Boehm | Afrika Quer | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 330 Seiten

Boehm Afrika Quer


1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95577-129-4
Verlag: Peter Boehm
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 330 Seiten

ISBN: 978-3-95577-129-4
Verlag: Peter Boehm
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



In rasenden Geländewagen, klapprigen Bussen und ausgeschlachteten Zügen ist Peter Boehm quer durch Afrika gefahren. Fast sechs Monate lang, mehr als 10.000 Kilometer, durch neun Länder: Somalia, Dschibuti, Äthiopien, Sudan, Tschad, Nigeria, Niger, Mali und Senegal. Die Reise war atemberaubend und nervtötend, aber nie langweilig. Die Leute, die er traf, waren aufregend, bizarr und rührend, aber sie lassen einen nie kalt. In Somalia porträtiert Peter Boehm Psychiater, die alle ihre Landsleute für verrückt halten - so wie die Somalis sich selbst, und der Autor am Ende sich selbst auch! Im Sudan trifft er Ärzte, die Frauen verschließen, im Tschad Straßenkinder, die schon auf ihren Koffern für die Reise nach Deutschland sitzen, in Mali traditionelle Heiler, die gleichzeitig Hausarzt sind und Kummertante, in Nigeria traditionelle Herrscher, vor denen sich die Untertanen auf den Boden werfen, und islamische Richter, die die von ihnen angeordneten Auspeitschungen goutieren wie süffigen Wein. Als Zugabe hat Peter Boehm genau Protokoll geführt über die Wirrungen und Wandlungen eines Europäers in Afrika. Peter Boehms Ton ist lakonisch und frei von jeder falschen Gefühlsduselei. So haben Sie noch nie über Afrika gelesen.

