Böcking / Quinn Freddy Quinn - Die Autobiografie
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-85445-791-6
Verlag: Hannibal Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie es wirklich war
E-Book, Deutsch, 264 Seiten
ISBN: 978-3-85445-791-6
Verlag: Hannibal Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie es wirklich war
»Ich war alles - aber kein einsamer Seemann!«
Man sollte Freddy Quinn niemals einen Schlagersänger nennen. Dann wird er unwirsch. Er ist viel mehr: ausgebildeter Sänger, Zirkusartist, Schauspieler, Moderator, Entertainer. Mit seiner unverwechselbaren Stimme prägte Freddy Quinn das Lebensgefühl einer ganzen Generation. 23 Top-Ten-Hits, große Filme und unvergessliche Momente auf der Bühne machten ihn zu einer der schillerndsten Figuren des deutschen Showbusiness. Doch hinter der Legende des einsamen Seemanns steckt weit mehr – und genau das will Freddy Quinn nun zum ersten Mal selbst erzählen, mehr als 15 Jahre, nachdem er sich von der Bühne verabschiedet hat.
Vom Zirkusartisten zum Superstar
Quinns Jugend war geprägt von Abenteuer- und Entdeckerlust. Er floh vor seinem Stiefvater vom Gymnasium ins Ausland, schloss sich dem Zirkus an, war sogar bei der Fremdenlegion, bevor er schließlich in der Washington Bar in Hamburg entdeckt wurde – der Startpunkt seiner phänomenalen Karriere. Die 50er und 60er Jahre wurden zu seinen großen Jahrzehnten: Freddy Quinn füllte die Hallen, seine Lieder erzählten von Sehnsucht, Heimat und Fernweh. Mehr als 60 Millionen Platten verkaufte er, teilte sich die Bühne mit Legenden wie Johnny Cash und Jerry Lee Lewis und wurde zum gefeierten Filmstar.
Ehrliche Einblicke in ein bewegtes Leben
Stets stand Freddy Quinn im Licht der Öffentlichkeit, aber nur selten wusste jemand, wie es wirklich in ihm aussah. Sein Privatleben: ein gut gehütetes Geheimnis. Erst heute, mit 93 Jahren, ist Freddy Quinn bereit, seine ganze Geschichte zu erzählen: seine schönsten und wichtigsten Momente, aber auch die tiefen Täler, durch die er gegangen ist – wie sein Prozess wegen Steuerhinterziehung. Die Hochzeit im hohen Alter von 91 ist Teil seines späten Glücks. Und seines endgültigen Abschieds von der Öffentlichkeit.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Vorwort (7)
Wo meine Wiege stand (15)
Mein Drang auf die Bühne (24)
Die Jahre im Krieg (30)
Mein Vater (36)
Auf Spurensuche (42)
Meine Reise beginnt (48)
Wien und ich (56)
Manege frei! (61)
Per Autostopp in die Ferne (69)
Auf dem Weg in die Washington Bar (89)
Meine Schicksalsjahre (98)
Die Karriere klopft an (104)
Mein Durchbruch (115)
Mein Image: Wer ich sein sollte (124)
Wer ich wirklich bin (133)
Meine großen Hitparaden-Erfolge (148)
Auf der Leinwand (171)
Die Bretter, die die Welt bedeuten (186)
Lange Jahre im Rampenlicht (197)
Vor Gericht (213)
Zeit, Abschied zu nehmen (218)
Eine neue Liebe (228)
Mein Leben als Rentner (235)
Was mich das Leben gelehrt hat (246)
Ein Blick nach vorn (253)
Zugabe (257)
Nachwort und Dank (Daniel Böcking) (261)
VORWORT
Wenn der stürmische Nordwestwind über Hamburgs Dächer fegt und ich vom Hafen her das Tuten der Dampfer höre, dann kommt es immer wieder über mich, das Fernweh, das ich damals verspürte, als ich zum ersten Mal in die Welt hinausging …
Das klingt hübsch, oder? Die Zeilen stammen aber leider nicht von mir. Mit diesen Worten begann meine erste sogenannte Autobiografie im Jahr 1960. Mein damaliger Produzent Lotar Olias schrieb sie für mich. Bereits vor mehr als 30 Jahren hat er öffentlich in Interviews eingeräumt, dass er einen Monat lang dafür gebraucht habe und – noch wichtiger – dass seine Fantasie dabei ziemlich mit ihm durchgaloppiert sei. Nein, das war keine Autobiografie. Wir haben eine Lebensgeschichte erzählt, die auf 70 Seiten passte und die sich an mein Leben anlehnte, die mir aber – und das war der eigentliche Grund für dieses recht eilige Werk – ein Image auf den Leib schrieb, das den Plattenproduzenten perfekt und passend erschien. Fakten und Präzision hatten nicht die oberste Priorität.
