Blake | Rote Sonne, weites Land | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 130 Seiten

Reihe: Digital Edition

Blake Rote Sonne, weites Land


1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7337-7890-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 130 Seiten

Reihe: Digital Edition

ISBN: 978-3-7337-7890-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Laura hat die Hoffnung aufgegeben, etwas von der Familie ihres verstorbenen Mannes Will zu hören - seit sieben Jahren hat keiner der Gaspers auch nur den leisesten Versuch unternommen, sich um sie oder ihre Tochter Chloe zu kümmern. Da taucht aus heiterem Himmel Wills Bruder Ryan auf ihrer einsam gelegenen Farm im Outback auf. Laura fühlt sich von der ersten Sekunde an sehr zu dem attraktiven Geschäftsmann hingezogen, dessen Augen so blau leuchten wie der weite Himmel...



Ally Blake ist eine hoffnungslose Romantikerin. Kein Wunder, waren die Frauen in ihrer Familie doch schon immer begeisterte Leserinnen von Liebesromanen. Sie erinnert sich an Taschen voller Bücher, die bei Familientreffen von ihrer Mutter, ihren Tanten, ihren Cousinen und sogar ihrer Großmutter weitergereicht wurden. Und daran, wie sie als junges Mädchen unter dem riesigen Bett ihrer Großmutter einen unendlichen Schatz an Mills & Boon-Romanen fand. Und noch heute, wenn sie das Haus ihrer Kindheit besucht, warten ein oder zwei Liebesromane neben ihrem Bett auf sie. Allys erster richtiger Beruf nach dem Studienabschluss war der eines Cheerleaders. Das ist tatsächlich ein richtiger Beruf! Drei Jahre lang tanzte sie für ein Rugby- und ein Basketball-Team sowieso in einer wöchentlichen Fernsehsendung. Außerdem gab es da noch die Schauspielerei. Ally spielte in Kurzfilmen mit, die Freunde drehten, und schrieb selbst Drehbücher auf ihrem Weg zu einer berühmten, Oscar-prämierten Schauspielerin. Und dabei lernte sie ihren Mann Mark kennen, der gerade bei einem lokalen Fernsehsender Karriere machte. Vor ein paar Jahren heiratete sie Mark in Las Vegas, ein fantastisches Ereignis, zu dem ihre Familien und enge Freunde erschienen. Vor der Hochzeit reisten sie durch Kalifornien (wo sie eine ungesunde Sucht nach Starbucks Frappucinos entwickelte). Und nach der wundervollen Zeremonie (die am selben Morgen organisiert wurde) und Dinner im Brown Derby-Restaurant im Mirage (einen Tag, nachdem Tiger Woods dort gespeist hatte) und nachdem Frank Sinatra (sie schwört, dass er es war!) ihnen ein Ständchen gesungen hatte, reisten sie kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten. Sie trafen Hugh Hefner in Disneyland und Tony Curtis in Las Vegas - und diesmal waren sie es wirklich! Noch ein paar Infos zu Ally Blake: Sie ist Australierin und hat das Sternzeichen Krebs. Ihre Tipps, um als Autorin Erfolg zu haben: Man muss den unbedingten Wunsch haben, veröffentlich zu werden! Und immer wieder Manuskripte einreichen, egal, wie oft sie einem zurückgeschickt werden. Und vor allem: Schreiben Sie ein Buch zu Ende. Lauter Teile eines Manuskripts ergeben noch kein Buch! Und schließlich noch ihre Tipps für eine glückliche Beziehung: Nichts ist so wirkungsvoll wie Küsse, Schmusen und dem anderen zu sagen: "Ich liebe dich". Und zwar so oft wie möglich!

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1. KAPITEL

Ryan bog von der gewundenen Landstraße auf einen langen Zufahrtsweg ab und hielt an. Auf dem verwitterten Holzschild an der Abbiegung las er Kardinyarr House. So lautete auch der Absender des Briefes, der neben ihm auf dem Beifahrersitz lag. Er war in mädchenhafter Handschrift geschrieben, das lavendelfarbene Briefpapier, mit kleinen Feen verziert, sah reichlich mitgenommen aus. Es war zerknüllt und wieder glatt gestrichen worden, die Buchstaben zum Teil von Tränen verwischt. Kardinyarr war der Ort, an dem er sie zu finden hoffte. Sie hatte den Brief schon vor mehreren Jahren geschrieben, aber Ryan war erst kurz zuvor auf ihn gestoßen, und ihre Zeilen waren sein einziger Anhaltspunkt.

Energisch legte er einen Gang ein und fuhr langsam über den unebenen, staubigen Kiesweg. Abrupt blieb er erneut stehen, als eine graue Kängurufamilie vor dem Auto auf den Weg sprang, die Anhöhe zu seiner Linken erklomm und hinter dem Hügel verschwand.

„Tja, so was sieht man nicht jeden Tag“, murmelte Ryan und fuhr weiter.

