E-Book, Deutsch, 411 Seiten
Black Falling With You
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-646-61163-2
Verlag: Carlsen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gay College Romance über einen Rich Boy und seinen Tutor
E-Book, Deutsch, 411 Seiten
ISBN: 978-3-646-61163-2
Verlag: Carlsen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
James Black wurde 1995 in Schwerin geboren, lebte dort für zwanzig Jahre und zog schließlich in die Nähe Hamburgs. Geschichten und Bücher begleiten ihn bereits sein Leben lang. Als Kind las er seine Lieblingsbuchreihe dutzende Male, bis irgendwann der Drang in ihm aufkam, selbst etwas zu kreieren. Ganz nach dem Vorbild seines großen Idols Taylor Swift verbindet seine Romane die Suche nach Liebe und ein Hang zur Dramatik.
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Kapitel 1 Henning
Sein Kontostand war kaum ein dreistelliger Betrag. Hennings Magen zog sich zusammen, als er auf Überweisung senden drückte, der Bildschirm seines Handys kurz dunkel wurde, nur um einen Augenblick später zurück in den Farben seiner Banking-App zu glänzen. Überweisung erfolgreich, stand dort in einer hellgrünen Textbox. Henning schloss die App, bevor er einen Blick auf seinen neuen Kontostand werfen konnte. Er wusste schon, dass jetzt ein Minus davorstand, aber er musste nicht wissen, wie groß es genau war. Solange er Unwissen vortäuschen konnte, selbst wenn es nur in seinem eigenen Kopf war, würde er zumindest ein wenig Schlaf bekommen.
Henning stopfte sein Handy zurück in die Tasche und wischte sich übers Gesicht. Er genehmigte sich einen Augenblick, in dem er die Augen schließen konnte, bevor er sie öffnete, den Kugelschreiber zur Hand nahm und einen großen Haken über die Rechnung schrieb, die vor ihm lag. Eine von vielen wanderte in seine Reisetasche. Das plattgedrückte Erinnerungsschreiben der Uni starrte ihm als Nächstes entgegen.
Der kommende Semesterbeitrag war wesentlich mehr als er sich im Moment leisten konnte. Henning schloss die Finger fester um den Stift, kreiste die Zahl einmal aggressiv ein, sodass der Brief fast einriss, und warf den Stift beiseite. Das Erinnerungsschreiben war bereits vor über einem Monat eingetroffen, aber er hatte es einfach unbeachtet in den Stapel anderer Rechnungen geschoben, in der vagen Hoffnung, dass es sich von selbst in Luft auflösen würde. Es hatte offensichtlich nicht geklappt und jetzt blieben ihm nicht einmal zwei Wochen, bis er den Beitrag überweisen musste. Bestimmt könnte er ein wenig betteln und so tun, als hätte er die Deadline verpasst. Das würde ihm vielleicht noch zwei Wochen rausschlagen, aber selbst ein Monat war zu wenig Zeit, um diese Summe aufzutreiben.
Er war nicht naiv genug, um zu glauben, dass er lange damit durchkommen würde. Seine Uni könnte er besänftigen, selbst das Pflegeheim würde ihm einen Aufschub geben, wenn er ihnen erklärte, wie seine Situation aussah, aber bei der Bank war er sich nicht so sicher. Schulden mit fünfundzwanzig, kürzlich gefeuert, invalides Elternteil und keine feste Bleibe hin oder her, die Bank wollte nur eines wissen: Würde er jemals das Haus zurückkaufen können? Albträume, in denen ihm die Zähne nach und nach ausfielen und er von schattenhaften Kreaturen mit der leisen Stimme seiner Mutter gejagt wurde, waren nichts im Vergleich zu den eiskalten Leuten von der Bank, die sich von nichts beeindrucken ließen.
Nicht zum ersten Mal schoss der Gedanke an Exmatrikulation durch seinen Kopf. Er könnte sein Studium abbrechen und sich einen Job im lokalen Supermarkt suchen. Das Geld nutzen, um seine Rechnungen zu zahlen, um seine Schulden zu begleichen, sich eine billige Wohnung oder WG zu suchen. Er könnte etwas anderes außer Fertigsuppen und verpackte Sandwiches essen. Es würde ihn sicher nur zehn bis fünfzehn Jahre kosten, bis er sein Haus zurückkaufen könnte. Vielleicht wäre er bis dahin Schichtleiter, während alle seine alten Schulfreunde mit ihren teuren Autos und Familienurlauben angeben würden.
»Hey, Becks.« Eine Stimme ließ ihn aufblicken und Henning wischte seine Rechnungen rasch vom Tisch in seine offene Tasche. Ein breitschultriger Typ mit fransigen dunklen Haaren setzte sich breitbeinig auf den Stuhl ihm gegenüber. »Hast du meine Arbeit?«
Es dauerte einen Moment, bis er dem Gesicht einen Namen zuordnen konnte. »Oliver«, sagte er testweise und der Typ nickte. »Theologie.«
»Exakt. Christlich-islamische Gemeinsamkeiten in der Darstellung der göttlichen Rettung.«
»Richtig.« Henning fischte sein Handy aus der Tasche und scrollte durch seine Dokumente, bis er das richtige Thema fand. »Hab ich.«
Oliver grinste ihn erleichtert an. »Klasse, Mann. Du weißt nicht, wie sehr du mir den Arsch damit rettest.«
»Hast du das Geld?« Henning interessierte sich nicht sonderlich dafür, wie sehr er den anderen Studierenden damit half oder was für Geschichten sie ihm präsentierten, damit er zustimmen würde, Hausarbeiten und Essays für sie zu schreiben. Solange er bezahlt wurde, war es ihm egal, wer zu ihm kam. Es gab nur zwei Regeln, die er mit jedem seiner Kunden aufstellte: Die Hälfte desGeldes bekam er vor der Arbeit, die zweite Hälfte beim Abgeben und niemals, unter keinen Umständen, besprach er die Arbeit danach mit ihnen. Es war nicht seine Aufgabe, ihre Fragen zu klären, falls ein Professor einen Fehler entdeckte. Henning schrieb die Arbeit, er gab sie ab und damit war sie nicht länger sein Problem.
