Blumenthal | Die Welt in meinen Armen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 382 Seiten

Blumenthal Die Welt in meinen Armen

Roman
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96148-696-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman

E-Book, Deutsch, 382 Seiten

ISBN: 978-3-96148-696-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Wie weit wirst du gehen, um ein Kind zu retten? Der Schicksalsroman »Die Welt in meinen Armen« von Valerie Blumenthal als eBook bei dotbooks. Ein Moment, der ein ganzes Leben verändert ... Mutterseelenallein, durstig und verlassen sitzt ein kleines Mädchen vor einem Zeitungskiosk - niemand scheint sich um das Kind zu kümmern. Als Isabella, die eigentlich nur zufällig vorbeikommt, nach ihr sieht, ist das Lächeln der kleinen Hannah wie ein Aufblitzen der Sonne und erfüllt ihr bis dahin ruheloses Herz. Schlagartig wird ihr bewusst, dass sie für dieses Mädchen bereit ist, alles aufzugeben: ihr geordnetes Leben in London und auch ihre attraktiven jungen Liebhaber. Denn Isabella erkennt ganz deutlich, dass sie die Einzige ist, die Hannah retten und glücklich machen kann ... Valerie Blumenthal versteht sich meisterlich darauf, lebendig und immer sensibel von der überwältigenden Macht der Gefühle zu erzählen. Jetzt als eBook kaufen und genießen: der ergreifende Schicksalsroman »Die Welt in meinen Armen« von Valerie Blumenthal ist so bewegend wie Stedmans Bestsellerroman und dessen gleichnamige Verfilmung »The Light Between Oceans«! Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks - der eBook-Verlag.

Valerie Blumenthal wurde in der Nähe von London geboren. Bevor sie sich der Schriftstellerei widmete, war sie als Journalistin tätig und unterrichtete unter anderem Creative Writing in einem Hochsicherheitsgefängnis. Heute lebt sie in einem Dorf in der Grafschaft Oxfordshire. Valerie Blumenthal veröffentlicht bei dotbooks die Romane »Mit den Augen einer Tochter«, »Heute fängt das Morgen an« und »Die Welt in meinen Armen«
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Kapitel 1


Lügen: Vermehren sich wie Fliegen.

»Also, warum hast du es getan?« fragt er sie.

»Ich habe es getan, weil ... Kennst du das französische Wort éclat?«

»Ich bin nicht sicher, Sprachen sind nicht gerade meine Stärke.«

»Éclat de: éclat de soleil. Ein Aufblitzen der Sonne – das war ihr Gesicht für mich. Und tief in mir war ich ... es hat sich mir eingebrannt. Ich kann es nicht erklären. Es gehört zu den Dingen, die ich nicht erklären kann.«

»Aber das paßt gar nicht zu dir.«

»Das ist richtig. Bis dahin war ich noch nie von der Norm abgewichen. Mein Leben war sehr strukturiert.«

Allerdings hatte es Hinweise auf dem Weg dahin gegeben, wenn sie sie bloß aus ihrem Unterbewußtsein hervorgeholt und genau betrachtet hätte. Da hätte sich im Laufe der Jahre eine zufällige Ansammlung von Einflußfaktoren ergeben, auf die sich jeder Psychologe mit einem Fingerschnippen gestürzt hätte.

»Und jetzt bedauerst du es.« Eine Feststellung, keine Frage.

Sie legt die Arme um sich. Ein müder Blick geht hinauf zu ihm, dann zu ihren Fingernägeln, von denen der Lack abblättert, hinüber zu dem Fenster ohne Aussicht und ihrem silbernen Spiegelbild darin.

»Isabella? Sicher ...«

Sie wendet sich ihm zu, und er ist aufs neue überrascht, wie ihr gerade noch unscheinbares Gesicht durch ein einziges Aufflackern der ausdrucksvollen Augen schön wird. Sie schüttelt den Kopf, als sie mit einer ihrer typischen bedeutungsvollen Gesten die flache Hand vorstreckt: »Was soll ich sagen? Wie sollte ich es auch nur bedauern?«