Er ignorierte das Schild mit der Aufschrift „Privatweg“ und steuerte den Hügel hinauf. An einer Gabelung bog er nach links ab zu einem äußerst imposanten Farmhaus und hielt wenig später unter einem der typischen immergrünen australischen Bäume mit ausladenden Ästen und roter Blütenpracht.

Als er den Motor abstellte, verstummte abrupt die CD mit dem Vortrag, den er kürzlich bei einem Wirtschaftsgipfel in London gehalten hatte. Er wollte die Rede für das Wirtschaftslehrbuch verwenden, das er in Kürze herausgab. Allerdings hatte er kaum zugehört. Seine Gedanken waren mit etwas anderem beschäftigt.

Das war also Kardinyarr House, das letzte Zuhause seines kleinen Bruders. Stolz und erhaben stand es auf einem windigen Hügel, und im Schein der untergehenden Sonne sah es genau so aus, wie Will es vor all den Jahren beschrieben hatte. Ein schwarzes Dach und dazu passende Fensterläden krönten den Klinkerbau. Eine hübsche Veranda mit schmiedeeiserner Brüstung umrahmte das robuste Gebäude und verlieh ihm eine heimelige Note.

Hastige Recherchen hatten ergeben, dass es seit Wills Tod vor nunmehr fast sieben Jahren unbewohnt war. Die ausländischen Eigentümer behielten das Anwesen nur als Investition, und der Farmbetrieb war längst eingestellt worden. Daher hatte Ryan verstreutes Laub, Schutt auf der Veranda und offensichtliche Verfallserscheinungen erwartet. Das Grundstück wirkte jedoch ordentlich und sauber. Gut erhalten. Einladend.

Will hatte damals in seiner E-Mail geschrieben:

Es gibt keinen Ort wie diesen. Die Farben, das Licht, die frische Luft – all das geht einem unter die Haut.

Ryan öffnete die Wagentür und sog mit einem tiefen Atemzug die Landluft ein, von der sein Bruder so geschwärmt hatte. Will hatte recht gehabt – das Duftgemisch, das ihm in die Nase stieg, war tatsächlich einzigartig. Kein Vergleich mit der von Autoabgasen verschmutzten Luft in Melbourne.

Okay, Will, dachte Ryan. Es ist reizvoll. Aber so reizvoll, um dafür auf all die anderen Chancen in deinem Leben zu verzichten? Verständnislos schüttelte er den Kopf.

Kardinyarr hätte nur ein kurzer Zwischenstopp auf Wills Rucksacktour durch das Land sein sollen. Aber nach allem, was Ryan jetzt über ihn wusste, hatte sein Bruder vorgehabt, diesen Ort niemals wieder zu verlassen. Und der Grund dafür war das Mädchen gewesen, von dem der zerknüllte lavendelblaue Brief stammte. Aber das Schicksal hatte einen anderen Plan verfolgt …

Ryan nahm den Umschlag, faltete ihn zusammen und steckte ihn in die Hemdtasche. Instinktiv verriegelte er das Auto, obwohl er seit fünf Kilometern keine Menschenseele mehr gesehen hatte, sondern nur die Kängurus und eine kleine Viehherde, die im Schatten eines weit verzweigten Gummibaumes graste.

Der Wind, der eben noch sein Haar zerzaust hatte, ließ etwas nach, und Ryan hörte Musik. Opernmusik, in der kratzigen Klangqualität einer alten Schallplatte, wehte an ihm vorbei und hallte in den Schluchten zu beiden Seiten des Hügels wider. Er wischte sich eine summende Fliege aus dem Gesicht und blickte zu dem verwitterten hölzernen Tor, das längst von Lilien, wildem Wein und einem üppigen Japanischen Ahorn überwuchert worden war.

Auf der anderen Seite dieses Tores hoffte er die Frau zu finden, die vor langer Zeit unter Tränen diesen Brief geschrieben hatte. Vielleicht konnte sie ihm erklären, warum sein kleiner Bruder der Welt, in die er geboren worden war, den Rücken gekehrt hatte.

Laura liebte Tage wie diesen. Ein paar Wolken am Himmel milderten die Sommerhitze, beeinträchtigten aber nicht das faszinierende Spiel aus Licht und Schatten in den Hügeln von Kardinyarr. Sobald sie mit der Wäsche fertig war und das Dinner zubereitet hatte, wollte sie sich ein sehr entspannendes Schaumbad gönnen. Allein der Gedanke daran machte sie glücklich.

Der Plattenspieler war so laut gestellt, dass die Musik eine musikalische Untermalung beim Aufhängen der Wäsche bot. Laura summte zu den Klängen des Orchesters, und dann brachte sie den Elstern auf den Regenrinnen in dürftigem Italienisch ein lautstarkes Ständchen, das sie mit theatralischen Gesten untermalte. Okay, sie war nicht Maria Callas, aber was verstanden die Vögel schon davon?

