Böhm | Splitter in unseren Herzen | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 434 Seiten

Böhm Splitter in unseren Herzen

Roman
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-87336-839-2
Verlag: Gerhard Hess Verlag e.K.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 434 Seiten

ISBN: 978-3-87336-839-2
Verlag: Gerhard Hess Verlag e.K.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dr. Ben Manuel begegnet als Arzt vielen Menschen. Unter ihnen befinden sich auch einige, die sich aufgrund schwerer Schicksale bereits aufgegeben haben. Ein Teil von ihnen lebt bewusst abseits unserer Gesellschaft auf der Straße. Da gibt es diese junge Frau, die verzweifelt nach ihrem Kind sucht. Sie findet Halt bei ihrer älteren Freundin, die ein ähnliches Schicksal hat. Oder der junge Mann, der von seinem Vater so sehr verachtet wird, dass er seine Leidenschaft zum Tanzen aufgibt und aus Wut und Verzweiflung alkohol- und drogenabhängig wird. Das kleine Mädchen, das von seinem Stiefvater im Alkoholrausch fast totgeschlagen wurde, kann zwar durch eine aufwendige OP gerettet werden, doch sie wird ihr Leben lang an den Folgen dieser Misshandlung leiden. Sie alle tragen Splitter im Herzen, durch die sie vor den Trümmern ihres Lebens stehen, und alles um sie herum scheint zu zerbrechen. Dr. Manuel versucht, für diese Menschen da zu sein. Gemeinsam mit einigen Weggefährten, die das gleiche Ziel verfolgen, tut er alles für sie, was in seiner Macht steht. Aber was hat seine Adoptivtochter Joy mit all diesen Menschen und Schicksalen zu tun? Ist sie das Bindeglied, das am Ende alle zusammenführt? Denn diese berührenden und tragischen Schicksale sind auf eine geheimnisvolle Weise von Anfang an miteinander verbunden, und erst im Laufe der Geschichte werden die Zusammenhänge klar.

Die Autorin Kristina Böhm wurde im Jahr 1959 in Berlin geboren. Sie ist Schauspielerin, Sängerin und Schriftstellerin. Die Tochter des Schauspielers Karlheinz Böhm und seiner zweiten Ehefrau Gudula Blau ist gelernte Hotelkauffrau. Später machte sie eine Ausbildung als Schauspielerin und spielte unter anderem in den Serien 'Ein Heim für Tiere', 'Der Bergdoktor' und 'Liebesgeschichten' mit. Kristina Böhm war mit dem Schweizer Unternehmer Peter Rothen verheiratet. Aus dieser Ehe gingen drei Töchter hervor. Ihr Ehemann starb 2004 im Alter von 54 Jahren.
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Kapitel 1


Es war Weihnachten und Ben war froh, dass der Feierabend nahte. Nur noch ein Hausbesuch stand an. Seine letzte Patientin für heute wohnte ganz in der Nähe vom Krankenhaus. Zu Fuß machte er sich auf den Weg zu ihr.

Marie Schmittmann war eine ältere, alleinstehende Dame, die bedingt durch eine fortgeschrittene Arthritis unter starken Schmerzen litt, die ihr das Leben zunehmend schwer machten. Ben nahm sich ausgiebig Zeit für sie, gab ihr eine Spritze, die ihr kurzzeitig etwas Linderung verschaffen würde und aß von ihrem Apfelkuchen, den sie speziell für seinen Besuch gebacken hatte. Nach etwa einer Stunde verabschiedete er sich von der Frau, die sehr dankbar für die kurze Abwechslung und seine Gesellschaft war.

Inzwischen war es dunkel und nasskalt. Ben schlug den Kragen hoch, um sich vor dem Wind zu schützen, als er an einer Fußgängerampel stand und auf Grün wartete. Seine Gedanken schweiften weit fort. Unwillkürlich fing er an, zu lächeln. Die Sterne schienen in diesem Moment ganz besonders hell zu funkeln. Heute Abend unter dem leuchtenden Weihnachtsbaum wollte er seiner Lucia endlich einen Heiratsantrag machen. Es wurde ihm warm ums Herz bei diesem Gedanken.

Als er in den Park einbog, wurde er jäh aus seinen Träumen gerissen. Waren das Schreie, die durch die Dunkelheit gellten? Brauchte jemand Hilfe?