Die Nacht vor der Tat. Da ist sie nun in ihrer Wohnung, auf dem Bett mit der alten chinesischen Seidenüberdecke und hat frenetischen Sex mit dem Mann, der seit eineinhalb Jahren ihr Liebhaber ist: Peter, bald siebenundzwanzig und dreizehn Jahre jünger als sie. Beide haben sie am selben Tag Geburtstag. Früher am Abend hat er ihr gesagt, sie habe zugenommen. Seit sie ihn kennt, ist er immer selbstsicherer geworden. Mag sein, daß sie zu seinem Selbstvertrauen beigetragen hat und er jetzt mit Hilfe ihrer Lebenserfahrung auf eigenen Beinen stehen kann. Am frühen Abend hat sie auch an sich etwas entdeckt: zwei parallellaufende Falten, schmale Sicheln in Form des jungen Mondes, je eine links und rechts vom Mund, und dazu eine winzig kleine Hauttasche im rechten Mundwinkel. Und sogar als sie sich in jener Nacht lieben und Isabella ihn nicht vergessen lassen will, daß er nie wieder jemanden finden wird wie sie, ist sie sich bewußt, wie ihr Gesicht aussehen muß, das sich da im Halbdunkel zu ihm runterbeugt, und wie schlaff ihr Fleisch nach unten fällt (die Schwerkraft, wie sie es grimmig nennt); ist sich ihrer ausladenden Schenkel bewußt, die sich gegen seinen flachen jungen Bauch drücken. Er ist Schauspieler. Als sie ihn kennenlernte, war er hoffnungsfroh und schüchtern; damals brauchte er ihren gesunden Menschenverstand, ihre Aufmerksamkeit. Mit seinem Talent zur Parodie konnte er sie zum Lachen bringen, und er kann es noch. Doch heutzutage hat seine Aufmerksamkeit nur noch niedriges Niveau. Also – Liebe ist das nicht. Das ist es niemals, und sie erwartet auch nichts dergleichen. Was immer es auch ist oder war, scheint nun langsam zur Neige zu gehen. Womit zu rechnen war, wie Isabella als intelligente Frau weiß.

»Wir sehen uns, wenn ich aus Nottingham zurück bin.« Wann wird das sein? Das hat er nicht gesagt. Dann noch ein zärtlicher Klaps auf ihren Hintern, als er um sechs Uhr morgens geht. Ein neckisches: »Na sieh mal an – was haben wir denn hier?« Der Griff an ihren nackten Hintern. Sie wirft ihm ein Kissen hinterher. In der Nacht hatte sie es sich noch unter die Pobacken geschoben.

Sie rollt sich auf den Bauch und liegt mitten auf dem verwüsteten Bett. Vermischte Gerüche von Sex und Knoblauch durchsäuern die Luft; diffus graues Licht sickert durch die Musselinvorhänge. Ihre Glieder sind schwer und schmerzen. Leere schwappt über sie. In letzter Zeit ist ihr diese Empfindung, die in ihrer Unbestimmtheit so schwer auf einen Punkt zu bringen ist, vertraut geworden. Immer häufiger fühlt sie sich so – verwirrend für eine Frau, die sich selbst für so zielstrebig und vernünftig hält und sicher zu wissen glaubt, was sie will und was nicht.

Es ist Samstag, und er entfaltet sich langsam. Samstag, der 31. August. Isabella wird Grund haben, dieses Datum nicht zu vergessen. Die übliche Routine: Wasserkessel aufsetzen, Kaffeebohnen mahlen, Vorhänge aufziehen – endlich einmal heller Sonnenschein. Draußen auf der Veranda verlieren die Geranien in ihren Terracotta-Übertöpfen den letzten Nachttau. Trocken ihr Mund, trocken die Haut am frühen Morgen. Die heranrückenden mittleren Jahre trocknen sie aus. Gott sei Dank noch nicht überall. Nimmt Garibaldi auf den Arm und knuddelt ihn.

»Tja, auch du gehst mit den Jahren so langsam in die Breite.« Über die Brust arbeitet er sich zu ihrem Hals vor und steckt den gestreiften Kopf unter ihr Kinn; an der Kehle spürt sie sein vibrierendes, tiefes Schnurren. »Nein, nein, laß das«, als der Kater die Krallen in die Seide ihres Morgenmantels schlägt.

Spricht mit der Katze, mit sich selbst, mit dem Auto und den Möbeln, die sie immer wieder neu arrangiert. »Nein, ich denke, hier stehst du besser«, sagt sie und schiebt einen Sessel oder einen Tisch von einer Stelle zur andern. Eine, alte Jungfer – so werden die Leute sie eines Tages sehen. Vielleicht tun sie das jetzt schon. Dabei war sie sogar einmal verheiratet: der jugendliche Versuch, die Unbill ihrer Kindheit mit der erwachsensten aller Erklärungen hinter sich zu lassen: Ja, ich will.