»Gott, ja«, erwiderte Oliver. »Du bist echt eiskalt. Hat dir das schon mal jemand gesagt?«
Henning zog die Augenbrauen hoch.
»Okay, okay.« Oliver zog sein eigenes Handy hervor, tippte darauf herum und drehte ihm dann den Bildschirm zu. Fünfundzwanzig Euro wurden darauf angezeigt, die in den nächsten Minuten an seinen PayPal-Account gesendet werden würden. »Zufrieden?«, fragte Oliver, als er auf Senden drückte.
»Ich platze vor Freude«, entgegnete Henning monoton. Er zog das Dokument in eine leere E-Mail, gab Olivers Adresse ein und schickte sie ihm rüber. »Lösch sie, sobald du den Essay runtergeladen hast.«
»Jaja«, murmelte Oliver, ehe er aufstand. Sein Grinsen kehrte wieder. »Danke, Becks. Ich würde sagen, du hast was gut bei mir, aber dafür hab ich dir schon genug Geld gegeben.«
»Beehre mich jederzeit wieder«, antwortete Henning und beobachtete, wie Oliver ihm den Rücken kehrte und zwischen den Regalreihen der Bibliothek verschwand. Er erlaubte sich einen Moment der Ruhe, ehe er sich in seinen PayPal-Account einloggte und das Geld direkt auf sein Konto überwies. Es würde ihm nicht helfen, den Semesterbeitrag zu bezahlen, aber es war besser als gar nichts. Henning löschte Olivers Arbeit von seinem Handy und checkte die restlichen Dokumente. Zwei Essays würde er noch abgeben können, dazu eine Hausarbeit und eine Zusammenfassung eines philosophischen Textes. Wenn er das alles einkassiert hatte, dann würde er zumindest das Minus ausgleichen können.
Henning hatte bisher einen ziemlich guten Job gemacht, sein Nebengewerbe am Campus bekannt zu machen, ohne dass die Professoren Wind davon bekommen hatten, aber je näher seine eigenen Deadlines rückten, desto nervöser wurde er, nicht genügend Kunden angelockt zu haben. Mit ein paar Essays im Monat konnte er sich über Wasser halten und für eine gesamte Hausarbeit würde er ein paar Wochen überleben, aber wenn er nicht bald einen neuen Job fand, dann würde er nicht nur sein Studium verlieren.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er nur noch zwei Stunden hatte, bis die Unibibliothek zumachte. Zwei Stunden, um entweder an seinen eigenen Sachen zu arbeiten und zu verhindern, dass er exmatrikuliert wurde, oder sich neue Kunden zu angeln, damit er nicht verhungerte. Wie er die Karten auch legte, es schien, als hätte sich die verdammte Schicksalsgöttin einen mehr als kruden Scherz einfallen lassen. Manchmal erwischte er sich dabei, wie er nur darauf wartete, dass er aufwachte und endlich wieder alles beim Alten wäre. Er würde in seinem Zimmer im Haus aufwachen, er könnte den Bus zur Uni nehmen und sich mit anderen in der Cafeteria ein warmes Mittagessen holen, er würde sich nur um seine eigene Hausarbeit kümmern und nicht um die von dutzend anderen und – was ihm jedes Mal einen Stich in der Magengegend und ein Brennen im Herzen verursachte – seine Mutter würde sich vielleicht wieder an seinen Namen erinnern.
Fortuna musste gelauscht haben, denn kaum hatte er daran gedacht, vibrierte sein Handy mit einem angehenden Anruf von Tasha aus dem Pflegeheim. Henning warf sich lautlos fluchend seine Tasche um die Schulter und steuerte den Ausgang an. Kaum war er durch die Glastür in die Gartenanlage getreten, nahm er mit einem gehetzten Hallo? den Anruf an.
»Henning, hey«, sagte Tasha am anderen Ende der Leitung.
»Ist alles gut mit –«
»Deiner Mutter geht es gut, keine Sorge«, unterbrach sie ihn mit sanfter Stimme. »Ich –« Sie zögerte einen Moment, dann holte sie Luft und fing erneut an: »Ich rufe an, weil du noch eine offene Rechnung hast.«
Henning legte eine Hand an seine Stirn und seufzte. »Kannst du nicht mal anrufen, um zu fragen, wie es mir geht?«, murmelte er.
Tasha lachte zittrig klingend. »Tut mir leid, Henning, ich weiß, dass es im Moment nicht einfach ist, aber … wenn du es nicht aufbringen kannst, dann weiß ich nicht, wie lange ich es noch aufschieben kann, ohne dass mein Chef es bemerkt. Spätestens am Ende des Monats wird er die Finanzen durchgehen und wenn du es bis dahin nicht überwiesen hast, wird er dir schon...




