E-Book, Deutsch, 364 Seiten
Binder Ohrenschmaus
2. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7528-4790-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Neun biblische Erzählungen nicht nur für kulinarische Anlässe
E-Book, Deutsch, 364 Seiten
ISBN: 978-3-7528-4790-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ist nicht Abraham der Vater des Glaubens? Warum sichert er sich dann ein Leben lang ab mit Vertragsschlüssen und Manipulation? Wird er das Vertrauen noch lernen? Und wussten Sie, warum er und seine Sara als das erste Prophetenpaar des einen Gottes angesehen werden? Lockere und tiefgehendere Erzählungen werden in "Ohrenschmaus" mit Tischgemeinschaft und Kulinarik verbunden. Man kann für sich allein in ihnen schmökern, aber man kann hier auch als Gruppe das Leben zentraler biblischer Figuren miterleben. Endlich wieder einmal im Zusammenhang, ohne Zensur der pikanten Passagen. Ohne Umgehung moderner Kritik, aber auf der Suche nach Sinn. Man liest in je einem Kapitel - oder hört an je einem Abend - von Sara und Abraham, Jakob oder Joseph, ebenso Elia, Jeremia oder Daniel, Tobit, Maria oder Paulus. Auf diesem Weg rückt die biblische Geschichte wieder in die Nähe ihrer Ursprünge - die Lagerfeuer und Märkte des Orients. Das Buch ist sowohl Erwachsenenbildung als auch narrative und inkulturisierende Theologie. Somit knüpft es nicht zuletzt an die These Walter Hollenwegers an, dass das Erzählen zur Methode der Theologie gehöre. Die sofort verwendbaren Erzählungen sind ergänzt mit Ideen zur Gestaltung von kulinarischen Erzählabenden. Denn die Gaumenfreude macht das Hören erst recht zum Ohrenschmaus.
Matthias Binder, Jahrgang 1969, verheiratet, Vater zweier erwachsener Kinder. Aufgewachsen in der Oberpfalz, dann Wahlfranke und zurzeit wohnhaft in Oberbayern. Seit 20 Jahren protestantischer Gemeinde- und Klinikpfarrer an verschiedenen Orten. Er veröffentlichte verschiedene Texte mit meist lokalem Bezug; seine Dissertation 2014 führte ihn in den Bereich des christlichen Orients. Als Geschichtenerzähler aus der Praxis interessiert ihn die Vermittlung des Christentums in heutige Lebenswelten.
Autoren/Hrsg.
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Sara erzählt Sarai, meine Herrin! Höre ich, hingehaucht. Ach Abraham, du schmeichelst ja nur! Gebe ich zurück. Doch, du bist die Herrin, gebiete, und ich gehorche! Säuselt er. Wenn’s dich glücklich macht. Sage ich. Er: He, weißt du, was Sarai bedeutet? Ich weiß es. Es bedeutet „meine Herrin“. Nun denn, mein Knecht: Geh und kehr die Scherben aus dem Laden! Abrahams Miene ändert sich schlagartig: Aber das doch nicht! Das ist nicht romantisch! Du verdirbst es schon wieder. Ich herrsche ihn an: Ich nehme dich beim Wort, dann folge du auch meinem Wort! Er: Da ist sie, Sarai, die Streitsüchtige. Gerade noch bedeutete Sarai „meine Herrin“. Aber wenn die Herrscherin wirklich herrscht, heißt es „die Streitsüchtige“. Leider gaben mir meine Eltern einen Namen mit zwei möglichen Bedeutungen. Liebe Gäste, so, wie ich es erzähle, kann es zugehen in einer Ehe. So muss es auch zwischen mir und meinem Mann gewesen sein. Aber das ist lange her. Dann hat Gott Klarheit geschaffen und mich umbenannt in Sara, das bedeutet Herrin. Eindeutig. Das war an dem Tag, als Gott mir sagte, ich würde einen Sohn kriegen. Und seit das Kind dann wirklich da war, nennen mich alle Sara. Ich habe inzwischen aber gelernt, dass man es nicht alleine dem Ehemann und den Leuten überlassen soll, wer man ist – mal Herrin, mal Streitsüchtige. Sondern dass man das lieber mit sich selbst ausmacht, oder höchstens vielleicht auch mit Gott, aber niemand sonst. Bis heute ist mir übrigens mein Name manchmal ein Rätsel. Herrin! Was