Blake | Das Böse im Blut | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Blake Das Böse im Blut

Roman
Deutsche Erstausgabe
ISBN: 978-3-95438-019-0
Verlag: Liebeskind
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-95438-019-0
Verlag: Liebeskind
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im Herbst 1842 bricht das Unglück über die Brüder Edward und John Little herein. In Georgia ersticht der Vater der beiden Jungen einen Mann, der so unvorsichtig war, ihre Mutter zum Tanz aufzufordern. Die Familie flieht vor dem Gesetz in die Sümpfe Floridas, wo es zur Katastrophe kommt. Nach einer Bluttat, die von nun an ihre Träume beherrschen wird, brechen die Brüder nach Westen auf, um dort ihr Glück zu finden. Aber das Grenzland zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko entpuppt sich als Vorhof zur Hölle, wo Mörderbanden und blutrünstige Indianer Angst und Schrecken verbreiten. Getrieben von ihren inneren Dämonen verstricken sich Edward und John Little in ein Leben voll roher Gewalt. Doch dann werden die beiden in den Wirren des Amerikanisch-Mexikanischen Krieges getrennt und stehen sich plötzlich auf feindlichen Seiten gegenüber ... Die Abenteuer von Edward und John Little sind eine grandiose Abrechnung mit dem Mythos des Wilden Westens. James Carlos Blake erweckt eine Epoche zum Leben, ohne sie zu verklären, und führt uns so vor Augen, dass Amerika auf Hass, Gewalt und Habgier gebaut ist. Auf das Böse im Blut.

James Carlos Blake, 1947 in Mexiko geboren, verbrachte seine Kindheit in Texas. Nach der Highschool ging er zur Armee und schrieb sich dann an der Universität von Florida ein. Er machte seinen Abschluss und unterrichtete fast zwanzig Jahre lang am College, bevor er Mitte der neunziger Jahre als freier Schriftsteller nach Texas zurückkehrte. Seit 1995 hat er elf Romane veröffentlicht, für die er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem Los Angeles Times Book Prize für 'Das Böse im Blut'. James Carlos Blake lebt heute in Arizona.

