Bisson | JOHNNY MNEMONIC | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 278 Seiten

Bisson JOHNNY MNEMONIC

Ein Cyberpunk-Roman
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7438-5647-9
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ein Cyberpunk-Roman

E-Book, Deutsch, 278 Seiten

ISBN: 978-3-7438-5647-9
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Johnny lebt im 21. Jahrhundert und arbeitet als Kurier. In Johnnys Gehirn befindet sich ein Chip-Implantat, in dem 320 Gigabytes Daten gespeichert sind. Johnny verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Schmuggel von Daten, und was seine Auftraggeber angeht, ist er keineswegs wählerisch. Aber sein neuester Job verursacht ihm - buchstäblich - gewaltige Kopfschmerzen: Die Informationen in seinem Implantat sind heiß; sie wurden einem mächtigen Pharma-Konzern gestohlen, und die Hintermänner wollen sie um jeden Preis zurück. Zu allem Übel ist der Chip in Johnnys Gehirn auch noch überladen und droht durchzubrennen, doch der Download-Code, mit dem sie abgerufen werden könnten, ist verschwunden. Johnnys Auftraggeber sind tot, und eine Armee von Yakuza-Killern ist ihm auf den Fersen... Mit Johnny Mnemonic schuf Cyberpunk-Legende William Gibson im Jahre 1981 eine Kultfigur des literarischen Cyberpunk. 1995 drehte der Künstler Robert Longo (Arena Brains) auf der Grundlage der gleichnamigen Erzählung (und nach dem Drehbuch von William Gibson) den spektakulärsten Cyberpunk-Film der 1990er Jahre - mit Keanu Reeves als Johnny, Dina Meyer als Jane, Ice-T als J-Bone, Barbara Sukowa als Anna Kalmann, Henry Rollins als Spider und Dolph Lundgren als Preacher. Terry Bissons Novellisierung gilt als kongeniale literarische Weiterentwicklung des Films und der Motive Gibsons.

