Bohmeyer / Krappmann / Lob-Hüdepohl Bildung für junge Flüchtlinge - ein Menschenrecht
Bibliotheksvertrieb über utb scholars
ISBN: 978-3-7639-4429-3
Verlag: wbv Media
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Erfahrungen, Grundlagen und Perspektiven
E-Book, Deutsch, 324 Seiten, PDF
Reihe: Forum Bildungsethik
ISBN: 978-3-7639-4429-3
Verlag: wbv Media
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Im Fokus dieses Buches stehen die Grundlagen und Perspektiven der Umsetzung des Menschenrechts auf Bildung für junge Flüchtlinge in Deutschland. Bildung stattet Menschen mit unverzichtbaren Kompetenzen aus und legt die sozialen und kulturellen Fundamente des Zusammenlebens. Nach den OECD-Bildungsstudien der vergangenen Jahre ist Deutschland aber noch weit von dem Ziel entfernt, benachteiligte Schülerinnen und Schüler in Deutschland ausreichend zu fördern und allen Kindern und Jugendlichen gleiche Bildungschancen zu bieten. Dies gilt in besonderem Maße für jugendliche Flüchtlinge, die durch ihre schlechte wirtschaftliche Lage, aufenthaltsrechtliche Beschränkungen und psychosoziale Belastungen besonders unter mangelnden Bildungschancen leiden. Wissenschaftler und Praktiker plädieren in diesem Buch für eine Verbesserung der Situation von Kinderflüchtlingen im Bildungssystem und in anderen Lebensbereichen. Um die unterschiedlichen Implikationen des Rechts auf Bildung junger Flüchtlinge zu verdeutlichen, werden biografische, sozialwissenschaftliche, ethische und rechtliche Facetten beleuchtet und anhand von Praxisbeispielen veranschaulicht.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Kultur Menschenrechte, Bürgerrechte
- Sozialwissenschaften Pädagogik Pädagogik Affektive, soziale und ethische Ziele in der Erziehung
- Sozialwissenschaften Pädagogik Teildisziplinen der Pädagogik Multikulturelle Pädagogik, Friedenserziehung
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Soziologie von Migranten und Minderheiten
Weitere Infos & Material
Geleitworte von Annette Schavan und Vernor Muñoz Villalobos
Einleitung
A. Biografische Wegerkundungen
Von Zenica nach Chicago. Eine autobiografische Bildungsreise
Sanja Jagesic
"Etwas für die Gerechtigkeit tun!" Ein Gespräch mit Ibrahim Kanalan
Die Proviantmeisterin - Elizabeths Geschichte
Stefan Kurzke-Maasmeier
B. Fachwissenschaftliche Zugänge
B.I Sozial- und Humanwissenschaftliche Perspektiven
Junge Flüchtlinge - ein blinder Fleck in der Migrations- und Bildungsforschung
Birgit Behrensen / Manuela Westphal
Lebenslagen von jungen Flüchtlingen in Deutschland
Karin Weiss
Die Ressource Bildung in der Sozialen Arbeit mit jungen Flüchtlingen
Monika Treber
Jenseits des Traumas: die Bedeutung von (schulischer) Bildung aus psychologischer und psychotherapeutischer Perspektive
Birgit Möller / Hubertus Adam
Bildung als Medium der Anerkennung - Migration und Bildungsgerechtigkeit
Georg Auernheimer
B.II Anthropologische und ethische Perspektiven
Das Menschenrecht auf Bildung: anthropologisch-pädagogische Zugänge
Axel Bohmeyer
Menschenrechte in Illegalität?! Theologisch-ethische Anmerkungen zu einem neuzeitlichen Problem
Andreas Lob-Hüdepohl
Bildung als universelles Menschenrecht - Grundlagen und Forderungen
Claudia Lohrenscheit / Mona Motakef
Menschenrechtsbildung als ein Schlüssel zur Verwirklichung der Menschenrechte - auch im Flüchtlingsschutz
K. Peter Fritzsche
B.III Rechtliche Perspektiven
Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes: seine Entstehungsgeschichte, normative Kraft und Bedeutung mit Blick auf Flüchtlingskinder und Bildung
Hendrik Cremer
Das Recht des statuslosen Kindes auf Bildung
Erich Peter
Arbeitserlaubnis und Ausbildungsförderung für Flüchtlinge
Georg Classen
C. Bildungsperspektiven im Alltag junger Flüchtlinge
Vorurteilsbewusste Erziehung - ein Konzept auch für junge Flüchtlinge
Donja Amirpur
Die Potenziale junger Flüchtlinge durch schulische Förderung - die SchlaU-Schule
Michael Stenger
Bildung und Integration von jungen Asylsuchenden in Österreich
Heinz Fronek
Proben für den richtigen Auftritt im Leben
Gabi Klein
Den Einstieg in den Beruf erleichtern - das Projekt KUMULUS
Wahiba Megdad
Fit für die Zukunft
Doris Kölsch
D. Politische Handlungsfelder und Herausforderungen
D.I Herausforderungen für Politik und Kirchen
Bildung für junge Flüchtlinge - politische Herausforderungen
Maria Böhmer
Möglichkeiten der Verbesserung von Bildung und Beschäftigung junger Migranten
Kajo Wasserhövel
Bildung als Kinderrecht - nicht für junge Flüchtlinge?
