E-Book, Deutsch, 357 Seiten
Bock Der Dessousschneider
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7531-8512-5
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine erotisch-mörderische Geschichte aus München, Venedig und Mallorca
E-Book, Deutsch, 357 Seiten
ISBN: 978-3-7531-8512-5
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ich schreibe einfach die Geschichten ab, die mir als Film durch den Kopf laufen. Da muss ich nur schnell sein... Andere Bücher von mir: Morituri. Aus dem Ruder gelaufen. Wir im Kopf. Pharmageddon. Pipeline (2021)
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Venedig
Mit den fröhlichen Worten „Hallo Mädels, alles klar?“ auf den Lippen betrat Max den für seine Crew reservierten Frühstücksraum im vorderen Teil des Hotel Rialto. Er schaute sich um und sah lauter schöne Frauen – im Jogginganzug oder anderen bequemen Klamotten – und Wolfgang, den man nun beim besten Willen weder als weiblich noch als schön bezeichnen konnte.
Wolfgang war schwierig zu beschreiben – er ist nicht zu groß (knappe einsachtzig), durchtrainiert, flacher Bauch, kurze graue Haare, kühl schauende blaue Augen, immer ein bisschen abwartend. Nicht schön, vielleicht ganz passabel aussehend, mehr hatte er von sich auch nie gedacht. Ein bisschen sah er aus wie Daniel Craig, der neue Bond.
„Hallo Max!“, meinte Jana in ihrem tschechischen Akzent, „das war eine geile Nummer gestern, die Show, oder?“
Max lachte, „Ja, Ihr wart einsame Spitze gestern. Ich denke, das war ein Riesenerfolg! Ich habe es Euch ja schon gestern gesagt, die Chefin von VOGUE hat mir gratuliert – für Euch alle! Das gebe ich hiermit gerne noch einmal weiter. Ich glaube, das geschieht nicht häufig! Sie meinte jedenfalls, ich solle aufpassen, dass andere Euch nicht abwerben.“
„Aber nie, Chef“, sagte Esther laut, „so viel Geld hat keiner!“ Sie schaute sich um und fuhr fort: „Oder Mädels?“
„Wir bleiben Dir treu“, sagte Ruth, „stellt Euch vor, die anderen haben schwule Designer, brrrr… Nee, nix für mich!“
„Stimmt“, meinte Esther, „wo bleibt da der Spaß?“
In dem Moment ging die Tür auf und Carla, Maria und Sophia, die italienischen Profis, die gestern schon ausgeholfen hatten, traten ein: „Buon giorno“, „Buon giorno“ – Küsschen hier, Küsschen da.
Max fragte, ob sie noch frühstücken wollten.
Nein, wollten sie nicht.
„Mensch, Ragazze, so wird das nichts mit Euch bei uns“, sagte Ruth und nahm sich noch ein Schokoladen-Croissant: „Mahlzeit“.
„Hört mal alle zu, bitte“, rief Max und klatschte in die Hände, „Frau Lucchetta, übersetzen Sie bitte, da reicht mein Küchenitalienisch dann doch nicht, ich verteile jetzt den Plan, wer auf welches Zimmer geht und wie ihr Euch bitte im offenen Fenster platziert und räkelt oder auf dem Balkon. Jede bekommt ein Funkgerät, ich bin auf der anderen Seite des Canal Grande und fotografiere von dort aus mit Tele. Ihr tragt die besprochenen Klamotten, seid sehr sexy, das fällt Euch ja nicht schwer – Schminken ist nicht notwendig, das sieht man nicht auf dem Foto.
Ich fotografiere mehr oder weniger das ganze Haus mit ein bisschen Canal und dem Leben auf den Booten.
Ich gebe das Signal per Funk. Das Funkgerät legt Ihr bitte hinter Euch so, dass ich es nicht sehen kann – dann sieht es auch die Kamera nicht, Ihr könnt mich aber verstehen. Klaro? Gut, jede hat ihren Plan, welche Position in welcher Reihenfolge einzunehmen ist. Das ist wichtig. Wir können keinen Schuss wiederholen, Konzentration ist alles!