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  Kapitel Eins: Im Sprawl
    »Ich bin hier!«, sagte Johnny - mindestens ebenso sehr zu sich selbst wie zu dem Gesicht, das sich auf dem VidiPhon abzuzeichnen begann. Hier! Peking. Die Stadt der Lichter und die Stadt der Ideen, so vollkommen verschieden von dem verbrauchten, ausgelaugten, heruntergekommenen Amerika und dem dunklen, invertierten Sprawl. Glasstahl-Türme ragten oberhalb der Boulevards von Peking in phantastischen Formationen in den Himmel. Ihre Video-generierten Umrisse waren durch holografische Erweiterungen verstärkt, die in der Nacht leuchteten und am Tag schimmerten. Das Panorama war unglaublich schön. Johnny mochte Städte, und das war gut so, denn außer auf Bildern hatte er noch nie etwas anderes gesehen. »Hier? Wo ist dieses Hier, Johnny?« »Einfach hier, Ralfi. Peking. Ich sitze in einem Taxi. Im Stadtzentrum, Agnes-Smedley-Boulevard. Sie haben mich über ein Mobilphon erreicht. Ich bin auf dem Weg zum Hotel.« »Haben Sie sie gekriegt?« »Was gekriegt?« »Die Aufrüstung.« Das sorgfältig modellierte Gesicht des Agenten wirkte besorgt, aber so sah Ralfi eigentlich immer aus. Johnny wusste nicht, ob er gerührt oder amüsiert sein sollte. Gleichgültig erwiderte er: »Klar...« Das Taxi kam plötzlich heftig schlingernd zum Stehen. Johnny rutschte fast aus dem Sitz, während er mit der einen Hand seine Aktentasche und mit der anderen das VidiPhon hielt. Im gleichen Augenblick schlug jemand heftig von außen gegen das Heckfenster. Blut schmierte über die Scheibe. Die Dinge gerieten definitiv außer Kontrolle. Johnny beugte sich vor und spähte aus dem Panzerglas des Seitenfensters. Eine tobende Ansammlung von Demonstranten strömte aus einer Seitenstraße auf den Boulevard. Ihre Gesichter waren hinter OP-Masken versteckt - entweder nur wegen des dramatischen Effekts oder aus einem Grund, den Johnny lieber nicht wissen wollte. Blechtrommeln dröhnten unter einem Wald von Stöcken, an denen Transparente hingen. Die vorderste Linie der Demonstranten trug Helme. Während sie sich näherten, wich die ihnen gegenüberstehende Doppelreihe aus Polizisten zurück, als würden alle zusammen einen rituellen Tanz aufführen, der ihnen nur allzu vertraut war. Die meisten Transparente waren in chinesischer Sprache gehalten, aber auch arabische, russische, spanische und englische waren zu sehen:   STOP NAS! GEGEN NAS! WO BLEIBT DAS GEGENMITTEL?   Die Demonstranten bewegten sich wie Zombies; ihre Glieder zuckten eigenartig, und ihre wütenden Augen starrten wie die von Menschen, die bereits an der Seuche erkrankt waren. Eine Frau, die in ihrem Arm ein kleines, in eine Decke gewickeltes Kind hielt, wurde auf die Motorhaube gestoßen und rutschte auf der anderen Seite wieder hinunter, vielleicht wurde sie auch gezogen - Johnny konnte es nicht sagen. »Was hat dieser ganze Krach zu bedeuten?«, fragte Ralfi. »Was ist da los?« Er wirkte so besorgt, als wäre er bei Johnny im Taxi, anstatt eine halbe Welt weit entfernt und definitiv in Sicherheit. »Irgendeine Demonstration«, sagte Johnny. »Anti-Amerikanisch?« Johnny schnaubte. »Das hätten Sie wohl gern. Als ob sich noch irgendwer für um Amerika interessieren würde. Nein, sie demonstrieren wegen NAS, wissen Sie? Das Nerven-Attenuierung-Syndrom.« »Dort auch schon?« Ein Demonstrant kletterte auf die Motorhaube, ein zweiter folgte. Andere traten gegen die Seiten des Wagens. Die Fahrzeuge hinter dem Taxi starteten ein Hupkonzert. Das Geheul ihrer Hörner und Sirenen (die in Peking nicht gesetzlich verboten waren) übertönte das Schlagen der Blechtrommeln und das monotone Protestgeschrei der Menge. »Überall, Ralfi. Lesen Sie die verdammten Zeitungen. Aber sehen Sie mich nicht so besorgt an; wir haben hier einen Auftrag zu erledigen, und alles ist unter Kontrolle.« Ralfi konnte nichts dafür, dass er so aussah. Er besaß nur zwei Gesichtsausdrücke: traurig und besorgt. Er war ein kleiner, munterer Mann, und er hatte sein Gesicht chirurgisch modifizieren lassen, um irgendeinen vergessenen Filmstar der vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu imitieren. Der Eingriff in Singapur war verpfuscht worden; die Chirurgen hatten die Triefaugen übertrieben, und jetzt trug Ralfi ständig ein besorgtes Stirnrunzeln zur Schau. Doch seine Besorgnis war echt, diesmal wenigstens: »Das ist eine große Sache, Johnny. Sind Sie sicher, dass Sie zurechtkommen? Ich könnte diesen neuen Typen losschicken, der mit den modernsten...« »Lassen Sie's, Ralfi!