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I
DIE FAMILIE
1 Im Sommer 1845 war Edward Little sechzehn Jahre alt und von ruhelosem Blut. Er kniete im Morgengrauen vor einem Baumstumpf neben dem Stall und schnitzte bedächtig an einer Rinde. Er hatte oft auf diesem Stumpf gesessen und beobachtet, wie die Sonne in die Bäume sank, und sich gefragt, wie groß die Entfernung sein mochte zwischen dort, wo er saß, und dort, wo die Sonne noch senkrecht am Himmel stand. Seine Familie war im Herbst ’42 in diese sumpfige Wildnis geflüchtet, knapp östlich des Perdido und beinahe zwei Tagesritte nördlich von Pensacola, als Daddyjack sie nach einem Aufruhr bei einem Scheunenfest aus dem Hochland von Georgia fortbrachte. Es hatte einen Toten gegeben, und der örtliche Konstabler hatte eine Untersuchung eingeleitet. Der Getötete hieß Tom Rainey. Er war ein Jugendfreund von Edwards Mutter und hatte sich erdreistet, sie zum Tanz zu bitten. Sie schüttelte den Kopf, ebenso sehr um ihn zu warnen, wie um ihn abzuweisen, doch noch bevor er sich fortwenden konnte, stand da Daddyjack schon vor ihm, die Augen vom Trinken gerötet und sehr erbost über Raineys Vertraulichkeit gegenüber seiner Frau. Harte Worten schlugen plötzlich in Handgreiflichkeiten um, und Leute stoben auseinander, als ein Tisch umstürzte, und dann starrte Rainey mit großem ungläubigem Blick auf den Messergriff, der, fest in Daddyjacks Hand, aus seinem Brustbein stak. Edward war dreizehn und hatte schon so manchen Mann unter gefällten Bäumen, nach einem Maultiertritt gegen den Schädel und mit irrem Fieberblick auf der Pritsche liegend sterben sehen, doch hier war er zum ersten Mal Zeuge eines Mordes und dessen rascher und vollkommener Endgültigkeit. Daddyjacks entschlossene Miene, als dieser die Klinge noch einmal heftig drehte, bevor er sie mit einem Ruck herauszog, brachte sein Blut in Wallung. Rainey taumelte, und sein Gesicht sackte zusammen, als er mit staunend geöffnetem Mund auf die hellrote Blüte vorne auf seinem Hemd starrte, und dann die Augen verdrehte und tot umfiel. Daddyjack brachte die Familie dort so schnell hinaus, wie die Umstehenden von der Tür zurückwichen. Der Junge war fast atemlos und hatte einen trockenen Mund, weil er gerade etwas von sich selbst gesehen hatte, etwas Schreckliches und Beglückendes und Drängendes zugleich, dem er sich nicht verweigern konnte, irgendein grimmiger Bereich seines eigenen Seins, der ihn erwartete wie der Horizont in den Badlands, rot wie die Hölle. 2 Ihr Planwagen war Richtung Florida gezockelt auf schmalen schlammigen Pfaden, die sich durch tiefe Kiefernwälder schlängelten und Marschsavannen überquerten und dunkle Sumpfgebiete säumten, wo das Moos schwer herabhing und Irrlichter im Abenddunst flackerten. Daddyjacks Pferd lief an einem Führstrick hinterher, und ihre beiden Hunde trotteten daneben. Hin und wieder war bei den seltenen Kreuzungen ein Gasthof, wo Daddyjack das Gespann festmachte und eintrat, um einen Becher des örtlichen Branntweins zu kosten, während Edward und sein Bruder John die Tiere tränkten und den Gesprächen vorbeikommender Reisender lauschten. So manche Gruppe Auswanderer, der sie begegneten, war unterwegs in die Republik Texas. Alle hatten gehört, ihre Herrlichkeit sei nicht zu beschreiben, und sie sprachen darüber, als hätten sie sie schon mit eigenen Augen gesehen — die hochragenden Kiefernwälder und das fruchtbare Tiefland, die lange geschwungene Küste und die wogenden grünen Hügel, die riesigen Ebenen, die sich über unzählige Meilen bis zu den westlichen Bergen erstreckten. Man hatte ihnen versichert, ein Mann könne in Texas gut leben, wenn er nur den Mut habe, der mexikanischen Armee und den marodierenden Banden roter Wilder die Stirn zu bieten. Es würde sowieso mit Sicherheit in Kürze ein Bundesstaat werden, zum Teufel mit mexikanischen Einwänden. Daddyjack hörte einmal einen Trupp von ihnen, und als er die Maultiere zurück auf den südlichen Pfad trieb, schüttelte er den Kopf und murmelte etwas über Dummköpfe, die meinten, sie könnten sich selber entkommen in Texas oder sonst wo. Eines niesligen Nachmittags auf der Fahrt nach Florida, als Edward und seine Geschwister zusammen mit ihrer Mutter hinten im Wagen saßen, während Daddyjack das Maultiergespann durch den wehenden Nebel trieb und ihm das Wasser von der Hutkrempe rann, flüsterte sie ihnen zu, dass Jack Little ein mörderischer Mann sei, der niemals bewundert und dem noch weniger getraut werden dürfe. Es waren ihre ersten Worte nach über einem Jahr, und einen Moment lang war sich Edward nicht sicher, ob sie tatsächlich etwas gesagt oder ob er irgendwie ihre Gedanken gehört hatte. »Dieser Mann wird euch auffressen«, zischte sie. »Euch alle. Wenn ihr ihn nicht vorher tötet.