Pro Position 30 Sekunden, dann 30 Sekunden Entspannung, dann kommt von mir wieder das Zeichen und Ihr nehmt die nächste Position ein. Für wieder 30 Sekunden.
Die Sonne steht hinter dem Haus, ich fotografiere also ins Gegenlicht – oder besser, die Hausfront liegt im Schatten. Deshalb hat Wolfgang drei Beleuchter organisiert, die strahlen Euch von der Rialto-Brücke und vom Vaporettoanleger aus an.
Wir haben nur 30 Minuten genehmigt bekommen, dann wird gnadenlos abgebaut – geht auch nicht anders bei den vielen Touristen!
Wenn die Touristen Euch sehen, wird es eventuell laut werden. Ihr kümmert Euch einfach nicht drum. Ihr macht weiter, bis ich durchgebe: Ende! Abzug!“
Er schaute in die Runde. „Noch Fragen? Ihr habt Eure Anweisungen? Gut, dann mache ich jetzt die Kameras fertig. Wolfgang hilfst Du mir?“
„Klar, Chef!“, sagte Wolfgang und stand auf, „ich komme… Hast Du gesehen, die Scheinwerfer stehen schon und der Windmacher auch!“
„Die Zimmerschlüssel für die beiden Zusatzzimmer habe ich“, rief Frau Lucchetta, „in eines gehe ich und in das andere Luisa und Maria! Ich werde die beiden hinbringen…“
„Haben die die Anweisungen auf Italienisch?“
„Ja, und die sind ganz clever, glaube ich, das wird klappen.“
„Toi toi toi“, meinte Max und klopfte auf Holz und sagte noch einmal an alle gewandt: „Danach treffen wir uns hier und besprechen die Gondelnummer noch einmal durch, klar?“
Ruth hob die Hand und meinte mit vollem Mund „Wir haben es begriffen, nachher hier“, und deutete mit der Hand auf den Boden.
Eine knappe dreiviertel Stunde später flammten die Scheinwerfer auf, die zahlreich versammelten Zuschauer riefen „Ahhh“ als die Hotelfront erglühte und die Fenster aufgingen, und sehr leicht bekleidete sehr üppige Damen in den Fenstern und auf den Balkonen des Hotel Rialto auftauchten und dort ihre Positionen einnahmen.
„Wolfgang“, rief Max in sein Funkgerät, „misst Du das Licht mal eben“.
„Klar Chef!“ und nach einer Weile „Blende 8/60stel Sekunde im Mittel“.
Wolfgang stelle Blende 8 und 125stel Sekunde ein – er konnte aus dem Film etwas mehr rausholen, wenn er das bei der Entwicklung beachten würde.
Diverse Männer konnten es nicht unterlassen, den sich räkelnden Damen in den Fenstern ihre eigenen körperlichen Vorteile überlaut anzubieten.
Scheißkerle, dachte Max, der sich ärgerte, aber wohl nicht zu vermeiden, Italienern hätte er das gar nicht zugetraut, aber es waren vermutlich gar keine Italiener, es waren eher deutsche Pauschalreisende – drei Tage Venedig für 300,- € inklusive. Naja, Venedig war für alle da.
Irgendeine dumme Tusse hatte in seinem Beisein einmal vorgeschlagen, die Venezianer sollten von Touristen schon am Beginn der Brücke in Mestre Eintritt verlangen, 250 Euro pro Tag, hatte die Tusse gemeint, die gerade im Disneyland gewesen war, das könnte man schon nehmen, das richtige Publikum vorausgesetzt – und einen Vorteil hätte das noch, dann wäre nämlich auch der Pöbel nicht da, man wäre also unter sich.
Unverschämt, dumm und blöd fand Max das und hatte sich mit Grausen von der Gruppe der Mitglieder der Gesellschaft abgewandt, die der Tusse reichlich Zuspruch gaben.
