Blaga / Engelbert | Die Fähre des Popen Charon | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 532 Seiten

Blaga / Engelbert Die Fähre des Popen Charon

Übersetzung von "Luntrea lui Caron"
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7412-6821-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Übersetzung von "Luntrea lui Caron"

E-Book, Deutsch, 532 Seiten

ISBN: 978-3-7412-6821-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



'Luntrea lui Caron', konnte erst 1990 in Rumänien veröffentlicht werden. Liebenswert und bekenntnisreich wird darin in zahlreichen Episoden über Land und Leute des durch die Jahrhunderte von fremden Mächten gebeutelten rumänischen Volkes erzählt, welches aufblühend in der Zwischenkriegszeit nach der Wende vom 23. August 1944 noch schlimmer dran war als je zuvor. Nachgerade wird dieser Roman hier erstmals in deutscher Sprache unter dem Titel 'Die Fähre des Popen Charon' vorgestellt. Die Übersetzung erfolgte in Achtung und Liebe zum rumänischen Volke, seiner darin zum Ausdruck gebrachten historischen Wahrheit, dem Wissen und orthodoxen Glauben aus Naturphilosophie und Kunst und freiem, schöpferischen Gedankentum. Blaga beschreibt bekenntnisreich die Jahre des kommunistischen Umbruchs vom relegierten Professor und Akademiemitglied zum provinziellen Bibliothekar von Anfang 1944 bis 1950. Reminiszenzen spannen sich von Lancram, dem Câmpul Frumosasei - nahe Sebes Mühlbach, seinem 'Champ d'Elisee', über Kronstadt, Hermannstadt und Wien bis in die vorkriegliche Weite Europas als Diplomat nach Lissabon. Biologin Ana, die offenbar aus einem Regenbogen trinkend ihre Schönheit und Anmut gewann, wird zur Hauptfigur von Liebe und Poesie. Der Charonsche Nachen hingegen - von einem abgesetzten orthodoxen Priester und Theologieprofessor Vasile Olteanu mit seiner dichtenden Ehefrau Octavia betriebene Fährhof und der Fähre am Muresch - symbolisieren die opferreiche Überfahrt auch zahlreich anderer Schicksale in den 'Hades' gegenüber dem grausamen kommunistischen System. Den überlebenden Helden verbleibt alternativ im Dreieckskonflikt zwischen zwei, drei Frauen in Freundschaft und Liebe zu leben letztendlich, dass sich eine unerfüllte Octavia in der eisigen Nacht des 'Heiligen Nikolaus' im Muresch ertränkt und Monate darauf der selbstmörderische Sturz von Leonte Patrascu, dem philosophischen alter Ego in die 'Roten Schluchten'. Aber schließlich gelingt dem Erzählhelden Axente Creanga mit seiner Ana der geistige Rückzug nach Gradiste in die vom System geduldete ruhmreiche, aber tragisch verlaufene Geschichte der Daker und Geten vs. Rom, zu den ausgegrabenen 'wahren Quellen, zu den höchsten Höhen'. In den einzelnen Kapiteln und Episoden leuchten poetisch Land und Leute, deren Liebe und Glauben, deren gesühnte Unschuld und ihre geistigen Auseinandersetzungen mit ihrer Gegenwart, ihrer Religion und mit ihrer Geschichte auf.

