Boeck / Lammel | Denkmale - Statuten - Zeitzeugen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 128 Seiten

Boeck / Lammel Denkmale - Statuten - Zeitzeugen

Facetten Rostocker Universitätsgeschichtsschreibung (2)
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7431-0669-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Facetten Rostocker Universitätsgeschichtsschreibung (2)

E-Book, Deutsch, 128 Seiten

ISBN: 978-3-7431-0669-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieser Band der Rostocker Studien zur Universitätsgeschichte vereint die Beiträge des Symposiums, das anlässlich des 75. Geburtstages des Herausgebers dieser Reihe, Herrn Professor Kersten Krüger, am 7. und 8. November 1914 stattgefunden hat. Marian Füssel widmet sich in seinem Beitrag den Geheimnisse der europäischen Universität in der Neuzeit. Werner Buchholz gibt einen Überblick über die Forschungsfelder des Jubilars jenseits von Universitäts- und Bildungsgeschichte, während die nachfolgenden Texte von Mitstreitern des Jubilars auf dem Gebiet der Universitätsgeschichtsschreibung stammen. Susi-Hilde Michael stellt das Universitätskonzil anhand der ältesten Statuten vor, Ernst Münch berichtet anhand von Gebäuden über die enge Verbindung von Stadt- und Universitätsgeschichte sowie über den fünften Auszug der Rostocker Universität. Angela Hartwig geht auf Aktivitäten des Archivs und der Kustodie auf dem Weg zum Universitätsjubiläum ein. Dazu gehört auch der Catalogus Professorum Rostochiensium, an dem Matthias Glasow intensiv mitgearbeitet hat und der nun darüber berichtet, wie dieses Projekt auf Hamburger Verhältnisse angewendet und weiterentwickelt wird. Zu den Aktivitäten von Kersten Krüger zählen auch Zeitzeugeninterviews, über die Altrektor Günther Wildenhain als Befragter und Steffen Eggebrecht als studentischer Fragender berichten.

