Bomann | Das Krähenweib | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 456 Seiten

Bomann Das Krähenweib

Historischer Roman
2. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7543-6408-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Historischer Roman

E-Book, Deutsch, 456 Seiten

ISBN: 978-3-7543-6408-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lübz 1701: Annalena Haverrechts Weg scheint vorbestimmt: Als Tochter eines Henkers ist sie eine Rechtlose, Unreine, dazu verdammt, ihrem Stand niemals entkommen zu können. Um ihren brutalen Ehemann zu entkommen, flieht sie nach Oranienburg, wo sie den jungen Alchemisten Johann Böttger kennenlernt und sich in ihn verliebt. Johann behauptet, das Rezept zur Goldherstellung gefunden zu haben. Damit macht er sich schnell Feinde. Als Preußenkönig Friedrich der Große droht, ihn in den Kerker zu werfen, verhilft Annalena ihm zur Flucht nach Meißen. Doch ihr Glück ist nur von kurzer Dauer, denn ihr Ehemann ist ihr auf den Fersen und sinnt nach blutiger Rache.

Corina Bomann wurde 1974 in Mecklenburg geboren. Seit vielen Jahren schon schreibt sie Romane für Erwachsene und Jugendliche. Ihre im Ullstein-Verlag erschienenen Bücher wurden allesamt Bestseller. Mittlerweile lebt und arbeitet sie in Berlin.