Lucian Blaga, geboren 1895 in Lancram - Langendorf, einem siebenbürgischen Dorf nahe Sebes - Mühlbach in einer orthodoxen Pfarrerfamilie. Von 1902 -1906 Schüler an der deutschen Grundschule in Mühlbach und danach am Lyzeum "Andrei Saguna" in Brasov. 1914 - 1916 Studium in Hermannstadt und Großwardein und danach in Wien. 1920 Promotion zum Doktor der Philosophie und Biologie. 1920 erstes Drama "Zamolxe", ausgezeichnet von der Rumänischen Akademie und 1922 erste Gedichte in deutscher Sprache. 1937 Mitglied der Rumänischen Akademie. 1926 -1939 im diplomatischen Dienst, zuletzt als Gesandter in Portugal. 1939 Professor für Kulturphilosophie an der Universität Klausenburg, 1948 entlassen. Veröffentlichungsverbot bis 1960. Von 1949 an geschichtswissenschaftliche und philosophische Tätigkeit an der Zweigstelle der Akademiebibliothek in Klausenburg. Von 1954 bis 1959 stellvertr. Direktor der Akademiebibliothek. 1956 vom Ausland Nominierung für den Nobelpreis, aber vom kommunistischen Staat widerrufen. Übersetzungen von Goethes Faust und Werken von Schiller und Lessing. Am 6.5.1961 gest. in Klausenburg, beerdigt am 9.5.1961 in Lancram. Lucian Blagas Werke -Auswahl Blagas literarisches Werk trägt expressionistische Züge. Seine Lyrik entsteht aus der »metaphysischen Trauer« des von den »Geheimnissen« der Welt entfremdeten Menschen und trachtet in einer regelrechten »mythologischen Geographie« nach Reintegration. Als Dramatiker versucht Blaga, der Spannung zwischen dem Sein und dem Absoluten, dem mythischen und dem historischen Element auf den Grund zu gehen. Sein umfangreiches philosophisches, im kulturphilosophischen Bereich von Spengler beeinflusstes Werk besteht aus vier Trilogien: derjenigen der Erkenntnis, der Kultur, der Werte und der kosmologischen Trilogie. Damit ist er der erste Rumäne, der ein systematisches philosophisches Gebäude errichtet hat. Es gelingt Blaga, die modernisierenden kulturellen Kräfte seiner Zeit mit den rumänischen ethnischen Elementen zu vereinbaren und damit einen sowohl nationalen als auch universell gültigen Mythos zu schaffen. (Aus Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band XVI (1999) Spalten 148-152.)
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II


Nach der unerwarteten Abreise von Doamna Ana Rares nach Alba Iulia, sogar außerhalb gebotenen Anstands, war das Dorf, in das wir untergekommen waren, als ob sich der Horizont verengt hatte, so dass ich nichts anderes als „Kaff“ zu ihm sagen konnte. Wenn man über die Formen des Anstands redet, macht man in der Umgebung Anspielungen, dass Doamna Ana fortging, ohne mich zu benachrichtigen und ohne Abschied zu nehmen, etwa eine Stunde, zwei, nachdem wir gemeinsam von Câmpul Frumoasei zurückgekehrt waren. Wie das? Sie verschwand, ohne ein Wort? Ich hatte keine Frist, wenigstens für einen Augenblick zu ihnen hinüber zu gehen. Mir war klar, dass die Abreise im Grunde der Wunsch des Gatten war, aber wie kann man das tun, dass sie nicht mehr imstande gewesen ist, einen Vorwand für einen Abschied zu erfinden? Die Art des Verschwindens war zweifelhaft, und in einer Reihe von Tagen hat Düsternis die Seele umwandert. Die Brise, die durch den Weiler nach Sonnenuntergang strich und das ganze Laub in Bahnen fegte, wird von jetzt an einen öden Ton haben. Seltsam, dass noch vor ungefähr einigen Wochen mir der Weiler überhaupt nicht düster erschien. Aber einige Begegnungen und eines Tages die gemeinsame Exkursion hatte die Landschaft mit dem Lächeln Doamna Anas erfüllt. Durch ihre Abreise hatte sie in der Landschaft eine Leere erzeugt, eine nicht Schmerzliche.

Aber ich ließ mir nichts anmerken. Ich hatte mir gesagt: Ich muss arbeiten.

In den Garten am Hügel, an der Stelle, bei der das Eichhörnchen mir geholfen hatte mich zu integrieren mit natürlicher Einfachheit, begab ich mich täglich, in der Regel am Vormittag. Mein Theaterstück kam voran.

Ich hatte mich gegen den Strom mit den Schlechtigkeiten des Kaffs gestellt, die ich mir alle als das Vorbild einiger typischer Ahnen vorstellte.

