Stille wurde ihr Tonfall noch schärfer: »Die Nacht von Samstag auf Sonntag. In Sachsenhausen ist in zwei Wohnungen eingebrochen worden.«
Schweigen.
»Ich hab keinen Bock mehr auf euch kleine Mister Cools«, entfuhr es ihr. »Mit der Masche wirst du jedenfalls nicht weit kommen.«
»Und ich hab keinen Bock mehr auf Leute, die mir Predigten halten.«
»Glaub mir, ich bin kein Pfarrer«, zischte sie. »Ich predige nicht.«
Er seufzte, rollte kurz mit den Augen, spöttisch, überdrüssig, gelangweilt, wie ein alter Gangster, der jede schmutzige Pfütze auf der Welt kannte. Nicht schlecht, wie er das machte, das musste sie diesem mickrigen Kerlchen lassen. Sie stellte weiterhin Fragen, er verzichtete weiterhin auf Antworten. Es war weniger ein...