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Vorwort
Kann man einen zehn Jahre alten Reisebericht mit Gewinn lesen? Man kann, wenn er von der Realität noch nicht überholt ist. Kann man wirklich einen zehn Jahre alten Reisebericht mit Gewinn lesen? Man kann, wenn es um universelle Themen geht, wie Korruption, Stagnation und Illusion, und der Text im Kern noch wahr ist. Heute würde ich noch ein Porträt über eine/n erfolgreiche/n Geschäftsfrau oder -mann hinzufügen, denn in einigen Landstrichen wachsen die Wirtschaften in Afrika rasant – bevor der nächste Krieg ihn wieder zunichte macht. Und ich würde über die nigerianische Filmindustrie schreiben, eine der raren afrikanischen Erfolgsgeschichten. In einem Jahrzehnt hat Nollywood den afrikanischen Filmmarkt restlos erobert. Aber ansonsten würde ich nichts anders machen. Kann man also einen zehn Jahre alten Reisebericht wirklich mit Gewinn lesen? Man muss sogar, wenn die Reise so heute nicht mehr möglich wäre - und das wäre die Durchquerung nicht, zumindest nicht auf dieser Route. Puntland ist unsicher geworden, für Somaliland gab es gerade eine Terror-Warnung, Individualreisen durch Darfur sind nach dem Bürgerkrieg nicht zu empfehlen, in Nord-Nigeria vergeht kaum ein Tag ohne einen Boko Haram (Hisba radikal!) zugeschriebenen Anschlag, im Norden Nigers werden ganz gerne Europäer gekidnappt und in Mali ist Krieg. Die Spannungen in den Sahel-Ländern zwischen Nord und Süd, zwischen Muslimen und Christen, haben zum offen ausgetragenen Konflikt geführt. Wie es dazu kam, können Sie in Afrika Quer nachlesen.   Berlin, Januar 2013 Peter Boehm     DIE ABFAHRT
Mohammeds Ankunft (Nairobi – Bosasso)
Soviel war klar. Der östlichste Punkt Afrikas liegt in Somalia, und die ihm nächste Stadt ist Bosasso. Für Journalisten gibt es zwei Möglichkeiten, von Nairobi nach Bosasso zu reisen: Mit dem Flugzeug einer Hilfsorganisation oder mit einem Khat-Flugzeug. Für die erste hätte ich mir überlegen müssen, wie ich ein Hilfsprojekt in einem Artikel in werbewirksames Licht rücken kann. Dafür wäre ich gratis mitgenommen worden. So ist die stille Vereinbarung zwischen Hilfsorganisationen und Medien. Für die zweite braucht man ein paar hundert Dollar in bar und gute Nerven. Die erste Möglichkeit fiel für mich aus, denn ich fand keine Hilfsorganisation, die mich mitnahm. Das hätte alles einfacher gemacht, aber übermäßig traurig durfte ich darüber auch nicht sein. Denn solche Hilfs- und Entwicklungsprojekte funktionieren nur selten, nicht nur in Somalia, und die Zeitungen, für die ich arbeitete, hätten diese Werbeartikel wahrscheinlich sowieso nicht gedruckt. Blieb also nur die zweite Möglichkeit. Deshalb hatte ich mich schon vor Monaten bei einer Fluglinie am Wilson-Flughafen nach einem Flug nach Bosasso erkundigt. Dort starten alle kleinen Flugzeuge aus Nairobi, also auch die Khat-Maschinen. Dort habe zwei Somalierinnen abgepasst. Sie sagten mir, sie hätten jeden Tag eine Maschine nach Bosasso. Wann ich denn fliegen wollte, fragten sie und lachten, als ich sagte, morgen noch nicht, erst in ein paar Monaten. Afrikaner müssen oft darüber lachen, wie lange Weiße im voraus planen. Als ich nun jedoch ein paar Tage vor dem Flug in dem kargen Büroraum der Frauen mit einem völlig leeren Schreibtisch und ein paar vergilbten Werbeplakaten für Rom und Brüssel saß, wollten sie für den Flug $600 haben. Das war unverschämt. Selbst in der Hauptsaison kann man dafür nach Deutschland und wieder zurück fliegen. Was sollte ich tun? Wer als Weißer in Afrika nicht mehr bezahlen will als Afrikaner, sollte zu Hause bleiben. Dann bist du am falschen Ort. Ein bisschen so wie jemand, der eine Hitzeallergie mitbringt und sich Linderung erhofft. Aber ich wollte mich auch nicht so offensichtlich über den Tisch ziehen lassen, wie ein Anfänger, ein Grünschnabel, der noch nie in Afrika gereist ist. Das verletzte meinen Stolz. Also tat ich das einzige, das man in solchen Fällen tun kann: Die Nerven behalten und nicht zu verschämt, aber auch nicht zu ärgerlich versuchen, die Forderungen auf vernünftige Dimensionen zu schrumpfen. Ich versuchte es mit $400. Vergebens. Na gut, dann behielt ich einfach weiter die Nerven. Ich lehnte ab. Ich war dann jedoch erstaunt, dass die zwei Frauen mich aus ihrem Büro gehen ließen, ohne mich zurückzurufen. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sie das Monopol für die Khat-Flüge von Nairobi nach Bosasso hatten. Die Stadt liegt schon so weit im Norden Somalias, dass sie fast auschließlich mit der Droge aus dem viel näheren äthiopischen Anbaugebiet um Harar versorgt wird. Tja, so geht das. Ich hatte die Durchquerung seit mehr als einem Jahr geplant und versucht, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen. War die äthiopisch-sudanische Grenze inzwischen passierbar? Wo bekam man ein Visum für den Tschad? Gab es öffentliche Verkehrsmittel zwischen El Fascher und Abesche? Ich hatte mich über Landkarten gebeugt, jeden gefragt, der etwas über meine Reiseländer wissen konnte, hatte versucht, Kontaktpersonen vor Ort zu finden, Briefe dorthin geschrieben und die Route ganz langsam wie ein Puzzle zusammengesetzt. Und ich hatte schon alle Brücken hinter mir abgebrochen, meine Wohnung aufgelöst, mein Auto verkauft und mich von meinen Freunden verabschiedet und nun war die Reise durch eine Kleinigkeit in Frage gestellt. Aber zurück konnte ich jetzt auch nicht mehr. Nun konnte ich nur noch nach vorne. Natürlich hätte ich den zwei Frauen den unverfrorenen Preis zahlen können. Aber es gab ja auch noch eine andere Möglichkeit: Ich konnte die Nerven behalten. Wenn ich in meiner Zeit in Afrika etwas gelernt habe, dann dass du ruhig bleiben musst, auf jeden Fall, was auch immer passiert. In Europa war das nicht nötig und oft genug sogar falsch. Du beschwertest dich einfach. Aber für Afrika gilt das Gegenteil. Sich aufzuregen schadet nur dir selbst. Am Ende gewann immer der, der am meisten Geduld, der den längsten Atem hatte. Und noch etwas anderes verließ mich während meiner gut drei Jahre als Zeitungskorrespondent in Nairobi nie: Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Ich war vorher schon ein paar Mal nach Afrika gereist, teils beruflich, teils zum Spaß, und ich hatte vieles über den Kontinent gelesen. Erst als ich hinzog jedoch, als ich dort lebte, lernte ich ihn richtig kennen. So viele in meinem Leben mühselig erworbene Strategien waren auf einmal nutzlos. Ich kam mir ein bisschen vor wie ein kleines Kind, das seine Welt erst entdecken muss. Alles war anders. Alles erforderte Übung, wenn ich nicht fürchterlich auf die Nase fallen wollte. So vermeintlich einfache Dinge, wie telefonieren oder mit dem Stadtbus fahren, wollten erst einmal bewältigt werden. Aber viel entscheidender war, dass ich die Leute nicht verstand, wie sie tickten, und warum sie eigentlich taten, was sie taten. Das war das Schwierigste: Sich in jemanden hineinzuversetzen, der in grundverschiedenen gesellschaftlichen Bedingungen aufgewachsen war. Dieses tägliche Leben, das mich so in Erstaunen versetzt, und diese Leute, die mir ein Rätsel nach dem anderen aufgegeben hatten, musste ich schildern. Wenn es mir so ergangen war, als ich hinzog, wie wäre es dann den Daheimgebliebenen erst ergangen, die nicht meine Erfahrung hatten. Um dieses Staunen in Worte zu fassen, dachte ich, wäre es eine gute Idee, eine lange Reise in Afrika zu machen und alle zu porträtieren, die ich für charakteristisch und interessant hielt. Denn wenn man sich auf Parteien, Parlamente und Verbände fixierte, erschien Afrika als ein etwas ärmeres Europa - und sonst nichts. Aber das war es nicht. Wie hätte ich sonst so staunen können, nachdem ich hingezogen bin. Deshalb war es wichtig, sich von der anderen Seite zu nähern. Vom Alltag des Kontinents und seinen Bewohnern. Nachdem ich den Entschluss zu einer langen Reise gefasst hatte, folgten die restlichen Entscheidungen wie von allein. Den Kontinent der Länge nach zu durchmessen, also vom Kap nach Kairo zu reisen oder umgekehrt, haben schon so viele gemacht. Deshalb musste ich den Kontinent durchqueren, am besten an seiner breitesten Stelle - das heißt vom östlichsten Punkt zum westlichsten, also vom Kap Hafun in Somalia bis zum Kap Verde in Senegal. Als östlichsten Punkt verstand ich so natürlich den östlichsten Punkt der Landmasse und nicht jenen auf der Inselgruppe der Seychellen, die politisch und geographisch oft zu Afrika gezählt wird. Und ich wollte es mir nicht zu leicht machen. Deshalb stellte ich mir die Bedingung, die gesamte Durchquerung am Boden...



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