Sie hatten nichts zu tun mit der Arche Noah, aber sie polarisierten sich von selbst in den Bereich des Konfliktes zwischen moralischen Härten der Welt, so wie sie ihnen die Legende zeigte. Die Fabel nahm eine unerwartete Entwicklung, weil sie in den Stoff ihre bäuerlichen Details anzog, himmlisch anmutige oder solche von groteskem Realismus. Alle diese Details verfolgten organisiert zu werden in eine Vision vom idealen Ensemble und kosmischen Bedeutungen. Ein mystischer Hauch sollte über allem schwimmen. Auch damit das Ensemble eine plausible Note erwirbt, musste die Fabel einen feinen Humor durchdringen, der beim Zuschauer eintreten soll, welcher einen besonderen Skeptizismus verfolgt haben würde, wie die wiederholte Intervention des Wunders ausschaut, die Intervention, wie sie sich trotzdem produziert zur Bestürzung gesunder Geister auf Schritt und Tritt. Das Stück war konzipiert vom Spiel der Nuancen, sie verlangt von einem Ende zum anderen einfache primäre Mittel, aber fortlaufend ein höchstes Raffinement, sowohl als Verkörperung, als auch im Ausdruck. Das Phantastische verfolgte Erscheinungen zu erzielen mit natürlicher Ganzheit, sogar die stumpfe gegenwärtige Darstellung musste eine unwägbare magische Aura erhalten.

So fühlte ich in mir das Stück, und es wuchs schwindelerregend, wie bei einem aufgehenden Samen, welcher bis gestern, vorgestern nur latent verharrte. Mit ebensolchen Gedanken verbrachte ich die Stunden am Hügel. Und dazwischen unterschied ich einiges mit dem Gehör, unten am Wasser des Flusses, den hervorspringenden Satz der Forelle, und häufig, beinahe zur selben Stunde, das vage unterirdische Zittern, mit welchem sich die Bombardements unter meinen Füßen aus dem Prahova-Tal auswirkten.

Ich hatte mit Entschiedenheit den Schutz einiger Berge zwischen mir und die Geschichte gestellt, wie sie sich mit so viel Blutvergießen und Feuer über so viele Räume machte, je mehr ich eindringe in die Rinde der Erde.

Die Ereignisse, zumindest die wichtigsten, schickten noch auf unterschiedlichen Bahnen die Echos bis an mein Ohr. Nur selten war ich so hervorgehoben aus dem Drama des Noah und angezogen in jenes Drama des historischen Lebens. Der Fortgang meines Stückes verlangte einige neue Schwünge, welche vorbereitet sein wollten durch Besinnung.

Jetzt erhielt ich sie beim Spaziergang am Fluss nach oben bis zur Ruine.

Über einen nicht weit entfernten runden Berggipfel waren in vergangenen Zeiten unter den fleißigen Spitzhacken die Überbleibsel einiger alter Festungen zum Vorschein gekommen, welche Teile aus dem zentralen Verteidigungssystem unserer dakischen Vorfahren darstellten. Als ich über die Scherben von Vasen gebrannten Lehms trat, glitt ich unterwegs mit der Phantasie gegen meinen Willen in ein anderes Drama vom Kreuzweg auf den Weg zum Anfang. Es war die Sprache über das Los seit Anbeginn.

Mich quälte die Frage, ob wir uns nicht nähern einer ähnlichen jener Kreuzungen, wie sie auch Spuren unter meinen Füßen gelassen hat? Ich sagte mir manchmal, dass in der Vergangenheit die Bedingungen dennoch andere als heute gewesen sind. Unser Volk hat oftmals in der Vergangenheit gestanden, sich erfolgreich in die Vorgeschichte zurückzuziehen. Es waren auf den Bergen und in den Wäldern genügend Orte, wo der Prozess vom Rückzug sich verzehren konnte in einer totalen Leichtigkeit vor dem großen „Dich-leite-eine-Schuld” der „Geschichte”, wie sie sich auf unseren Schlachtfeldern drängte. Aber heute? Werden noch die Formen der Zivilisation und die moderne Technik die Nachhaltigkeit einiger solcher Orte auf Dauer erlauben? Und wenn nicht jetzt, was wird sich ereignen? Die Fragen dieser Vielfalt waren viele und haben sich verstärkt, weil sie in meiner Seele eine Panik erweckten, was mich zwang, beinahe in Sprüngen von einer Ruine herunterzukommen.

Ich war verfolgt von der Lawine der Steine, entfesselt von mir selbst, als ich nach unten sprang von einer Klippe zur anderen. Ich kam deprimiert nach Hause und wurde für Stunden nachgerade verdrießlich und einsilbig.

Diese große Bitterkeit, in die ich mischte die Besorgnis der Herkunft, war gewachsen von so viel persönlicher Tristesse, bei der nur das Lächeln Doamna Anas sie hätten lindern können. Aber Doamna Ana fand wahrscheinlich, dass sich die Mission erfüllt hat: sie hat das Lächeln in die Landschaft gestreut und ist zurückgekehrt auf Verlangen des Gatten nach Alba Iulia.