Seine Frauen waren fertig, seine Kamera auch – es war eine moderne Plattenkamera, ja so etwas gab es noch. Das Negativ war 12 mal 18 cm groß, davon konnte er Vergrößerungen machen, um das Empire State Building abzudecken, naja, nicht ganz, aber die Auflösung war gewaltig, da kam keine Digitalkamera mit.
„Achtung“, rief er in das Funkgerät, „drei, zwei, eins… Schuss! Alles klar, meine Damen, zweite Position, bitte.“
Seine Modelle wechselten die Haltung, drehten sich, wendeten sich, auf der Rialto-Brücke wurde gejohlt und gepfiffen. Die Negligés wehten im künstlichen Wind aus der Windmaschine – sah richtig gut aus, fand er.
Er wechselte die Platte, das ging heutzutage fix, dann gab er wieder das Signal: „Achtung, drei, zwei, eins… Schuss! Alles klar, Mädels, dritte Position, bitte.“
Er war fertig – doch halt, was war das?
„Frau Lucchetta“, rief er ins Funkgerät, „was ist los? Was soll das?“
Sie stand stocksteif und hatte die Arme vor den bekanntlich durchaus beeindruckenden Brüsten gekreuzt.
„Ich kann nicht“, hauchte Frau Lucchetta aus dem Funk.
„Warum, verdammt noch mal? Bist Du plötzlich prüde geworden?“
Er wechselte kurz ins vertraute Du.
„Es geht einfach nicht.“
„Warum nicht, kannst Du mir das bitte einmal sagen?“
„Meine Eltern stehen da unten!“
„Spinnst Du? Bist Du nun Profi oder nicht?“
„Na gut“, rief sie plötzlich fröhlich und stellte sich besonders provokant auf, wackelte ein paar Mal mit dem Po in Richtung Brücke, lachte laut, „Naja, vielleicht habe ich mich ja auch geirrt – und es waren Onkel und Tante. Fertig“, rief sie noch, „geht es jetzt weiter oder nicht?“
„Na, warte“, knurrte Max, „über die Nummer reden wir noch.“
Es folgten noch ungefähr 10 Aufnahmen, dann gab er das Zeichen „fertig für jetzt“.
„Okay“, rief er in das Funkgerät, das wäre es, „Danke, meine Damen. Ende! Abzug! Frau Lucchetta, sagen Sie den Technikern, dass eine Stunde Pause ist. Dann geht es mit den Booten weiter.“
„Jawohl, Chef und Entschuldigung für den kleinen Scherz…“
„Schon gut“, knurrte Max, „da reden wir noch.“
„Aber nicht hauen, Chef“, flehte Frau Lucchetta.
„Mal sehen, ich denke drüber nach. Also, wir treffen uns gleich im Hotel!“
Die wenig bekleideten Damen verschwanden von den Fenstern und Balkonen und die Menge verlief sich – aber nur ein bisschen, weil, auf der Rialto-Brücke ist immer viel los, und die Leute hatten jetzt was zu reden. Insbesondere die kleinen Japaner schwatzen aufgeregt umeinander. Aber das verstand ja keiner – außer den Japanern…
Max packte die Großbildkamera zusammen – ein Vorgang, der ziemlich viel technischen Verstand erforderte, denn so eine Kamera wird dabei mehr oder weniger auseinander gebaut. Er war sehr sorgfältig, schließlich wurde er von den kritischen Augen von Wolfgang beobachtet, der das lieber selber gemacht hätte (Technik war schließlich „sein Ding“). Dann nahm Wolfgang Max den Koffer mit der Kamera und das schwere Stativ ab. „Zufrieden?“, fragte er Max.
„Ja, ich glaube, das war gut, könnte eine Doppelseite werden in Vogue oder Cosmopolitan oder so. So etwas haben die, glaube ich, noch nicht gehabt. Naja, und wenn nicht, bieten wir`s Hasselblad an, als Werbefotos“, grinste...