kann man denn je in seinem Leben selbst bestimmen? Freie Wahl des Aufenthaltsorts? Nein. Ich wäre gern in unserem schönen Zuhause in Haran geblieben – aber ich konnte nicht wählen. Das hat Abraham übernommen. Und er hat gesagt: wir gehen fort, in die Fremde. Abraham sagt wiederum: das habe Gott so bestimmt und auch er habe nur gehorcht. Und in der Tat, anders als Gott es bestimmt, geschieht gar nichts im Leben. Da bist du keineswegs die Herrin. Tja, und nun – auch wann das Ende kommt, kannst du nicht selbst bestimmen. Jetzt verbringe ich also die Tage und vor allem die Nächte hier in Hebron und kann kaum etwas tun. Tags lasse ich mir im Zelt einen Brei geben und nachts schaue ich unter freiem Himmel die Sterne an. Was gibt es noch anderes für eine 127 Jahre alte Frau? Abraham ist liebevoll zu mir, aber er ist noch älter und auch er hat keine Zähne mehr, und sieht so schlecht, dass er mir die Sternbilder nicht mehr zeigen kann. Ich fühle mein Ende kommen, und er wird noch ein paar Jahre haben. Dabei hat mit den Sternen alles angefangen. Das wussten Sie vielleicht nicht. Das erzählen sich eher die Juden und die Moslems, und nicht so oft die Christen, dass es mit den Sternen anfing. Abraham, der aufstrebende Philosoph aus der Stadt Ur ganz weit am unteren Euphrat, wo man die Sternenkunde studiert. Abraham, der dann zu uns nach Haran kam, in die Stadt seiner Vorfahren. Und mich heiratete. Und die Sterne weiter beobachtete. Und zu dem Schluss kam, sie können einfach keine Götter sein, die Sterne. Denn sie unterliegen selbst einer Ordnung. Abraham, der trotzdem für seinen Vater Terach Sternengötterfiguren aus Ton verkaufen musste. Bis eines Tages mein Schwiegervater in seinen Laden kam und erschrak: Da lagen alle Tonfiguren zerschlagen und zerstreut. Bis auf eine: das war die, die einen Stab in der Hand hielt. Daneben ein interessiert schauender Abraham. Was soll das? Hat Terach erschüttert geschrien. Der große Gott da hat die anderen Götter mit seinem Stab zerschlagen. Antwortete Abraham. Das kann er nicht! Das sind alles bloß Tonfiguren! Hat Terach geschrien. Stimmt, es sind Tonfiguren und keine Götter. Es gibt sie nämlich nicht. Hat Abraham geantwortet. Und da bin ich ein wenig stolz auf ihn. Da fällt sein Ruhm auch ein wenig auf seine Frau ab. Mein Mann – der, der erkannte, dass es nur einen Gott gibt. Ich unterstütze ihn darin, und man hat mich dafür eine Prophetin genannt. Abraham hat gemeint, dass man sich unter Gott etwas ganz anderes vorstellen muss als Figuren oder Sterne, nämlich jemand, der über allem steht. Und weil nur einer über allem stehen kann, kann es Gott auch nur einmal geben. Wie gesagt, das sind so die Geschichten, die manche erzählen. Ich war ja nicht dabei im Laden, als es die Scherben und den Streit gab, aber ich erzähle es auch gerne. Weit realer als diese Geschichten war für mich, dass ich wegen dieses unsichtbaren einen Gottes meine Heimat aufgegeben habe und nun in Kanaan zuhause bin. Man ist also selten Herrin über sein eigenes Leben. Wahrscheinlich geht es Ihnen auch nicht viel anders. Was nicht heißt, dass wir unzufrieden sein müssen. Seither ist unser Leben ein Nomadenleben. Mit Schafen und Ziegen und vielen Hüte-Knechten. Mit Milch und Käse und Milch-Mägden. Mit Zelten und Vorratsbeuteln und mit ein paar Trage-Eseln. Ein Leben immer auf der Suche nach neuen Weideplätzen und mit Streit um die neuen Weideplätze. Streit gibt es nicht nur mit den Sesshaften, den Städtern, denen wir als Gesindel gelten. Sie können nicht sehen, dass wir eine eigene großartige Kultur und eine ziemliche wirkungsvolle Familien-Organisation haben. Abraham ist ja kein unbedeutender Mann, sondern Patriarch eines großen