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2. Kapitel
Mondschein fiel durch das Fenster und erhellte mit seinem fahlen Licht die Kammer. Annalena lehnte am Fensterrahmen und beobachtete die abendliche Straße. Das Bett hinter ihr war unberührt. Ihr Vergleich des Lebens mit einem Mühlstein ging ihr auch jetzt wieder durch den Kopf. Auf den Tag folgt die Nacht und auf das Tagwerk folgt die Rückkehr meines Gemahls. Was erwartet mich in den kommenden Stunden? An diesem Tag hatte sie erlebt, wie kurz das Leben sein konnte. Der Tod schlich durch die Straßen und hielt beständig Ausschau nach Opfern. Wurde er aus einer Kammer vertrieben, so kehrte er in die nächste ein. Wann würde er sie holen? Wann schlug Mertens so kräftig zu, dass sie am nächsten Morgen nicht wieder aufwachte? Annalenas Magen schnürte sich zusammen, sie hatte Angst davor, etwas zu tun, und Angst davor, nichts zu tun. Sie wusste einfach nicht weiter. Würde Mertens ihre Gedanken kennen, schlüge er sie ganz bestimmt tot. Du bist immer noch jung. Fern von hier könntest du neu anfangen. Niemand wird wissen, wer du bist. Niemand wird dich schlagen oder beschimpfen. Du musst nur dieses Haus verlassen, fortgehen aus Walsrode ... Eine schemenhafte Bewegung schreckte sie auf. Ein Schatten kam die Straße entlang. Da der Nachtwächter seine Runde bereits gemacht hatte, konnte er nur einem gehören. Annalenas Herz begann zu rasen. Was sollte sie nur tun? Bestenfalls war Mertens so betrunken, dass er nicht mehr in der Lage war, seine Hose zu öffnen. Doch sein Gang war dafür zu gerade. Das hieß zwar nicht, dass er sich nicht anständig betrunken hatte, aber sein Körper war das Bier und den sauren Wein gewöhnt. Er war nicht betrunken genug. Die Angst packte Annalena so hart, dass sie meinte, keine Luft bekommen zu können. Sie versuchte, ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen, die aufsteigende Panik zu unterdrücken, merkte aber schon bald, dass sie nicht dagegen ankam. Diese Nacht würde wie jede andere verlaufen, und im Morgengrauen könnte sie sich das Blut von den schorfigen Wunden waschen. »Weib, wo bist du?«, tönte die trunkene Stimme von Mertens durchs Haus. »Verdammt, wo steckst du, verfluchte Hure?« Annalena blieb wie erstarrt am Fenster stehen. Plötzlich flog die Tür der Schlafkammer auf und Mertens trat ein. Er stank nach Wein und Rauch. Als er bemerkte, dass ihr Gesicht bleich vor Angst war, lächelte er, dann zog er mit langsamen Bewegungen den Gürtel aus seinem Wams. Alles in ihr schrie, dass sie fliehen sollte, irgendwie, irgendwohin, wo er sie nicht erwischen konnte. Doch wenn sie den ersten Schritt tat, gab es kein Zurück mehr. Mertens würde sie umbringen, wenn sie sich wehrte. Plötzlich hatte sie wieder den Geköpften vor Augen. Und Hinnings blutverschmierten Stumpf. Und sie sah sich selbst, blutend und gebrochen zu Mertens’ Füßen liegend. Mertens näherte sich ihr langsam, triumphierend. Er zweifelte nicht daran, dass er heute Nacht erneut seinen Spaß mit ihr haben würde. Doch heute hatte ihr der Tod zu klar vor Augen gestanden, als dass sie noch länger ignorieren konnte, dass auch ihr eigener Tod von Mertens’ Hand nur noch eine Frage der Zeit war. Willst du dich wieder von ihm prügeln lassen? Willst du, dass er dich heute vielleicht totschlägt? Dass du zu Aas wirst wie der Mörder oder Hinnings abgeschnittener Fuß? Sie kannte die Antwort auf diese Fragen und endlich, das erste Mal seit Jahren, verspürte sie echten Lebenswillen in sich. Die Furcht war immer noch quälend, aber der Wunsch, frei von Mertens zu sein, gewann die Oberhand und trieb sie voran. Flieh! Sieh zu, dass du fortkommst von hier! Flink huschte sie zur Seite, bevor Mertens ausholen konnte. Mertens war es gewohnt, dass sie wie versteinert stehen blieb und kuschte. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Willst mit mir spielen, Miststück, was?«, zischte er, wobei er Speicheltröpfchen versprühte. Annalena kämpfte gegen die altbekannte Lähmung an, stachelte sich in Gedanken an. Du hast einem Mann das Bein abgeschlagen, also kannst du auch Mertens’ Riemen entkommen! Als er auf sie zukam, träge durch den Wein, gab Mertens die Tür frei. Sie zwang sich zur Ruhe, wartete, bis er fast bei ihr war. Dann war es so weit. Lauf!, schrie sie sich in Gedanken zu. Und sie gehorchte. Der Lederriemen klatschte ins Leere. Mertens brüllte wütend auf. »Was fällt dir ein, du stinkende Hure, die Haut werde ich dir abziehen!