E-Book, Deutsch, 308 Seiten
Reihe: Spätmittelalterstudien
Berlin Magie am Hof der Herzöge von Burgund
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-86496-858-7
Verlag: UVK
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Aufstieg und Fall des Grafen von Étampes
E-Book, Deutsch, 308 Seiten
Reihe: Spätmittelalterstudien
ISBN: 978-3-86496-858-7
Verlag: UVK
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Anhand des Magieprozesses im Zaubereifall um den Grafen von Étampes, der sich im 15. Jahrhundert am burgundischen Hof ereignet hatte, wird einerseits das Spektrum magischer Aktivitäten und Netzwerke in der burgundisch-französische Welt beleuchtet. Durch neu erschlossenes Quellenmaterial, das dem Band in einer Edition beigegeben wurde, kann aber auch der inner-familiäre Aufstieg und Fall des Grafen von Étampes am burgundischen Hof nachgezeichnet werden.
Die Arbeit beschäftigt sich mit typischen Prozessen im spätmittelalterlichen Kampf um Macht und Einfluss an französischen Fürstenhöfen, zu denen magische Praktiken, aber auch die Instrumentalisierung solcher Vorwürfe innerhalb politischer Prozesse gezählt werden können. Anhand der Forschungen im Fall des Grafen von Étampes (1415-1491) konnte zudem eine Wissenslücke hinsichtlich der Machtsicherungsstrategien Karls des Kühnen geschlossen werden.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Weltgeschichte & Geschichte einzelner Länder und Gebietsräume Europäische Geschichte
- Geisteswissenschaften Religionswissenschaft Alternative Glaubensformen Magie, Alchemie und Hermetik
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Geschichtswissenschaft Allgemein Biographien & Autobiographien: Historisch, Politisch, Militärisch
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politikwissenschaft Allgemein Politische Geschichte
Weitere Infos & Material
2. Der Prozess
2.1. Art und Zusammenstellung des Aktenmaterials
2.1.1. Das Aktenmaterial Beim Aktenmaterial des Processus contra dominum de Stampis handelt es sich um Abschriften eines kirchlichen Prozesses, der in Le Quesnoy in der Diözese Cambrai im Jahre 1463 stattgefunden hat. Es enthält die Befragungen eines Mannes namens Jean de Bruyère durch eine vom Bischof von Cambrai eingesetzte Untersuchungskommission, Abschriften von sieben Zeugenaussagen vor dem Brüsseler Schöffengericht sowie einige die Untersuchungen ergänzende Briefe. Die Prozessakten können dem Bestand des Archiv des Ordens vom Goldenen Vlies (AOGV) im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien und hier dem Aktenbestand, Karton 5 zugeordnet werden; genauer einem Dossier über die Ausschließung Johanns von Nevers während des 19. Ordenskapitels. Die Akten des Processus contra dominum de Stampis wurden aus diesem Konvolut durch Rudolf Payer von Thurn Ende des 19. oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts entliehen. Payer von Thurn, Germanist, Historiker und Archivar, war u.a. als Registratur-Offizial in der Kabinettskanzlei beschäftigt und mit der Ordnung des Archivs betraut. Später war er zudem für die Ordnung des Archivs des Ordens vom Goldenen Vlies zuständig, im Zuge dessen er 1921 zum Wappenkönigstellvertreter und 1924 zum Greffier des Ordens ernannt wurde. Über den Ritterorden existieren wissenschaftliche Arbeiten aus seiner Hand.173 Der Processus contra dominum des Stampis wurde in einem Teil seines Nachlasses, den Dieter Scheler in den 1960er Jahren in einem Wiener Antiquariat erworben hat, überliefert. Da Rudolf Payer von Thurn 1932 verstarb, ist es wahrscheinlich, dass die Prozessakten bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts in dem Dossier »Ausschließung Nevers« des AOGV archiviert waren und vor 1932 durch den Ordensgreffier entnommen wurden. Im Nachlass Payer von Thurns finden sich zahlreiche Aufzeichnungen über den Wiener Orientalisten und Goethe-Forscher Joseph von Hammer-Purgstall, über den er offenbar in seinen letzten Jahren gearbeitet hat. Er selbst beschäftigte sich ebenfalls mit Goethe: So veröffentlichte er einen Bildband über diesen Dichter und eine Abhandlung über die bildlichen Darstellungen bei Faust. Das Interesse Payer von Thurns an dem burgundischen Aktenmaterial entsprang wohl einerseits aus seiner Position als Ordensgreffier, andererseits kann es zusätzlich aus seiner Beschäftigung mit Goethe resultieren, denn er hatte über seine Arbeiten auch Berührung mit der »Bibliotheca, Acta et Scripta Magica«, in der Darstellungen der Faust’schen Magiethematik zu finden waren.174 Hieraus mag ein allgemeines Interesse an dem Sujet der Magie abzuleiten sein. Ein dritter Anknüpfungspunkt findet sich in dem von Payer von Thurn neu herausgegebenen Bändchen »Hof und Liebesintrigen alter und neuer Zeiten« in dem Geschichten aus sechs Jahrhunderten, überwiegend aus der französischen und englischen Geschichte, gesammelt sind.175 Das Dossier »Ausschließung Nevers«, dem Payer von Thurn das Aktenmaterial entnommen hat, bündelt Akten, die mit dem Ausschluss des Grafen von Nevers aus dem Orden zu tun haben. Es enthält einen Brief Johanns von Burgund an Herzog Karl den Kühnen vom 15. April 1468,176 einen zeitgleich verfassten Brief desselben Grafen an die Mitglieder und Amtsträger des Ordens vom Goldenen Vlies,177 die cédule des Ordens vom 6. Mai 1468, in der der Ausschluss Johanns von Burgund bekannt gegeben wird,178 sowie die Antwortschreiben Karls179 und der Ordensritter180 an Johann vom 16. Mai. Auf die Inhalte dieser Stücke und die diesbezüglichen Ereignisse während des Ordenskapitels wird an späterer Stelle noch einzugehen sein.181 Die dem Aktenkonvolut entnommenen Prozessakten bestehen aus zwei Heften aus Papier sowie zwei lose beigegebenen Blättern des gleichen Materials. Die beiden Hefte sind in ein gemeinsames Umschlagblatt eingebunden, das die von Emmanuel Türck182 vergebene Inventarisierungsnummer 2. Partie § 2, 11 C aufweist, mit der auch die übrigen Schriftstücke des Dossiers »Ausschließung Nevers « versehen sind. Die Hefte messen 30 cm × 22,5 cm. Das erste Heft umfasst fünf, das zweite zehn Doppelblätter. Eine Blatt- oder Seitenzählung ist nicht vorhanden. Das gesamte Konvolut ist ursprünglich in der Mitte längs geknickt gewesen, zudem sind Spuren von Verschnürung und Reste eines roten Siegels an zwei Stellen auf dem Umschlagblatt erkennbar. Auf der äußeren Umschlagseite enthält es den nachgetragenen Vermerk Processus contra dominum de Stampis; detur magistro Martino Steenberch183; xxiij