E-Book, Deutsch, 176 Seiten
Reihe: HERDER spektrum
Bittlinger HabSeligkeiten
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-451-82683-2
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine Anleitung zum Glücklichsein
E-Book, Deutsch, 176 Seiten
Reihe: HERDER spektrum
ISBN: 978-3-451-82683-2
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Bergpredigt und ihre Seligpreisungen gehören zu den zentralen Texten im Neuen Testament.
Der Liedermacher und Autor Clemens Bittlinger lädt dazu ein, sich von den Worten Jesu inspirieren zu lassen und sensibel zu werden für die kostbaren Momente des Alltags.
Ein spirituelles und persönliches Buch, das von der Spannung des zunächst alltäglich Banalen in der Begegnung mit dem zutiefst Geistlichen der Seligpreisungen lebt.
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Die HabSeligkeiten in unserem Alltag
Momente des Glücks, Momente der Seligkeit, jeder und jede kennt und erlebt solche Momente. Allerdings muss man sich diese Glückseligkeiten auch bewusst machen oder es sich sagen lassen und sich selbst sagen: »Hey, jetzt bist du glücklich, jetzt gerade in diesem Moment stimmt alles. Warum hast du trotzdem schlechte Laune?« Als wir einmal wieder das kalifornische Städtchen Berkeley besuchten und »alte Stätten« (wir durften als Familie Anfang der 2000er-Jahre für vier Monate an diesem schönen Ort eine Auszeit genießen) aufsuchten, landeten wir auch in einem schönen Café, das wir von früher kannten. Draußen war ein strahlend blauer Himmel, es war ein wunderschöner Sommertag, ein leichtes Lüftchen wehte, und trotzdem saßen wir da – gestresst, vertieft in irgendwelche Broschüren und wortkarg. Ich hatte mich gerade an die Theke gestellt, um zwei Kaffee und Getränke für die Kinder zu ordern, da kam ein Mann herein, strahlte über das ganze Gesicht und rief der Frau hinter dem Tresen zu: »What a perfect day!« – »Was für ein wunderschöner Tag!« Da musste ich schmunzeln und kräftig durchatmen und es mir selbst sagen: »Ja, er hat recht: Dies ist ein perfekter Tag, alles stimmt, und nun sei auch glücklich!« Ich kam zurück mit den Getränken an unseren Tisch und Rosi fragte mich: »Warum grinst du denn so?«, und ich erzählte ihr von meiner Begegnung. Da musste auch sie lächeln, und schlagartig veränderte sich die Atmosphäre unseres Tages, unser Umgang miteinander und die weitere Gestaltung unserer Reise. »Zutiefst glücklich« ist meine Übersetzung des alten Wortes »selig«. Wenn ich Ihnen nun von Situationen und Aktivitäten erzähle, bei denen ich »zutiefst glücklich« bin, dann tue ich dies zum einen, um Sie vielleicht hier und da auf eine neue Spur zu locken. Ich tue es aber auch zum anderen, damit Sie überlegen können, welche Beispiele Ihnen in Ihrem Alltag einfallen, bei denen Sie sagen (könnten): »Das macht mich zutiefst glücklich!« Wer sich auf dieses kleine Training einlässt und wer bereit ist, seinen ureigensten »Glückseligkeiten« auf die Spur zu kommen, wird dabei merken, dass die Achtsamkeit und die Dankbarkeit zwei wichtige Schlüssel zu dieser Erkenntnis sind. Ohne die Fähigkeit, einen Moment, ein Erlebnis, eine Begabung wie ein Geschenk dankbar in Empfang zu nehmen, wird Ihnen das Wunder der Seligkeit verschlossen bleiben. Kostbare Momente
Endlich angekommen, endlich hab ich Zeit, fühl mich wie benommen, such die Einsamkeit. Völlig überladen tickt die Uhr voran, ich verlier den Faden, deshalb halt ich an. Meine Seele atmet langsam aus und ein, hat auf mich gewartet, hilft mir der zu sein, der ich bin und werde langsam Schritt für Schritt, unter mir die Erde hält und trägt mich mit. Kostbare Momente, Diamantenraum, manches heiß Ersehnte, manchen alten Traum können sie beleben, schenken mir die Kraft, niemals aufzugeben meine Leidenschaft. Und die Wogen schlagen über mir ein Dach, allzu viele Fragen halten nachts mich wach. Wie wird alles enden, mein Weg scheint so weit? Hab Angst zu verschwenden meine beste Zeit. Kostbare Momente, Diamantenraum, manches heiß Ersehnte, manchen alten Traum können sie beleben, schenken mir die Kraft, niemals aufzugeben meine Leidenschaft. Hab mich hetzen lassen. Zeitdruck im Genick, ließ mich fast verpassen diesen Augenblick, der so vieles wendet hin zu meinem Glück, ich war wie geblendet, doch ich fand zurück. Ein gutes Gespräch
