Buch, Deutsch, 136 Seiten, Format (B × H): 123 mm x 195 mm
Buch, Deutsch, 136 Seiten, Format (B × H): 123 mm x 195 mm
ISBN: 978-3-03867-082-7
Verlag: brotsuppe
Warten im Flur, zu zweit in einer Badewanne, tanken, auf der Tanzfläche eine gute Figur machen: Alle Orte in dieser zufälligen und subjektiven Bestandesaufnahme haben ihre ganz eigenen Regeln, ihre Rituale, ihren konventionellen Gebrauchswert, an den wir uns halten müssen. Wenn uns diese Nutzung entgleitet, entsteht eine Situation, die in der Umgangssprache als »einsamer Moment« bezeichnet wird und die oft Anlass zum Lachen oder Weinen und vor allem eine Geschichte zum Erzählen bietet.
Es sind autobiographisch gefärbte alltägliche oder auch exotische kleine Erlebnisse, Träume, Phantasien aus Kindheit, Adoleszenz und Gegenwart mit einer Neigung zum Absurden.
Es sind funkelnde Sätze mit Augenzwinkern und Selbstironie, mit hintergründigem, manchmal auch bissigem Humor und oft mit einer unerwarteten, schrägen Pointe.
Weitere Infos & Material
Sonniger Winternachmittag. Schnurgerade Bankreihe den Spielplatz entlang. Ein stämmiges Kind kauert im Sandkasten und leert ihn. Der Sandkasten ist gross, die orange Schaufel klein, aber der Junge widmet sich seiner monumentalen Aufgabe mit grossem Ernst. Als seine Mutter dieses Geschehen bemerkt, gibt sie ihm zu bedenken, dass, wenn er den Sand ausserhalb des Kastens verteilt, nichts mehr darin bleiben wird. Das scheint die Fantasie ihres Sohnes anzukurbeln, der sogleich seine Anstrengungen verdoppelt. Die Mutter erklärt ihm, dass, wenn er so weitermacht, die Polizei höchstpersönlich kommen könnte, um das Ausmass dieser Zerstörung an der Infrastruktur festzustellen. Diese Aussicht beflügelt den Jungen, der sein Tempo beschleunigt. Aber die Mutter gibt noch nicht klein bei. Sie zeigt auf einen Mann, der mit ernster Miene neben ihr sitzt und resümiert das staatliche Steuersystem: »Siehst du, dieser Mann hier hat für diesen Sandkasten bezahlt.« Der Mann nickt. »Ja, ich habe bezahlt, das stimmt. Ich habe hart gearbeitet, um diesen Sandkasten zu bezahlen (er zeigt seine Hände, die hart gearbeitet haben), und jetzt tut es mir leid, dass er nicht mehr so schön ist wie vorher.« Bei diesen Worten erstarrt der Junge, dann macht er sich wie wild daran, den auf dem Asphalt verstreuten Sand einzusammeln. Diesen Moment wählt die Mutter, um aufzustehen. »Komm, wir gehen heim.« Der Kleine versucht es noch mit ein paar letzten Schaufelwürfen Richtung Sandkasten, dann entschliesst er sich, der Mutter zu folgen. Der Mann bleibt auf der Bank sitzen. Er betrachtet den Sandkasten mit dem klaffenden Loch.