Anscheinend genug, denn schon bald türmten sie in wirrer Formation und landeten auf einem mächtigen Baum in einiger Entfernung. „He, Jungs!“, rief Laura. „Sonst ertragt ihr doch auch einiges, weil ihr wisst, dass es dafür Honigbrot gibt!“

Die Arie endete, eine neue begann, und Laura wandte sich wieder der Arbeit zu. Sie nahm ein schweres weißes Baumwolllaken, warf es über die Wäscheleine und drohte: „Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt! Zur Strafe gibt es heute keinen Honig aufs Brot.“

Ryan vergrub die Hände tief in den Jeanstaschen, während er über die Kiesauffahrt spazierte.

Einmal hatte Will ihrer jüngsten Schwester Sam geschrieben:

Ich habe mich nie zuvor so lebendig gefühlt. Ihr müsst unbedingt mal hierherkommen und es euch ansehen. Nur dann werdet ihr verstehen, warum ich bleiben möchte.

Aber sie waren nie hingefahren. Sie waren allesamt zu beschäftigt gewesen. Seine Schwester Jen als erste Geige beim Sydney Symphony Orchestra; Sam mit ihrer jungen Familie und ihrer in Eigenregie herausgegebenen Handarbeitszeitschrift, deren monatliche weltweite Auflage Hunderttausende erreichte; seine Eltern mit den Tierfilmen, die sie ständig in abgelegenen Dschungelgebieten drehten.

Keine zwei Wochen nach jener E-Mail war Will in ihrer Heimatstadt Melbourne beerdigt worden. An einem regnerischen Wintertag, mit über hundert Trauergästen, wie Ryan später erfahren hatte.

Hinter dem reparaturbedürftigen Gartentor, oben auf einem sanften Hügel, stand ein kleines Cottage, das früher die Unterkunft für Arbeiter gewesen sein musste. Blumen in allen Farben säumten die Veranda. An einer Hauswand lehnte ein rostfreier Wassertank. Der Zaun um das Haus war gepflegt und das Gras frisch gemäht, allerdings brauchte es dringend Wasser. Durch die weißen Laken, die an einer Wäschespinne flatterten, sah Ryan verschwommen die Umrisse einer weiblichen Gestalt. Laura Somervale.

Wer war diese Frau, für die Will sein Oxford-Stipendium aufgegeben hatte? War sie schüchtern, in sich gekehrt und gebildet? Künstlerisch veranlagt? Oder war sie nur ein einfaches Mädchen vom Lande, das einem einsamen, verirrten Jungen den Kopf verdreht hatte? Wer war diese Frau, die ein Mitglied der Familie Gasper dazu veranlasst hatte, allem, was von Bedeutung war, den Rücken zuzukehren?

Sie musste schon etwas ganz Besonderes sein, dachte Ryan spöttisch, denn sie hatte es zum zweiten Mal geschafft, einen Gasper aus seiner zivilisierten Welt der Fünfsternehotels und politischer Debatten in ihre Welt zu locken, in der Staub und Hitze und Fliegen regierten. Und das alles mit einem einzigen, Tränen getränkten Brief, den sie viele Jahre zuvor geschrieben hatte.

Die runde Wäschespinne drehte sich, und er erhaschte einen Blick auf kastanienrote Locken.

Sie ist entzückend. Sie ist süß. Sie bringt mich zum Lachen. Sie lässt mich über mich hinauswachsen. Dies ist ihr Zuhause, und daher ist es auch meins.

Ein ironisches Lächeln umspielte Ryans Lippen. Will musste gewusst haben, wie sein realistischer großer Bruder auf solch poetische Anwandlungen reagieren würde. Deshalb hatte er sich ihm gegenüber auch nicht offenbart, sondern seine Gefühle für das Mädchen aus Kardinyarr nur ihrer Schwester anvertraut.

Mit „entzückend“ konnte Ryan nichts anfangen. Fakten. Informationen. Begründungen. Diese Dinge konnte er zu einem ordentlichen Paket verschnüren, sobald er eine Antwort auf die Frage gefunden hatte, die ihn selbst nach all der Zeit noch beschäftigte: Warum ausgerechnet hier, Will?

Als Ryan näher kam, hörte er die Frau hinter den wehenden weißen Laken singen – sozusagen. Gelegentlich stimmten die Laute aus ihrem Mund mit den Tönen aus den Lautsprechern überein, aber das beruhte eher auf Zufall als auf Talent. Es klang lebenslustig, schrill und schlichtweg grauenhaft.

Er verlangsamte den Schritt. Vielleicht hätte er vorher anrufen sollen. Sie einfach unangemeldet zu überfallen, war ziemlich unhöflich.

Während Ryan noch überlegte, ob er einfach wieder gehen sollte, kam die Frau hinter dem nassen Laken hervor. Selbst ein Buschfeuer hätte ihn in diesem Moment nicht zum Umkehren bewegen können.

Kastanienbraune, üppige Locken fielen ihr über die Schultern, im...



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