Bockris | Lou Reed | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 560 Seiten

Bockris Lou Reed

Transformer - Die exklusive Biografie
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-85445-464-9
Verlag: Hannibal Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Transformer - Die exklusive Biografie

E-Book, Deutsch, 560 Seiten

ISBN: 978-3-85445-464-9
Verlag: Hannibal Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lou Reed war der Rockmusik seiner Zeit weit voraus. Er war ein führender Kopf der Gegenkultur, des "Undergrounds". Gemeinsam mit John Cale, Sterling Morrison und Moe Tucker gründete er 1965 The Velvet Underground. Das erste Album der Band, The Velvet Underground & Nico, dessen Cover mit der berühmten Banane Andy Warhol gestaltete, gilt als Meilenstein der Rockgeschichte. 1972 startete Lou Reed seine Solokarriere, mit Songs wie Walk on the Wild Side wurde er weltberühmt. Dabei war er immer schwer einzuordnen, eine starke Künstlerpersönlichkeit, die sich selten dem herrschenden Zeitgeist angepasst hat. Als Mitglied von The Velvet Underground wurde Reed 1996 in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen, die Laudatio hielt Patti Smith. Zuletzt arbeitete er mit Freunden aus anderen Bereichen wie z. B. Paul Auster, Julian Schnabel, Philip Glass, Jim Jarmusch, Robert Wilson oder Wim Wenders. Am 27. Oktober 2013 starb Lou Reed im Alter von 71 Jahren in seinem Haus auf Long Island.

Für die aktualisierte und erweiterte Neuauflage dieses Buches hat der Autor Victor Bockris mit der Witwe gesprochen, dazu mit vielen langjährigen Wegbegleitern. Er erzählt vom Werdegang Lou Reeds, beginnend in dessen Zeit als Heranwachsender, der dem Leben kaum positive Seiten abgewinnen konnte. Seine Familie wird vorgestellt, sein wachsendes Interesse für die Schattenseiten des Lebens analysiert. Ausführlich werden die Factory-Jahre und die einzelnen Alben und Songs mit ihrer Vorgeschichte beschrieben. Ein langes Kapitel informiert über sein erfolgreichstes Album Transformer. Die Entstehung des Albums Metal Machine Music, mit dem er das die Plattenfirma RCA brüskierte, schildert Bockris ebenfalls mit viel Liebe zum Details in einem lockeren, gut lesbaren Schreibstil. Das Buch zeigt nicht nur den Rockstar, sondern auch den ganz privaten Menschen Lou Reed und gibt viele interessante Einblicke in die Welt des Rockbusiness und der Drogen.

• Einzige aktuelle Biografie
• Von Lou Reed mehrfach empfohlen
• In seinem Nachruf wird nur diese Biografie erwähnt
• Viele neue und exklusive Fotos