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Weitere Infos & Material


Werner Buchholz
Von der Stände- und Finanzgeschichte zur Historischen
Demografie
Ein Rückblick zum 75. Geburtstag von Kersten Krüger
Ziel dieses Beitrages ist die Präsentation des wissenschaftlichen Œuvres Kersten Krügers. Ausgenommen sind seine Leistungen auf dem Gebiet der Universitätsgeschichte, die in den anderen Beiträgen zu diesem Band ausführlich zu Wort kommen. Gegenüber allzu hohen Erwartungen muss allerdings von vornherein die Einschränkung gemacht werden, dass der folgende Überblick nicht erschöpfend sein kann. Vielmehr geht es neben der Vermittlung eines allgemeinen Gesamtüberblicks vor allem darum, einige Aspekte hervorzuheben und Zusammenhänge herzustellen, die dem Verfasser dieser Zeilen im Hinblick auf Kersten Krüger als Historiker und Wissenschaftler besonders aussagekräftig und aufschlussreich zu sein scheinen. Zu viel mehr kann es angesichts des begrenzten Platzes und der Vielzahl der Bereiche, die Kersten Krüger in seiner langen wissenschaftlichen Laufbahn bearbeitet hat, nicht kommen. Diese Laufbahn begann Mitte der sechziger Jahre im dänischen Reichsarchiv in Kopenhagen, führte zunächst nach Hessen und in den neunziger Jahren nach Mecklenburg. Präsentiert werden also Streiflichter, aus denen sich in dem hier angestrebten Idealfall ein Überblick ergeben könnte. Auch der persönliche Lebenslauf Kersten Krügers wird nur insoweit berücksichtigt, als dies für die Darstellung des wissenschaftlichen Werdeganges erforderlich ist. Einen gewissen Ersatz bietet in dieser Hinsicht die Laudatio, die Jutta Krüger, die Schwester Kersten Krügers, zu seinem 70. Geburtstag hielt und die im Internet zu finden ist.81 Kersten Krüger begegnete ich zum ersten Mal im April 1972 in Marburg. Er war damals Assistent Gerhard Oestreichs (1910–1978), zu dessen Hauptseminar Policey-Ordnungen und Sozialdisziplinierung ich mich anmeldete. Im Rahmen dieser Anmeldung gab es ein Gespräch mit dem Assistenten, Kersten Krüger. Wie der Zufall so spielt, war es exakt dieses Sommersemester 1972, in dem Gerhard Oestreich seinen Begriff der Sozialdisziplinierung in der Lehre behandelte.82 Erst später erfuhr ich, dass dies auch das einzige Mal war. Der Begriff der Sozialdisziplinierung hat dann, wie bekannt ist, eine große Rolle gespielt. Der Hinweis auf die Flut der Veröffentlichungen zur Sozialdisziplinierung ist zwar nur ein quantitatives Argument. Dieses mag aber immerhin die Bedeutung des Konzepts für Geschichtswissenschaft und Historiographie andeuten. Heute erfreut sich das Konzept allgemeiner Anerkennung. Vielfach wird das Phänomen der Sozialdisziplinierung gar nicht mehr thematisiert, sondern als allgemein bekannt und selbstverständlich vorausgesetzt. Ein Hinweis auf den Urheber fehlt oft ebenso, wie das sonst bei allgemein bekannten Tatsachen, etwa der Entdeckung Amerikas, üblich ist.83 Noch zu Lebzeiten Oestreichs wurde das Konzept der Sozialdisziplinierung auch außerhalb der Geschichtswissenschaft von anderen Fächern rezipiert.84 Die Veröffentlichungen zur Sozialdisziplinierung sind, wie schon angedeutet, inzwischen kaum noch überschaubar, und ich brauche das Konzept hier nicht vorzustellen. Ich möchte lediglich einige Aspekte hervorheben, die nach meiner Beobachtung für das Werk Kersten Krügers und seine Tätigkeit als Historiker eine grundlegende Rolle spielen. Als Quellen zur Sozialdisziplinierung wurden die Policey-Ordnungen der Frühen Neuzeit herangezogen, die bis heute als Kern des Quellenmaterials gelten. Veröffentlicht hatte Gerhard Oestreich das Konzept schon 1969 in der Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte – nicht von ungefähr mit einer Widmung für Otto Brunner (1898–1982) zum 70. Geburtstag. Mit Otto Brunner ist ein zweiter Bezugspunkt genannt, der für Kersten Krüger – aus meiner Sicht – von Bedeutung geworden ist. Otto Brunner steht für eine quellengemäße Sprache als ein grundlegendes Wissenschaftskriterium in Geschichtsforschung und Historiographie. Der Bewusstseinshorizont der historischen Zeit erschließt sich über die Erarbeitung der Bedeutung ihrer eigenen Begriffe in ihrer Zeit. Ernst-Wolfgang Böckenförde (* 1930), Schüler Otto Brunners und späterer Verfassungsrichter in Karlsruhe, hat am Beispiel der deutschen verfassungsgeschichtlichen Forschung des 19. Jahrhunderts stichhaltig nachgewiesen, dass jeder Versuch, historische Zeiten