Von diesem Image werde ich Ihnen noch einiges erzählen: Der Einzelgänger sollte ich sein, der von der Unruhe getrieben war, seinen Vater zu finden, der in den USA lebte. Die Weltmeere sollte ich befahren haben auf der Suche nach Familie und Erfüllung.
Viele denken wohl noch heute, dass ich dieser mysteriösen Vaterfigur meinen Nachnamen verdanke. Aber – ich greife ein wenig vor – davon stimmt nicht allzu viel. Doch ich möchte nichts überstürzen …
Denn zunächst einmal: Herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, diese Seiten zu lesen. Lange habe ich mich gesträubt, mich an eine richtige Autobiografie zu setzen. Nein, das passt mir eigentlich alles überhaupt nicht. „Autobiografie“ – das klingt nach Superstar. „Autobiografie“ verbinde ich mit tiefen Weisheiten und mit schillernden Persönlichkeiten. So etwas liegt mir nicht. Ich habe mich nie als Star gefühlt. Ich war ein Angestellter. Ich habe meine Leistung gebracht und dafür gutes Geld verdient.
Außerdem stellt sich die Frage: Interessiert sich überhaupt noch jemand für mich?
Vielleicht findet dieses Buch nicht viele Leser. Meine liebe Frau Rosi und ich haben lange darüber gesprochen, ob es überhaupt sinnvoll ist, damit anzufangen. Jahrelang. Es rührt mich, dass ich bis heute jede Woche einige Dutzend Briefe von Fans erhalte, doch ich habe mich damit abgefunden, dass meine Zeit vorbei ist. Schon vor fast zwei Jahrzehnten zog ich mich aus der Öffentlichkeit zurück und tat mein Möglichstes, um in Vergessenheit zu geraten.
Ich weiß also, dass die Zahl meiner Fans über die Jahre abgenommen hat. Auch, weil wir gemeinsam alt geworden sind und lernen mussten, Abschied zu nehmen. Wieder und wieder. Wer mir aber so lange die Treue gehalten hat, dem mache ich hoffentlich mit diesem Lebensrückblick eine Freude.
Ich möchte Ihnen in diesem Buch erzählen, wie es wirklich war. Wo ich herkomme, was mich angetrieben hat, was mich das Leben gelehrt hat und was ich heute in der Rückschau besser verstehe als damals.
Natürlich war nicht alles Quatsch, was Sie über mich wissen oder je gelesen haben. Das Knifflige an solchen Geschichten und Legenden ist: Sie sind kein glasklarer Kokolores. Einiges ist übertrieben, anderes zu blumig ausgeschmückt worden, und, ja, viele Fakten waren erfunden. Doch der Kern ist echt und wahr. Es muss also niemand Sorge haben, auf den nächsten Seiten einen komplett neuen Freddy Quinn kennenlernen zu müssen. Nein, nein. Ich bin’s. Und ich bleib’s. Ihr Freddy.
Vor mehr als 60 Jahren wurde die oben erwähnte „Autobiografie“ verfasst. Ich formuliere das im Passiv, weil ich mich in dieser PR-Maschine eher als kleines Rad gefühlt habe, das sich brav mitgedreht hat – obwohl das Buch, aus dem ich zu Anfang zitiert habe, in der Ich-Form verfasst war. Heute ärgere ich mich darüber, alles zu lange mitgemacht zu haben. Ich war sicher nicht die treibende Kraft hinter meinem Image, aber natürlich essenzieller Bestandteil. Ich habe Blödsinn erzählt. Ich habe in Interviews nicht immer präzise die Wahrheit gesagt. Habe mich nicht oder zu spät gegen Unsinn gewehrt, der angeblich mein Leben beschrieb.
Jetzt habe ich die Chance, es anders zu machen. Besser.
Ganz transparent will ich Ihnen deshalb erklären, wie ich es gemeinsam mit Rosi und dem Journalisten Daniel Böcking schaffen will, Sie mit auf eine Reise durch mein langes und abenteuerliches Leben zu nehmen. Ich will mit Ihnen zu den Anfängen in Wien zurückgehen, per Autostopp durch die Lande ziehen, die wilden Jahre in der „Washington Bar“ und der „Tarantella“ in Hamburg noch einmal durchleben, die großen Erfolge feiern, von „Heimweh“ bis „100 Mann und ein Befehl“, von „Nur der Wind“ bis zu den Musical-Premieren von Der Junge von St. Pauli oder Große Freiheit Nr. 7. Auch, warum ich „Junge, komm bald wieder“ nicht mehr ganz so gern höre. Und weshalb ich eben nicht wiedergekommen bin.