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Weitere Infos & Material


Töte deinen Sohn Elektroschock: 1959–1960 „Ich habe keine Persönlichkeit.“ — Lou Reed 1959 war ein schlechtes Jahr für Lou. Mit seinen siebzehn Jahren hatte er die Rolle des bösen Jungen bereits einstudiert. Das ging schon seit 1954 so, als Lou am Tag, nachdem sich der Bluesgitarrist Johnny Ace erschossen hatte, mit einer schwarzen Trauerbinde in der Schule aufkreuzte. Seither ließ er keine Gelegenheit aus, um die ganze Familie zum Wahnsinn zu treiben. Wie ein Tyrann herrschte er über das gutbürgerliche Haus; er fetzte kreischende Akkorde aus seiner elektrischen Gitarre heraus, gewöhnte sich an, wie eine Frau zu gehen, nahm seine Schwester zu verschwörerischen Zwiegesprächen beiseite und drohte mit launischen Ausfällen der übelsten Sorte, falls ihm nicht alle ständig ihre totale Aufmerksamkeit zuwandten. In diesem Frühling sandten Sidney und Toby Reed, Lous eher altmodische Eltern, ihren Sohn zu einem Psychiater. Sie wollten Lou von seinen homo­sexuellen Gefühlen und seinen beunruhigenden, plötzlichen Stimmungsumschwüngen kurieren lassen. Daraufhin verschrieb der Arzt eine zu jener Zeit sehr populäre Therapie, der sich unter anderem Jacqueline Kennedy und der Schriftsteller Delmore Schwartz kurz zuvor unterzogen hatten. Der Arzt erklärte, Lou würden einige Besuche im Creedmore Psychiatric Hospital gut tun. Dort würde er, über einen Zeitraum von acht Wochen, dreimal pro Woche mit Elektroschocks behandelt werden, und anschließend benötige er eine intensive therapeutische Nachbehandlung. 1959 stellte man ärztliche Diagnosen nicht infrage. „Seine Eltern wollten ihn nicht quälen“, erklärte ein Freund der Familie. „Sie wollten nur, dass er gesund wird. Sie versuchten eben einfach, Eltern zu sein, und deswegen wollten sie, dass er sich anständig aufführte.“ Erschrocken akzeptierten die Reeds die Diagnose. Das Creedmore State Psychiatric Hospital lag an einem besonders häss­lichen Fleck der öden Insel Long Island. Sechstausend Patienten konnten in dieser großen, staatlichen Einrichtung untergebracht und behandelt werden. Das Gebäude Nummer sechzig war auf majestätische Weise unheimlich. Es hatte vierundzwanzig Stockwerke, war an die zweihundert Meter lang und brütete drohend, wie ein monströser Vogel aus der Urzeit, über der Landschaft. Hunderte von verschiedenen Gängen führten zu den Aufsehern, den Büroräumen, den Hörsälen. Sämtliche Türen waren mit Vorhängeschlössern gesichert und in einem beruhigenden, unwirklichen Kremweiß gestrichen. Die Fens­ter waren von innen vergittert, außen war Stacheldraht angebracht. Eine der schaurigsten Abteilungen war die für Elektroschockbehandlung. Dorthin begab sich, an einem frühen Sommertag, ein aufgekratzter, etwas verwirrter Lou. Er wurde durch das Labyrinth der Gänge geführt und behauptete später, er habe nicht gewusst, dass seine erste psychiatrische Behandlung ausschließlich aus Stromstößen bestehen würde, die man durch sein Gehirn jagte. Jede Tür, durch die er hindurchging, wurde von einem Wächter erst auf- und dann hinter ihm wieder zugeschlossen. Zuletzt wurde er in der Elektroschockabteilung eingeschlossen, wo man ihm ein viel zu kleines Krankenhaushemd gab. Als er da im Warteraum saß, gemeinsam mit den anderen Patienten, die seiner Ansicht nach eher wie Gemüse aussahen, sah er das erste Mal den Behandlungsraum. Eine massive, milchig weiße, mit Nieten gespickte Metalltür schwang auf, und man konnte das bewusstlose, wie tot daliegende Opfer sehen. Dann rollte eine Krankenschwester mit steinernem Gesicht den Körper auf einer Trage in den Aufwachraum. Plötzlich wurde Lou klar, dass er der Nächste sein würde. Er wurde in den kleinen, nüchternen Behandlungsraum hineingefahren, dessen einzige Einrichtung aus einem Tisch und einem großen Metallstück bestand, aus dem zwei dicke Drähte herabbaumelten. Lou wurde auf dem Tisch festgeschnallt. Er starrte auf das fluoreszierende Lichtgitter über seinem Kopf, während die Wirkung des Beruhigungsmittels eintrat. Eine Krankenschwester trug Salbe auf seine Schläfen auf, schob ihm eine Art Knebel in den Mund, der verhindern sollte, dass er seine Zunge verschluckte. Sekunden später wurden die Kontakte, die sich an den Enden der dicken Drähte befanden, an seinem Kopf befestigt. Das Letzte, was er sah, bevor er das Bewusstsein verlor, war ein blendendes, weißes Licht. Anders als heute stimmte man in den Fünfzigerjahren die Strom­spannung nicht individuell auf den Patienten ab – weder auf seine Körper­größe noch auf seinen geistigen Zustand. Jeder bekam die gleiche Dosis. Der sensible Siebzehnjährige erhielt die gleiche Dosis an Stromstößen wie ein schwergewichtiger Massenmörder. Der Strom, der durch Lous ­Körper schoss, veränderte die Schaltkreise seines Gehirns und verursachte einen fürchterlich anzusehenden Krampfanfall, der jedoch für ihn schmerzlos war, weil er das Bewusstsein verloren hatte. Als Lou einige Minuten später wieder zu sich kam, war er totenbleich, Speichel rann aus seinem Mund, seine Augen waren rot und tränten. Dann fand sich der erschrockene Patient wieder in einem schwach beleuchteten Wartezimmer, dem ausdruckslosen Blick einer Krankenschwester ausgesetzt, ganz so wie eine Figur in einer Geschichte seines Lieblingsschriftstellers Edgar Allan Poe. „Du musst dich entspannen“, instruierte sie den völlig verängstigten Jungen. „Wir versuchen nur, dir zu helfen. Würde einer mal ein Kissen holen, um ihn aufzusetzen? Eins-zwei-drei-vier. Und entspannen.