Ben war mit Leib und Seele Arzt. Er wollte immer für alle Menschen da sein. Ihnen helfen, so gut es nur ging. Und er hatte das Gefühl, dass hier jemand wirklich in Not war. Angestrengt schaute er in die Richtung, aus der die Schreie kamen. Er konnte nichts erkennen, doch sie hörten nicht auf und so folgte er ihnen so schnell wie möglich.

Auf einer alten Parkbank sah er jemanden liegen. Erst schemenhaft, doch als er näher kam, erkannte er eine junge Frau. Sie war vielleicht 20 Jahre – höchstens. Anscheinend versuchte sie sich in die Seitenlage zu hieven. Vergebens.

Nadine tat alles weh, die Wehen kamen immer heftiger und in kürzeren Abständen. Sie schrie mit jedem Ausatmen lauter und gequälter. Ihre Freunde um sie herum, hauptsächlich ihre beste Freundin Maja, waren ziemlich hilflos. Die einen riefen um Hilfe, andere kreischten laut, wirr und aufgeregt. Die meisten von ihnen aber grölten betrunken irgendwelche Weihnachtslieder.

Maja versuchte, ihre Freundin mit Decken zu wärmen, als sie plötzlich einen Mann bemerkte, der direkt auf sie zulief. Er nickte ihr kurz zu und beugte sich sofort zu der schreienden und sich windenden Nadine herunter. Kurz erklärte er, dass er Arzt sei und fragte, wie lange die junge Frau schon in den Wehen liegen würde. Maja wusste es nicht und schüttelte nur den Kopf.

Der Mann griff zum Handy, rief den Notruf, um einen Rettungswagen anzufordern und erklärte in knappen Worten die Situation.

Als er auflegte, drehte er sich zu Maja um: „Entschuldigen Sie, ich habe mich nicht vorgestellt. Mein Name ist Ben Manuel und ich bin Arzt, wie ich vorhin bereits erwähnte.“ Maja nickte: „Aha, äh ja, ich heiße Maja.“ Dabei hielt sie die Hände von Nadine, die ihr Halt boten.

Doch Ben hörte ihr gar nicht richtig zu. Seine Aufmerksamkeit galt Nadine. Sie schrie immer lauter und Ben rief: „Bitte Maja, könnten Sie versuchen, ihre Freundin ein wenig zu beruhigen. Ich denke, es geht gleich los. Die Wehen kommen offensichtlich in immer kürzeren Abständen.“

Das war wie ein Weckruf für Maja. Sie fragte: „Soll ich hecheln mit ihr?“ Ben nickte nur, denn man konnte bei dem Lärm um sie herum kaum etwas verstehen. Doch trotzdem wollte Ben wenigstens den Namen dieser jungen Frau wissen, daher rief er nochmals: „Maja, können Sie mir den Namen ihrer Freundin verraten?“ Sie drückte die Hände der schreienden Nadine fest an sich und antwortete laut: „Sie heißt Nadine.“

Maja schaute auf das schmerzverzerrte Gesicht ihrer Freundin und versuchte erneut ihr Mut zu machen: „Nadine, schau mich an und mach mir alles nach.“ Maja hechelte mit all ihrer Kraft. Der Arzt lobte beide Frauen und betonte, dass das gut wäre und sie weitermachen sollten. Er rief: „Nadine, weiter so! Ja, Sie machen das wunderbar! Ich sehe bereits das Köpfchen. Bravo Nadine, Sie haben es gleich geschafft.“ Maja spürte, wie sie zu zittern begann. Mit all ihrer Kraft hechelte sie zusammen mit Nadine, die wirklich so gut wie das eben möglich war, mitmachte.

Dann fing Nadine an, zu pressen. Und mit jeder Presswehe schrie sie ihren Schmerz lauter hinaus. Plötzlich wurde es still. Sogar die Betrunkenen hörten auf zu grölen. Aber nur kurz, bis das Schreien eines Neugeborenen diese Stille durchdrang. Maja stoppte abrupt ihr Hecheln und umarmte Nadine spontan. Beide Frauen waren trotz der eisigen Kälte schweißgebadet. Maja strich Nadine sanft ihre Haare aus dem Gesicht. Zärtlich wischte sie ihrer inzwischen weinenden und erschöpften Freundin den Schweiß von der Stirn. Sie flüsterte leise: „Nadine, du hast es geschafft.“ Die Umstehenden spendeten tosenden Applaus. Ben klemmte die Nabelschnur ab und durchtrennte sie, als sie aufhörte zu pulsieren. Vorsichtig wickelte er das Baby in ein Tuch, das er in seiner Arzttasche stets bei sich trug.