*

Am 7. Juni hatte ich ein Telegramm von Doamna Octavia Olteanu aus Klausenburg erhalten. Sie gratulierte mir zum Geburtstag, der von einigen aus meiner Nähe unbemerkt vergangen war. Aber mein Tag war für Doamna Olteanu vermutlich mehr ein Vorwand, um mir ein Zeichen zu geben, dass sie „lebte”, und dass sie nicht zum Opfer des Bombardements geworden ist, welches Klausenburg heimgesucht hatte an dem Tage, als wir in Capâlna durch die „Marienfäden“ den massiven Rückflug der angloamerikanischen Bomber verfolgten. Doamna Olteanu war die junge Frau eines Theologieprofessors. Das Paar lebte 1940 in Klausenburg, beschloss die ungarische Besetzung zu überdauern, die sie alle als nur vorübergehend wähnten. Im Herbst 1943 überquerte Doamna Olteanu schwarz die Grenze, durch den „Zoll des Kuckuck“ durch einen Wald, über das Tal des Feleac. Sie wollte die Mutter besuchen in einem Ort unweit von Hermannstadt, aber sie war gleichzeitig weniger angetan von der nahezu romantischen Sehnsucht nach der rumänischen Welt, die infolge der Verstümmelung der Grenzen damals von einem Wiederaufleben leidenschaftlichen Patriotismus erfüllt war. Doamna Olteanu versuchte sich in Versen einer stilistischen Labilität, die sie zwischen „Semanatorismus“ - „Benennung“ und die Poesie der „Moderne“ setzte.

Aus dem besetzten Klausenburg schickte sie die Gedichte nach Hermannstadt an Zeitschriften, welche hier erschienen. Ich hatte sie nicht gekannt, als ich vor der Flucht in Klausenburg gewohnt habe. Ihre Verse zeigten Schimmer von Talent. Zum Anlass der Eskapade, in die sie sich heimlich bis nach Hermannstadt gewagt hatte, hatte sie mich eines Tages aufgeweckt mit ihrem Besuch in der Wohnung, wie ich sie nicht weit von Dumbrawa hatte. Doamna Olteanu wusste sich interessant zu machen durch Diskussionen, bei denen sie verstand, ihnen einen Hauch von Improvisation zu bewahren. Sie war in letzter Zeit Lyzentiatin in Theologie. Die Studien hatte sie auch in Klausenburg gemacht mit kleiner Verzögerung, aber in wahrer Hingabe.

Die Frauen mit theologischen Studien waren eine neue Erscheinung in unseren Gegenden und der Fall interessierte mich, womit sie sich darstellen konnten. Wie eine Aufwiegelung in Replik, habe ich eine Meinung gesagt mit Blick auf die Beziehung zwischen Poesie und Theologie: „Die Erziehung in der Theologie kann sehr nützlich für einen Poeten sein mit der Bedingung, dass der Poet nicht in ihr verharren soll.“

Und ich hatte hinzugefügt: „Die Theologie kann eine große Quelle der Inspiration sein, wenn der Poet vor ihr die notwendige Distanz und schöpferische Freiheit bewahrt.“ Diese meine Meinungen, hatte ich niemals gleichwertig verstanden, mit einer Blasphemie für Doamna Olteanu erklärt. Was anders herauskam, auch aus der Replik, die sie mir servierte: „Vor der göttlichen Offenbarung haben wir kein Recht auf schöpferische Freiheit.“ Ich sah in dieser Replik, dass sie ganz der doktrinäre Körper der Orthodoxie mit einem strengen Glauben umgab.

Ihr gewachsenes intellektuelles Niveau hatte dennoch etwas „Provinzielles“. Als sie vorgab zu gehen, eingenommen vom Gefallen ihrer weiblichen Erscheinung, hatte ich ihr gesagt, dass auch ich beabsichtigte zu gehen, dass ich sie deshalb bis in die Stadt begleiten will.

Ich gab vor, dass ich noch etwas in der Universität zu tun hätte. Doamna Olteanu ungezwungenen Schritts, und von einer physiognomischen Frische, bei welcher es die Theologie nicht geschafft hat sie zu...



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