“ Er war bereits bei vollem Bewusstsein, als sein Körper endlich aufhörte zu zucken und das Beißholz aus seinem Mund entfernt wurde. Während der nächsten halben Stunde versuchte er, wieder in die Wirklichkeit zurückzufinden. Voller Panik bemerkte er, dass er sein Gedächtnis verloren hatte. Gedächtnisverlust war eine unangenehme Nebenwirkung der Elektroschocktherapie, aber alle Veränderungen des Gehirns wurden als „vorübergehend“ betrachtet, und nach der Meinung der Experten kamen dauerhafte Gehirnschäden höchst selten vor. Als Lou Reed das Hospital verließ, dachte er jedoch, dass „Gemüse aus ihm geworden“ sei, erinnert er sich. „Du kannst kein Buch mehr lesen, denn ab Seite siebzehn musst du wieder von vorn anfangen. Oder, wenn du das Buch eine Stunde weglegst und dann wieder da beginnen willst, wo du aufgehört hast, kannst du dich nicht an die Seite erinnern, die du zuletzt gelesen hast. Ich musste immer wieder von vorn anfangen. Wenn du nur einmal um den Block gelaufen bist, hattest du vergessen, wo du warst.“ Für einen Mann, der unter anderem Schriftsteller werden wollte, war das ein schwerer Schlag. Die Nachwirkungen der Elektroschockbehandlung, unter denen auch Lou zu leiden hatte, beschrieb Ken Kesey in Einer flog übers Kuckucksnest folgendermaßen: „Man befand sich in einem nebligen verworrenen Bereich, ähnlich den ausgefransten Rändern des Schlafes, der grauen Zone zwischen Tag und Nacht, oder zwischen Schlafen und Wachen und Leben und Sterben.“ Lous Albträume wurden von der traurigen, stumpfweißen Farbe der Krankenhäuser beherrscht. In einem Gedicht drückte er es so aus: „How does one fall asleep / When movies of the night await, / And me eternally done in“ (Wie soll man nur einschlafen, / Wenn einen die Filme der Nacht erwarten, / um mich fertig zu machen). Jetzt fürchtete er sich vor dem Einschlafen und sollte seit jener Zeit ständig unter Schlaflosigkeit leiden. Lou durchlitt die Elektroschockbehandlung acht Wochen lang. Dabei verfolgte ihn die Angst, dass seine Eltern bei dem Versuch, das „Abnormale“ seiner Persönlichkeit zu eliminieren, ihn fast zerstört hatten. Das Gefühl von Entfremdung und Wirklichkeitsverlust wurde durch den Tod der berühmten Jazzsängerin Billie Holiday und den quälenden Refrain des Paul-Anka-Hits „Lonely Boy“, einer populären Ballade zum Thema „Teenagerangst“, noch verstärkt. Lou war der Ansicht, dass die Schockbehandlungen dazu beitrugen, alles noch in ihm vorhandene Mitgefühl radikal auszumerzen, und dass er seine Umgebung nur noch verkümmert und bruchstückhaft wahrnahm. „Ich glaube, jeder verfügt über eine bestimmte Anzahl von Persönlichkeiten“, sagte er zu einem Freund. Er zeigte ihm ein kleines Notizbuch, in das er hineingeschrieben hatte: „‚Lou drei an Lou acht – Hallo!‘ Du wachst morgens auf und fragst dich: ‚Wer ist denn eigentlich heute dran?‘ Nachdem du das festgestellt hast, schickst du ihn los. Fünfzehn Minuten später taucht ein anderer auf. Falls also gerade keiner zum Quatschen da ist, habe ich immer ein gutes Dutzend Leute in meinem Kopf, denen ich beim Sprechen zuhören kann. Ich kann mit mir selber reden.“ Nach Ablauf der achtwöchigen Behandlung wurde Lou auf starke Beruhigungsmittel gesetzt. „ICH HASSE PSYCHIATER. ICH HASSE PSYCHIATER. ICH HASSE PSYCHIATER“, schrieb er später in dem Gedicht People Must Have To Die For The Music. Aber zutiefst in seinem Inneren waren es seine Eltern, von denen er sich verraten fühlte. Wenn sie ihn wirklich geliebt hätten, hätten sie die Elektroschockbehandlungen niemals zulassen dürfen. Lewis Alan Reed wurde am 2. März 1942 im Beth El Hospital in Brook­lyn geboren. Sein Vater, Sidney George Reed, ein klein gewachsener, schwarzhaariger Mann, der ursprünglich Rabinowitz hieß, war Steuer­berater. Seine Mutter, Toby Futterman,...


Der Journalist und Schriftsteller Victor Bockris, Jahrgang 1949, gilt als wichtigster Chronist der New Yorker Underground-Szene, vor allem der 1960er- und frühen 1970er-Jahre. Der ausgewiesene Kenner der New Yorker Szene gab 1972 den ersten Gedichtband von Patti Smith, Seventh Heaven, heraus und veröffentlichte Biografien über u.a. The Velvet Underground, Keith Richards, Blondie, William S. Burroughs, Muhammad Ali und Andy Warhol.



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