Menschenverbundes. Aber trotzdem, das wollte ich sagen – Streit gab es trotzdem nicht nur mit den Städtern, sondern auch unter uns selbst. Und zwar war Lot mitgekommen aus Haran. Lot, das ist Abrahams Neffe. Doch irgendwann war er und waren auch seine Hirten gar nicht mehr zufrieden. Die Herden wuchsen, es wurde zu eng, die Konflikte häuften sich. Am Ende blieben nur die Trennung und eine grundsätzliche Aufteilung der Weidegebiete. Wer geht in welche Himmelsrichtung? Wir hätten das Los entscheiden lassen können. Abraham ließ Lot entscheiden, ganz der bescheidene Philosoph. Lot wählte die Gegend um die Stadt Sodom. Damit hatte er das saftigere Weideland. Aber das war von kurzer Dauer. Dann wollte er es nicht einmal mehr haben. Bald gab er seinen Beruf auf und wurde wieder Städter. In Sodom und Gomorrha gibt es nämlich Pech, und das war für die Leute ein Glück und machte sie reich. Das klingt paradox für Sie. Mit Pech meine ich das, was man als pichend-zähe schwarze Flüssigkeit aus dem Boden gewinnt. Das Zeug ist brennbar wie Öl. Aber Öl ist es ja nicht, Öl ist etwas Pflanzliches, man macht es aus Oliven. Für die schwarze Flüssigkeit sollte man vielleicht das Wort Steinöl oder Erdöl erfinden. Einstweilen nennen wir es Pech. Lot suchte also in Sodom das Glück, aber er hatte zuerst mal kein Glück. Feinde kamen und eroberten die Stadt und nahmen die Bewohner einschließlich Lot gefangen. Sein Glück war dann sein Patriarchen-Onkel. Abraham hat ihn und die Stadt gerettet, aber das soll er ihnen einmal selbst erzählen, ich mag die Kriegsgeschichten nicht so. Dann konnte Lot in der Stadt Fuß fassen. Er hat dort geheiratet und zwei Töchter bekommen. Und hat am Ende noch viel Schrecklicheres erlebt als den Krieg: nämlich den totalen Untergang. Die Stadt Sodom gibt es heute nicht mehr. Und Lots Frau lebt nicht mehr. Sie steht jetzt als Salzsäule zwischen all den anderen Salzsteinformationen beim Südufer des Toten Meeres, wo Sodom gestanden hatte. Aber alles der Reihe nach. Obwohl wir Lot nie mehr sahen, hat sich doch einiges herumgesprochen. Man erzählt, dass Lot in seinem Sodomer Haus eines Tages Besuch bekommen hatte, zwei hübsche junge Männer. Er hat sie natürlich gastfreundlich aufgenommen. Du bist ja ganz schön gastfreundlich! Haben sie gesagt, und haben geheimnisvoll dazu gesagt: also gibt es doch noch einen Gerechten in Sodom. Aber es gibt nicht genug Gerechte. Die Stadt wird deshalb untergehen! Sagten sie zu Lot. Also packt alle Sachen zusammen. Ihr müsst heute noch fliehen. So sagten sie. Dieser Zusammenhang zwischen dem Untergang der Stadt und der Meinung, dass zu wenige Gerechte in der Stadt lebten, das beschäftigt mich. Das beschäftigt auch Abraham, das merke ich, wenn ich ihn darauf anspreche. Er macht dann nur ein nachdenkliches M-Hm wie einer, der nicht mehr sagen will. Ach, und wenn ihr flieht, so sagten dann die zwei Männer zu Lot, wenn ihr flieht, dürft ihr auch nicht zurückschauen, das würde euch versteinern. So wie die Menschen dieser Stadt versteinert und verhärtet sind. Findet ihr? Hat Lot gefragt. Findet ihr Sodom so schlimm? Wie zur Antwort hörte man laute Schläge an der Tür. Lot schaute hinaus und fand einen Mob von Leuten. Sie hatten von den zwei hübschen Gästen gehört, und nun wollten sie – da steigt mir die Schamesröte ins Gesicht – sie wollten die zwei jungen Gäste zum Sex haben. Lot konnte das natürlich nicht zulassen, man kann seine Gäste nicht den Leuten als Sexspielzeug ausleihen. Das wäre die Schande jedes Gastgebers. Was den Leuten so einfällt, da fällt einem nichts mehr ein. Wenn es da immer so zuging, dann war Sodom wirklich schlimm. Aber nun war der Mob schon fast dabei, das Haus zu stürmen. Sie wollten sich die zwei...