« Das Mädchen nickte mit zusammengepressten Lippen zustimmend und starrte seine Brüder grimmig an. Die Brüder tauschten unsichere Blicke aus. Daddyjacks raue Stimme drang in den Wagen: »Is mir lieber, du hältst gleich ganz dein Maul, als dass ich mir so’n verrücktes Weibergeschwätz anhören muss.« Sie sagte nichts mehr, weder an jenem Abend noch für die nächsten drei Jahre, doch die Glut in ihren Augen kam Edward wie das Schimmern des Wahnsinns vor. 3 Sie war eine hellhäutige, geschmeidige Schönheit mit scharfen Zügen, doch weder Daddyjack noch die Kinder wussten — noch wusste es die Frau selber —, dass ihre aufrührerischen grünen Augen und ihr kastanienbraunes Haar das Erbe eines mörderischen Wüstlings waren, der sie an einem kalten Nachmittag in Süd-Georgia auf einem dreizehnjährigen Mädchen liegend gezeugt hatte, während seine Kumpanen die Planwagen johlend niederbrannten und die Familie des Mädchens abgeschlachtet dalag. Die kindliche Mutter erholte sich nie von dem Wahnsinn, den das Martyrium ausgelöst hatte, und für den kurzen Rest ihres Lebens sprach sie kein Wort mehr. Sie irrte tagelang im Buschwerk umher, bis ein Kesselflicker sie auflas und in seinem Wagen bis zum nächsten Ort mitnahm. Dort kam sie bei einem Ladenbesitzer und seiner Frau unter, bis diese erkannten, dass sie ein Kind trug, und sie an die unverheirateten Schwestern des Mannes weiterreichten. Einige Wochen nach der Geburt ihrer Tochter knüpfte sie sich am Balken ihrer Stube auf. Eine Zeit lang war ihr Selbstmord das Hauptgesprächsthema unter den Einheimischen, doch mit dem Tratsch wurden selbst die Umstände ihres Todes bald ebenso unsicher wie alles andere, was sie betraf. Irgendwann waren alle Geschichten, die man sich von ihr erzählte, pure Erfindung. Der Säugling wurde von einem kinderlosen methodistischen Pastor namens Gaines und seiner blässlichen Frau unter die Fittiche genommen, die auf dem Weg waren, sich im Hochland niederzulassen. Der Reverend taufte sie auf den Namen Lilith und erzählte allen, sie sei seine Nichte, die die Cholera zum Waisenkind gemacht hatte. Sie wuchs zu einem stillen, gehorsamen Mädchen heran, das die Bibel las und Schreiben lernte, indem sie Passagen aus Salomons Lied abschrieb, das, wie die gute Frau des Reverend zu ihrer Beunruhigung erfuhr — und wodurch sich der Reverend insgeheim gekränkt fühlte —, ihr Lieblingsteil des Buchs der Bücher war. Sie hatte gerade das zwölfte Lebensjahr erreicht und leistete keinen Widerstand, als der Prediger sie eines späten Abends entjungferte, während seine schwindsüchtige Gattin in einem Nachbarraum ihr Leben forthustete. Sechs Wochen später, am Abend nach der Beerdigung seiner Frau, lag er wieder bei dem Mädchen und weinte, selbst während er unter der Mühe seiner Lust ächzte. Er sagte ihr, es sei der Wille des Herrn, dass sie sich einander fleischlich hingaben, und sie lächelte über seine Tränen und sagte, es sei wunderbar, dass der Herr etwas so Lustvolles wolle — und lachte, als ihm über so viel Schamlosigkeit der Mund offen blieb. Danach nahm er sie beinahe jede Nacht zu sich ins Bett. Als sie vierzehn war, war sie bereits Burschen aus allen Ecken des County zu Willen im Austausch für ein wenig Bares oder wenigstens für irgendeinen Plunder aus dem General Store, der ihr gefiel. Es bereitete ihr Freude, dabei zuzusehen, wie sie sich um sie prügelten. Mit der Zeit lockte ihr Ruf durchreisende Hausierer und Krämer von der Hauptstraße. Reverend Gaines erfuhr es als Letzter. Als er entdeckte, dass er nicht mehr der alleinige Empfänger ihrer Liebesdienste war, geriet er in Zorn über ihre Niedertracht und verlegte sich darauf, allabendlich laute Gebete an den Herrn zu richten, dass Er ihre verdorbene Bastardseele retten möge. Er beschloss, sie zu verheiraten und fortzuschicken, sowie sich ein Tölpel fand, der um ihre Hand anhielt. Und da erschien Jack Little, groß gewachsen, stämmig und schnauzbärtig, und ließ wissen, dass er aus Tennessee stamme und seines Faches Hauer sei, auf der Suche nach einer Ehefrau. Er sagte, sein Vater käme aus dem County Cork. Der Prediger lud ihn zum Abendessen ein und stellte ihm seine verwaiste »Nichte« vor. Lilith war inzwischen fünfzehn und ebenso begierig, dem Reverend und dem ganzen Bundesstaat Georgia zu entkommen, wie er es war, ihrer...


James Carlos Blake, 1947 in Mexiko geboren, verbrachte seine Kindheit in Texas. Nach der Highschool ging er zur Armee und schrieb sich dann an der Universität von Florida ein. Er machte seinen Abschluss und unterrichtete fast zwanzig Jahre lang am College, bevor er Mitte der neunziger Jahre als freier Schriftsteller nach Texas zurückkehrte. Seit 1995 hat er elf Romane veröffentlicht, für die er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem Los Angeles Times Book Prize für "Das Böse im Blut". James Carlos Blake lebt heute in Arizona.



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