Beuerle | Sprachdenken im Mittelalter | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 99, 513 Seiten, Gewicht: 10 g

Reihe: Studia Linguistica Germanica

Beuerle Sprachdenken im Mittelalter

Ein Vergleich mit der Moderne
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-11-021502-1
Verlag: De Gruyter
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Ein Vergleich mit der Moderne

E-Book, Deutsch, Band 99, 513 Seiten, Gewicht: 10 g

Reihe: Studia Linguistica Germanica

ISBN: 978-3-11-021502-1
Verlag: De Gruyter
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Im Zentrum dieses Bandes stehen die um 1270 in Paris entstandenen lateinischen Traktate der Dänen Martinus und Boethius de Dacia zur sog. „modistischen Grammatik“, die in konziser und umfassender Weise den Versuch unternnehmen, Sprache als einen wissenschaftlichen Gegenstand eigener Ordnung theoretisch zu beschreiben und damit ein eigenständiges Fach im Rahmen der neu entstehenden Universität zu begründen.Die Konturen dieser „mittelalterlichen Linguistik“ werden deutlich in einer komparatistischen Gegenüberstellung mit zwei weiteren, ganz unterschiedlichen sprachtheoretischen Ansätzen: (1) vier Traktaten mittelalterlicher isländischer Grammatiker, in denen sich ein Sonderweg mittelalterlicher Sprachbeschreibung beobachten lässt, und (2) Saussures „Cours de linguistique générale“ als einem Grundlagenwerk der modernen Linguistik. So ergibt sich ein Vergleich zweier sprachwissenschaftlicher Epochen, die in ihrer systematischen Herangehensweise verbunden, in ihrer Auffassung vom Verhältnis zwischen Sprache und Realität jedoch diametral entgegengesetzt sind. Dies mündet in eine grundlegende wissenschaftstheoretische Reflexion einer möglichen Typologie sprachwissenschaftlicher Theoriegebäude.
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Zielgruppe


Academics (Linguistics, Nordic Studies), Libraries, Institutes / Sprachwissenschaftler, Nordisten, Bibliotheken, Institute


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Vorwort;8
2;Inhaltsverzeichnis;10
3;Einleitung;16
4;I. Leben, Werk, Kontext;29
4.1;A. Martinus und Boethius de Dacia und die modistische Grammatik;29
4.2;B. Ferdinand de Saussure und der Cours;60
5;II. Bedingungen einer Wissenschaft von der Sprache;80
5.1;A. Boethius de Dacias Definition von Wissenschaft und Sprachwissenschaft;80
5.2;B. Saussures Darstellung der Sprachwissenschaft im Cours;138
6;III. Beschreibungen der Sprache;174
6.1;A. Die modistische Grammatik bei Martinus und Boethius de Dacia;174
6.2;B. Saussures Sprachbeschreibung im Cours im Vergleich mit der modistischen Grammatik bei Martinus und Boethius de Dacia;325
7;IV. Die isländischen Grammatischen Traktate;369
7.1;A. Zum Inhalt der Traktate;369
7.2;B. Die isländischen Traktate: Kontext und Vergleich;417
8;V. Wissenschaft und Grammatik;454
8.1;Eine wissenschaftstheoretische Betrachtung der sprachtheoretischen Ansätze;454
9;VI. Literaturverzeichnis;495




A. Die modistische Grammatik bei Martinus und Boethius de Dacia



1. Einleitung

Im folgenden Kapitel soll es um die Darstellung der modistischen Grammatik gehen. Grundlage der Beschreibung sind die beiden frühesten Traktate der Gattung, die etwa um 1270 von den beiden dänischen Philosophen Martinus und Boethius de Dacia verfasst wurden.

Die modistische Sprachtheorie ist Fortsetzung und Höhepunkt einer Entwicklung, die bereits über hundert Jahre früher begonnen hat – einer kritischen Bearbeitung der Priscian’schen Grammatik vor dem Hintergrund eines zunehmenden Bewusstseins für die Anforderungen der Logik in der wissenschaftlichen Betrachtung (s. folgenden Exkurs). Ergebnis ist ein in sich konsistentes, äußerst differenziertes System der Sprachbeschreibung: die modistische Grammatik. Dass es auch im Rahmen dieser The orie noch Diskussionsbedarf gab, zeigt sich schon zwischen Martinus und Boethius de Dacia, bei denen es immer wieder Differenzen hinsichtlich der Genauigkeit der Beschreibung und der spezifisch linguistischen Perspektive auf den Gegenstand gibt. Boethius gelten dabei die Vorgaben seiner wissenschaftstheoretischen Konzeption als ein größerer Bezugrahmen. Außerdem unternimmt er es, die an manchen Stellen theoretisch noch nicht ganz konsequent ausgearbeiteten Formulierungen bei Martinus im modistischen Sinne zu verfeinern. Martinus hingegen entwickelt in seiner Darstellung Definitionen, die die Originalität, Klarheit und Bildhaftigkeit des ersten Entwurfs zeigen.

Die Grammatik der Modisten entstand vor über 700 Jahren an der Universität von Paris, zu dieser Zeit wohl das wichtigste geistige Zentrum des mittelalterlichen Europa. Obwohl für die Theorie selbst kein unmittelbares, aktives Weiterwirken in der Neuzeit festgestellt werden kann, ist sie doch Teil eines geistigen Kontextes, der, bei allen Entwicklungen und Veränderungen durch die Jahrhunderte, Hintergrund unserer heutigen geistesgeschichtlichen Situation ist. Wohl auch deshalb ist es nicht verwunderlich, dass vieles von dem, was die modistischen Grammatiker über Sprache sagen, Anklänge in Aussagen spä-terer Sprachwissenschaftler bis heute findet – als Beispiel zu nennen wäre etwa die modistische Erklärung des Verhältnisses von Sprache, Denken und Welt, das in seinem dreistufigen Aufbau sowohl an Humboldts als auch an Sapir- Whorfs Beschreibung erinnert. Allerdings ist davon auszugehen, dass das, was unter „Welt“, unter „Denken“ und unter „Sprache“ verstanden wird, in allen dieser drei Fälle verschieden ist – die Veränderlichkeit dieser Kategorien sollte im vorhergehenden Kapitel (II.) deutlich geworden sein.

Bei der Konzeption dieser Arbeit stellte sich daher die Frage, wie die modistische Theorie darzustellen sei, in ihrer Eigenart, geprägt durch das Denken ihrer Zeit und dennoch als Teil einer sprachwissenschaftlichen Tradition, die, in groben Zügen betrachtet, von der Antike bis heute andauert. Die Gefahr, durch vorschnelle Gleichsetzungen Konturen und Inhalte dieser für uns ohnehin nicht mehr immer leicht nachzuvollziehenden mittelalterlichen Theorie zu verwischen, erschien mir schließlich schwerwiegender, als die Möglichkeit, an Verknüpfungen und Parallelen mit Ansätzen der mo dernen Linguistik vorbeizugehen – zumal Letzteres in einem nächsten Schritt jederzeit nachholbar ist bzw. der linguistisch versierte Leser selbst gemäß seiner Ausrichtung die Möglichkeiten solcher Entsprechungen zu ihm nahestehenden Theorien überprüfen wird. So habe ich mich dafür entschieden, den Blick zunächst ganz auf die mittelalterliche Sprachtheorie zu richten, um überhaupt ersteinmal eine nachvollziehbare, differenzierte Grundlage für einen späteren Vergleich zu schaffen.


Angela Beuerle, Universität Hamburg.



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