Nadine hob unter großer Anstrengung ihren Kopf, denn Ben stand nun genau vor ihr mit dem schreienden kleinen Bündel. Er sagte, selbst gerade sehr bewegt und ergriffen: „Bravo Nadine, sie haben soeben ein wunderschönes Mädchen geboren.“

Bevor Nadine reagieren konnte, hörten sie schon die Sirenen und nur einen Augenblick später waren der Rettungswagen und der Notarzt vor Ort. Ben reichte das Baby einer der Sanitäterinnen, die das kleine Mädchen sofort in eine spezielle Decke wickelte.

Sie wollte gerade mit dem Baby zum Rettungswagen eilen, als sie Nadines flehentlichen Blick bemerkte. Sie streckte mit letzter Kraft ihre Arme zu der Frau aus, die ihr Kind hielt. Die Sanitäterin beugte sich lächelnd zu ihr herunter und flüsterte: „Ihr kleines Mädchen.“

Nadine fühlte sich völlig ausgelaugt und erschöpft. Unter größter Anstrengung richtete sie sich auf. Da war es also, ihr Kind. Mein Gott, so winzig, schoss es ihr durch den Kopf, aber wunderschön. Nadine streckte ihre Hand aus. ‚Berühren‘, dachte sie, ‚nur einmal berühren‘. Sie zog die Decke ein wenig zurück und sofort warnte die Sanitäterin sie vor der Kälte. Nadine wollte aber unbedingt dieses kleine Wesen sehen. Nein, sie wollte es anfassen und fühlen, dieses Baby berühren, das in den vergangenen neun Monaten in ihrem Bauch herangewachsen war, wenn ihr bloß nicht so hundeelend wäre. Wo waren nur ihre Freunde und warum waren die vielen fremden Menschen hier? Erleichtert nahm Nadine wahr, dass Maja immer noch neben ihr kniete.

Plötzlich zuckte sie zusammen. Ihr tat alles weh, das Atmen fiel ihr schwer und sie fluchte leise. „Nein“, schrie es in ihr. „Nicht jetzt!“ Nadine schluchzte: „Ich will mein Kind!“ Nadine krümmte sich vor Schmerzen, aber sie wollte durchhalten und richtete sich wieder mühsam auf.

Ben sah sofort, dass es Nadine schlechter ging und versuchte, die junge Frau zu beruhigen: „Alles ist gut, Nadine, wir werden Ihnen eine …“ Doch Nadine schubste ihn mit letzter Kraft weg: „Nein“ brüllte sie, „ich will nur mein …“ Und dann kippte sie nach hinten und wäre beinahe von der Bank gefallen, hätten sie Ben und Maja nicht in letzter Sekunde aufgefangen. Nadine sank in ein tiefes und dunkles Nichts.

Ben reagierte umgehend: „Schnell, ich benötige Hilfe!“, rief er zu Mark, dem Notarzt. Die beiden Männer kannten sich schon von einigen Einsätzen und waren Kollegen. Maja stand auf und trat entsetzt einen Schritt zurück. Traurig beobachtete sie ihre bleiche, fast durchsichtig wirkende Freundin. Mark und Ben kümmerten sich um Nadine und die Sanitäter holten die Trage vom Rettungswagen. Jeder arbeitete ruhig und konzentriert, trotz der teilweise singenden und johlenden Menschen um sie herum, die die Tragödie gar nicht richtig zu realisieren schienen.

Maja stand wie angewurzelt da, sie rührte sich nicht vom Fleck. ‚Nur Nadine jetzt nicht allein lassen‘, dachte sie tapfer. Sie wurde ein paar Mal sanft zur Seite geschoben, doch Maja ließ sich nicht beirren. Mittlerweile entfernten sich die ersten der feuchtfröhlichen Gesellschaft. Ein paar luden Maja ein, mitzukommen, aber sie winkte energisch ab. Das interessierte sie im Moment nicht. Wenig später hatte sich ihre Gruppe verzogen und sie war mit Nadine, den zwei Ärzten und den Rettungskräften allein.

Dr. Ben Manuel wurde von einer inneren Kraft geleitet. Ben war fünfunddreißig Jahre alt und hatte große Pläne. An diesem Abend hatte er seiner Freundin versprochen, früher heimzukommen, da es Weihnachten war. Für einen kurzen Moment kam Ben wieder in den Sinn, dass er eigentlich heute seiner Lucia einen...



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