Ich lade Sie ein hinter die Kulissen, in die Garderobe, in mein wahres Leben, das auch von Schicksals- und Tiefschlägen nicht verschont geblieben ist. Vielleicht interessiert es Sie sogar, wie der Rentner Freddy Quinn heute lebt und warum ich mich an Shopping Queen gar nicht satt sehen kann.
Sie merken schon: Es gibt viel zu berichten. Schönes, Pompöses, Nebensächliches. Lustige Anekdoten und sehr finstere. Traurige, tragische, herrliche, herzliche. Langweilig war es in 93 Jahren höchst selten.
Ich habe Herrn Böcking erlaubt, all unsere Gespräche auf Tonband aufzunehmen. Er benutzt natürlich gar kein Tonband, das macht man ja heute alles digital, und sein Gerät ist so groß wie eine Kreditkarte und klebt an seinem Handy. Egal. Jedenfalls ging keine unserer Unterhaltungen verloren.
Wir duzen uns inzwischen.
Also, die Sache hat sich folgendermaßen abgespielt: Daniel besucht mich in unserer Wohnstube in einem alten Haus nördlich von Hamburg. Rosi wohnt hier seit Jahrzehnten, ich bin vor ungefähr sechs Jahren bei ihr eingezogen. Rosi sitzt mit uns am Tisch. Wir reden und reden, unterbrochen von einer Markklößchen-Suppe, die Rosi serviert, oder von einem leckeren Kuchen. Wenn ich einmal in Fahrt komme, dann sprudeln die Anekdoten und Schilderungen aus mir heraus. Manchmal vergesse ich dabei rein zufällig mein Hörgerät oder schalte es ab, falls ich keine Lust mehr auf Unterbrechungen und Nachfragen habe. Ja, das Gehör hat nachgelassen. Dann wird’s schwierig für meine Gesprächspartner, meinen Redefluss zu stoppen. Das ist auch mal ganz schön.
Ich sitze – wie Sie wohl schon geahnt haben – nicht selbst an einer schweren, alten Schreibmaschine und tippe diese Zeilen, sondern Daniel schreibt nach unseren stundenlangen Gesprächen alles auf und schickt mir das Ergebnis. Ich lese es mir durch und sage ihm, wo er Mist notiert oder mich falsch verstanden hat.
Rosi und ich gehen meist spät schlafen, bei mir ist es häufig nach Mitternacht. Oft kommen wir dann ins Plaudern, und Rosi schneidet unsere Unterhaltung mit und schickt sie Daniel per Handy als Sprachnachricht.
Sie können sich also darauf verlassen: Was hier steht, das stammt von mir.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Oft kommt es vor, dass ich Ereignisse nicht mehr so präsent habe, dann sucht Daniel alte Berichte über mich und Interviews mit mir heraus und fragt nach, was genau davon denn nun stimme und was ich heute vielleicht anders schildern oder sogar korrigieren würde. Er hat auch die bisher erschienenen Bücher und Serien – zum Beispiel in Magazinen – über mich durchgearbeitet (im Gegensatz zu mir), um abklopfen zu können, welche der Episoden für mich wichtig oder unwichtig gewesen sind und welche vielleicht nie stattgefunden haben. Nach Wien ist er mit dem Nachtzug gereist. Hier haben Gitta und Edi Klinger eine unheimlich beeindruckende Sammlung aufgebaut. Die beiden waren früher treue Fans und sind bis heute Wegbegleiter geblieben. Wir kennen uns inzwischen seit vielen Jahren persönlich, ich selbst habe ihr Freddy-Quinn-Archiv und -Museum schon besucht und kann nur sagen: sagenhaft, mit welcher Akribie und Sammelleidenschaft sie unzählige Exponate aus meinem Leben und meiner Karriere auf Flohmärkten, bei Musikverlagen, bei anderen Fans oder aus dem Internet zusammengetragen haben. Tausende Tonaufnahmen – auch unveröffentlichte –, Presseberichte, Erinnerungsstücke.
Es war sehr hilfreich, dass Daniel diese Touren gemacht hat, denn leider kann ich nicht aus dem Effeff referieren, wann genau ich welche Goldene Schallplatte bekommen habe oder ob es nun 1949 oder 1950 war, als ich zum wiederholten Male Reißaus von zu Hause genommen habe.
Mit 93 Jahren fällt mir das Erinnern nicht immer leicht. Wenn es so viele Versionen des eigenen Lebens gibt, die so oft in verschiedenen Varianten reportiert worden sind und die ich selbst immer wieder unterschiedlich erzählt habe, dann verschwimmt einiges. Viele Weggefährten, bei denen man nachfragen könnte, sind nicht mehr da. Nicht zu allen Details gibt es Aufzeichnungen. Und viele Begebenheiten sind einfach sehr, sehr lange her und nicht mehr endgültig zu klären. Sie sehen hoffentlich, dass wir uns dennoch große Mühe gegeben haben.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel, was ich damit...