Ich liebe gute Gespräche, und das ist auch ein Grund, warum wir so gerne Gäste in unserem Haus haben, Freunde und Menschen ganz unterschiedlicher Nationalität, Herkunft und Profession. Am schönsten ist es, wenn die Gäste über Nacht bleiben und man am nächsten Morgen, bei einem gemütlichen Frühstück, das am Abend Besprochene nun noch einmal reflektieren und gemeinsam weiterdenken kann. Denn genau das geschieht für mich in einem guten Gespräch: Wir denken gemeinsam weiter und lassen uns inspirieren durch die Erfahrungen und Gedanken des anderen. Schon so manches Lied, schon so mancher Gedanke für einen Text oder eine Predigt wurden aus einem solchen Austausch geboren. Und natürlich gilt der alte Satz: »Es hat noch nie dümmer gemacht, eine andere Meinung zu hören!« Ich möchte sie hören, die andere Meinung, ich möchte das Fremde betrachten, nicht immer nur das Eigene, und ich möchte sehen, ob meine Meinung den Argumenten der anderen standhält. Das klingt jetzt alles sehr steif und reflektiert, ist es aber gar nicht, denn ein gutes Gespräch entwickelt sich oft fast wie aus dem Nichts. Regelmäßig treffen wir uns mit Freunden, sitzen zusammen, trinken eine gute Flasche Wein und beginnen zu plaudern. Zunächst kommen die Ereignisse der letzten Tage auf den Tisch, wir erzählen uns, was uns gerade so bewegt, und irgendwann kommen wir zu einem Thema, das uns mehr Zeit kosten, denn auf einmal möchte jeder und jede etwas zu diesem Thema sagen. Kontrovers geht es dann zu und nicht ohne Emotionen. Nachdenklichkeit und Engagement, aber auch eine gewisse Gelassenheit und Humor gehören für mich zu einem guten Gespräch. Eine Gesprächspartnerin oder -partner der sich verbeißt und nicht zwischendurch auch über sich selbst lachen kann, ist für mich zu anstrengend, zumindest wenn es um ein gutes »Feierabendgespräch« geht. Bei öffentlichen Diskussionen ist das etwas anderes. Aber hier geht es um ein gutes, privates Gespräch. Dabei muss man nicht unbedingt zu einer einvernehmlichen Lösung kommen. Das Gespräch kann und darf auch ruhig so enden: »Ich sehe das zwar komplett anders, aber heute Abend kommen wir hier nicht mehr weiter und das macht auch nichts.« Eine humorvolle Zwischenbemerkung unterbricht die sich eventuell einschleichende Verbissenheit, und schon entspannt sich das Gespräch und die Begegnung. Ich habe das große Glück, mit Musikern unterwegs zu sein, mit denen ich befreundet sein darf. Einer meiner engsten Freunde ist der Schweizer Pianist David Plüss. Auf unseren langen Autofahrten haben wir schon Hunderte von guten Gesprächen geführt. Wir haben Zeit, schauen beide hinaus auf die fast meditativ vor uns liegende Autobahn und sind sofort in ein Gespräch vertieft. Das sind nicht immer unbedingt besonders wertvolle Gespräche, aber wir teilen einander mit, was uns gerade so auf dem Herzen liegt. Wir haben Zeit zum Reden, und das ist schön. Immer wieder gibt und gab es dabei Momente, in denen es gut war, einen vertrauten Gesprächspartner (außerhalb der jeweiligen Ehe) zu haben, bei dem man alles Gesagte 150 Prozent gut aufgehoben wusste. In solchen Zeiten, die oft für den einen oder anderen Krisenzeiten waren, hatten solche guten Gespräche etwas tief Beglückendes, waren solche Momente des Austausches wie kleine hoffnungsvolle Kerzen in einem dunklen Tunnel. Ein anderer lieber Freund, der Gitarrist Adax Dörsam, brachte neulich gar seine Freude über einen Stau, in den wir gerieten, zum Ausdruck: »Jetzt haben wir mehr Zeit zum Reden und Musikhören …« Wenn Adax in mein Auto steigt, mit seiner »Schaffdasch« im Gepäck, dann hat er immer CDs und Musikbeispiele dabei, die ich mir anhören darf und die er gerne mit mir diskutieren möchte. Manchmal liest er mir aus einem Buch vor oder hat einen kuriosen Zeitungsartikel dabei – in jedem Fall ist jeweils genügend Gesprächsstoff da, um oft stundenlange Autofahrten zu gestalten. Zutiefst beglückend sind auch manche Gespräche in unserer Ehe. Eine Zeit lang, vor allem als unsere Kinder noch kleiner waren, haben wir es geschafft, einmal die Woche abends essen zu gehen und miteinander zu reden. Und auch heutzutage nehmen wir uns immer wieder bewusst Zeit füreinander, um zu hören und zu sehen, wie es dem anderen geht. Gerade unter eng zusammenlebenden Menschen kann die einfache Frage: »Wie geht es dir?« ein abendfüllendes Gesprächsthema eröffnen, vor allem dann, wenn genügend Zeit da ist und das Gegenüber signalisiert: »Ich möchte wirklich wissen, wie es dir geht!« Allerdings haben hier die Pandemie und die damit verbundenen Lockdowns so manche Beziehung auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Und beglückend sind natürlich auch jene Gespräche im Nachklang, in denen Unausgesprochenes endlich gesagt wird, durch die ein reinigendes Gewitter in die Beziehungsatmosphäre fährt, Missverständnisse geklärt werden können und Versöhnung möglich wird. Gerade für eine Lebensbeziehung ist das regelmäßige gute Gespräch lebensnotwendig. Hier gilt der alte Satz: »Wer sich nicht auseinandersetzt, geht irgendwann auseinander!« Sieh im Fremden das Vertraute, sieh im Dunkeln schon das Licht, in Ruinen einst Erbautes, schaue hin, verschließ dich nicht. Hör im Fremden das Gewohnte, hör wie schön die Sprache klingt. Überall, wo Menschen wohnen, gibt es manchen, der auch singt. Spür im Kalten auch das Warme, glaube, dass die Liebe siegt. Öffne, öffne weit die Arme, spüre wie die Seele fliegt. Sieh im Fremden den Bekannten, sieh dich selbst in fremder Haut. Alle Menschen sind Verwandte, sind aus Sternenstaub gebaut. Freundschaft
»Freunde sind Gottes Entschuldigung für Verwandte« sagt ein irisches Sprichwort. Das soll weniger die...