« Doch die Worte berührten sie nicht. Als sie zur Tür rannte, hoffte sie nur, schnell genug zu sein. Mertens tobte ihr wütend hinterher. Der Schwall an Schimpfworten, der über seine Lippen kam, übertraf alles, was sie bisher gehört hatte. Fast hatte sie die Tür erreicht, als sie brutal zurückgerissen und zu Boden geschleudert wurde. Mertens begann sofort, wie ein Wahnsinniger auf sie einzuschlagen, während sie sich verzweifelt zusammenkauerte und versuchte, ihr Gesicht zu schützen. Die Schmerzen waren unvorstellbar. Die Wunden von gestern Nacht rissen wieder auf, neue fraßen sich in ihr Fleisch. Blut tränkte ihr Kleid. Ihr gesamter Rücken fühlte sich an, als würde Mertens ihr die Haut vom Leib schälen. Gleich wirst du sterben, durchzuckte es sie, und sie konnte nicht anders, als gegen die Pein anzuschreien, bis sie keine Luft mehr bekam. Da hielt der Henkersgeselle inne. Jedoch nicht, um aufzuhören. Er packte sie an den Haaren und schleifte sie mit sich zur Treppe. »Du wirst nie wieder versuchen, mir wegzulaufen. Du kennst die Ringe in den Dachbalken? An die werde ich dich binden und dich prügeln, bis nichts mehr von dir übrig ist.« Annalena wimmerte auf, aber nicht nur wegen der höllischen Schmerzen. Angst, Hass und Zorn tobten in ihr. Er würde sie töten. Sie musste etwas tun. An der Treppe angekommen, spannte Annalena plötzlich die Muskeln ihrer Gliedmaßen an, riss sich los und rannte nach oben. Zu den Messern, dachte sie. Wenn ich erst mal eines der Messer in der Hand halte, wird er sich einen weiteren Hieb überlegen. Doch kurz bevor sie den Boden erreicht hatte, schloss sich seine Hand wie eine eiserne Kralle um ihren Knöchel. Annalena stürzte und rutschte mehrere Stufen hinunter, als Mertens an ihrem Fuß zerrte. Obwohl sie am Rande ihrer Kraft war und die Schmerzen weiße Punkte vor ihren Augen tanzen ließen, gelang es ihr, sich herumzuwälzen. Sie versetzte ihm mit dem freien Fuß einen harten Tritt. Mertens ruderte mit den Armen, doch das half nichts, er kippte mit einem überraschten Gesichtsausdruck nach hinten und schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf. Es gab ein dumpfes Geräusch, dann rührte er sich nicht mehr. Annalena schnappte nach Luft, und kroch auf dem Rücken weiter nach oben, ohne dabei die Augen von der Gestalt am Boden abzuwenden. Als sie sah, dass Mertens tatsächlich liegen blieb, mischte sich ein seltsames Triumphgefühl unter die trommelnden Herzschläge in ihrer Brust. Taumelnd hielt sie sich am Treppengeländer fest, während sie den reglosen Körper ihres Mannes betrachtete. Hatte er sich das Genick gebrochen? Sie wagte nicht, das zu überprüfen. Schnell lief sie die Treppe hinunter, dann an Mertens vorbei. Der Gedanke, dass seine Hand zur Seite schnellen und sie festhalten könnte, ließ sie fast stolpern in ihrer Hast. Du musst hier weg. Verschwinde, bevor er wieder zu sich kommt und sich an dir rächt. Oder sie dich des Mordes bezichtigen. Rasch holte sie sich noch ihren Mantel, der ihr helfen würde, sich in der Dunkelheit zu verbergen. Dann huschte sie hinaus in die Nacht. Was kommen würde, wusste sie nicht, aber dieser Hölle war sie entronnen. Zunächst irrte Annalena ziellos durch die Stadt, dann beruhigten sich ihre Gedanken genug, um einen Plan zu machen. Die Stadttore waren verschlossen, und die Wächter würden gewiss keine Ausnahme für sie machen. Aber vielleicht fand sie neben der Kirche ein Versteck, in dem sie bleiben konnte, bis es Morgen wurde. Jeder Schatten, auch ihr eigener, ließ sie auf dem Weg zusammenzucken. Ihr Herz raste so heftig, dass das Blut in ihren Adern pochte und ihr Kopf schmerzte. Wo sollte sie hin? Sie wusste nur, dass sie nicht hierbleiben konnte, egal, ob Mertens tot war oder nicht. Plötzlich schoss eine Hand aus dem Dunkel und schloss sich wie eine Kralle um ihren Arm. Annalena schrie auf, denn sie glaubte, dass es Mertens war. Doch es war das Gesicht der Witwe Gennings, in das sie angstvoll blickte. Die Frage, was sie so spät noch draußen machte, stellte sie vor lauter Schreck gar nicht. Die Frau las kurz in ihren Augen und ließ ihren Blick über ihre Wunden streifen, dann sagte sie: »Komm mit, Mädchen.« Ehe sie sich versah, fand sie sich im Haus der Witwe wieder. Dort bugsierte sie die alte Frau auf einen Stuhl, klapperte dann im Vorratsraum herum, und kam mit einem Tiegel wieder, aus dem sie eine seltsam riechende Salbe auf Annalenas...



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