retrospektiv mit den Begriffen aus der Zeit des Historikers zu erfassen, wie Brunner es wörtlich nannte, „kläglich scheitern“ muss.85 Diesen grundlegenden Gedanken Otto Brunners entwickelte sein Schüler Ernst-Wolfgang Böckenförde weiter zu einem Konzept der historischen Forschung. Mit den Postulaten der Trennung von Wort und Bedeutung (Das Wort bleibt, die Bedeutung verändert sich.) und der Erschließung der Bedeutung von Begriffen aus dem jeweiligen Sach- und Lebenszusammenhang ihrer Verwendung stellte er eine Systematik der begriffsgeschichtlichen Fragestellung vor, die als Nagelprobe historischer Studien mit wissenschaftlichem Anspruch zu betrachten ist. Böckenförde erprobte das von ihm entwickelte Konzept gleich selbst mit seiner bereits genannten Studie zur deutschen verfassungsgeschichtlichen Forschung im 19. Jahrhundert.86 Mit der Projizierung von Begriffen, Unterscheidungen und Vorstellungen aus der Gegenwart in die historischen Zeiten tritt, so Böckenförde, „geradezu eine Unfähigkeit [ein], den je konkreten Charakter“ der untersuchten historischen Phänomene zu erkennen.87 Es ist leicht erkennbar, dass es sich bei dem Quellenpostulat Brunners im Grunde um eine teilweise Erneuerung und gleichzeitig Fortentwicklung der historisch-kritischen Methode handelt, die, ursprünglich von der Klassischen Philologie herkommend, heute den methodischen Kern der so genannten Geisteswissenschaften einschließlich der Rechtswissenschaft bildet.88 So geschah es nicht von ungefähr, dass Kersten Krüger in seinem Buch über die landständische Verfassung neben anderen Verfassungshistorikern auch Otto Brunner und dessen Postulat einer quellengemäßen Sprache einen eigenen Abschnitt einräumte.89 Die Sozialdisziplinierung kategorisierte Oestreich als einen fundamentalen, praktisch allgegenwärtigen Vorgang der Frühen Neuzeit. Er nannte das die „Fundamentaldisziplinierung“.90 Wir Heutigen sind in unserem mentalen Verhaltenshabitus das Ergebnis dieses fundamentalen Prozesses, der uns, da er bis heute andauert, kontinuierlich weiter verändert. Die Einführung des Konzeptes der Sozialdisziplinierung im Jahre 1969 – nahezu gleichzeitig mit der Reaktivierung des schon früher, im Jahr 1939, geschaffenen „Prozesses der Zivilisation“ von Norbert Elias (1897–1990) – markiert insgesamt eine Zäsur in der Entwicklung der deutschen wie auch der internationalen Geschichtswissenschaft, die in ihrer Bedeutung kaum überschätzt werden kann.91 Immerhin führte sie zur Relativierung der Selbstverständlichkeit, mit der bis dahin die menschliche Psyche und der daraus resultierende Verhaltenshabitus als eine Konstante in der Geschichte einfach vorausgesetzt wurden.92 Während Norbert Elias mit dem Zivilisationsprozess die Verinnerlichung sich verändernder gesellschaftlicher Strukturen durch den Einzelnen in den Focus rückte, ist es bei Gerhard Oestreich der äußerlich wahrnehmbare Habitus, der sich unter dem Einfluss obrigkeitlicher Disziplinierungsmaßnahmen verändert. Dabei müssen diese Maßnahmen nicht direkt auf Disziplinierung zielen. Diese kann auch ein Nebeneffekt sein, etwa der fürstlich-obrigkeitlichen bzw. der öffentlichen Finanzwirtschaft, bei der die Steuerdisziplin nicht das primäre Ziel ist, sondern bloß ein Mittel zum Zweck und daher als ein Nebeneffekt der Bemühungen um die materielle Absicherung von Herrschaft zu betrachten ist. Das Gleiche gilt für die Kirchenzucht als der spezifisch kirchlichen Variante beziehungsweise Unterabteilung der Sozialdisziplinierung,93 wie auch für „die Erziehung zu Arbeitsamkeit und Fleiß“, die sich, so Gerhard Oestreich, im Laufe der Frühen Neuzeit „zur Erziehung zu sauber geordneter Arbeit [weitete]“.94 Wenn also bei Elias die Verinnerlichung im Fokus steht, so ist es bei Oestreich die äußere Disziplinierung, bei der er ansetzt. Die enge Verbindung beider Konzepte zeigt sich etwa darin, dass natürlich auch die äußere ‚Disziplinierung’ zwangsläufig zur Veränderung innerer Befindlichkeiten führen muss. Insgesamt haben uns Heutige die Vorgänge, auf welche die Konzepte von Sozialdisziplinierung und Zivilisationsprozess abzielen, zu dem gemacht, was wir heute sind. Kersten Krüger war als Assistent Gerhard Oestreichs in die Entstehung dieser Gedankengebäude und des damit eng verknüpften analytischen Instrumentariums eingebunden, die für seine eigene Arbeit als Historiker ebenfalls...



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