Marlene Rupprecht
"Da stand Josef in der Nacht auf und floh mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten" (Mt 2,14).
Georg Kardinal Sterzinsky
"Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt". (Mk. 9,36-37)
Stephan Reimers
D.II UN-Institutionen und Nichtregierungsorganisationen: Programme und Forderungen
Die Arbeit des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes und die Umsetzung des Kinderrechts auf Bildung in Deutschland
Lothar Krappmann
Das Recht auf Bildung für junge Flüchtlinge
Albert Riedelsheimer
"Best Interests of the Child": Die UNHCR-Richtlinien und das Recht auf Bildung
Uta Rieger
UNESCO-Priorität "Education for All"
Antonie Curtius
Bildung für Kinder in Not. Ausgewählte Projekte von UNICEF
Kerstin Bücker
Nachwort
Bildung für alle - die Diskrepanz zwischen Recht und Realität
Rita Süssmuth
Anhang
Ausgewählte internationale Dokumente
Stichwortverzeichnis
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Von Zenica nach Chicago. (Seite 25)
Sanja Jagesic
Als ich klein war und im Jugoslawien vor dem Krieg aufwuchs, gefiel mir die Idee vom Lernen. Ich schaute meiner Schwester immer mit Neid zu, wenn sie sich fleißig über ihre Hausaufgaben beugte und sehnte mich nach dem Tag, an dem ich das Gleiche würde tun können.
Bevor ich allerdings meine ersten Hausaufgaben machen konnte, wurde mein normales Familienleben durch den Bürgerkrieg in Jugoslawien zerstört. Im Jahr 1992, kurz nach meinem sechsten Geburtstag, entschied sich meine Mutter dafür, meine Schwester und mich von unserem damaligen Zuhause im bosnischen Zenica zu unseren Großeltern nach Stari, einem kleinen Dorf an der kroatisch-dalmatinischen Küste, zu schicken, damit wir den Gefahren des Krieges entkämen. Sie blieb selbst noch ein Jahr in Bosnien, zunächst um unser Haus vor potenziellen Einbrechern zu schützen und später, weil sie von dort nicht mehr weg konnte.
So begann meine erste Bildungserfahrung in Kroatien, getrennt von meinen Eltern und ohne zu wissen, wie es künftig weitergehen würde. Wie viele andere Kinder merkte auch ich, dass die Schule nicht dem entsprach, was ich mir vorgestellt hatte. Vor allem verloren die Hausaufgaben ihren ursprünglichen Glanz. Ich war in allen Fächern schlecht und wurde häufig wegen meiner vielen mathematischen und grammatikalischen Fehler von der Lehrerin geschlagen. Ich weiß noch, dass schon die erste Klasse mir nicht gefiel. Als eine der schlechtesten unter den Schülern habe ich die meiste Zeit damit verbracht zu beten, dass die Lehrerin mir keine Frage stellen würde. Als ich bereits einige Monate in der zweiten Klasse war, konnte meine Mutter aus Bosnien fliehen und kam zu meiner Schwester und mir ins Haus unserer Großeltern. Meine Bildungsgeschichte nahm eine weitere dramatische Wende, als meine Mutter die Entscheidung traf, dass wir nach Hamburg ziehen würden, wo mein Vater bereits seit 1992 als Flüchtling lebte. Wieder musste ich Abschied nehmen, dieses Mal von meinen Großeltern.