«, unterbrach Johnny ihn. Und wie um seinen Agenten zu beruhigen, zog er seine Krawatte zurecht und setzte sich aufrecht hin, während er die reflektierende Oberfläche des VidiPhons als Spiegel benutzte, durch den Ralfis Bild hindurchschimmerte. Der dunkle Anzug und die konservative Krawatte... »Ich habe erst heute Morgen die Aufrüstung mit dem MDA-18™ erhalten«, log er. Hoffentlich klang es überzeugend. »Sie haben wirklich keinen Grund, sich Sorgen zu machen.« Das Taxi schaukelte hin und her, während die Menge ihre Wut an dem ausländischen Objekt in ihrer Mitte ausließ. Der Fahrer ließ sein Fenster herab und begann, in einem unverständlichen nordchinesischen Dialekt zu fluchen. Plötzlich griff eine Hand durch das Fenster, und der Fahrer zog fluchtartig seinen Kopf zurück und drückte auf den Schließen-Knopf. Vom Rücksitz aus beobachtete Johnny befriedigt, wie die schimmernde, speziell für derartige Notfälle geschärfte Oberkante der Scheibe sich dem oberen Rahmen näherte. Offensichtlich dachte der Besitzer des Arms ebenfalls an die scharfe Kante, denn er zog seinen Arm gerade noch rechtzeitig zurück. Das Taxi schaukelte stärker, und die Luftfederung begann protestierend zu ächzen. »Ich mach' mir trotz Ihrer Aufrüstung Sorgen«, meinte Ralfi. »Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache.« Das Schaukeln wurde noch stärker. Das Geräusch der Blechtrommeln kam näher. »Was ist da draußen los?«, wollte Ralfi wissen. Seine Augen hatten sich geweitet, als das Taxi begonnen hatte, hin und her zu schaukeln. Fast, als könne der Agent es innerhalb des VidiPhon-Monitors spüren, dachte Johnny. »Alles unter Kontrolle, Ralfi«, sagte Johnny. Alles unter Kontrolle. Er murmelte es beschwörend vor sich hin, als wäre es ein Mantra. Er hatte elf Monate in Bangkok damit verbracht zu lernen, wie man kühler wurde, wenn die Dinge ringsumher heißer wurden. Alles nur eine Frage der Atemtechnik und des Verstandes; es war sein Zen, seine Religion. Es war sein Schutz und seine Waffe, alles in einem. »Wie spät ist es bei Ihnen? Kommen Sie noch rechtzeitig?«, drängte Ralfi. »Wie weit ist es noch bis zu Ihrem Hotel?« Johnny summte sein Mantra: »Alles unter Kontrolle, Ralfi.« Er drückte die internationale Kreditkarte, die Ralfi ihm geliehen hatte, in den Leseschlitz auf der Rückseite des Fahrersitzes, und das Taxameter schaltete sich ab. Dann zog er zwei Banknoten aus seiner Tasche und reichte sie dem Fahrer, der sie dankbar lächelnd entgegennahm. Er nahm seine Aktentasche und wollte eben die Tür öffnen... »Was machen Sie da?«, fragte Ralfi protestierend. »Ich werde zu Fuß weitergehen«, antwortete Johnny. »Zu Fuß? Aber...?« Seine Worte gingen unter im Lärm der Rufe und Schreie, der Blechtrommeln, Megaphone, Polizeisirenen und krachenden Polizeiknüppel, als Johnny die Tür des Taxis öffnete. Nach einer Sekunde des Zögerns zog Johnny seine Krawatte einmal mehr zurecht, straffte sich und setzte ein vollkommen ausdrucksloses Gesicht auf. Dann tauchte er ein in den Menschenstrom. »Aber...« Die Tür des Taxis schloss sich. Der Fahrer griff nach hinten und schlug auf das VidiPhon. Es verstummte und überließ Ralfi der Vergessenheit.   Johnny bewegte sich durch die Menge wie ein heißes Messer durch Butter... Ein großer Europäer oder Beinahe-Europäer in einem dunklen Geschäftsanzug. Konservative Aktentasche aus Lederimitat. Die Augen teilnahmslos ins Leere gerichtet. Wohlwollendes Lächeln und dankbares Nicken für die, die vor ihm den Weg freimachten. Seine einstudierte, formelle Höflichkeit war selbst im tiefsten Chaos ebenso wirkungsvoll, als hätte er eine Polizei-Eskorte dabei; so wirkungsvoll, dass er fast einen ganzen Block weit kam, bevor er angehalten wurde. Ein Demonstrant sprang hinter einem umgestürzten Wagen hervor und versperrte ihm den Weg. Er hielt ein Schild, auf dem zu lesen stand:   SOFORTMASSNAHMEN GEGEN NAS! KEINE WEITEREN VERZÖGERUNGEN! GEBT DAS GEGENMITTEL FREI!   Durch seine OP-Maske hindurch schrie er irgendetwas auf Chinesisch. Die Maske troff vor Speichel und war voller Blutflecken. Johnny lächelte und nickte freundlich und versuchte, auf der rechten Seite an dem Mann vorbeizukommen, aber der Chinese versperrte ihm den Weg. Er wandte sich nach links, doch der Chinese versperrte ihm erneut den Weg. Johnny blickte zu Boden. Die Füße des Mannes steckten in schmutzigen Verbänden. Sie bewegten sich geisterhaft schnell im Dämmerlicht des frühen Abends, steppten auf makabre Art von einer Seite des Gehwegs zur anderen - der Todestanz derer, die das letzte NAS-Stadium erreicht hatten. Johnny verbeugte sich höflich und wich zurück, während er mit seiner freien Hand hinter sich tastete. Er spürte warmes Metall; er blickte sich um und erkannte die Motorhaube eines gepanzerten Polizeifahrzeugs, das sich wie ein blauer Hai seinen Weg durch die Menge bahnte....



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