Sie nimmt ihren Kaffee und eine Orange (macht schlank, weil harntreibend), während sie gleichzeitig Today auf Radio Four hört und die Werbebroschüre eines Herstellers zu seinem neuesten Schwertransporter liest, die sie ins Italienische und Französische übersetzen soll. Wäscht ab, nimmt ein Bad, zieht sich an, gießt die Pflanzen, packt ein paar Sachen in eine Reisetasche, stellt Garibaldi Schälchen mit genug Milch und Futter für vierundzwanzig Stunden hin und verläßt die Wohnung. Als sie die Tür zuschließt und zum Auto geht, ist Isabella eine Frau wie tausend andere auch: Sie hat einige enge Freunde, ist unabhängig, attraktiv und beruflich erfolgreich, gern unter Menschen, tüchtig, lebenslustig und kinderlos aus eigener Entscheidung. Nichts an ihr wirkt irrational oder zwanghaft.

Allerdings fühlt sie sich an diesem Morgen recht erschöpft und ein wenig niedergeschlagen – Gefühle, die sie nicht analysiert; als sie in ihren siebzehn Jahre alten MG GT steigt. In Gedanken ist sie mehr damit beschäftigt, den Motor zum Laufen zu bringen: »Komm schon. Wenn du nicht aufpaßt, verkauf ich dich. Hab schon genug Geld in dich gesteckt ...« Endlich springt nach ein paar Umdrehungen der Motor an, und die Erleichterung läßt sie aufleben. »Ich spendier dir eine neue Batterie«, sagt sie und schiebt eine Kassette ein. Der Sportwagen ist das einzig Exzentrische an ihr, und wenn Leute sagen, sie sollte sich doch lieber etwas Verläßlicheres zulegen, erwidert sie, der MG habe Stil. Und Isabella hat auch viel Stil.

Sie fährt los, Hampstead High Street hinauf, die jetzt um zehn Uhr langsam zum Leben erwacht, hin auf den nördlichen Ring zu. Gleißend hell sticht ihr das Sonnenlicht durch die Windschutzscheibe in die Augen, und sie greift nach der Sonnenbrille neben dem Schaltknüppel. Domingo gibt den Pagliaccio und singt von seiner Seelenpein. Wieviel Zeit bleibt ihrer Beziehung wohl noch, bis das Verfallsdatum erreicht ist? Sie könnten sich noch bis zu ihrem gemeinsamen Geburtstag in ein paar Monaten durchschleppen, doch sie haßt jede Heuchelei. Besser wäre es, sich jetzt zu lösen. Ich denke, du brauchst Raum für dich, wird sie sagen, wie sie das früher schon gesagt hat. Nein: Ich denke, wir brauchen mehr Raum. Klischee, skandiert ihr Kopf.

Unzufriedenheit wallt in ihr auf, und sie verzichtet darauf, dies zu erforschen. Isabella ist die Frau geworden, die sie jetzt ist, ohne sich allzu unbequeme Fragen zu stellen, über Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft.

Es ist wenig Verkehr. Auf halbem Weg die Ringstraße entlang merkt sie, daß sie gar kein Geschenk für ihre Freundin gekauft hat, und als sie eine kleine Ladenzeile erreicht, biegt sie ab und hält an. Bummelt an den Schaufenstern diverser Läden vorbei: ein Obst- und Gemüsehändler, ein Waschsalon, eine Apotheke, ein Zeitungsladen, ein indisches Restaurant, ein Spirituosenladen. Spar (24 Stunden geöffnet), Fleischer und ein Friseur mit einer Reihe altmodischer Trockenhauben, die durch das Fenster wie verwelkte Tulpen aussehen. Vor dem Zeitungsladen steht ein Buggy; ein kleines Kind ist darin festgeschnallt. Sie beschließt, irgendeine Flasche und vielleicht noch eine Schachtel Pralinen zu kaufen, und betritt den Spirituosenladen, wo sie die Beratung des hilfsbereiten jungen Verkäufers zurückweist; will sich lieber selbst umschauen. Zeit hat sie genug, hatte nicht erwartet, daß der nördliche Ring so frei sein würde – sie muß erst in ein paar Stunden in den Cotswolds sein. Im Laden ist sie die einzige Kundin; insgesamt eine ziemlich tote Gegend: ein seelenloser Ort, wo man nur durchfährt und sich die Schilder mit der Aufschrift »zu vermieten« auf etlichen Dächern drängen.

Sie läßt sich Zeit, entscheidet sich schließlich für einen chilenischen Chardonnay.

»Haben Sie, auch Pralinen oder etwas in der Art?« fragt sie den Verkäufer, als der die Flasche in grünes Seidenpapier einrollt und beide Enden zuklebt.

»Nein, aber vielleicht der Zeitungskiosk, oder Spar.«

Sie bedankt sich und verläßt das Geschäft, in der einen Hand ihre...



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